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Karl Liebknecht 19181215 Der Konterrevolution entgegentreten!

Karl Liebknecht: Der Konterrevolution entgegentreten!

Rede auf der Verbandsgeneralversammlung der USPD von Groß-Berlin

15. Dezember 1918

[Die Freiheit (Berlin), Nr. 57, 16. Dezember 1918. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 642 f.]

Barth1 hat eine sehr einseitige und enge Auffassung der Revolution gezeigt, indem er von denen sprach, die die Revolution gemacht haben. Nicht von der Verteilung der Brownings hing das Schicksal der Revolution ab, sondern von der Bewegung und dem Willen der Massen. Die Massen wissen besser als die Führer, was notwendig ist. Barth sagte: So etwas tut man, aber sagt es nicht. Das sind schlechte diplomatische Redensarten. Wir fordern die Bewaffnung des Proletariats und die Entwaffnung der Bourgeoisie öffentlich und nicht geheim, damit die sozialistische Republik aus einer Phrase zur Wirklichkeit werde und damit die Proletarier alle Machtpositionen an sich zu reißen imstande sind. Barth hat ferner die Aktionen des Spartakusbundes als Hanswurstiaden bezeichnet. Es ist ein starkes Stück für einen Volksbeauftragten, gewaltige Massenkundgebungen so zu betrachten.

Wer hat das Volk in dem Wahn gewiegt, dass alles in Ordnung sei? Wer hat die Truppenmassen gegen den Bolschewismus aufgehetzt? Die Schuldigen sind Ebert, Scheidemann usw., Haase und Barth sind mitschuldig. Die Regierung hätte für Aufklärung in den Massen sorgen müssen. Sie hätte Sendboten zu den Fronttruppen schicken und dort das Feuer der Revolution entfachen sollen. Hätte die Regierung die Kommondogewalt abgeschafft, hätte sie die Generäle nicht an ihrem Platz gelassen, so könnten sie jetzt nicht offen mit konterrevolutionären Plänen hervortreten. Die Vereidigung der Truppen auf die Regierung bedeutet eine schroffe Absage an den Vollzugsrat. Dagegen hat die Regierung die Macht der Bürokratie wiederhergestellt und sich schützend vor die Kassenschränke des Kapitals gestellt, indem sie das Proletariat entwaffnete, die Bourgeoisie aber bewaffnete. Wir sehen, dass das Machtverhältnis zwischen Vollzugsrat und Regierung sich völlig verschoben hat. Aus dem Willen der Massen war der Vollzugsrat geboren, aber Schritt für Schritt ist ihm seine Macht abgenommen worden, bis er durch das gegen ihn gerichtete Attentat vom 6. Dezember2 zu einer lächerlichen Figur herabsank. Unter Mitwirkung von Haase hat die Politik des Kabinetts dem Proletariat die Macht entrissen. Wir fordern den Austritt der Unabhängigen aus dem Kabinett. Wir rufen das Proletariat zu einer neuen Revolution auf, zu der wirklichen Revolution, die die Sozialpatrioten zerschmettern wird. (Lebhafter Beifall.)

1 Emil Barth (1871–1941), Mitglied der USPD, seit Frühjahr 1918 Vorsitzender der revolutionären Obleute, wurde im Dezember 1918 abgesetzt; während der Novemberrevolution Mitglied des Rates der Volksbeauftragten. Die Red.

2 Organisiert vom sozialdemokratischen Stadtkommandanten Otto Wels, war am 6. Dezember 1918 in Berlin ein Putschversuch unternommen worden. Von reaktionären Offizieren geführte Truppenteile hatten den Vollzugsrat der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte verhaftet, die Redaktion der „Roten Fahne" besetzt und Friedrich Ebert zum Präsidenten der Republik ausgerufen. Bei ihrem brutalen Vorgehen gegen eine unbewaffnete Demonstration waren von den Truppen 14 Personen getötet und mehr als 30 verwundet worden.

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