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Karl Liebknecht 19181119 „Klarheit über die Ziele schaffen"

Karl Liebknecht: „Klarheit über die Ziele schaffen"

Rede in der Versammlung der Berliner Arbeiterräte

19. November 1918

[IML, ZPA, St 11/12, Bl. 40/41. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 599 f.]

Liebknecht zur Erklärung: (Der Redner wird mit lang anhaltendem Beifall empfangen.) Freunde und Genossen! Wie mir mitgeteilt worden ist, ist ein heftiger Angriff gegen mich in der Versammlung erfolgt; es ist u. a. Mitteilung gemacht worden über Bestechungssummen, die ich verteilt haben soll. Ich habe, so glaube ich, nicht nötig, auf das Lächerliche und Unwahre dieser Behauptung hinzuweisen. Sie wissen ja alle, dass es nicht wahr ist, aber mit dieser Feststellung kann ich mich nicht begnügen. Sie wissen gewiss nicht, mit welcher systematischen Niedertracht gearbeitet wird von gewissen Stellen. Man will uns geradewegs zu Tode hetzen, weil wir uns dem gegenwärtigen Taumel entgegen werfen, der die größte Gefahr für die Revolution bildet. Genossen! Man sagt, der Liebknecht muss unschädlich gemacht werden, weil er gegen die Einigkeit ist. Es gibt niemand in der Welt, der die Einigkeit mehr herbeisehnt und wünscht als ich, der bereit ist, sein alles dafür hinzugeben (großer Beifall). Aber nur für eine Einigkeit, die dem Volke hilft, die es retten kann, und für eine Einigkeit, ein Ziel, die alles verbindet im Volke, wobei wir uns klar sein müssen über das, was wir wollen, da bin ich immer zu haben. Das ist doch die erste Frage, die wir zu entscheiden haben. Was wollen wir nun? Da gibt es nur zwei Dinge: 1. Entweder wir wollen jetzt Schluss machen mit den Errungenschaften der Revolution; 2. oder wir wollen die soziale Revolution, die Einführung des Sozialismus und die Ziele, die wir erstreben, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als nur die anzuerkennen, die dasselbe Ziel haben. Also diejenigen allein, die entschlossen sind, die Macht der Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten, denn nur die Arbeiterklasse kann die Lösung zur sozialistischen Revolution bringen, nur die Arbeiterklasse kann das tun. Denken Sie doch daran, was sich jetzt alles zusammenfindet gegen die Arbeiterklasse; Sie haben doch noch nicht die Macht in Händen, die kann Ihnen jeden Augenblick wieder entrissen werden, denn die Gegenrevolution ist auf dem Marsche. Sie ist aber so stark, wenn Sie nicht fest zusammenstehen, dass Sie bald von der Gegenrevolution überholt werden. Es heißt heute Klarheit über die Ziele schaffen und festhalten an der Macht der Arbeiterklasse, festhalten an den Zielen der Internationale, an dem Ziel der Durchführung des Sozialismus. Erreichen wir diese Verständigung nicht, dann ist die Arbeiterklasse verlassen. Ich kann Ihnen deshalb nur raten, halten Sie an Ihrer Macht fest, geben Sie nicht nach, seien Sie dessen eingedenk, dass die Verräter bereits am Werke sind, seien Sie misstrauisch, denn die Arbeiterklasse kann sich nur selbst befreien. In diesem Sinne arbeiten Sie, und alle anderen, die nicht auf Ihrer Seite stehen, schieben Sie beiseite, sonst wird die Revolution damit enden, dass der Kapitalismus zurückkehrt. Das darf nicht sein, wir dürfen den Kapitalismus nicht wieder zur Herrschaft gelangen lassen. Klarheit müssen wir haben über unsere Ziele, und wenn wir sie erreichen wollen, dann müssen wir rücksichtslos vorgehen. (Lang anhaltender Beifall.)

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