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Franz Mehring 18981207 Literarische Rundschau (Eduard Fuchs, 1848 in der Karikatur)

Franz Mehring: Literarische Rundschau

Eduard Fuchs, 1848 in der Karikatur

7. Dezember 1898

[Die Neue Zeit, 17. Jg. 1898/99, Erster Band, S. 377. Nach Gesammelte Schriften, Band 12, S. 183]

Eduard Fuchs, 1848 in der Karikatur. Verlag von M. Ernst. München.

Diese auch äußerlich geschmackvoll ausgestattete Veröffentlichung steht in erster Reihe unter den Erinnerungsgaben an die Revolution von 1848, deren das ablaufende Jahr so viele gebracht hat. Mit Recht sieht Fuchs in der politischen und sozialen Karikatur eine wirksame Waffe des Kampfes und damit einen bedeutsamen Kulturfaktor, für spätere Zeiten wird sie obendrein zu einem wichtigen Hilfsmittel des historischen Verständnisses. Sie kann Einblicke in die Zeit ihrer Entstehung eröffnen, die in gleicher Weise selbst das ausführlichste Geschichtswerk nicht zu geben vermag. Dies gilt nicht zuletzt auch von den etwa fünfzig Karikaturen – darunter fünfzehn Einblattdrucken –, die Fuchs aus den Revolutionsjahren gesammelt und mit erläuterndem Texte herausgegeben hat. Viele davon sind sehr witzig, fast alle aber in der einen oder anderen Art charakteristisch. Paris, München, Berlin sind hauptsächlich ihre Heimstätten. Wien steht sehr zurück, obgleich Metternich nächst Friedrich Wilhelm IV. das beliebteste Opfer der damaligen deutschen Karikatur gewesen ist. In München gab Lola Montez unerschöpflichen Stoff. Fuchs beschränkt sich übrigens nicht allein auf die Revolutionsjahre, sondern zieht auch ihre Vorgeschichte mit hinein, was natürlich nur gebilligt werden kann; die vormärzlichen Karikaturen waren die Sturmvögel der Revolution. Zu ihnen gehört beiläufig auch die berühmte Karikatur auf Friedrich Wilhelm IV.: Wie einer immer daneben tritt, die bei Fuchs den Reigen der Einblattdrucke eröffnet; sie entstand nicht erst 1848, wie Fuchs meint, sondern schon 1841, in der ersten Enttäuschung nach dem Regierungsantritt des Königs, und gab den hauptsächlichsten Anlass, die – zeitweise aufgehobene – Bilderzensur wieder einzuführen.

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