Franz Mehring 19101029 Bücherschau (Schillers Werke, herausgegeben von Artur Kutscher)

Franz Mehring: Bücherschau

Schillers Werke, herausgegeben von Artur Kutscher

29. Oktober 1910

[Die Neue Zeit, 28. Jg. 1909/10, Erster Band, S. 190. Nach Gesammelte Schriften, Band 10, S. 633]

Schillers Werke. (Vollständige Ausgabe.) Auf Grund der Hempelschen Ausgabe neu herausgegeben, mit Biographie, Einleitung und Anmerkungen versehen von Privatdozent Artur Kutscher. 15 Teile in 8 Leinenbänden. Preis 14 Mark. Deutsches Verlagshaus Bong & Komp., Berlin und Leipzig.

Zu dem hundertfünfzigsten Geburtstage Schillers, der auf den 10. November dieses Jahres fällt, kommt diese neue Ausgabe seiner Werke, die die Verlagsfirma in ihrer „Goldenen Klassikerbibliothek" veranstaltet, gerade recht. Sie empfiehlt sich gleichermaßen durch sorgsame Pflege des Textes, durch die freundliche Ausstattung und den überaus wohlfeilen Preis der Anschaffung durch die Bibliotheken von Arbeitervereinen. Dem einzelnen Arbeiter wird die Auswahl aus Schillers Werken, die aus den ersten zehn Teilen der vollständigen Ausgabe besteht und von der Verlagshandlung in vier Leinenbänden zum Preise von nur sechs Mark abgegeben wird, noch willkommener sein. Sie enthält alles Wesentliche, nicht nur die Gedichte und Dramen, sondern auch die wichtigsten Prosaschriften Schillers, die beiden historischen Werke über den Abfall der Niederlande und den Dreißigjährigen Krieg sowie die hauptsächlichsten ästhetischen und philosophischen Schriften, namentlich die „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen".

Eingeleitet wird die Ausgabe durch einen Lebensabriss Schillers aus der Feder des Herausgebers. Daran wäre wohl manches auszusetzen, wie auch in den Einleitungen des Herrn Kutscher mitunter ein allzu schulmeisterlicher Ton durchklingt. Doch will ich darauf nicht näher eingehen, da ich in meinem kleinen Lebensbild Schillers, das kürzlich in zweiter Auflage erschienen ist, darzulegen versucht habe, wie sich Schiller und Schillers Werke im Lichte des historischen Materialismus ausnehmen. Um so lieber erkenne ich jedoch an, dass Herr Kutscher seiner Aufgabe mit großem Fleiße und umsichtiger Benützung der reichhaltigen Literatur über Schiller gerecht geworden ist.

Eine angenehme Beigabe der trefflichen Ausgabe bilden Portraits Schillers, seiner Gattin und seiner Eltern, eine Abbildung des Schillerhauses in Weimar und einige Faksimiles seiner Handschrift.

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