Franz Mehring 18920203 Das Volk in Waffen

Franz Mehring: Das Volk in Waffen

3. Februar 1892

[Die Neue Zeit, 10. Jg. 1891/92, Erster Band, S. 609-612. Nach Gesammelte Schriften, Band 8, S. 7-11]

Es hieße die vielgerühmte „Volksseele" gänzlich missverstehen, wenn man dem liberalen Geprahle glauben und voraussetzen würde, sie, die „Volksseele", befände sich bei der halben und schwankenden Opposition, welche die liberalen Parteien dem Volksschulgesetzentwurfe machen. Sie befindet sich augenblicklich ganz woanders, nämlich bei dem vom „Vorwärts" veröffentlichten Erlasse, den der Herzog Georg von Sachsen als kommandierender General des sächsischen Armeekorps in Sachen der Soldatenmisshandlungen an die ihm untergebenen Kommandostellen gerichtet hat1.

Die schauererregenden Einzelheiten des Schreibens sind den Lesern der „Neuen Zeit" bekannt; an dieser Stelle ist nur nötig, die politische Moral aus denselben zu ziehen. Und diese Moral lässt sich am kürzesten in die Worte zusammenfassen, dass es mit einem vielbeliebten Schlagworte neudeutscher Reichsherrlichkeit, mit dem „Volke in Waffen", einmal wieder nichts ist. Gäbe es ein „Volk in Waffen", so wären die Zustände, welche Herzog Georg schildert, einfach nicht möglich. Ein „Volk", was immer man sonst unter diesem vieldeutigen Begriffe verstehe, könnte und würde so Entsetzliches nicht widerstandslos ertragen. Wie können sich nun aber solche Zustände in das Heer einfressen, und zwar so breit und tief, dass sie Maßregeln wie jenen Erlass des Herzogs Georg notwendig machen? Und wie können sie so verborgen bleiben, dass sie nur durch einen seltensten Zufall, nur dadurch, dass ein amtliches Schriftstück eines kommandierenden Generals in den Besitz eines sozialdemokratischen Blattes gerät, an die Öffentlichkeit gelangen? Man sagt: Ja, die militärische Disziplin! Und das ist auch richtig, vorausgesetzt, dass man hinzufügt: die Disziplin nicht „eines Volks in Waffen", sondern eines Söldnerheeres.

Das alte preußische Heer, das Heer Friedrichs II., wurde zusammengehalten durch den Kitt der Soldatenmisshandlungen. Es bestand zur größeren Hälfte aus geworbenen, d. h. durch eine Handvoll Geld und einen Sack voll trügerischer Versprechungen herangelockten Ausländern, zur kleineren Hälfte aus gepressten Inländern. Nach Art der „großen Männer“ oder, wie Herr von Treitschke sagen würde, „mit der Naivität des Genius" verachtete Friedrich alle moralischen Einwirkungen auf die „Kerls"; der Stock sollte sie zusammenhalten, und er hielt sie zusammen. Es ist bekannt, wie Friedrich im Siebenjährigen Kriege österreichische und sächsische Kriegsgefangene gleich zu ganzen Regimentern als preußische Rekruten einkleiden und ihnen, was sie an Begeisterung, Ehre, Tapferkeit, Vaterlandsliebe brauchten, einbläuen ließ. Mit einem glücklichen und treffenden Worte lässt Willibald Alexis in seinem „Cabanis" einen preußischen Hauptmann sagen: „Wenn Se. Majestät Armeen in jeder Kampagne bis auf den letzten Mann blieben, so nur die Unteroffiziere restieren, prügeln wir Ihnen bis zum Frühjahre ein neues Heer ein." Der König eröffnete die militärische Instruktion für seine Generale mit vierzehn Regeln zur Verhütung der Desertion als dem wesentlichsten Teil ihrer Pflichten; er schrieb in seinem militärischen Testamente von 1768: „Was den Soldaten betrifft,… so ist es nötig, dass er seine Offiziere mehr fürchtet als die Gefahren, welchen man ihn aussetzt; anders wird man es nie dahin bringen, ihn durch ein Ungewitter von 300 Kanonen, die ihn niederschmettern, zum Sturme zu führen. Der gute Wille wird in solchen Gefahren den gemeinen Mann niemals heranbringen; das kann nur die Furcht tun." Und in gleichem Sinne forderte er nach der Schlacht bei Zorndorf den Prinzen Heinrich auf, seine Infanterie in strenger Disziplin zu halten, notabene, ihr Respekt vor dem Stocke beizubringen (de tenir votre infanterie sous une severe discipline, de leur faire n. b. respecter le baton). Mit vollem Bewusstsein begründete Friedrich sein Heer auf die Disziplin der Entnervung. Sehr hübsch kennzeichnet dies Verhältnis eine bekannte Militärschnurre, die, wenn nicht wahr, so doch gut erfunden ist. Als Friedrich einmal mit dem Alten Dessauer zur Revue ausritt, fragte er ihn: Was erscheint Ew. Liebden an unserer Armee am wunderbarsten? Der Alte Dessauer erwiderte: Die schönen Regimenter, die hier in Reih und Glied stehen. Nein, antwortete Friedrich, am wunderbarsten ist die Entnervung der Kerls, die uns als die Urheber ihrer Leiden nicht totschießen.

In keinem anderen europäischen Heere blühte die Soldatenmisshandlung so wie im preußischen. Und zwar keineswegs oder doch nicht überwiegend wegen der persönlichen Anschauungen des Königs. In letzter Instanz entschieden auch hier ökonomische Gründe. Preußen war zu arm, um nur Ausländer für das Heer werben, zu dünn bevölkert, um nur Inländer als Rekruten pressen zu können. Die geringe ökonomische und daher auch kulturelle Entwicklung des Landes zwang zudem dazu, die „höheren Stände" und so ziemlich die ganze städtische Bevölkerung mit der Kantonierung2 zu verschonen; man durfte die ohnehin spärliche Steuerkraft der Bevölkerung nicht noch schmälern. So fiel die persönliche Militärlast, soweit sie nicht durch Ausländer getragen wurde, auf die erbuntertänige Bevölkerung des platten Landes. Aber wenn die Ausländer überhaupt nur durch den Stock zusammengehalten werden konnten, so verstand es sich von selbst, dass die Junker, welche ihre erbuntertänigen Leute auf dem Gutshofe prügelten, als Offiziere dieselben „Kerls" auf dem Exerzierplatze und in der Kaserne nicht glimpflicher behandelten. In entwickelten Ländern waren derartige Zustände, als sie in Preußen noch in vollem Flor standen, längst nicht mehr möglich. Als man, geblendet durch Friedrichs kriegerische Erfolge, den Prügelstock in das französische Heer einführen wollte, erschoss sich der erste Unteroffizier, welcher Prügel austeilen musste, als Geschändeter vor der Front.

Freilich verschlossen sich einsichtige preußische Offiziere, namentlich als die Gewitterluft der Französischen Revolution bis über die Elbe drang, der Einsicht nicht, dass ein Heer nicht dauernd durch die Disziplin der Entnervung zusammengehalten werden könnte. Schon im Bayrischen Erbfolgekriege von 17793 zeigte sich die innere Schwäche des preußischen Heeres. Und noch bei Lebzeiten Friedrichs, im Jahre 1785, erließ der Generalleutnant von Möllendorf als Gouverneur von Berlin an die ihm unterstellten Offiziere ein Rundschreiben, in welchem es heißt: „Seit zwei Jahren … ist eine meiner ersten Bemühungen gewesen, zur Ehre der Menschlichkeit, die barbarisch geringschätzige Art der Offiziere gegen den gemeinen Mann auszumerzen … Seine Majestät der König haben keine Schlingel, Kanailles, Racailles, Hunde und Kroppzeug im Dienste, sondern rechtschaffene Soldaten, welche auch wir sind, nur, dass uns das zufällige Glück höhere Charaktere gegeben hat. Denn unter den gemeinen Soldaten sind viele so gut als wir, und vielleicht würden es manche noch besser als wir verstehen." Im Jahre 1794 schaffte Blücher sogar als Regimentskommandeur das Prügeln seiner Husaren ganz und gar ab. Alle solche Regungen einzelner einsichtiger und menschenfreundlicher Offiziere änderten aber an der allgemeinen Lage der Dinge nichts. Der Militärstaat steht sich bei der eisernen Disziplin der Söldnerheere viel zu gut, und dieselbe war auch viel zu tief in den ökonomischen Verhältnissen gegründet, als dass sie freiwillig hätte aufgegeben werden können.

Der Zwang, welcher zu ihrer Preisgabe führte, hieß Jena4. Ein preußischer Generalstabsoffizier, Major von der Goltz, veröffentlichte vor etwa zehn Jahren ein Buch, „Roßbach und Jena", in welchem er durch eine Fülle zeitgenössischer Zeugnisse – es kommt hier nicht darauf an, ob zutreffend oder nicht – nachzuweisen versuchte, das preußische Heer bei Jena sei ebenso gut gewesen wie das preußische Heer bei Roßbach5, so dass er im Grunde der Sache eigentlich nicht versteht, weshalb jenes so schmählich unterlegen sei und dieses so glorreich gesiegt habe. Damals hat ihm aber schon ein anderer preußischer Militärschriftsteller, Herr Delbrück, sehr richtig erwidert: Gerade weil das preußische Heer bei Jena noch das Heer Friedrichs war, war die Niederlage schon entschieden, noch ehe die Schlacht begonnen hatte. Mit anderen Worten: Bei Roßbach siegte die Disziplin der Entnervung auf der Seite, auf welcher sie am strengsten entwickelt war; bei Jena aber unterlag sie, weil sie mit der mächtigeren Disziplin des Ehr- und Vaterlandsgefühls zusammenstieß, weil die Volksbewaffnung in den französischen Revolutionskriegen eine den Söldnerheeren weit überlegene Organisation, Taktik und Strategie eingeführt hatte. Selbst den verbohrtesten Junkern mussten die Augen übergehen, als nach Jena 9000 Mann, welche durch einen glücklichen Zufall aus der französischen Kriegsgefangenschaft befreit wurden, sich einfach weigerten, zu ihren Fahnen zurückzukehren. Erst als ihm das Messer an der Kehle saß, verzichtete der preußische Militärstaat auf das Söldnerheer.

Um aber ein Volksheer auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht gründen zu können, war in erster Reihe notwendig die „Freiheit der Rücken", wie Gneisenau seine berühmte Abhandlung gegen die Soldatenmisshandlungen6 überschrieb. Und diese „Freiheit der Rücken" war unmöglich ohne die Aufhebung der bäuerlichen Erbuntertänigkeit. Wie alle wirklichen oder sogenannten Sozialreformen eines Militärstaats war auch die reformatorische Gesetzgebung nach 1806 durch militärische Notwendigkeiten bedingt. Und ebendeshalb gediehen die bürgerlichen Reformen von Hardenberg und Stein wie die militärischen Reformen von Scharnhorst und Gneisenau nur, solange das Messer an der Kehle saß. Sofort nach der Niederwerfung Napoleons begann der Rückschlag. Während der preußische Staat wegen der Armut und verhältnismäßig geringen Ziffer seiner Bevölkerung den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht am rücksichtslosesten unter den europäischen Staaten durchführen musste, um halbwegs ein großmächtliches Heer auf den Beinen zu haben, suchte er um so nachdrücklicher alle volkstümlichen Elemente wie die Landwehr aus dem „Volke in Waffen" auszuscheiden und dafür, soweit es unter den Voraussetzungen der allgemeinen Wehrpflicht überhaupt möglich war, die Disziplin und Organisation des alten Söldnerheeres wieder einzuführen.

In fortwährenden inneren Kämpfen zieht sich diese Entwicklung, deren erste Krisis die Verabschiedung Boyens und Grolmans im Jahre 1819 war und deren bisher letzte Krisis wir in den Faschingswahlen von 18877 erlebt haben, bis auf diesen Tag hin. Das Septennat8; die strenge Gliederung des Offizierskorps als einer vom Heer wie vom Volk abgesonderten Kaste; die eiserne Disziplin, welche auf Befehl des Kriegsherrn das unweigerliche Niederschießen von Vater und Bruder verlangt; die furchtbaren Strafen, die, wie der strenge Arrest des Reichsmilitärstrafgesetzes von 1872, an gewissem Raffinement selbst die Kriegsartikel Friedrichs II. überbieten; das heimliche Gerichtsverfahren9 – dieses und manches andere waren in dem Söldnerheere sehr natürliche Erscheinungen, während sie zu dem angeblichen „Volke in Waffen" passen wie die Faust aufs Auge. Darüber sind sich die preußischen Militärschriftsteller auch ganz klar. Der schon erwähnte Herr Delbrück schreibt, indem er von der Konfliktszeit10 spricht: „Merkwürdigste aller Erscheinungen: Das Volk fast einstimmig in erbitterter Opposition gegen die Regierung und in Ordnung gehalten durch die Armee, d. h. durch zwei bis drei Jahrgänge eben dieses Volkes! Waren denn die Leute, die gerade im Alter von 20-23 Jahren standen, anders gesonnen als ihre Brüder und Väter? Diese wählten Abgeordnete mit der Parole: Diesem Ministerium keinen Mann und keinen Groschen!; jene sorgten dafür, dass auch nicht einmal der Gedanke eines tatsächlichen Widerstandes auftauchte. Hier sieht man, was ein Offizierskorps, was Korpsgeist und Dispizlin ist." Sehr richtig!

Schade nur für die Bewunderer dieses „merkwürdigen" Militarismus, dass er auch seine Kehrseite hat. Und diese Kehrseite sind die – Soldatenmisshandlungen. Es ist gewiss anzuerkennen, dass von dem Rundschreiben des Generalleutnants v. Möllendorf bis zum Erlasse des Herzogs Georg über hundert Jahre lang die überzeugtesten Vertreter des Militarismus sich in eifrigster Weise bemüht haben, diesem Übel zu steuern. Die berufensten Vertreter der heutigen Gesellschaftsordnung sind ja auch häufig die rücksichtslosesten Bekämpfer der Prostitution. Subjektiv gebietet die Ehrlichkeit, solche Bestrebungen stets anzuerkennen; objektiv gebietet die Einsicht, sich über ihre Wirkung niemals zu täuschen. Man kann eine Wirkung nimmermehr beseitigen, wenn man nicht ihre Ursache preisgibt. Und so fürchten wir, dass der Erlass des Herzogs Georg gegen die Soldatenmisshandlungen nicht mehr ausrichten wird, als der Erlass des Kaisers gegen die Prostitution ausgerichtet hat.

Es gibt nur ein Heilmittel hier wie dort: die grundsätzliche Bekämpfung des Kapitalismus hier und des Militarismus dort.

1 Gemeint ist der Erlass des Herzogs Georg von Sachsen vom 8. Juni 1891. Er sprach u. a. vom „Ausfluss einer Rohheit und Verwilderung", die bei dem vorhandenen Offiziers- und Unteroffiziersmaterial „kaum für möglich" gehalten worden sei. Der Erlass, den der „Vorwärts" Anfang 1892 publizierte, warf ein bezeichnendes Licht auf die Zustände im preußisch-deutschen Heer. Die Sozialdemokratie bekämpfte das System der Soldatenmisshandlungen aufs schärfste und prangerte in ihrer Presse diese Verhältnisse an.

2 Die Kantonverfassung von 1733 wies den einzelnen Regimentern bestimmte Bezirke (Kantone) an, in denen Rekruten für die spätere Aushebung in Listen eingetragen, „enrolliert", wurden. Zum Schutz der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bestanden für bestimmte, meist handel- und gewerbetreibende Schichten und Berufszweige sowie für einige Städte und Kreise Exemtionen (Ausnahmen, Befreiungen). Daneben bestand die freie Werbung weiter. Noch das Kantonreglement von 1792 legte erneut die Militärdienstpflicht der leibeigenen Bauern fest und erlaubte den Junkern offiziell, sie zu enrollieren und dadurch doppelt auszubeuten.

3 Bayrischer Erbfolgekrieg 1778-1779 – der Versuch des Kaisers Joseph II., nach dem Aussterben der bayrischen Wittelsbacher die österreichische Stellung im Reich durch den Erwerb eines Teils von Bayern zu verstärken. Um das zu verhindern, rückte Friedrich II. von Preußen in Böhmen ein. Der Krieg erschöpfte sich in kleinen Operationen. Die preußischen Truppen mussten sich wegen Verpflegungsschwierigkeiten und zahlreicher Desertionen wieder zurückziehen. Frankreich und Russland vermittelten den Frieden von Teschen (13. Mai 1779), mit dem Österreich das bayrische Innviertel erhielt.

4 In der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806 bereiteten die Franzosen unter Napoleon I. dem preußischen Korps Hohenlohe eine entscheidende Niederlage. Gleichzeitig wurde bei Auerstedt (Naumburg) die preußische Hauptarmee vernichtet. Die Doppelschlacht von J. und A. entschied das Schicksal des morschen feudalabsolutistischen preußischen Staates.

5 In der Schlacht von Roßbach am 5. November 1757 siegte die preußische Armee unter Friedrich II. über ein aus französischen Truppen und der Reichsarmee zusammengesetztes Heer der Koalition. Der preußische Sieg erfolgte in kurzer Zeit, da die Reichstruppen beim Angriff der gegnerischen Infanterie in Panik gerieten und die Flucht ergriffen.

6 Gneisenau veröffentlichte 1808 in der Zeitung „Der Volksfreund" den Aufsatz „Über die Freiheit der Rücken", in dem er sich scharf gegen Bestrebungen wandte, die Prügelstrafe im Heer beizubehalten.

7 Gemeint ist die chauvinistische Demagogie, mit der Bismarck und seine Anhänger den Wahlkampf führten, der in die Karnevalszeit 1887 fiel. Der Reichstag war aufgelöst worden, weil er sich gegen das Septennat (siehe Anm. 13) ausgesprochen hatte. Eine künstlich entfachte Kriegshetze der Regierungspresse gegen Frankreich brachte Bismarck zwar eine willfährige Mehrheit im Reichstag ein, aber trotz verstärkter Repressalien erreichte die illegale Sozialdemokratie einen Stimmenzuwachs von fast 39 Prozent gegenüber 1884.

8 Bewilligung der Kosten für die Friedensstärke des deutschen Heeres auf je sieben Jahre durch den Reichstag. Gemeint ist hier die Militärvorlage vom November 1886, die eine Erhöhung der Friedensstärke um 41.135 Mann forderte und diese für sieben Jahre auf 468.409 Mann ohne Einjährig-Freiwillige festsetzte.

9 Die reaktionäre Militärstrafprozessordnung sah das geheime und schriftliche Verfahren vor. Erst 1898 verabschiedete der Reichstag nach jahrelangem Kampf vor allem der Sozialdemokratie gegen die reaktionären Kreise des preußisch-deutschen Militarismus ein Gesetz, das das öffentliche und mündliche Verfahren einführte.

10 Der preußische Heereskonflikt, der 1860 ausbrach und 1866 endete, entstand, weil die liberale Mehrheit des Abgeordnetenhauses die von der Regierung eingebrachte Vorlage über die „Verpflichtungen zum Kriegsdienst" ablehnte, die preußische Regierung aber die von ihr angestrebte Heeresvermehrung und -reorganisation dennoch durchführte. Zur Liquidierung des Konflikts berief Wilhelm I. Bismarck an die Spitze der Regierung. Dieser arbeitete ohne bewilligtes Budget, so dass der Heereskonflikt zum Verfassungskonflikt wurde.

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