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Wenn anders die Heeresverfassung im ununterbrochenen Flusse der geschichtlichen Entwicklung steht und mit dem Feldgeschrei: Hie Miliz! Hie stehendes Heer! an sich gar nichts gesagt ist, sondern alles auf die besonderen geschichtlichen Umstände ankommt, so steht damit nicht im Widerspruch, sondern vielmehr im Einklang, dass unter gegebenen historischen Voraussetzungen Miliz und stehendes Heer sich ausschließende Gegensätze sein können. Und diese Voraussetzungen sind heute in dem weltgeschichtlichen Kampfe zwischen Bourgeoisie und Proletariat gegeben.

Um aber diesen Gegensatz klar zu erkennen, muss man die Forderung der Miliz, wie sie die moderne Sozialdemokratie stellt, mit grundsätzlicher Schärfe von allen bürgerlichen Milizgedanken trennen. Sie spielen vielfach auch in die sozialistische Literatur über die Milizfrage hinüber und haben nicht wenig dazu beigetragen, das Urteil der Arbeiter über diese für ihren Emanzipationskampf entscheidende Frage zu verwirren. Im Einzelnen hierauf einzugehen würde zu weit führen, und es muss abermals an einem Beispiel genügen, aber ebendeshalb mag ein Beispiel gewählt werden, das sozusagen den Stier bei den Hörnern packt.

Niemand kann die Verdienste, die sich Engels um die [anti]militaristische Aufklärung des Proletariats erworben hat, höher schätzen als der Schreiber dieser Zeilen. Er bekennt gerne, dass die Gedankenreihe, die er in den vorliegenden Artikeln auszuspinnen versucht hat, zuerst in ihm angeregt worden ist durch einen Satz, den er vor Jahr und Tag in einem von Engels an Marx gerichteten Briefe las. Dieser Satz lautet folgendermaßen: „Erst eine kommunistisch eingerichtete und erzogene Gesellschaft kann sich dem Milizsystem sehr nähern und auch da noch asymptotisch."1 Es ist gerade auch das Verdienst von Engels, mit den bürgerlichen Milizschwärmereien aufgeräumt und die historische Bedingtheit aller Heeresverfassungen nachgewiesen zu haben; seine Militärschrift von 1865 trug ihm selbst von einem so namhaften Militärschriftsteller, wie Rüstow war, den Vorwurf ein, dass er sich damit einen Anspruch auf den preußischen Orden pour le mérite erworben habe.

Gleichwohl hat auch Engels den bürgerlichen Vorstellungen in der Milizfrage einige Zugeständnisse gemacht: allerdings erst in seinen letzten Lebensjahren, wo er gewiss nicht weniger revolutionär dachte als in den Tagen seiner frischen Manneskraft, aber wo ihn das mächtige Aufblühen der Arbeiterbewegung nach vierzigjährigem Hoffen und Harren die Hindernisse ihres Weges unterschätzen ließ. Es geschah aus demselben Optimismus heraus, der ihn in den dunkelsten und schwersten Tagen nicht hatte verzagen lassen. Aber deshalb dürfen wir den Fehler in der Rechnung nicht übersehen, den er in der letzten seiner Militärschriften begangen hat, in der Broschüre: „Kann Europa abrüsten?"2 Er will in ihr den Beweis führen, dass die Umwandlung der stehenden Heere in eine auf allgemeiner Volksbewaffnung beruhende Miliz „auch für die heutigen Regierungen und unter der heutigen politischen Lage"3 möglich sei. Er befürwortet für diesen Zweck in erster Reihe, das Schwergewicht der militärischen Ausbildung in die Jugenderziehung zu legen, und sieht gerade hierin den Unterschied des von ihm vorgeschlagenen Milizsystems mit irgendwelcher bestehenden Miliz, zum Beispiel der schweizerischen.

An und für sich ist das, was Engels ausführt, wohldurchdacht, wie sich von selbst versteht. Ebenso wie es sich von selbst verstand, dass Lassalles Schrift über den Krieg von 1859 an und für sich wohldurchdacht war. Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen beiden Schriften insofern, als die preußische Regierung ja die Gewogenheit gehabt hat, auf die Vorschläge einzugehen, die Lassalle und Engels ihr gemacht haben, natürlich in ihrer Weise. Lassalle forderte, die preußische Regierung solle ihr Heer nach Schleswig-Holstein senden, und das geschah wenige Jahre darauf: freilich nicht, wie Lassalle wollte, in national-revolutionärer, sondern in dynastisch-reaktionärer Tendenz. In derselben Tendenz wird jetzt auch die militärische Jugenderziehung begonnen unter der obersten Leitung desselben Feldmarschalls von der Goltz, der den seligen Helden von Jena den Lorbeer gewunden hat, und mit einem Erfolg, der es nur zweifelhaft lässt, ob die widerlichen Zerrbilder in höherem Grade Empörung oder Spott herausfordern. Es ist übrigens anzuerkennen, dass Genosse Schippel schon vor fünfzehn Jahren diesen Erfolg in der „Neuen Zeit" vorausgesagt hat, wenn auch entfernt nicht in so drastischer Weise, wie er heute jeden Tag von jedem Parteiblatt geschildert wird.

Wollte man jedoch deshalb den preußischen Staat anklagen, so würde er mit dem besten Gewissen von der Welt antworten: Aber so verlangt doch nicht mehr von mir, als ich leisten kann. In der Tat – wer kann von einem Raben verlangen, dass er singen, oder von einem Tiger, dass er sich von Obst nähren soll? Für den modernen Klassenstaat, der eine internationale Großmacht sein will, löst sich die ganze Milizfrage in ein sehr einfaches Dilemma auf. Entweder bildet er seine Miliz aus atomisierten Massen, wie sie die kapitalistische Produktionsweise unermüdlich schafft, und dann ist er dem stehenden Heere der ersten besten Nachbarmacht geliefert. Oder er bildet sie aus organisierten Massen, wie sie der proletarische Klassenkampf erzeugt, und dann geht es ihm auch an Kopf und Kragen, gewiss mit den wohltätigsten Folgen für die gesittete Menschheit, aber deshalb um so gründlicher.

Unter diesen Umständen ist es nicht zu beklagen, sondern zu begrüßen, dass die bürgerliche Opposition ihren Widerstand gegen den modernen Militarismus ein für allemal aufgegeben hat. Es ist schon gesagt worden, dass und weshalb dieser Widerstand an einem inneren Widerspruch litt, und es ist gezeigt worden, dass im besonderen die bürgerliche Opposition in Preußen damit begann, die Opposition gegen den Militarismus in eine elende Finanzfrage zu verpfuschen; bei seinen Gegenvorschlägen gegen den Reorganisationsplan Roons rechnete das preußische Abgeordnetenhaus am Anfang der sechziger Jahre eine jährliche Ersparnis von – sage und schreibe – 2½ Millionen Taler heraus. Kurz vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges bestritt die fortschrittliche Presse wochenlang ihre Agitation gegen den Militarismus mit dem „ausgestopften Hauptmann"; das Kalkulatorengenie Eugen Richters hatte nämlich entdeckt, dass im Militäretat das Gehalt für einen Gardehauptmann ausgeworfen war, der in Wirklichkeit nicht existierte; die Stelle wurde durch den Kaiser bekleidet, der die paar tausend Mark Gehalt irgendwie sonst im Interesse des Regiments verwandte. Mit solchen Nörgeleien machte man dem Moloch höchstens eine vergnügte Viertelstunde.

Diese Opposition war schon deshalb ein verlorenes Spiel, weil sie überhaupt nur ein Spiel war. Als im Jahre 1893 der damalige Reichskanzler Caprivi der Freisinnigen Volkspartei – oder wie dies wechselnde Gebilde zur Zeit hieß – die zweijährige Dienstzeit anbieten ließ für ihre Zustimmung zu der damaligen Heeresvermehrung, lehnte Eugen Richter ab, weil die Partei sonst aufhören würde, eine „Volkspartei" zu sein. Diese Spekulation auf den Widerwillen der Volksmassen gegen den Militarismus hätte nur dann einen Sinn gehabt, wenn, sie eine energische und konsequente Opposition zur Folge gehabt hätte. Die bürgerliche Opposition kam aber nie über schwächliche Halbheiten hinaus. Wenn sie sich überhaupt diese Halbheiten erlauben zu dürfen glaubte, so geschah es, weil die „Nichts-als-Freihändler" sich einbildeten, dass die Entwicklung des Kapitalismus zum allgemeinen Völker- und Weltfrieden führen würde. Sobald diese Illusion mit dem Anbruch der imperialistischen Ära zerrann, sobald es offenbar wurde, dass die Zukunft des Kapitalismus ganz und gar an eine rücksichtslose Eroberungspolitik gebunden ist, kam es dieser „Volkspartei" zu klarem Bewusstsein, dass sie ein Spiel mit dem Feuer aufgeben müsse, an dem sie sich doch einmal die Finger verbrennen könne, und sie sank als reuige Sünderin in Molochs Arme.

Immerhin – wenn man begreiflich finden mag, dass die bürgerliche Opposition nicht über ihren Schatten zu springen vermag, so ist es unverzeihlich, dass sie das deutsche Heer nicht einmal soweit zu verbürgerlichen vermocht hat, wie es sich mit den Aufgaben eines stehenden Heeres auch unter den heutigen Verhältnissen durchaus verträgt. Es ist die historische Schuld der bürgerlichen Opposition, dass die deutsche Heeresverfassung noch vielfach in feudalen Formen steckt, die vor hundert Jahren schon Scharnhorst und seine Genossen für schädlich erklärt haben. Hiermit aufzuräumen hatte die bürgerliche Opposition um so reichere Gelegenheit, als der Militarismus im steigenden Maße des bürgerlichen Geldes und der bürgerlichen Intelligenz bedurfte. Aber wenn sich die freisinnigen Parlamentarier à la Kopsch und Mugdan auf den wahrhaft idiotischen Standpunkt stellten, dass sie, edelmütig bis aufs Hühnerauge, keine „Erpresserpolitik" treiben könnten und wollten, so wussten die Schulze und Müller, die ins Offizierskorps gelangten, nichts besseres zu tun, als den Itzenplitzen und Zitzewitzen abzusehen, wie sie sich räusperten und spuckten. Wie bei so vielen Reformen, die schon auf dem Boden der kapitalistischen Gesellschaft möglich und nötig sind, überließen ihre geborenen Vertreter die Sorge für sie den dreimal vermaledeiten Sozialdemokraten, die denn auch mit allem Nachdruck dafür eingetreten sind und eintreten. Nur müssen wir uns hüten, in diesen Reformen eine Annäherung an die Miliz zu sehen, wie wir sie fordern. Denn diese Miliz ist ein revolutionäres Prinzip, das dem Prinzip der stehenden Heere, wie es sich heute entwickelt hat, unversöhnlich gegenübersteht; mit Reformen, die das Prinzip der stehenden Heere zulässt, so notwendig und nützlich sie sein mögen, nähert man sich dem Prinzip der Miliz sowenig wie mit Arbeiterschutzgesetzen der sozialistischen Produktionsweise.

Es ist deshalb auch prinzipiell anfechtbar, wenn in der Erklärung, die die sozialdemokratische Reichstagsfraktion vor der Abstimmung über die Deckungsvorlage abgegeben hat, über ihre Anträge zur Wehrvorlage gesagt wird, sie hätten schwere Missstände des stehenden Heeres beseitigen und seine Umbildung zur Volkswehr vorbereiten wollen. Eine Umbildung zur Volkswehr wird damit noch nicht eingeleitet, dass schwere Missstände des stehenden Heeres beseitigt werden. Ebenso anfechtbar ist es, wenn die Steigerung der Heeresrüstung als „völlig unbegründet" bezeichnet wird. Sie ist es gewiss, soweit es auf die fadenscheinigen Vorwände ankommt, mit denen die Bethmann Hollweg und Heeringen sie zu begründen versucht haben, aber sie ist nur allzu begründet als notwendige Konsequenz der imperialistischen Politik und notwendiges Produkt des heutigen Klassenstaats. Und ebendeshalb verwerfen wir sie und würden sie auch dann verwerfen, wenn der Hinweis der Bethmann Hollweg und Heeringen auf die neuen Mächte des Balkans mehr gewesen wäre als ein fadenscheiniger Vorwand.

Indessen wenn es sich bei diesen Punkten vielleicht nur um eine ungenaue Wahl der Worte handelt, so ist wirklich bedenklich der Schlusssatz der Erklärung, wo die Zustimmung zu den Besitzsteuern mit der Überzeugung begründet wird, „dass die damit eingeleitete schärfere Heranziehung der Besitzenden zu den Rüstungskosten dazu beitragen wird, die Sympathien dieser Kreise für eine Fortsetzung der Rüstungstreibereien abzukühlen und uns dadurch den Kampf gegen den Militarismus zu erleichtern". Dieser Satz zeugt von einer allzu flachen Auffassung des militaristischen Problems und fordert deshalb entschiedenen Widerspruch heraus. Ob die Zustimmung zu den Besitzsteuern sich mit der Stellung der Partei zu den Steuerproblemen verträgt oder nicht, ist eine Frage für sich, um die es sich in diesem Zusammenhang nicht handelt. Aber die „Fortsetzung der Rüstungstreibereien" hängt viel zu eng mit den wichtigsten Lebensinteressen des modernen Klassenstaats zusammen, als dass die Frage, ob die finanziellen Mittel in einer den besitzenden Klassen mehr oder minder unbequemen Weise aufgebracht werden sollen, dabei eine mehr als nebensächliche Rolle spielen kann. Sieht man selbst von dem Beispiel anderer Länder ab, so zeigt schon die erste „Rüstungstreiberei" in Preußen, wie wenig es gerade auf diesen Gesichtspunkt ankommt. Die Kosten der Militärreorganisation von 1860 wurden durch die Aufhebung der feudalen Grundsteuerbefreiungen dem Junkertum auferlegt, und selbst das preußische Herrenhaus biss nach kurzem Zögern in den sauren Apfel.

Diese Unklarheit in der Erklärung der Reichstagsfraktion ist gewiss nur ein Zeichen der Unklarheit, die in der ganzen Partei über die Wehrvorlage geherrscht hat. Auch die Massen der Partei haben das notwendige Verständnis für das ungeheuerliche Attentat nicht gehabt, das mit der Wehrvorlage auf ihre Lebensinteressen gemacht worden ist. Zum Teil mag man sich ihre allzu große Gelassenheit daraus erklären, dass ihnen in gewissem Sinne die immer weitere Ausdehnung der allgemeinen Wehrpflicht nur erwünscht sein kann; was sollten sie dagegen einwenden, dass die herrschenden Klassen einen immer größeren Teil der beherrschten Klassen im Waffenhandwerk unterrichten? Dazu mochte dann ein gewisses Gefühl des Behagens und selbst der Schadenfreude darüber gekommen sein, dass diesmal der Geldbeutel der besitzenden Klassen bluten soll. Allein gerade diese Entschuldigungsgründe, wenn man sie anders gelten lassen will, beweisen doch nur, dass die tiefere prinzipielle Anschauung den Massen der Partei zu schwinden beginnt. Eine Tatsache, die dann von der anderen Seite dadurch beleuchtet wird, dass eine – gelinde gesagt – kurzsichtige Agitation einiger zur Partei gehöriger Ärzte für die Bekämpfung des Kapitalismus und Militarismus durch einen „Gebärstreik" ein lebhafteres Interesse unter den Berliner Parteigenossen findet, als die Agitation gegen die Wehrvorlage gefunden hat.

Um so dankenswerter ist es, dass nun aber doch gerade in den Massen der Partei die Einsicht hervorbricht, dass es so nicht weitergehen kann. Wie immer bei solchen Selbstbesinnungsprozessen werden dabei übereilte Vorschläge der Besserung und ungerechte Vorwürfe gegen einzelne Personen oder einzelne Instanzen gemacht, und es ist sicherlich notwendig, dass diese Vorschläge, soweit sie übereilt, und diese Vorwürfe, soweit sie ungerecht sind, zurückgewiesen werden. Aber man soll sich nicht dem Irrtum hingeben, dass damit alles wieder im Lote sei. Der Gedanke, der diese neue Massenbewegung belebt, der Gedanke, den Todfeinden der Arbeiterklasse, wie sie sich in den Reichstagsverhandlungen über die Wehr- und Deckungsvorlagen von der Rechten bis zur Linken enthüllt haben, nicht mit allerlei Dämpf- und Kühlapparaten den Kopf zu waschen, sondern sie mit den alten prinzipiellen Waffen der Partei aufs Haupt zu schlagen, ist durch und durch gesund; er wird sich hoffentlich nicht wieder einlullen lassen durch die beredtesten Nachweise, dass sich die Dinge seit den letzten Reichstagswahlen durchaus in den richtigen Geleisen bewegt haben.

Gerade auf dem Gebiet der Militärfrage, mehr noch als fast auf jedem andern, ist die kräftigste Propaganda unserer prinzipiellen Anschauungen notwendig. Hier sind noch große Missverständnisse und Unklarheiten zu beseitigen; es ist bezeichnend, wenn auch nicht schmeichelhaft, dass die klassischen Schriften unserer Parteiliteratur über militärische Fragen, die Schriften von Engels und Bürkli, unter allen ihren Erzeugnissen so ziemlich am wenigsten verbreitet und selbst unzugänglich sind. Dann aber haben wir kein anderes Mittel, die stehenden Heere erfolgreich zu bekämpfen, als dass wir jene Disziplin der Massen schaffen, ohne die heute jede Miliz unmöglich ist. Die stehenden Heere gehören zum modernen Klassenstaat und sind von ihm unzertrennlich; alle Versuche, sie auf dem Boden der kapitalistischen Gesellschaft zu beseitigen, müssen von vornherein versagen; herrschende und unterdrückende Klassen vermögen sehr viel, leider viel zu viel, aber sie können keine Miliz aus dem Boden stampfen, die ihre Klasseninteressen zu verteidigen fähig und geneigt ist.

Jedoch den stehenden Heeren ist auch keine Miliz gewachsen, die nicht in enger Arbeits- und Lebensgemeinschaft geschult und zu einem einheitlichen Körper zusammengeschweißt ist. Die Organisation der Massen durch die sozialdemokratische Agitation ist die praktische Vorschule einer kampftüchtigen Miliz; sie schafft den einheitlichen Willen, der über alle Tapferkeit und Tüchtigkeit der einzelnen hinaus allein befähigt, nicht nur einzelne Erfolge zu erringen, sondern planmäßig zu kämpfen und zu siegen. Dieser Wille ist nur durch die „kommunistische Erziehung" zu schaffen, wie auf allen anderen Gebieten des proletarischen Klassenkampfes, so auch in dem Kampfe der Arbeiterklasse gegen den Militarismus.

Man darf sich nicht darüber täuschen, dass heute schon die Disziplin der Arbeiterklasse ein gewichtiges Wort mitspricht in dem System der stehenden Heere. Wenn der Frieden unter den großen Militärmächten des europäischen Kontinents verhältnismäßig lange erhalten worden ist, so ist das nicht der Weisheit der herrschenden Klassen zu danken, sondern ihrer Angst vor den unberechenbaren Kräften und Möglichkeiten, die heute die Entfesselung der Kriegsfurie heraufbeschwört. Aber gleichwohl hat das System der stehenden Heere seine eigene Logik, die so oder so zur Katastrophe führen muss, sei es zum ökonomischen Ruin der Völker durch die Militärlast, sei es zu einem allgemeinen Vernichtungskrieg; in jedem dieser Fälle treten Aufgaben an die Arbeiterklasse heran, für die sie sich gar nicht früh genug rüsten kann. Es handelt sich nicht um eine Frage von Jahrhunderten, sondern von Jahrzehnten und vielleicht selbst von Jahren.

Mit Recht hat Engels in seinem Buche gegen Dühring ausgeführt, dass der moderne Militarismus, das System der stehenden Heere nur von innen heraus gesprengt werden kann.4 Je klarer die Massen, die Moloch unter die Waffen ruft, sich ihrer gemeinsamen Interessen und dadurch ihres einheitlichen Willens bewusst sind, um so mehr wächst die Disziplin der Miliz über die Disziplin der stehenden Heere hinaus, deren Schicksal damit besiegelt ist.

1 Engels an Marx in London, 16. Januar 1868. In: Marx/Engels: Werke, Bd. 32, S. 21.

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