Franz Mehring 19121011 Das Oktoberedikt von 1807

Franz Mehring: Das Oktoberedikt von 1807

11. Oktober 1912

[Die Neue Zeit, 31. Jg. 1912/13, Erster Band, S. 46-55. Nach Gesammelte Schriften, Band 6, S. 279-291]

Unter den nachjenaischen Reformen, die den preußischen Staat restaurierten, ist keine so bejubelt und keine so verdammt worden wie das Oktoberedikt von 1807. Schön feierte in ihm die Magna Charta des Staates, während Urjunker Marwitz bissig meinte, alle Ideologen und Philosophanten von der Garonne bis zum Njemen hätten ein Loblied darüber angestimmt. Die eine Ansicht war so übertrieben wie die andere.

Am nüchternsten von den Zeitgenossen urteilte der Kriegsrat Scharnweber, der bauernfreundlichste unter den preußischen Reformern, der im Jahre 1807 jedoch noch keine einflussreiche Stellung hatte. Auf den Lobgesang, dass durch das Oktoberedikt hunderttausend Familien in die natürlichen und unveräußerlichen Rechte der Menschen wieder eingesetzt worden seien, antwortete er: Das heißt, sie wurden von Bauern zu Taglöhnern herabgesetzt, und auf die Behauptung, dass niemand mehr für die ganze Lebenszeit an die Scholle gebunden sei, setzte er den Trumpf: Nein, denn er muss sich das Wegjagen gefallen lassen.

Viel auffallender noch als der Zwiespalt in den Ansichten der Zeitgenossen ist die Verschiedenheit der Auffassung, die auch unter den heutigen Historikern über die geschichtliche Bedeutung des Oktoberediktes besteht. Nicht etwa nur unter denen, die im allgemeinen über die damalige Zeit geschrieben haben, sondern auch unter den Spezialforschern gerade über die Reformgesetzgebung der nachjenaischen Zeit; bei G. F. Knapp, Max Lehmann, E. v. Meier und anderen findet man ganz abweichende Urteile über Wesen und Wirkung des Oktoberediktes. Indessen so auffallend diese Erscheinung ist, so ist sie doch nicht unerklärlich. Sie ergibt sich aus jenem Halbdunkel, worin sich, wie Marx einmal sagt, die bürgerlichen Historiker bewegen, indem sie die Auflösung der feudalen Produktionsweise ausschließlich als Emanzipation der Arbeiter auffassen und nicht zugleich als Verwandlung der feudalen in die kapitalistische Ausbeutungsweise.1 In diesem doppelschlächtigen Wesen der bürgerlichen Freiheit finden sie sich nicht zurecht, auch wenn sie frei von allen loyal-patriotischen Vorurteilen sind, wie sie bei einzelnen mitspielen mögen.

Indem das Oktoberedikt das adlige Monopol des Großgrundbesitzes und die Erbuntertänigkeit der Bauern aufhob, hinkte es nicht nur der Gesetzgebung vorgeschrittener Länder nach, Englands, Frankreichs, Italiens, Dänemarks und Schleswig-Holsteins, auch Österreichs, sondern es nahm auch nur, wenigstens in dem zweiten Punkte, Tendenzen auf, die schon in dem vorjenaischen Preußen lebendig gewesen und sogar schon auf den königlichen Domänen in einzelnen Provinzen, namentlich in Ostpreußen, durchgeführt worden waren. Die Erbuntertänigkeit der Bauern war so allgemein als unerträgliches Hemmnis der landwirtschaftlichen Kultur anerkannt, dass bereits die preußischen Könige des achtzehnten Jahrhunderts gegen sie angekämpft und sie in ihrem eigenen Machtbereich als Großgrundbesitzer zu beseitigen begonnen hatten. Gegenüber den adligen Großgrundbesitzern hatten sie allerdings nicht mehr erreicht als den sogenannten Bauernschutz, den man beileibe nicht nach patriotischen Vorbildern mit dem verwechseln darf, was man heute Arbeiterschutz nennt. Der sogenannte Bauernschutz war in keinem Sinne ein Schutz der Bauern gegen ihre Ausbeutung und Unterdrückung durch die Junker, und mochte diese Ausbeutung noch so maßlos und unerträglich sein; deshalb hat sich kein Hohenzoller je einen Finger nass gemacht. Er hinderte die Junker nur am Bauernlegen; der Bauernacker durfte nicht geschmälert werden, um dem Landesherrn nicht seine Rekruten und Steuern zu verkürzen.

Um den Widerstand der Junker gegen die Aufhebung der Erbuntertänigkeit zu brechen, waren erst die Schlacht bei Jena und der Friede von Tilsit notwendig. Dann aber arbeitete die ungestüme Presserin, die Not, verhältnismäßig schnell. Ehe noch Stein, als leitender Minister berufen, von seinem nassauischen Gute in Memel eintraf, wo der König noch immer residierte, war das Oktoberedikt fix und fertig. Da die französischen Truppen das Land nicht zu räumen brauchten, bis die für jene Zeit kolossale Kriegskontribution von 150 Millionen Franken bezahlt war, so beschränkte sich das königliche Regiment auf Ostpreußen und einen kleinen Teil von Westpreußen, auf Landesteile, die total verwüstet waren, weit mehr noch durch die russischen Bundesgenossen, die, um die russische Grenze zu decken, absichtlich eine Wüste aus dem Lande gemacht hatten, als durch die französischen Feinde. Eine Wiederherstellung des allgemeinen Wohlstandes war um so notwendiger, als die Einkünfte aus den preußischen Provinzen, die noch von französischen Truppen besetzt waren, in die französischen Kassen flössen, diese Truppen selbst aber vom Lande erhalten werden mussten. Dazu zwang ein besonderer Umstand, mit der Aufhebung der Erbuntertänigkeit nicht lange zu fackeln. Sie stand in dem benachbarten Herzogtum Warschau bevor, das Napoleon aus den ehemals polnischen Provinzen des preußischen Staates gebildet hatte, und erfolgte sie hier, ohne zugleich in Ostpreußen verkündet zu werden, so war eine massenhafte Flucht der Bauern nach Polen zu befürchten. Es ist gerade dieser Gesichtspunkt, der in den Verhandlungen der preußischen Behörden mit dem König über das Oktoberedikt mit aller Schärfe betont wird.

Solcher Behörden gab es zwei: das Provinzialdepartement (das heißt die Provinzialregierung Ostpreußens) und die Kombinierte Immediatkommission, die an Stelle des früheren Generaldirektoriums bis zur Ankunft Steins das Innere und die Finanzen verwaltete. Daneben hatte noch ein interimistisches Justizministerium mitzusprechen, das unter dem Kanzler v. Schrötter stand, dem jüngeren Bruder des Ministers v. Schrötter, der das Provinzialdepartement leitete. Beide Brüder gehörten zu den ostpreußischen Edelleuten, die im eigenen wohlverstandenen Interesse ihrer Klasse die Erbuntertänigkeit verwarfen, doch aber zu dieser Klasse gehörten, vor deren ernsthafter Opposition sie leicht zurückscheuten. Der Minister von Schrötter war ein naher Freund Kants gewesen, den er öfter auf seinem Gute als Gast beherbergt hatte, aber der Mann scharfer Konflikte war er so wenig wie Kant. Unter seinen Räten freilich, Friese, Morgenbesser, Wilckens, gab es härtere Köpfe; Morgenbesser war der Verfasser jener Schrift, die die Republik ohne Erbrecht befürwortet hatte, und von Friese sagt Lehmann, dass er der ausgesprochenste Smithianer unter den damaligen preußischen Beamten gewesen sei. Ehedem hatte auch Schön zu den Räten Schrötters gehört, aber er war nunmehr die treibende Kraft der Immediatkommission, der außer ihm nur bürgerliche Beamte angehörten (Altenstein, Klewiz, Niebuhr, Sack, Stägemann).

Der Stein kam ins Rollen durch einen Antrag des Ministers v. Schrötter, der den Ankauf einiger tausend Kühe aus der Staatskasse und unentgeltliche Lieferung des Holzes aus den Staatsforsten für das „Retablissement des Landes" empfahl. Diesen Antrag überwies der König der Immediatkommission, die ihn zwar billigte, aber als bloßen „Almosenplan" für ganz unzureichend erklärte. Ihr Gegenvorschlag, von Schön entworfen, ging dahin, die Hindernisse wegzuräumen, die dem nationalen Wohlstand im Wege ständen. In einem rein landwirtschaftlichen Lande wie dem Königreich Preußen (das heißt nach der damaligen Sprache der heutigen Provinz Ostpreußen) sei nur für die Blüte der Landwirtschaft zu sorgen, und diese sei durch zwei Maßregeln zu erreichen: erstens, indem man die Beschränkung in der Besitzfähigkeit der Grundstücke aufhebe (denn es vermindere den Wert der Rittergüter, wenn ihr Besitz dem Adel vorbehalten bleibe) und der Grundbesitzer freie Verfügung über sein Eigentum habe, und zweitens, indem man die Erbuntertänigkeit der Bauern aufhebe und ihnen ermögliche, ihre Kräfte nach freiem Ermessen anzuwenden. Konsequenterweise verhehlte sich Schön nicht, dass die freie Verfügung der Großgrundbesitzer über ihr Eigentum ihnen das unumschränkte Recht gebe, auch über das Land ihrer Bauern nach Gefallen zu verfügen, aber er wollte eine Reihe von Übergangsbestimmungen treffen, um nicht auf einmal in dem Nationalverkehr eine zu große Erschütterung zu erzeugen. Endlich verwies er auf die „Erbitterung der Erbuntertanen in Preußen", wo die Domänenbauern bereits frei seien und eine Gruppe freier Bauern, die sogenannten Kölmer, existiere, wozu dann noch die Aufhebung der Erbuntertänigkeit im Herzogtum Warschau komme. Indem er seinen Punsch ä la Adam Smith mit einem Schuss kategorischen Imperativs ä la Immanuel Kant mischte, meinte er, den Treuen dürfe kein schlechteres Los zuteil werden als den Untreuen.

An demselben Tage, wo die Immediatkommission diesen Bericht erstattete, am 17. August 1807, kam aber auch der Minister Schrötter mit einem neuen Bericht heraus, der auf das Konto seines damaligen Referenten Morgenbesser zu setzen sein wird. Er begann damit, womit der Bericht der Immediatkommission geendet hatte: Der Vorgang des Herzogtums Warschau mache die Aufhebung der Erbuntertänigkeit unaufschiebbar. Sonst bewegte sich Schrötter in gleichem Gedankengang wie Schön, nur dass er die Frage nicht berührte, wie es mit der Verfügung über das Bauernland zu halten sei, und dass er noch einige andere Maßregeln zum „Retablissement des Landes" vorschlug, wie Aufhebung der Einfuhrverbote und des Fabrikzwanges, Vererbpachtung der Domänen usw. Schließlich beantragte Schrötter, ihn und seinen Bruder mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzes zu beauftragen. Bereits am 23. August erklärte sich der König einverstanden mit dem Bemerken, dass er seit seinem Regierungsantritt unverrückt die Aufhebung der Erbuntertänigkeit erstrebt habe, was nicht sowohl für ihn als für seinen Kabinettsrat Beyme richtig war.

Schrötter wurde nun aber wieder schwächlich und vertraute seine Pläne einer Anzahl ostpreußischer Edelleute an, mit denen er wegen finanziellen Fragen zu verhandeln hatte. Diese Junker, dreizehn an der Zahl, ersahen sofort ihren Vorteil und sandten am 29. August eine Eingabe an den König, ganz in dem Stile, wie ihn ihre heutigen Nachfahren noch lieben. Sie verwarfen die Aufhebung der Erbuntertänigkeit als den unvermeidlichen Ruin des Adels, doch erklärten sie sich bereit zu allen patriotischen Opfern, wenn sie ihnen nur halbwegs erträglich gemacht würden. Zuerst und vor allem verlangten sie für jeden Gutsbesitzer die freie Verfügung über seine Bauernhufen, so dass er sie ohne Einmischung der staatlichen Behörden nach seinem Belieben einziehen, anders benutzen, vergrößern oder verkleinern könne, unter der einzigen Bedingung, für jeden eingehenden Bauern eine Familie mit zwei oder drei magdeburgischen Morgen Acker anzusetzen. Sie wollten also den Bauern die persönliche Freiheit gönnen, wenn sie den Bauern zum Taglöhner machen durften, aber auch das nicht einmal unbedingt, denn in zweiter Reihe beanspruchten sie, dass die männliche und weibliche Nachkommenschaft der Bauern auch nach Aufhebung der Erbuntertänigkeit zu einem fünfjährigen Zwangsgesindedienst verpflichtet werden sollte, womit die für die bäuerliche Bevölkerung wohltätigste Wirkung der Aufhebung beseitigt worden wäre.

Der König war durch diese „Vorurteilslosigkeit" des Adels außerordentlich befriedigt, wie er ihm in seiner Antwort vom 3. September kundgab. Zwar sei die Aufhebung der Erbuntertänigkeit „durch die Schritte der benachbarten Regierungen zur Sache der dringenden Notwendigkeit" geworden, aber sie erfordere allerdings „große Behutsamkeit", und der Adel verdiene durch „freiere Disposition über seine Güter" einen Ersatz. Die beiden Schrötter lehnten nun zwar den geforderten Zwangsgesindedienst als „temporäre Erbuntertänigkeit" ab, aber der Hauptforderung der Junker gaben sie vollständig nach. In ihrem Gesetzentwurf vom 9. September wollten sie den Rittergutsbesitzern die Vollmacht geben, jeden nicht erblich angesessenen Bauern hinauszuwerfen, falls er dafür einen Taglöhner („einen Kätner oder Rattayer") ansetze. Dieser Entwurf ging nun wieder an die Immediatkommission, die einen Gegenentwurf vom 30. September einreichte, der sich mit ihren Ausführungen vom 17. August deckte, also eine Reihe von Übergangsmaßregeln befürwortete.

Zwischen diesen beiden Entwürfen hatte Stein die Entscheidung zu treffen, als er am letzten Septembertag 1807 in Memel eintraf. Gegen die Aufhebung der Erbuntertänigkeit konnte er nach seiner Vergangenheit nichts einwenden; schwieriger war für ihn die Frage, ob und inwieweit mit ihr auch der bisherige Bauernschutz hinfällig sei. Stein war sowohl Adels-wie Bauernfreund. Er wollte auch hier mittelalterliche Zustände auf moderner Grundlage aufrechterhalten; das Band zwischen Gutsherrn und Bauer, „das Band der wechselseitigen Dienstleistung, des wohltätigen Einflusses, des Rates" sollte nicht zerrissen werden. Der Adel sollte seine bevorrechtete Stellung behalten, aber auch die Bauern sollten gegen die Übergriffe des Adels geschützt werden; als Stein mecklenburgische Zustände aus eigener Anschauung kennenlernte, schrieb er: „Die Wohnung des mecklenburgischen Edelmannes, der seine Bauern legt, statt ihren Zustand zu verbessern, kommt mir vor wie die Höhle eines Raubtiers, das alles um sich verödet und sich mit der Stille des Grabes begnügt." So war Stein ein abgesagter Feind des Bauernlegens. Dadurch kam er in schroffen Gegensatz nicht nur zu den Forderungen der ostpreußischen Junker, sondern auch zu den Konsequenzen, die die bürgerlichen Räte der Immediatkommission und des Provinzialdepartements aus ihren freihändlerischen Anschauungen zogen. Was er äußerstenfalls zulassen wollte, war die Einziehung von Bauernhöfen, die im Kriege so verwüstet waren, dass weder die Gutsbesitzer noch die Bauernwirte sie herstellen konnten oder wollten. Sonst verlangte er Aufrechterhaltung des Bauernschutzes, wie er bis 1806 bestanden hatte; dem Eigennutz der Reicheren und Gebildeteren müsste eine gesetzliche Grenze gesetzt und das Einziehen des Bauernlandes zu Vorwerksland (wie man den Ritteracker nannte) verhindert werden.

Allein von dieser gesetzlichen Einschränkung ist im Oktoberedikt nichts zu lesen. Es ging wie immer, wo eine unklare Utopie, wie Steins beabsichtigte Modernisierung des gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses, mit in sich klaren und konsequenten Anschauungen zusammenstößt. Stein wusste am letzten Ende nicht, worauf hinaus er eigentlich wollte, was man weder den bürgerlichen Reformern noch den ostpreußischen Junkern nachsagen konnte. So verschob er zunächst die Entscheidung und behielt sich in dem Edikt, das am 9. Oktober 1807 erschien, eine besondere Instruktion vor. Das Edikt selbst traf nur zwei positive Bestimmungen: über die Freiheit des Güterverkehrs und die Auflösung der Gutsuntertänigkeit.

1. Jeder „Einwohner unserer Staaten" ist, ohne alle Einschränkung in Beziehung auf den Staat, zum eigentümlichen und Pfandbesitz unbeweglicher Grundstücke aller Art berechtigt: der Edelmann zum Besitz nicht bloß adliger, sondern auch bürgerlicher und bäuerlicher Güter, der Bürger und Bauer zum Besitz auch adliger Güter. Niemand braucht zum Gütererwerb eine besondere Erlaubnis; auch fällt die bisher durch den persönlichen Stand der Besitzer begründete Einschränkung und Aufhebung gewisser gutsherrlicher Rechte fort. Dagegen darf auch der Edelmann „ohne allen Nachteil seines Standes" bürgerliche Gewerbe treiben.

2. Mit der Publikation des Ediktes entsteht fernerhin kein Untertänigkeitsverhältnis weder durch Geburt, noch durch Heirat, noch durch Übernehmung einer untertänigen Stelle, noch durch Vertrag. Zugleich erlischt das Untertänigkeitsverhältnis derjenigen Bauern und Bauernfamilien, die ihre Güter erblich oder eigentümlich besitzen. Und mit dem Martinitag 1810 hört überhaupt alle Gutsuntertänigkeit in „unseren sämtlichen Staaten" auf. Doch bleiben, „wie sich von selbst versteht", alle Verbindlichkeiten in Kraft, die den nunmehr freien Leuten vermöge des Besitzes eines Grundstücks oder vermöge eines besonderen Vertrags obliegen.

Die Bedeutung der beiden Bestimmungen ist in der unglaublichsten Weise übertrieben worden. Die erste hat angeblich die ständische Schichtung des friderizianischen Staates vernichtet und sozusagen ein modernes Staatsbürgerrecht geschaffen. Tatsächlich hatte der friderizianische Staat in Notfällen schon bürgerliche Rittergutsbesitzer zugelassen, aber ihnen dann die adligen Vorrechte versagt, die am Besitz eines Ritterguts hafteten (Gerichtsbarkeit, Ortspolizei, Kirchen- und Schulpatronat, Jagdgerechtigkeit, Steuerfreiheit usw.). Der einzige Fortschritt bestand nur darin, dass jedem Einwohner des Staates – mit Ausnahme der Juden – der Kauf von Rittergütern erlaubt, und wenn ein Bürgerlicher eines kaufte, ihm dieselben adligen Vorrechte eingeräumt wurden wie den Junkern selbst. Reiche Kapitalisten wurden so gewissermaßen in den Adelsstand „erhoben", aber irgendein adliges Standesvorrecht wurde auch nicht mit einem Hauche angetastet. Und selbst diese Gleichstellung hatte ihre bestimmte Grenze; die bürgerlichen Käufer von adligen Gütern nahmen an den adligen Vorrechten nur insoweit teil, als diese Vorrechte am Grund und Boden hafteten; die persönlichen Standesvorrechte des Adels blieben auch ihnen verschlossen, beispielsweise im Eherecht. Ein Edelmann konnte nach diesem famosen Edikt „ohne allen Nachteil seines Standes" zwar Flickschuster werden, aber keineswegs die Tochter eines bürgerlichen Rittergutsbesitzers heiraten, denn er ging dadurch aller Vorrechte verlustig, die an den Nachweis von sechzehn adligen Ahnen geknüpft waren. Man kann also im günstigsten Falle von dieser ersten Bestimmung des Oktoberedikts sagen, dass sie die kastenartige Abschließung der Stände durch die Geburt milderte. Aber die ständischen Einrichtungen als solche tastete sie nicht an. Das wäre auch am wenigsten nach dem Sinne Steins gewesen.

Die ganze Bestimmung hatte nur den Zweck, dem Adel wirtschaftlich aufzuhelfen, die Preise der Güter zu steigern und den Kredit der Gutsbesitzer zu stärken. Die adligen Gutsbesitzer wurden ferner von der Vormundschaft der Kriegs- und Domänenkammern befreit, die auch ihnen bei der Vererbpachtung ihrer Vorrechte und der Teilung des Gutes dreinzureden hatten, und sie durften die Kölmer auskaufen, was ihnen bis dahin verboten war, aus einem militärischen Grunde, weil nämlich die Söhne der Kölmer vorzugsweise als Unteroffiziere gebraucht wurden.

Wenn nun die erste Bestimmung des Oktoberedikts dem Adel die Freiheit des Eigentums verbürgte, so die zweite den Bauern die Freiheit der Person. Sie hob nur die Erbuntertänigkeit auf, nicht aber die Abgaben, Dienste, Fronden, mit denen die Bauerngüter als solche belastet waren.

Die Bauern brauchten nunmehr kein Loskaufgeld mehr bezahlen, wenn sie das Gut verlassen wollten; sie bedurften nicht mehr der gutsherrlichen Zustimmung, um zu heiraten oder ein bürgerliches Handwerk zu erlernen; sie konnten nicht mehr gezwungen werden, eine dienstpflichtige Stelle anzunehmen. Vor allem aber waren ihre Söhne und Töchter vom Zwangsgesindedienst befreit; das war die für sie wohltätigste Wirkung des Ediktes, gegen die sich ebendeshalb die Junker am heftigsten sträubten. In der Gegenrechnung standen nun aber – neben der Fortdauer aller dinglichen Lasten – die Fortdauer der adligen Gerichtsbarkeit und Ortspolizei, die es den Junkern ermöglichte, die Gesetze des Staates nicht auszuführen und sogar zu verheimlichen, also auch die Aufhebung der Erbuntertänigkeit für die bäuerliche Bevölkerung illusorisch zu machen, und endlich die Frage, ob mit der Erbuntertänigkeit auch der Bauernschutz gefallen sei.

Diese Frage musste zuerst entschieden werden. Stein wandte sich zunächst an das Provinzialdepartement, das bei seiner Meinung beharrte, obgleich diesmal nicht Morgenbesser, sondern Friese der Referent war. Friese argumentierte ganz wie siebzig Jahre später die Nichts-als-Freihändler: „Es ist überhaupt für das Staats- und Nationalinteresse am vorteilhaftesten, wenn man einem jeden, solange er dadurch die Rechte seines Mitbürgers nicht verletzt, gestattet, sein eigenes Interesse auf seinem Wege zu verfolgen und sowohl seinen Fleiß als sein Kapital in die freieste Konkurrenz mit dem Kapital seiner Mitbürger zu bringen." Entweder habe der Bauer ein erbliches Anrecht auf seine Hufe, und dann werde er sich ihrer nur entäußern, wenn er sich dadurch verbessere. Oder er habe es nicht, dann dürfe der Rittergutsbesitzer in der Verfügung über sein Eigentum nicht beschränkt werden. Es genüge, wenn er sich verpflichte, für jeden eingehenden Bauernhof eine Häuslerfamilie auf wenigstens zwei Morgen Gartenland anzusetzen.

Das war mehr, als Stein vertragen konnte; er schrieb an den Rand des Berichtes: Cessat in totum (Fort damit!). Er beauftragte nunmehr die Immediatkommission mit der Prüfung der Frage. Schön war im Grunde ganz einverstanden mit Friese, aber er lenkte bis zu einem gewissen Grade ein. Nur die Bauerngüter, die in Ostpreußen seit 1752 und in Westpreußen seit 1772 neu eingerichtet waren, gab er den Junkern bedingungslos preis, mit der sonderbaren Begründung, sie seien infolge eines erhöhten Wohlstandes entstanden, und da dieser Wohlstand durch den Krieg vernichtet worden sei, hätten sie keine Existenzberechtigung mehr. Von den Bauerngütern alten Ursprunges sollten die zu erblichem Rechte ausgetanen, die verhältnismäßig selten waren, geschützt bleiben. Die nicht erblichen Bauernhöfe aber, also die große Mehrzahl, sollten zusammengeschlagen werden dürfen, wenn die neu geschaffenen Etablissements nicht mehr als – je nach der Güte des Ackers – vier bis acht Hufen enthielten. Bauernland dieser Art sollte auch in Vorwerksland verwandelt werden dürfen, unter der Bedingung, dass die Gutsbesitzer für jede Hufe, die sie einzögen, eine andere Hufe, und zwar zu erblichen Rechten austäten. Auch diese Güter sollten die Größe von vier bis acht Hufen haben und freier Besitz sein: „ohne Dienst-, Mühlen- und Getränkezwang"; der Gutsbesitzer sollte von diesen neuen Bauern nicht mehr verlangen, dass sie frondeten oder ihr Getreide auf seine Mühle brächten oder ihre Getränke aus seiner Brennerei entnähmen.

Schön wollte also die Bauern nicht ganz opfern. Ihre Masse sollte zwar zu besitzlosen Taglöhnern herabgedrückt, aber ein kleiner Stamm freier Großbauern gerettet werden. Was ihn zu dieser Inkonsequenz bewog, war wohl das Vorbild der Kölmer, die er als eine Zierde seiner ostpreußischen Heimat betrachtete, und so wird es auch die Erinnerung an die freien und wohlhabenden Bauern Westfalens gewesen sein, die Stein veranlasste, in noch viel ärgerer Inkonsequenz den Vorschlägen Schöns zuzustimmen und ihnen durch eine Verordnung vom 14. Februar 1808 gesetzliche Kraft zu geben. Schön schränkte sein Prinzip der alleinseligmachenden Konkurrenz einigermaßen im Interesse der Bauern ein, Stein aber vergaß seinen sittlichen Abscheu gegen das Bauernlegen im Interesse des Adels.

Die Februarverordnung von 1808 gehört untrennbar zu dem Oktoberedikt von 1807, deren Lobpreiser allerdings von ihr zu schweigen pflegen. Es ist ja auch bitter für den patriotischen Eifer, zu gestehen, dass diese berühmte Urkunde der Bauernbefreiung die Existenz der bäuerlichen Klasse schwerer gefährdet hat, als sie selbst im friderizianischen Staate gefährdet gewesen war. Es war ein Glück für die Bauern, dass die durch den Krieg mitgenommenen Gutsbesitzer nicht die nötigen Betriebsmittel besaßen, um das Bauernlegen in dem Umfang durchzuführen, den ihnen die Februarverordnung gestattete. Sonst wäre die Bauernklasse sofort in eine große Zahl von Taglöhnern und eine kleine Zahl von Besitzern sehr großer Stellen, eine Art Mittelding zwischen Bauern und Gutsherren, aufgelöst worden. Wenn nun aber das Schweigen, das in der patriotischen Legende über die Februarverordnung herrscht, sich einigermaßen durch die verhältnismäßig geringe Wirkung erklärt, die sie praktisch gehabt hat, so ist auf den ersten Blick ganz unerklärlich, dass sie bei manchen Schriftstellern, die von ihr sprechen, als bauernfreundliche Maßregel erscheint. Aber dies Rätsel erklärt sich dadurch, dass die Junker sie aufs wütendste bekämpft haben, weil sie dem Bauernlegen noch gewisse Schranken setzte.

Soweit bei diesem wilden Ansturm das Interesse der landwirtschaftlichen Kultur geltend gemacht wurde, erhielt es die richtige Beleuchtung dadurch, dass gleichzeitig das Eigentumsrecht der Domänenbauern gesichert wurde. Es ist schon erwähnt, dass die ostpreußischen Domänenbauern bereits vor dem Oktoberedikt von der Erbuntertänigkeit befreit waren; nun bekamen sie durch Stein auch echtes Eigentumsrecht an ihren Hufen. Um irgendwelche Großmut des „sozialen Königtums" handelte es sich natürlich auch dabei nicht; der Domänenfiskus glaubte nur mit Recht ein gutes Geschäft zu machen, wenn er die Bauern auf eigene Füße stellte und nicht einmal eine Entschädigung verlangte; es genügte ihm, dass er die Unterstützungen loswurde, die er als Eigentümer des Grund und Bodens den Bauern in Notfällen zu leisten hatte (Ersatz der Hofwehr und des Zugviehs nach Unglücksfällen, Lieferung von Saatkorn und Brotkorn, wenn Mangel eintrat usw.).

Es war also nicht das Interesse landwirtschaftlicher Kultur, sondern wildeste Raubgier, wenn die Junker das Recht des unbedingten Bauernlegens verlangten und, solange es ihnen nicht gewährt war, dem Oktoberedikt den unerbittlichsten Krieg machten. Zunächst suchten sie es überhaupt zu verheimlichen, was ihnen, da sie in den Behörden saßen und Zeitungen so gut wie gar nicht existierten, wenigstens für die Bauern nicht, auch gut gelang. Und als die Bauern doch dahinter kamen, übertrumpften die Junker ihre Ansprüche nur. Lehmann sagt darüber in seiner Biographie Steins: „Sie ließen die klarsten Bestimmungen des Edikts unausgeführt. Sie gaben nicht nur diejenigen nicht frei, die sofort freigelassen werden sollten, sondern erstreckten die Untertänigkeit sogar auf bisher freie Leute. Sie weigerten sich, denjenigen, deren Erbuntertänigkeit erst 1810 erlosch, bei Unglücksfällen die Unterstützung zu gewähren, zu der sie verpflichtet waren. Sie warfen die Last der Einquartierung hauptsächlich auf die Bauern. Sie steigerten die Fronden dermaßen, dass ein hochgestellter Richter, selbst adligen Ursprungs, Baron v. Kospoth, erklärte: „Der Dienst beim Kartoffelbau sei nicht mehr zu leisten, denn die Verpflichtung der Untertanen habe sich um das Siebenfache vermehrt." Wenn aber durch diese nichtswürdigen und unverschämten Herausforderungen Bauerntumulte entstanden, wie namentlich in Schlesien, so requirierten die Junker zu deren Bändigung französisches Militär. Die gesalzenen Rechnungen, die sie dafür zu zahlen hatten, verbitterten ihnen allerdings dies patriotische Vergnügen.

Aber die Junker haben von jeher gewusst, weshalb sie schreien, schreien und abermals schreien. Über ihr Treiben in Schlesien schrieb der Kanzler Schrötter an Stein: „Es sind nicht die Untertanen, sondern die Gutsherren, die das Edikt vorsätzlich missverstehen; es ist kein Wunder, dass die erbitterten Gemeinden tumultuieren; es sind die Gutsherren, die bestraft werden müssten, sie, die die Bauern zur Verzweiflung treiben." Aber derselbe Kanzler Schrötter wusste sich keinen anderen Rat vor den schreienden Junkern, als dass man ihnen doch den Mund stopfen möge durch eine neue Gesindeordnung, die durch Einführung eines Zwangsgesindedienstes der Aufhebung der Erbuntertänigkeit sozusagen das Herzstück ausgebrochen hätte.

Dafür war Stein nun freilich nicht zu haben. Seine Kampfnatur wurde durch das Toben der Junker nicht eingeschüchtert, zurückzugehen, sondern gereizt, vorwärts zu schreiten. Er sah jetzt ein, dass den Junkern, wenn mit der Aufhebung der Erbuntertänigkeit Ernst gemacht werden solle, die adlige Gerichtsbarkeit und Ortspolizei genommen werden müsse. Sie war in der Tat unverträglich mit dem Oktoberedikt; selbst Urjunker v. d. Marwitz hatte in seiner anmutigen Sprechweise erklärt, Gerichtsbarkeit, Ortspolizei, Kirchen- und Schulpatronat müssten fallen, wenn jeder hergelaufene Kerl ein Rittergut kaufen dürfe. Aber das war nur die beliebte Manier der Junker, eine ihnen unbequeme Neuerung durch deren angeblich abschreckende Konsequenzen zu verdächtigen. Sobald sich niemand dadurch schrecken lässt, pfeifen sie sofort die entgegengesetzte Melodie.

Vorläufig stieß Stein wieder auf die Opposition der beiden Schrötter, die er dadurch beseitigte, dass er dem Minister Schrötter befahl, die Behandlung der Sache an Friese und Morgenbesser, die beiden radikalsten Räte der Provinzialdepartements, zu übertragen. Stein benutzte dann auch das damals noch sehr ungewöhnliche Mittel der Presse. Unter anderem erschien in der „Königsberger Zeitung" ein Dialog, der die adlige Gerichtsbarkeit eine Winkeljustiz nannte zum Nachteil des natürlichen Rechtes; der Esstisch, zu dem der Gerichtsherr den Gerichtsverwalter lade, sei ein Korruptionsmittel, das zwar unverdächtig aussehe, aber nichtsdestoweniger wie feines Gift wirke. Der Rittergutsbesitzer wurde in diesem Dialog mit einem Manne verglichen, der Kläger, Richter und Henker in einer Person sein wolle, und der Aktenwagen des Justitiarius, der auf den Hof gefahren kam, mit den Thespiskarren, wie sie vor der Errichtung stehender Bühnen einher zogen.

Die Junker aber setzten sich aufs hohe Pferd der Uneigennützigkeit. Die Patrimonialgerichtsbarkeit sei eine Last für sie, führte das ständische Komitee von Ostpreußen aus, die sie nur im Interesse des Gemeinwohls trügen. Gewöhnlich erließen sie die Sporteln, und meistens schlichteten sie die Streitigkeiten friedlich zur Zufriedenheit beider Teile, so dass es sehr viele Güter im Lande gäbe, wo jahrelang kein Gerichtstag gehalten werde. Jage man den Landmann zum Gericht in die Stadt, so verliere er Geld und Zeit, gewöhne sich ans Wirtshausleben, vernachlässige die eigene und die gutsherrliche Wirtschaft, und schließlich kämen alle an den Bettelstab.

Stein ließ den Biedermännern durch Schön in einem Schreiben voll köstlicher Ironie antworten. Es sei höchst dankenswert, dass sie so schwere Lasten im Interesse des Gemeinwohls auf sich nähmen. Aber das sei ihnen auch nach Aufhebung der adligen Gerichtsbarkeit unbenommen. Sie könnten auch fürderhin Streitigkeiten zur Zufriedenheit beider Teile friedlich schlichten und die notwendig zu zahlenden Gerichtskosten für die Personen entrichten, die auf ihrem Gute wohnten. Überhaupt sollten sie in keiner Weise gehindert werden, Gutes zu tun, aber es ginge nicht an, dass jahrelang keine Gerichtstage gehalten würden. In einem wohlgeordneten Staate dürfe die Rechtspflege niemals ruhen. Worauf dann das Junkerkomitee wieder mit der Miene vollkommenster Unschuld verleugnete, was es eben beteuert hatte. Die angeblich kostspielige Patrimonialgerichtsbarkeit sei eine sehr einträgliche Sache, für deren Verlust sie jedenfalls entschädigt werden müssten.

Nunmehr erkannten die Junker jedoch, dass mit Stein nicht zu spaßen war. Da ihr Witz ausgegangen war, so legten sie ihm eine Mine, und zwar der Sicherheit wegen gleich eine doppelte. Sie denunzierten der französischen Behörde einen franzosenfeindlichen Brief, von dem sie wussten, dass Stein ihn durch einen Kurier abgesandt hatte, und sie hetzten die Königin auf, deren leichtlebige Vergnügungssucht durch Steins Einschreiten gegen die höfische Verschwendung ohnehin gereizt worden war. Darüber stürzte Stein, und die agrarische Reform hatte einstweilen ein Ende.

Überblickt man ihren Verlauf, so liegt auf der Hand, dass die Junker den Sieg davongetragen hatten. Sie blieben im Besitz aller Standesvorrechte und im Genuss aller Abgaben und Fronden, die sie den Bauern im Laufe der Jahrhunderte aufgedrängt hatten. Das Oktoberedikt verbesserte wesentlich ihre wirtschaftliche Lage, und soweit es ihnen durch die Aufhebung der Erbuntertänigkeit einen wohltätigen Zwang antat, gewährte es ihnen in weitem Umfang das Bauernlegen, das ihnen selbst der friderizianische Staat verwehrt hatte. Das seltsamste aber war, dass dieser Erfolg den Junkern durch die bürgerlichen Reformer bereitet wurde. Die Junker wussten wohl, was sie wollten, aber ihr Wille schritt in einem plundrigen Mantel einher, dem die nackte Habgier aus allen Löchern lugte. Darüber warfen die bürgerlichen Reformer ein prunkendes Staatskleid neuester Fasson. Nicht aus Liebedienerei gegen die Junker, denn die Schön und Genossen waren in ihrer Art durchaus ehrliche Feinde der Junkerherrschaft. Auch verstanden sie vortrefflich die bürgerliche Freiheit in dem historischen Doppelsinn, wonach der Arbeiter als freie Person über seine Arbeitskraft verfügen, aber auch frei sein soll von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen. Ihr Pech war nur, dass ihrer Theorie der lebendige Boden fehlte. Sie war eine importierte Ware; als Produkt einer fremden Wirklichkeit wurde sie dogmatisch auf Zustände angewandt, zu denen sie passte wie die Faust aufs Auge.

Das wäre unmöglich gewesen, wenn die bürgerlichen Reformer eine selbstbewusste Klasse hinter sich gehabt hätten. Diesem Mangel suchten sie nun freilich auch abzuhelfen, indem sie nicht nur darauf bedacht waren, das Bauernlegen der Junker zu rechtfertigen, sondern auch die Fesseln der Städte zu lösen. Sie waren sogar verständig genug, dabei nicht Adam Smith oder Immanuel Kant zum Muster zu nehmen, sondern die praktischen Leistungen der Französischen Revolution. Doch hiervon demnächst.

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