Franz Mehring 19020528 Borussische Germanisierung

Franz Mehring: Borussische Germanisierung

28. Mai 1902

[Die Neue Zeit, 20. Jg. 1901/02, Zweiter Band, S. 257-262. Nach Gesammelte Schriften, Band 5, S. 465-471]

In aller Eile, übers Knie gebrochen, wie ein Pappenstiel, ist noch eine Vorlage an den preußischen Landtag gekommen, die eine runde Viertelmilliarde für den posenschen Ansiedlungsfonds fordert. Ebenso oberflächlich wie die Begründung des Entwurfs war seine erste Lesung im Abgeordnetenhaus; die üblichen „nationalen" Tamtamschläge an dem Regierungstisch und auf den Bänken der bewilligungslüsternen Mehrheit, ihnen gegenüber aber eine alles in allem ziemlich schwächliche Opposition, in der nur eine Rede Eugen Richters ein gewisses Lob verdiente, wenigstens vom kalkulatorischen, wenn auch keineswegs vom politischen Standpunkt.

Sie wies eingehend nach, dass die Viertelmilliarde angeblich für die hehrsten nationalen Zwecke gefordert werde, aber tatsächlich eine abgeschmackte Finanzspekulation sei, die nach den unerschütterlichen Bedingungen des Einmaleins eben das polnische Element, dessen Ausrottung sie erstrebe, erst recht fördern müsse. Dieser Nachweis ist nicht neu; schon vor acht Jahren haben ihn die „Preußischen Jahrbücher" ebenso schlüssig geführt. Bismarcks Ansiedlungsfonds beruhte auf der angenehmen Voraussetzung, dass der polnische Adel, dem seine Güter auf Kosten der preußischen Steuerzahler zu hohen Preisen abgekauft wurden, den Erlös in Paris oder Monaco verjubeln würde; das hat er aber hübsch unterlassen. Er blieb vielmehr im Lande, um sich redlich zu nähren von der Genialität der preußischen Bürokratie. Der Ansiedlungsfonds stellte eine Masse halb bankrotter polnischer Junker wieder fest auf die Beine; sie gaben einen unsicheren Besitz um so lieber auf, als sie sich nunmehr an anderen Stellen der Provinz einen sicheren Besitz erwerben konnten, und es ist das Fazit des einfachsten Rechenexempels, wenn die neueste Vorlage gestehen muss, das Verhältnis im posenschen Grundbesitz habe sich seit dem Bestehen des Ansiedlungsfonds von 200 Millionen nicht zuungunsten der „polnischen Hand", sondern vielmehr zu ihren Gunsten geändert.

Soweit ist die Sache klar, aber das Merkwürdige kommt nun. Statt auf dem Irrweg umzukehren, sagt die Regierung vielmehr: Taumeln wir nur immer weiter in der Irre, so werden wir schon ans richtige Ziel kommen. Sie fordert eine neue Viertelmilliarde, um sie in denselben bodenlosen Schlund zu werfen. Jedoch die Lösung des Rätsels liegt nahe genug. Sobald den halb bankrotten Junkern deutscher Abstammung bemerkbar, wie gründlich die Ansiedlungskommission den halb bankrotten Junkern polnischer Abstammung auf einen grünen Zweig helfe, verlangten sie mit dem ihnen eigenen Ungestüm, auch „germanisiert" zu werden. Die zauberähnliche Wirkung solchen junkerlichen „Schreiens" aber ist bekannt genug; der posensche Ansiedlungsfonds ist zu einer Rettungsbank für verkrachte Junker geworden, woran alle feierlichen Proteste des Finanzministers v. Rheinbaben auch nicht ein Jota ändern werden.

Diesen Nachweis hat Eugen Richter in dem preußischen Abgeordnetenhause ganz gut geführt, wie das gleiche denn auch in den verständigeren Organen der bürgerlichen Presse triftig bewiesen worden ist. Um so weniger war es notwendig, an den alten Tiraden von dem „Schutze der Ostmarken" und von dem „gefährdeten Deutschtum" festzuhalten, Tiraden, die um so sinnloser sind, als das „Deutschtum" gar nicht „gefährdet" ist und die „Ostmarken" gar nicht „geschützt" zu werden brauchen, aber die auch um so gefährlicher sind, als mit ihnen den Rettungsbanken für verkrachte Junker in den Augen der Philister doch immer ein vaterlandsrettender Schein gegeben wird. Solange man es für nötig hält, bei jeder Berührung der polnischen Frage einen derartigen Phrasenschwall vom Stapel zu lassen, bekämpft man die Berliner Polenpolitik nur kalkulatorisch, nicht aber politisch; man lässt ihr die Ausflucht, wenigstens einen löblichen Zweck zu verfolgen, wenn auch auf einem verkehrten Wege. Das ist aber vollkommen unwichtig; die ganze „Germanisierung" der polnischen Landesteile, die seit nunmehr 107 Jahren von Berlin aus betrieben wird, ist ein wahrer Hohn auf alle Politik; sie hat sich nicht nur, wie sich von selbst versteht, von der Französierung Elsass-Lothringens durch die Französische Revolution, sondern selbst von der Russifizierung Polens durch den zarischen Despotismus weit überflügeln lassen.

Wie bekannt, ging der polnische Staat unter im feudalen Chaos. Aus Gründen, deren Darlegung hier zu weit führen würde, fehlte ihm die Entwicklung des Handels, der Städte, der Manufaktur und damit die Möglichkeit, eine nationale Monarchie, ein stehendes Heer, ein ausgiebiges Finanzsystem, kurzum den modernen Staat zu schaffen, der im westlichen Europa den dritten Stand schuf. Die gänzliche Abwesenheit des dritten Standes ist das entscheidende Kennzeichen des alten polnischen Geschlechts. Sie stagnierte in einem bodenlosen Sumpfe, weil zwar ein unerträglicher Klassengegensatz zwischen dem Adel und den Leibeigenen bestand, aber der historisch entwickelnde und vorwärtstreibende Klassenkampf des dritten Standes fehlte. Der Verkehr zwischen dem großen und dem kleinen Adel, der die polnische Geschichte des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts so langweilig und unfruchtbar machte, führte nur den Untergang Polens herbei; der kleine Adel konnte nicht, auch als er es in letzter Not versuchte, einen modernen Staat schaffen, und der große Adel trieb, um seine Macht zu begraben, so lange Landesverrat mit dem Auslande, bis Polen wirklich eine Beute der Nachbarstaaten wurde.

Diese polnische Entwicklung bietet an sich übrigens dem „germanischen" Patrioten durchaus keinen Anlass zur Überhebung, am allerwenigsten dem „germanischen" Adel, sei er nun hoch oder niedrig. Die deutsche Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts zeigt vielmehr die frappanteste Analogie auf mit der polnischen Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts. Wie hier die großen Magnaten um die Königskrone, so schacherte der große Adel im Deutschland der Reformationszeit um die Kaiserkrone; es wird schwer zu sagen sein, ob je ein polnischer Magnat die Gebote der nationalen Ehre und Würde so mit Füßen getreten hat wie die Hohenzollern Joachim von Brandenburg und Albrecht von Mainz bei der Kaiserwahl im Jahre 1519. Ebenso geläufig war dem großen Adel in Deutschland die Politik des mit dem Ausland betriebenen Landesverrats; Deutschland hat im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert noch viel mehr „Teilungen" durchzumachen gehabt als Polen im achtzehnten; es ist an allen Ecken und Enden beschnitten worden durch den Reichsverrat seines großen Adels. Auf der andern Seite spiegeln sich die utopischen Reichsreformpläne Huttens und Sickingens in der polnischen Konstitution vom 3. Mai 1791 wider, durch die der niedere Adel Münchhausens Versuch machte, sich am eigenen Zopfe aus dem Sumpfe zu ziehen. Der einzige Unterschied zwischen Deutschland und Polen bestand nur darin, dass Deutschland im sechzehnten Jahrhundert schon auf einer höheren Stufe der ökonomischen Entwicklung stand, namentlich durch seine Städte, als Polen im achtzehnten Jahrhundert, dass es aus dem feudalen Sumpfe wenigstens zur partikularistischen Vielherrschaft gedieh, die, ein so jammervoller und trauriger Notbehelf für die nationale Monarchie sie sein mochte, immerhin ein historischer Fortschritt war. Dieser Fortschritt gelang den großen Magnaten in Polen nicht, und so endete ihr gewerbsmäßiger Landesverrat damit, dass Polen unter seine Nachbarstaaten geteilt wurde.

Unter ihnen war es nun Russland, das die historische Situation richtig verstand und die richtigen Konsequenzen daraus zog, natürlich vom Standpunkt des zarischen Despotismus aus, aber mehr ist überhaupt keiner historischen Macht gegeben, als von ihrem Standpunkt aus richtig zu handeln. Im Verein mit den großen polnischen Magnaten schuf die russische Regierung den modernen, zentralisierten Staat in dem ziemlich autonomen Königreich Polen, das sie nach den Wiener Verträgen, nach der endgültigen Verteilung der polnischen Beute, herstellte, schuf sie namentlich die Manufaktur, den Ausgangspunkt der industriellen Entwicklung, die das russische Polen dann mit der Schnelligkeit des historisch abgekürzten Verfahrens in wenigen Jahrzehnten bis zur großen Industrie durchgemacht hat. Schon seit der Mitte der sechziger Jahre wurde die Bourgeoisie die leitende Klasse des Landes, und sie war der Hand dankbar, die sie herangezüchtet hatte; kein polnischer König ist je mit so raffiniertem Klimbim patriotischer Entzückung in Warschau empfangen worden wie der gegenwärtige Zar bei dem ersten Besuch, den er nach seiner Thronbesteigung in seiner polnischen Hauptstadt machte. Russland hat wirklich seinen polnischen Bissen verdaut, obgleich ihm das größte und härteste Stück der Beute zugefallen war.

Dagegen die borussische Polenpolitik! Während die russische aus den polnischen Wäldern blühende Industriebezirke schuf, beschränkte sich die borussische darauf, die einheimischen Wölfe dieser Wälder durch ihre eigene Wolfszucht herausbeißen zu lassen. So viele „geniale" Staatsmänner daran gearbeitet haben, so haben sie doch nur einen einzigen armseligen Gedanken zu produzieren vermocht, den Gedanken, den Friedrich Wilhelm II. schon am 18. September 1796, also bald nach der letzten Teilung Polens, in einer Kabinettsorder kundgab, nämlich „auf gute deutsche Landwirte zu halten und auf adelige Rechte konferierte Güter nicht wieder in die Hände der vormaligen Polen kommen" zu lassen. In einem Punkte unterschied sich die damalige Polenpolitik allerdings vorteilhaft von der heutigen; sie forderte nicht etwa eine halbe Milliarde, um die Güter aus polnischen in deutsche Hände zu schaffen, sondern sie brachte das Material zur „Germanisierung" spottwohlfeil auf, in der Tat ohne einen Heller Unkosten; Friedrich Wilhelm II. steckte sämtliche Kirchen- und Krongüter in den „neu erworbenen Landesteilen", die erst durch die Wiener Verträge auf den Umfang der heutigen Provinz Posen reduziert wurden, aber ursprünglich noch einen großen Teil des heutigen Russisch-Polens umfassten, einfach in die Tasche, ein Domänenareal von fast 1500 Geviertmeilen, worauf sich allerdings eine großartige „Germanisierung" treiben ließ.

Allein das preußische Junkertum meldete sich sofort und verlangte die geraubten Güter als Rettungsbank für seine Klasse. Für diesen Zweck bildete sich ein Konsortium aus dem Minister Hoym, der die „neuen Acquisitions" verwalten sollte, dem General Bischoffwerder, dem bekannten Günstling des Königs, einem gewissen Triebenfeld, der als Lakai im Dienste mehrerer polnischen Großen gestanden hatte, aber wegen wiederholter Diebereien verjagt worden war, endlich dem königlichen Kammerdiener Ritz, dem Scheinmanne der königlichen Hauptmätresse. Ebendieses Konsortium hatte dem König jene Kabinettsorder vom 18. September 1796 entrissen, und ihm gebührt das Verdienst, den schöpferischen Gedanken entdeckt zu haben, der seitdem die preußische Polenpolitik beseelt. Es gab auch gleich ein großartiges Beispiel, wie der polnische Grundbesitz aus den Händen „vormaliger Polen" an „gute deutsche Landwirte" kommen könnte. Das Konsortium schätzte die eingezogenen Güter zu einem kleinen Bruchteil ihres Wertes ein und überließ sie entweder umsonst als sogenannte Gratialgüter oder um den Betrag des fiktiven Preises an preußische Junker, die ihm natürlich für seine Bemühungen ein nettes Trinkgeld zu zahlen hatten. Die Erwerber beeilten sich dann, die Güter weiter zu verkaufen, gleichviel an wen, an Polen, Juden, Russen, Türken, vorausgesetzt, dass sie den wirklichen Kaufwert erhielten.

Um das famose Geschäft an einigen Beispielen klarzustellen, so ließ sich Bischoffwerder ein Gut schenken, das angeblich 18.000, tatsächlich 191.000 Taler wert war und von ihm für 115.000 Taler verkauft wurde. Geheimrat v. Goldbeck erhielt für ein ihm geschenktes Gut, das angeblich 28.600 Taler wert war, sofort 80.000 Taler. Graf Lukichau bekam Güter, die auf 84.000 Taler geschätzt waren; er verkaufte sie für 800.000 Taler. Dazu kaufte er für 26.000 Taler acht Domänen, von denen eine einzige bald darauf gerichtlich auf 90.000 Taler geschätzt wurde. General v. Küchel, nicht zufrieden mit einem ihm geschenkten Gratialgüter, „kaufte" noch eine Domäne für 30.000 Taler, die er sofort für 130.000 Taler weiter verkaufte. Auch Blücher erhielt Güter in beträchtlichem Umfang, von denen er einen Teil in einer Nacht verjeute, den Rest aber für 140.000 Taler an einen Kaufmann in Elbing verschacherte, ohne sie je gesehen zu haben.

Wie hoch in die Millionen sich diese kolossale Gaunerei belaufen haben mag, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls hat sie einen ungeheuerlichen Umfang angenommen, und man begreift, dass sich die borussische „Germanisierung" nach einer so anstrengenden Kraftleistung einige Zeit verschnaufen musste. Zudem kam die Französische Revolution in Gestalt ihres Erben Napoleon über die preußischen Junker, und als sie wieder obenauf kamen, war die preußische Staatskasse trostlos leer. Erst der polnische Aufstand von 1830 brachte die „Germanisierung" wieder ein wenig in Fluss. Im Jahre 1833 verfügte eine königliche Kabinettsorder mit empörender Willkür, dass gerichtlich subhastierte Grundstücke nur an deutsche Käufer aufgelassen werden dürften; sie war das würdige Mittel für den würdigen Zweck, die polnischen Güter, die infolge der wirtschaftlichen Erschütterungen des Aufstandes unter den Hammer kamen, für ein Butterbrot in die Hände der preußischen Junker zu bringen. Ähnlich ging es bei der dritten „Germanisierung", nach dem gescheiterten Polenaufstand von 1846. Damals bildete sich in Berlin eine ganze Aktiengesellschaft, unter dem gnädigen Schutze hochstehender Personen, um polnische Güter für preußische Junker aufzukaufen, die mit alterprobtem Instinkt voraussahen, dass der große Polenprozess von 1847 eine Menge polnischer Gutsbesitzer ruinieren und ihre Güter für einen Pappenstiel auf den Markt werfen werde, wie es denn auch geschah.

Diese drei älteren „Germanisierungen" hatten bei allem, was sich sonst gegen sie einwenden ließ, doch so etwas wie eine doppelte Räson. Erstens nämlich waren die polnischen Junker dem preußischen Staate wirklich aufsässig, und zweitens mussten sie wenigstens selbst für ihren angeblichen oder wirklichen Hochverrat büßen. Das änderte sich aber mit dem Jahre 1848. Zunächst verzichteten die polnischen Junker auf jeden bewaffneten Aufstand und hielten sich auch 1863 ruhig, als ihre Klassengenossen in Russisch-Polen noch eine letzte Rebellion versuchten. Dann aber wurden sie wirklich preußenfromm, ähnlich, wenn auch nicht ganz in der gleichen Weise, wie die polnischen Junker in Russisch-Polen russenfromm geworden waren. Die kapitalistische Entwicklung ließ beide ihre feudalen und nationalen Träume auf dem Altar des Schachers in Schafswolle, Runkelrüben und Schnaps opfern; was in Russisch-Polen die von der Regierung geförderte Industrie herbeiführte, das besorgte in der preußischen Provinz Posen, für deren industrielle Entwicklung die Regierung nie etwas getan hat, die agrarische Liebesgabenpolitik. Die polnischen Junker sind heute die Extremsten unter den Brotwucherern, und wenn die preußischen Junker doch wenigstens noch in der Tasche die Faust über die „grässliche Flotte" ballen, so schwelgen die Admiralskis in ungetrübter Hingebung an die „Weltpolitik" des preußisch-deutschen Vaterlandes.

Es gehörte die ganze Genialität Bismarcks dazu, unter solchen Umständen die „Germanisierung" à la Hoym-Bischoffwerder-Triebenfeld-Ritz als Rettungsbankpolitik für verkrachte Junker zu erneuern. Gleich auf den ersten Schlag gelang es auch nicht. Das bisschen Rumoren, das sein unsinniger Kulturkampf in der Provinz Posen verursacht hatte1, gab den nächsten Anstoß und die wohlgefälligen Erinnerungen die jeder gerechte preußische Junker an die „Germanisierungen" von 1848 hatte, ließen ihn das alte Rezept wiederaufnehmen, mit der grandiosen Verbesserung, dass nun die preußischen Steuerzahler für die angebliche Aufsässigkeit der polnischen Junker aufkommen sollten. Jedoch das erste Polengesetz von 1886 mit seinen hundert Millionen nutzte dem deutschen Junker nichts, wohl aber dem polnischen Junker, der mit den feudalen Marotten auch die feudale Liederlichkeit abgestreift hatte und den ihm unverhofft in den Schoß fallenden Segen Bismarcks keineswegs in Paris oder Monaco verjubelte. Aber das stürmische Verlangen der preußischen Junker, auch „germanisiert" zu werden, zeigte alsbald, wie der kleine Schönheitsfehler zu verbessern sei, den die zweite Hundertmillionenvorlage von 1898 und die gegenwärtige Viertelmilliardenvorlage auch wirklich verbessert haben. Die Rettungsbank für verkrachte Junker funktioniert jetzt tadellos; sie „germanisiert" ohne Unterschied polnische und preußische Junker, und indem sie die „polnische Hand" kraft ihrer kuriosen Logik immer etwas in der Vorhand hält, lässt sie ihre Schrauben ohne Ende rasseln und den Philister ängstlich ausschauen nach dem „gefährdeten Deutschtum" in den „Ostmarken", dessen „Schutz" noch den Busen des Patrioten bewegt, selbst wenn sein kapitalistischer Zahlensinn sagt, welches X ihm für ein U gemacht wird.

Es geht doch nichts über die Schönheit und den Tiefsinn borussischer Politik.

1 Graf Mieczyslaw Halka von Ledochow, seit 1866 Erzbischof von Posen und Gnesen und Primas von Polen, der ursprünglich von der preußischen Regierung berufen worden war, um gegen die polnische Agitation der katholischen Geistlichkeit aufzutreten, schloss sich seit 1870 der ultramontanen Opposition an und wurde zum Wortführer der polnischen Nationalitätsbestrebungen. 1874 wurde er wegen Widerstandes gegen die „Maigesetze" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, was „das bisschen Rumoren in der Provinz Posen" auslöste. L. wurde schon 1875 (während der Haft) zum Kardinal ernannt und ging 1876 nach Rom. Nach Bismarcks Ausgleichversuchen seit 1878, um das Zentrum gegen die Sozialdemokratie und für die Schutzzollpolitik zu gewinnen, „verzichtete" L. auch formell auf sein „deutsches Amt". (Siehe Friedrich Engels: Die Rolle der Gewalt in der Geschichte. In: Marx/ Engels: Werke, Bd. 21, besonders S. 460/461 u. Anmerkung 402 auf S. 606.)

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