Franz Mehring 18990704 Schleswig-Holstein

Franz Mehring: Schleswig-Holstein

4. Juli 1899

[Der wahre Jacob Nr. 338, 4. Juli 1899. Nach Gesammelte Schriften, Band 7, S. 145-152]

Eine eigentümliche und verhängnisvolle Rolle spielte in der deutschen Revolutionszeit die schleswig-holsteinische Frage, die im Sommer 1849 an einen entscheidenden Wendepunkt gelangte.

Holstein war ein deutsches Land und gehörte zum Deutschen Bunde; Schleswig stand außerhalb dieses Bundes und war wenigstens in seinen nördlichen Bezirken überwiegend dänisch. Beide Herzogtümer verband seit manchem Jahrhundert die Gemeinsamkeit des Herrscherhauses mit dem nur um weniges größeren und volkreicheren Königreiche Dänemark, so jedoch, dass in Dänemark auch der Weiber-, in Schleswig-Holstein nur der Mannesstamm erben durfte. Unter sich waren die beiden Herzogtümer durch eine strenge Realunion verknüpft, die in dem ewich tosamende ungedeelt, auf ewig ungeteilt, ihren klassischen Ausdruck fand. In dieser Untrennbarkeit, in der staatlichen Selbständigkeit und in dem Rechte der männlichen Erbfolge gipfelte das schleswig-holsteinische Staatsrecht.

Nach mehr als dreihundertjährigem Bestehen wurde es von zwei Seiten her angefochten, durch die ökonomischen Umwälzungen dieses Jahrhunderts, die den nationalen Gegensätzen eine so eigentümliche Schärfe verliehen. Es hatte eine lange Zeit gegeben, wo der deutsche Geist in Kopenhagen überwog, die deutsche Sprache die amtliche Sprache des dänischen Königreichs war, schleswig-holsteinische Edelleute den maßgebenden Einfluss in den dänischen Kanzleien besaßen. Das änderte sich, seitdem der Wiener Kongress Norwegen von Dänemark getrennt hatte und dies kleine Königreich im Ringen um seine nationale Existenz die Herzogtümer zu danisieren unternahm. Es geschah mit den unbedenklichsten Mitteln und in erster Reihe zu dem Zwecke, das Herzogtum Schleswig dem dänischen Königreiche einzuverleiben. Einen starken Antrieb erhielt diese Politik noch dadurch, dass der Mannesstamm des dänischen Königshauses vorm Aussterben stand und der Anheimfall der Herzogtümer an die in diesem Fall erbberechtigten Augustenburger in absehbarer Zeit erwartet werden musste.

Auf der anderen Seite erkannte das ökonomisch aufblühende Deutschland, namentlich seit der Gründung des Zollvereins, welche Bedeutung die schleswig-holsteinische, zwischen zwei Meeren hingestreckte Halbinsel für seinen Handels- und Seeverkehr hatte. So fand der wachsende Widerstand der Herzogtümer gegen die dänische Propaganda in Deutschland selbst einen lauten Widerhall; seit dem Jahre 1844 wurde das Lied von Chemnitz: „Schleswig-Holstein, meerumschlungen, Deutscher Sitte hohe Wacht", eine Art deutscher Nationalhymne. Und als im Jahre 1846 der dänische König Christian VIII. einen entscheidenden Gewaltschritt vorbereitete durch den „Offenen Brief", worin er das Herzogtum Schleswig und selbst einen Teil des Herzogtums Holstein als integrierende Teile des dänischen Gesamtstaats ansprach, ermannte sich sogar der Deutsche Bundestag zu einer Art von Tat; statt sich unzuständig zu erklären, wie es sonst seine Gewohnheit war, wenn es den Schutz deutscher Volksteile vor fürstlichen Gewalttaten galt, sprach er die „vertrauensvolle Erwartung" aus, dass der dänische König die Rechte des Bundes, der Agnaten und der holsteinischen Landstände achten werde.

Jedoch fiel der Kampf der Herzogtümer gegen Dänemark nicht unmittelbar mit dem Kampfe der bürgerlichen Opposition in Deutschland zusammen. Vielmehr war es in Dänemark gerade die bürgerliche Opposition, die nach der Danisierung des Herzogtums Schleswig, nach der möglichsten Ausdehnung des dänischen Wirtschaftsgebiets lechzte und sie durch eine bürgerlich-moderne Verfassung befestigt wissen wollte, während der Kampf der Herzogtümer für ihr altes Recht zum guten Teil auch ein Kampf für feudale Privilegien war. Die mittelalterliche Verfassung der Herzogtümer begünstigte den Adel in der ausschweifendsten Weise; sie schloss ein Drittel des Landes, darunter Städte wie Altona und Glückstadt, von der ständischen Vertretung aus; die vielgerühmte Selbstverwaltung mit ihrem mittelalterlichen Durcheinander von Hardesvögten, Klostervögten, Bauernvögten, von bevorrechteten Städten, Amtsbezirken, klösterlichen Distrikten, adligen Güterdistrikten und oktroyierten Kögen glich viel mehr dem mecklenburgischen als dem englischen Muster. Die herrschende Klasse des Landes war ein Adel, der in wesentlich noch feudalen Vorstellungen lebte und auf die bäuerliche Bevölkerung einen altererbten Einfluss besaß; neben ihm stand ein erst schwach entwickeltes Bürgertum, dessen Fürsprecher nicht selbstbewusste Fabrik- und Handelsmagnaten, sondern Advokaten und besonders die Professoren der Kieler Universität waren; an einer volkstümlich-demokratischen Richtung fehlte es nicht ganz, aber sie war noch sehr schwach. Die Augustenburger hatten geringen Anhang im Lande; der Herzog selbst war ein harter und verhasster Grundherr, sein Bruder, der Prinz von Noer, ein großsprecherischer, aber unfähiger Militär; für sie gab es auf der weiten Welt nur die vorsintflutlichen Schaffelle, worauf ihr legitimes Erbfolgerecht geschrieben stand.

So war der Adel als herrschende Klasse fast ganz unbeschränkt; seine Klasseninteressen geboten ihm zwar die Aufrechterhaltung der alten Landesverfassung, aber eben nur weil und soweit sie seinen Klasseninteressen entsprach; die nationale und nun gar die liberale Seite des dänisch-deutschen Streites war ihm fremd. Er gefiel sich vielmehr in der Vorstellung, dass der dänische König von den Eiderdänen, der liberalen und nationalen Partei in Dänemark, die ein Dänemark bis zur Eider verlangte, wider seinen Willen vergewaltigt wurde, und nahm zum eigenen Kampfgeschrei die Parole: Für den freien König-Herzog gegen den unfreien König-Herzog! Eine juristische Fiktion, die um feudaler Privilegien willen den Kampf der Herzogtümer gegen Dänemark verfahren musste und auch wirklich verfuhr.

In dieser Lage der Dinge starb der König Christian am 20. Januar 1848, und ihm folgte Friedrich VII., der letzte kinderlose Spross des Mannesstammes. Nach dem Rate seines sterbenden Vaters begann er damit, eine Gesamtstaatsverfassung vorzubereiten, die unter schwächlichen liberalen Anläufen auf die Einverleibung der Herzogtümer in Dänemark abzielte. Jedoch befand sich diese Machenschaft noch in ihren Anfängen, als die Pariser Februarrevolution ausbrach und eine stürmische Volksbewegung in Kopenhagen die eiderdänische Partei ans Ruder brachte, die sofort mit kräftigem Ungestüm an die praktische Ausführung ihres Programms ging: Dänemark bis zur Eider!

Nunmehr vollzog sich augenblicklich der Abfall Schleswig-Holsteins, einschließlich des etwa 7000 Mann starken Heeres. Am 24. März konstituierte sich in Kiel eine provisorische Regierung, deren leitende Köpfe der Prinz von Noer und der Graf Reventlow-Preetz waren; neben ihnen vertrat der Advokat Beseler jenen kümmerlichen Liberalismus, der in der bürgerlichen Revolution nichts Besseres zu tun weiß, als den absolutistisch-feudalen „Rechtsboden" zu „wahren". Immerhin war die Volksmasse peinlich überrascht durch die Zusammensetzung der neuen Regierung, und um den allgemeinen Unwillen zu beschwichtigen, wurden noch zwei bürgerliche Mitglieder, ja einige Tage darauf als sechstes Mitglied der Demokrat Olshausen aufgenommen, aber inzwischen hatten der Prinz von Noer, Reventlow und Beseler den Kurs schon festgelegt.

Sie erließen am 24. März eine überaus schwachherzige Proklamation, und statt die Kräfte des Landes zu entfesseln, die sich ganz wohl mit der dänischen Macht hätten messen können, wandten sie sich um Hilfe an den Deutschen Bundestag und die preußische Regierung, von denen freilich keine Gefährdung feudaler Privilegien zu befürchten war.

Beide sagten denn auch ihre Hilfe zu unter Beschränkung auf die drei Kardinalpunkte des schleswig-holsteinischen Staatsrechts: die Selbständigkeit, die Untrennbarkeit und die agnatische Erbfolge der Herzogtümer. Der preußische König hatte in diesem Sinne bereits am 24. März an den Herzog von Augustenburg geschrieben, in „Wahrung der deutschen Sache", die er eben auf seinem komödiantenhaften Umritt in den Berliner Straßen als seinen Beruf verkündet hatte; sich und sein „herrliches Kriegsheer" auf einem militärischen Spaziergang gegen das schwache Dänemark von der schweren Schlappe des 18. März zu erholen, war wohl sein erster Antrieb. Zehn Tage darauf war er dank der bürgerlichen Feigheit freilich schon wieder üppig genug, dem dänischen Kabinett einen anderen Grund seines Einschreitens anzugeben. Sein geheimer Abgesandter, der Major v. Wildenbruch, erklärte dem dänischen Minister des Auswärtigen mündlich und schriftlich: „Preußen wünscht vor allen Dingen, die Herzogtümer Schleswig-Holstein ihrem König-Herzog zu erhalten und ist gleich weit davon entfernt, seinem eigenen Interesse oder dem Ehrgeiz dritter Personen dienen zu wollen. Im Interesse Dänemarks aber sowie dem aller Nachbarstaaten liegt es, dass die deutschen Fürsten sich der Angelegenheit kräftig annehmen, und einzig der Wunsch, die radikalen und republikanischen Elemente zu verhindern, sich unheilbringend einzumischen, bewog Preußen zu den getanen Schritten." So waren die tapferen Freiwilligen, die aus allen Teilen Deutschlands herbeiströmten, um den „verlassenen Bruderstamm" vor seinen dänischen Bedrängern zu retten, von vornherein verraten und verkauft, aber worauf es in diesem Kampfe ankam, das verstanden sie schon ungleich besser als der Deutsche Bundestag, das preußische Ministerium und auch die provisorische Regierung von Schleswig-Holstein.

Revolution ist Revolution, und in einer revolutionären Umwälzung mit juristischen Fiktionen und vergilbten Pergamenten kämpfen, heißt der Konterrevolution die Wege bahnen. Eben weil das Recht der historischen Entwicklung die Stütze der deutschen Ansprüche auf Schleswig-Holstein war, durften diese Ansprüche nicht mit diplomatischen Hirngespinsten begründet werden, mit wesenlosen Waffen, die zu wirklichen Waffen erst wurden in den Händen der dem Rechte der historischen Entwicklung widerstrebenden Diplomatie. Die dänische Regierung dachte keinen Augenblick daran, sich durch die diplomatisch schmeichelnden Redensarten ihrer Gegner kirren zu lassen; wohl aber rief sie die europäischen Mächte, die englische, schwedische und namentlich russische Diplomatie zu ihrem Schutze gegen die preußisch-deutsche Begehrlichkeit auf. Und sie tat es mit einem Erfolge, der dem kleinen Dänemark gestattete, das große Deutschland wie einen Schulbuben zu zausen. Während die dänische Kriegsflotte dem deutschen Handel die empfindlichsten Wunden schlug, wurde das preußische Heer, das unter dem General Wrangel in die Herzogtümer eingerückt war und trotz seiner nichts weniger als glorreichen Kriegführung die um so viel schwächeren dänischen Truppen leicht vor sich hertrieb, durch die diplomatische Intervention der europäischen Mächte vollständig lahmgelegt. Vor den diplomatischen Drohungen Englands und Russlands zerstoben die diplomatischen Hirngespinste der preußischen Staatskunst, aber, im Herzen selbst konterrevolutionär, demütigte sie sich lieber in dem schmachvollen Waffenstillstand von Malmö, als dass sie zu revolutionären Mitteln des Kampfes gegriffen hätte.

Um so näher lagen diese Mittel der Frankfurter Nationalversammlung, die das Erbe des Bundestags angetreten und in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit feierlich beschlossen hatte, weder die Ehre Deutschlands noch die Rechte der Herzogtümer preiszugeben. Sie stand nun vor ihrer ersten Machtprobe, denn der Waffenstillstand von Malmö verriet die Ehre Deutschlands und die Rechte der Herzogtümer. Es gab nur noch ein Mittel zur Lösung der schleswig-holsteinischen Frage, die unversehens zur deutschen Frage geworden war: Dies Mittel war der revolutionäre Volkskrieg gegen das konterrevolutionäre Europa; die Frankfurter Nationalversammlung stand vor derselben Entscheidung wie einst der Pariser Konvent. Aber sie versagte, wie bekannt: Nach einem kurzen Anlaufe, der nur ihre völlige Ohnmacht offenbarte, kroch sie unter das Kaudinische Joch; der erste Akt der schleswig-holsteinischen Frage endete mit der moralisch-politischen Selbstvernichtung der souveränen Versammlung, die dem deutschen Volke die Einheit und die Freiheit schaffen sollte und wollte.

Der Waffenstillstand von Malmö war im September 1848 auf sieben Monate geschlossen worden. Während seiner Dauer blieb die strategisch wichtige Insel Alsen in dänischen, Holstein in deutschen Händen; eine gemeinsame Regierung für die Herzogtümer wurde aus Eingeborenen teils von Dänemark, teils von Preußen ernannt; sie bestand durchweg aus Vertretern des Adels, die zwar nichts von der Danisierung der Herzogtümer, aber ebenso wenig etwas von ihrer Demokratisierung wissen wollten.

Preußen selbst hatte inzwischen alle Lust an dem Handel verloren.

Der romantische König und „die kleine, aber mächtige Partei", die sich für den Berliner Novemberstaatsstreich rüsteten, sprachen schon von der „Empörung" der schleswig-holsteinischen „Rebellen" gegen ihren „rechtmäßigen Landesherrn", und auch die liberale Bourgeoisie hatte es satt, ihre Handelsschiffe durch die dänischen Kriegsschiffe gekapert zu sehen. Was immer in ihren Kräften stand, das tat die preußische Diplomatie, um die dänische Regierung zu einiger Nachgiebigkeit zu bewegen und den Waffenstillstand zu einem Frieden zu machen. Aber obgleich in Kopenhagen inzwischen das eiderdänische Ministerium gestürzt worden war, blieb die dänische Regierung hartnäckig und räumte nicht eines Strohhalms Breite ein; sie wusste sehr genau, dass sie die europäischen Großmächte hinter sich hatte und dass Preußen vollkommen isoliert war; sie brauchte nur auszuharren, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen.

Gegenüber dieser Hartnäckigkeit konnte Preußen noch nicht bedingungslos die Waffen strecken. In den Anfangsmonaten des Jahres 1849 betrieb es jene heuchlerische und zweideutige Politik, die aus dem Schiffbruche der deutschen Revolution möglichst viel für den borussischen Heißhunger nach Annexionen zu retten gedachte; im Trüben fischend, musste es auch seinen Verrat an der schleswig-holsteinischen Sache noch im Dunkeln fortspinnen. Deshalb bemühte sich Preußen um eine Reorganisation des schleswig-holsteinischen Heeres, das unter der kläglichen Führung des Prinzen von Noer bei seinem ersten Zusammenstoße mit den dänischen Truppen, in dem Treffen bei Bau, eine empfindliche Niederlage erlitten hatte trotz aller Tapferkeit, womit sich sowohl die schleswig-holsteinischen Soldaten als auch die deutschen Freiwilligen schlugen. Ein Jahr darauf, im Frühling 1849, stand ein schleswig-holsteinisches Heer von 20.000 Mann unter den Waffen, gut eingeübt und ausgerüstet, vor Kampflust gegen die verhassten Dänen brennend, unter dem Befehle des Generals v. Bonin, dem so wie anderen Offizieren die preußische Regierung den Übertritt in schleswig-holsteinische Dienste gestattet hatte. Auf diesem Heere lag das Schwergewicht des Kampfes, der, nach der Aufkündigung des Waffenstillstandes von Malmö durch Dänemark, am 3. April 1849 wieder entbrannte. Das preußisch-deutsche Heer, dem Namen nach ein Reichsheer, von der ohnmächtigen Zentralgewalt aus Bruchstücken aller möglichen deutschen Kontingente zusammengewürfelt, aber tatsächlich von dem preußischen General Prittwitz befehligt, führte nur einen Scheinkrieg; Prittwitz hatte die geheime Weisung aus Berlin, nichts Entscheidendes gegen Dänemark zu unternehmen, sondern die Dinge hinzuschleppen, bis sich der ersehnte Frieden ergattern ließ.

Den schleswig-holsteinischen Truppen gelang denn auch schon am 8. April eine rühmliche Waffentat. Eine dänische Flottille, voran das Linienschiff „Christian VIII.", das größte Schiff der dänischen Seemacht, mit 84, und die Fregatte „Gefion", ihr bester Schnellsegler, mit 48 Kanonen, drang in die Bucht von Eckernförde ein, die nur durch zwei, nicht einmal sturmfreie Strandbatterien mit zusammen 10 Kanonen geschützt war. In der Nordbatterie befehligte der Hauptmann Jungmann 55, in der Südbatterie der Unteroffizier von Preußer 37 Mann. Diese geringe Streitkraft wehrte nicht nur den Angriff der dänischen Flottille ab, sondern beschoss sie auch so ausdauernd und glücklich, dass sowohl das Linienschiff wie die Fregatte den Danebrog streichen und sich ergeben mussten; das Linienschiff, an dessen Bord ein Brand ausgebrochen war, flog dann leider nach seiner Besetzung durch Preußer in die Luft, den Strand weithin mit Trümmern und Leichen bedeckend, unter denen auch der brave Preußer war. Die Dänen verloren außer den beiden Schiffen 44 Offiziere und 931 Mann an Gefangenen, dazu 131 Tote und 92 Verwundete, während die Deutschen nach einem Kugelregen von etwa 10000 Schüssen nur 4 Tote und 14 Verwundete zählten. Im Wesentlichen war es ein Erfolg der schleswig-holsteinischen Waffen; eine buntscheckige Brigade des Reichsheeres, die unter dem Befehle des Herzogs von Coburg-Gotha in der Nähe stand, wirkte nur ganz nebensächlich mit, und es ist ein dreister Humbug, wenn der kindische Gernegroß von Herzog sich in seinen Denkwürdigkeiten als Sieger von Eckernförde aufspielen will.

Begreiflich genug, dass dieser in seiner Art beispiellose Erfolg lauten Jubel in ganz Deutschland erregte, das sich lange genug von dem dänischen Übermut hatte hänseln lassen müssen. Allein politisch war der Sieg von Eckernförde so fruchtlos wie der Sieg, den am 23. April 11.000 Schleswig-Holsteiner bei Kolding über 20.000 Dänen erfochten. Der General Bonin, der zwar in eifersüchtiger Fehde mit Prittwitz lebte, aber schließlich doch immer preußischer Offizier blieb, legte das schleswig-holsteinische Heer in Jütland vor der Festung Friedericia fest in einer militärisch sehr anfechtbaren Stellung; ein nächtlicher Ausfall, den die von der Seeseite her verstärkte Besatzung in der Nacht vom 5. auf den 6. Juli unternahm, endete mit einem Erfolge der dänischen Übermacht, obgleich sich auch bei diesem, durch die preußische Führung verschuldeten Unfälle die schleswig-holsteinischen Truppen mit glänzender Tapferkeit schlugen.

Die wirkliche Entscheidung fiel auf diplomatischem Gebiete. Die Erfolge der schleswig-holsteinischen Truppen und die gleichzeitigen Versuche Preußens, durch die Bändigung der deutschen Revolution in den Mittel- und Kleinstaaten die deutsche Hegemonie zu gewinnen, steigerten den englischen und den russischen Druck zu einer Höhe, dem die Berliner Regierung nicht gewachsen war. Sie schloss am 10. Juli 1849 einen neuen Waffenstillstand unter schmählicheren Bedingungen noch, als sie schon vorher den Waffenstillstand von Malmö geschlossen hatte: Schleswig sollte von Holstein getrennt, im Norden von schwedischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt, im übrigen durch einen dänischen, einen preußischen und einen englischen Kommissar verwaltet werden. Einen etwaigen Widerstand der Herzogtümer verpflichtete sich die preußische Regierung durch die Abberufung der preußischen Offiziere aus dem schleswig-holsteinischen Heere und nötigenfalls durch Waffengewalt zu brechen. Doch kam es nicht zu diesem äußersten, da die schleswig-holsteinische Statthalterschaft, die seit dem Wiederausbruche des Krieges in den Personen Reventlows und Beselers eingesetzt worden war, in hergebrachter Energielosigkeit sich fügte.

Wie der erste, so endete auch der zweite Akt des schleswig-holsteinischen Dramas mit einem preußischen Verrat, dessen Züchtigung dann, um ziemlich anderthalb Jahre später, in den Tagen von Olmütz der dritte und letzte Akt brachte.

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