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Nadeschda Krupskaja 18991029 Brief an M. A. Uljanowa

Nadeschda Krupskaja: Brief an M. A. Uljanowa

[Geschrieben am 17. Oktober 1899. Geschickt von Schuschenskoje nach Moskau. Zum ersten Mal veröffentlicht 1929 in der Zeitschrift „Proletarskaja Rewoluzija" Nr. 8/9. Nach der Handschrift. Nach der Handschrift. Nach Lenin: Briefe, Band 10, Berlin 1976, S. 406 f.]

Liebe Marja Alexandrowna, ich habe Ihnen lange nicht geschrieben, sogar Manjascha habe ich nicht auf ihren Brief vom 14. IX. geantwortet und verspüre deswegen einige Gewissensbisse. Es gibt bei uns nichts Neues, so dass ich nichts zu schreiben habe, und unser tägliches Leben habe ich schon viele Male beschrieben. Dieser Tage war Kurnatowski bei uns und erzählte von den Jermakowskojern. Dominika hat einen Sohn bekommen, aber er ist krank – man nimmt an, dass er Tuberkulose hat, sie selbst kränkelt immerfort und ist sehr niedergeschlagen. Mich. AI. ist für militärtauglich befunden worden, und er verlebt jetzt die letzten Monate in Freiheit, im Dezember wird er abfahren müssen, niemand weiß, wohin, zur Zeit ist er sehr beschäftigt. Seine Frau kränkelt, ist trüber Stimmung und geht, um sich zu zerstreuen, zusammen mit dem Kälbchen und dem Hund Kurtaschka im Gemüsegarten spazieren. Sie wollen zu uns kommen, sobald man mit dem Schlitten fahren kann. Die beiden Tage, die Kurnatowski bei uns zu Besuch war, gingen die Mannspersonen am frühen Morgen auf Jagd, Kurnatowski ist ein leidenschaftlicher Jäger. Aus Kasatschinskoje bekam irgend jemand Nachricht, dass die Jakubowa von dort verschwunden ist, hier sind überall Nachforschungen im Gange, die Jermakowskojer fragte man, ob sie nicht in Jermakowskoje gewesen sei, ihres Wissens war sie eine Woche vorher dort. Es gehen Gerüchte um, dass sie ins Ausland geflohen ist, irgend jemand hat sie in Berlin gesehen. So. – Bei uns ist schon Herbst, bald werden wir Schlittschuh laufen. Das ist besser, wir haben das Spazierengehen schon satt, und für Wolodja ist es auch mit der Jagd bald vorbei. Er sitzt jetzt am Webb. Er muss allein arbeiten, denn zu zweit dauert es noch länger. Die Arbeit ist ziemlich langweilig, denn die Übersetzung ist schlecht und muss fast ganz neu gemacht werden. Ich selbst mache im Grunde genommen gar nichts, wo aber die Zeit bleibt, ist unerfindlich. Jetzt sind es noch 3 Monate und 13 Tage bis zur Abreise, das ist ganz wenig. Ich habe schon ein Gesuch an das Polizeidepartement gerichtet, dass man mich nach Pskow lässt. Mama will von sich aus deswegen auch ein Gesuch einreichen. Nun auf Wiedersehen. Ich küsse Sie herzlich. Einen Gruß an alle.

Ihre Nadja

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