Permanente Revolution 19320100 „Rote Einheit“

Permanente Revolution: „Rote Einheit“

Offener Brief der B.-L. Berlin-Brandenburg an die Arbeiter der Gas- und Wasserwerk

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 1 (Januar 1932), S. 8]

In die gesamte Arbeiterschaft ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit dringt der Ruf nach Einheit angesichts der faschistischen Gefahr. Der Arbeiterrat eines der größten und bedeutendsten Betriebe Berlins, der Gas- und Wasserwerke, beschäftigte sich mit der Frage der Herstellung der Einheitsfront aller proletarischen Organisationen. In einer Entschließung des Arbeiterrates wird appelliert an die Führung der Arbeiterparteien, alles daran zu setzen, dass die Einheitsfront aller Arbeiter hergestellt wird».

Für jeden Marxisten und Revolutionär ist eine solche Tatsache zu begrüßen. Der Drang nach Einheitsfront kommt von unten, von den Betrieben. Es ist klar, dass eine revolutionäre Partei besonders in der heutigen Situation alles daran setzen musste, um den Schritt des Arbeiterrates der Gas- und Wasserwerke zu unterstützen. Nicht so handelt aber die Parteibürokratie.

Die BL Berlin-Brandenburg hält es für notwendig, in ihrem Brief («Die Rote Fahne», 20. Dezember) zuletzt das kommunistische Mitglied des Arbeiterrates, den Gen. Neidhardt, zu verleugnen, weil er den Vorschlägen auf Bildung der Einheitsfront aller proletarischen Organisationen zugestimmt hat. Dann wird gegen den sozialdemokratischen Betriebsratsvorsitzenden Ziemsch los gewettert, weil er die «Rote Einheit» nicht anerkennt. Ziemsch beweist damit, dass er nur «die revolutionären Arbeiter unter der Maske der «Einheit» für die Unterstützung der Brüning- und Preußenpolitik gewinnen will».

Es ist bezeichnend für die Parteibürokratie, die ihre Kapitulationsstimmungen mit «linken» Phrasen verkleidet, an jede Losung das Wort «rot» zu fügen. «Roter Volksentscheid», «rote Einheitsfront» usw. Als ob eine Losung oder Aktion durch das Wort rot wirklich rot, d. h. revolutionär würde!

Was versteht aber die Parteibürokratie unter der Losung «rote Einheitsfront»? Im Brief heißt es: «Diese rote Einheitsfront kann aber nur dann den Kampf der Arbeiter mit Erfolg durchführen, wenn sie unter Führung der Partei der Arbeiterklasse – der Kommunistischen Partei – kämpft. Dass der Erfolg des Proletariats nur unter Führung einer Kommunistischen Partei, an deren Spitze eine revolutionäre Führung steht, eintreten kann, ist klar. Wie kommt man aber zu dem Zustand, wo die Arbeiterklasse sich einer solchen Führung anvertraut und bereit ist, mit ihr den entscheidenden Kampf aufzunehmen?

Für die heutige Bürokratie wird diese Frage einfach gelöst. Jeder Arbeiter abgesehen von seiner Parteizugehörigkeit muss im Vorhinein Thälmann als den historischen Führer anerkennen, der Parteibürokratie das Vertrauen im voraus schenken. Die Thälmanns und Remmeles haben sich daran gewöhnt, in der Partei zu diktieren, und wollen diesen Zustand auf die gesamte Arbeiterschaft übertragen. Das lässt sich aber die Arbeiterschaft nicht gefallen. Deswegen lehnt sie solche rote Einheitsfront ab.

Diesen Widerspruch zwischen der politischen Notwendigkeit der Parteibürokratie hat der Genosse Neidhardt richtig erfasst. Er weiß, dass die Partei nicht im Voraus von den sozialdemokratischen Arbeitern die Führung beanspruchen kann, sondern dass erst nach der Entstehung der Einheitsfront im Lauf der Kämpfe sich die Partei als die einzige Führerin der Arbeiterklasse zu erweisen hat. Wer das nicht versteht, hat nichts vom Leninismus begriffen, oder er sabotiert bewusst die Entstehung der geschlossenen Front der Arbeiterklasse, die die erste Voraussetzung des siegreichen Kampfes gegen Faschismus und Reaktion, des Sieges der proletarischen Revolution ist.

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