J. Micudik: Stalinisten in der Tschechoslowakei

J. Micudik: Stalinisten in der Tschechoslowakei

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 4 (Mitte Februar 1932), S. 12]

Ein tschechischer Genosse stellt uns folgenden Brief zur Verfügung, den wir unsern Lesern nicht vorenthalten wollen. Der Brief zeigt, dass die Bürokraten-Willkür der Stalinisten in der Tschechoslowakei nicht geringer ist als in den andern Sektionen der Komintern.

Die Redaktion.

An die Mitglieder der KPC in der Slowakei!

Liebe Genossen!

In den Parteiblättern der Slowakei (Munkás, Pravda) wurde ich als «Spitzel» bezeichnet. Jeder weiß, dass die Parteiblätter nicht von Arbeitern, sondern von Bürokraten – oft den ärgsten – redigiert werden. Diese Bürokraten haben eine ungeheure Angst vor revolutionären Arbeitern, die politisch auftreten und gegen den Willen der beamteten Bürokraten die Partei auf den leninistischen Wege drängen. In ihrer Angst scheuen diese Bürokraten nicht die ärgsten Mittel. Was ist ihnen die proletarische Ehre eines Arbeiters, der ein Jahrzehnt in der revolutionären Bewegung arbeitete und weiter arbeitet?

Der unverschämte Angriff auf mich ist ein neuer Beweis dafür, dass in der Parteiführung und den Parteiredaktionen Leute sitzen, die Gegner des Kommunismus und der Weltrevolution sind.

Liebe Genossen! Schon immer haben Reaktionäre die größten Lügen über Revolutionäre verbreitet. War es doch Kerenski, der im Jahre 1917 über Lenin und Trotzki als Agenten des deutschen Kaisers und der Konterrevolution sprach. Und die Stalinisten – die heutigen Führer der Kl, jene Leute, die der deutschen, englischen und chinesischen Revolution das Genick gebrochen haben, haben über Trotzki des Gerücht verbreitet, dass er ein Konterrevolutionär sei. Die hiesigen kleinen Bürokraten machen es Stalin nur im Kleinen nach, wenn sie revolutionäre Arbeiter als «Spitzel» verleumden.

Sie wollen die «Trotzkisten» bei den Arbeitern verhasst machen! Doch die Lüge hat kurze Beine. Die Zeit ist nicht mehr fern, wo kein Arbeiter der bürokratischen Presse mehr glauben wird. Ich warne die Parteimitglieder in der Slowakei vor Leuten, die sich in die kommunistische Bewegung als die großen Wortführer und Redakteure einschleichen, um die Partei von innen zu zersetzen.

Es ist notwendig, die Artikel gründlich zu überprüfen, die im «Munkás» (17. und 24. 1.) erschienen sind. In einem dieser Artikel wird wörtlich gesagt:

«Ein aus der Partei ausgeschlossener Trotzkist in Preßburg ging geheim von Funktionär zu Funktionär und sagte, dass er geheimen Auftrag von der KI habe und nur zum Schein aus der Partei ausgeschlossen sei. Er versuchte verschiedene Nachrichten aus den Genossen herauszulocken. Er sammelte Fotografien der Genossen und gab den Betriebsarbeitern Patronen, sie sollen Fabriken anzünden. Es ist klar, dass dieser Trotzkist, Micudik, ein ausgesprochener Spitzel und Provokateur ist…»

Ich frage: wo sind hier Beweise, die das Recht geben wurden, so schwere Beschuldigungen in die Welt zu streuen? Und dazu noch mittels einer kommunistischen Zeitung! Der unglückliche Redakteur traut mir Methoden zu, als ob ich Mitarbeiter einer individuell-terroristischen oder anarchistischen Organisation wäre! Unter dieser Verdächtigung möchte mich der Redakteur der «Munkás» und «Pravda» ins Gefängnis bringen und der Polizei preisgeben. Das ist eben Spitzeltum, und mit diesen Mitteln wirtschaftet ein gemeiner selbstvergessener Redakteur die ganze Zeitung auf das Niveau des Denunziantentums herunter. ,

Doch vergebens alle Mühe! Ich stehe auf dem Boden des Marxismus und Leninismus, ich habe nichts gemein mit anarchistischen Methoden. Die kapitalistische Gesellschaft wird von der revolutionären Massenbewegung gestützt und nicht von einzelnen Abenteurern. Nicht von anarchistischen Abenteurern, die die proletarische Diktatur verwerfen, sondern von der Arbeiterklasse, die – trotz der Gemeinheiten der Bürokraten, wie sie in der Redaktion der «Munkás» sitzen – die proletarische Diktatur aufrichten wird».

J. Micudik

Gewesenes Mitglied des Kreisausschusses der KPC in Bratislava.

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