Permanente Revolution 19320400 Der SAP-Parteitag

Permanente Revolution: Der SAP-Parteitag

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 7 (Anfang April 1932), S. 7 f.]

Vom 25.–29. März tagte in Berlin der erste Parteitag der Sozialistischen Arbeiterpartei. Auf dem Parteitag waren hauptsächlich vertreten die Bezirke Schlesien, Erzgebirge-Vogtland, Süd-West. 96 Delegierte waren anwesend. Das Gesicht gaben dem Parteitag frühere höhere sozialdemokratische Funktionäre und Intellektuelle, aber nicht Arbeiter. Im Bericht wurde mitgeteilt, dass die Mitgliederzahl der SAP 37.000 beträgt.

Gegenstand der Diskussion war hauptsächlich die Prinzipienerklärung des Parteivorstandes. Den offenen Reformisten und Pazifisten in der SAP war die verschwommene Prinzipienerklärung des Parteivorstandes zu links. Die Leute um Siemsen legten ihre eigene Prinzipienerklärung vor. Die Prinzipienerklärung des Parteivorstandes mit einem Zusatzpassus, in dem gegen die «Theorie vom Aufbau des Sozialismus in einem Lande» Stellung genommen wird, wurde gegen 16 Stimmen angenommen. Im Allgemeinen war die Aufgabe der Dirigenten des Parteitages, alle Fragen verschwommen zu halten und die Klarheit zu meiden.

Die Rolle der Zentristen um Seydewitz und Rosenfeld ist klar: die SAP um jeden Preis zu erhalten, d. h. alle Richtungen von dem brandlerstischen Flügel um Kleineibst bis zum KAP-FIügel um Reichenbach zusammenzuhalten. Etwas anderes von denen, die ein Jahrzehnt um der Einheit wegen in der SPD verblieben, zu verlangen, können nur diejenigen, die aus Erfahrungen nicht lernen wollen. Seydewitz hat auch seine Theorie, die man in folgenden Worten zusammenfassen könnte: Die Linken in der SAP wollen die Partei zu einer kommunistischen machen. Die KPD ist aber noch eine revolutionäre Partei, von ihr kann die SAP keine Mitglieder gewinnen. Deswegen haben wir uns ausschließlich nach der SPD zu orientieren; mit radikalem Reformismus werden wir dort eher für die SAP wirken können als mit dem linken kommunistischen Flügel der SAP unter den KPD-Anhängern. Die SAP braucht aber auch ihre Linke, weil die Arbeiter, einmal in Bewegung geraten, nicht mehr bei den Halbheiten verbleiben wollen, sondern sich zum Kommunismus fortbewegen und zur KPD stoßen können. Aus dieser Einstellung resultiert die ganze Haltung von Seydewitz und Rosenfeld. Als Opportunisten von Erfahrung sind sie bereit, den Linken in «Prinzipien» nachzugeben, um dieselben nachher durch den Druck des pazifistisch-reformistischen Flügels um Siemsen faktisch durch einen Antrag, dass die «Prinzipienerklärung» kein Dogma sei, aufzuheben. Es kommt aber bei den Zentristen weniger an auf die Prinzipien als auf die Frage der Besetzung des Apparates. Und da wurde der «weiche» Seydewitz sehr fest: «Entweder wird die von mir vorgeschlagene Liste angenommen, oder der Parteitag fliegt auf», kommandierte er den Delegierten.

Und wie war die Haltung der Linken? Eine einheitliche Linke gab es nicht, der Block war schon vor dem Parteitag zerfallen.

Die Gruppe um Rück hatte vor dem Parteitag eine Erklärung in der SAZ veröffentlicht über «Unsere Stellung zur 3. Internationale.» Dort werden alte stalinistisch-brandleristische Weisheiten wiederholt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Stellungnahme der Rück-Gruppe reaktionär, da für sie die Erfahrungen der Kominternpolitik in den letzten 9 Jahren nichts bedeuten. Diese Gruppe war objektiv insofern progressiv, dass sie die Reformisten, Zentristen und die frühere KPO-Minderheit gezwungen hat, zur Frage der Kominternpolitik Stellung zu nehmen.

Die Taktik der früheren KPO-Minderheit lief darauf hinaus, alles zu vermeiden, was eine Zuspitzung der politischen Meinungsverschiedenheiten bedeuten konnte. Deswegen wirkt sich ihre Haltung hemmend auf den Klärungsprozess aus. Sie haben sich mehr auf die «Treue» von Seydewitz und Rosenfeld verlassen als auf ihre eigenen Kräfte. Eine solche opportunistische Politik konnte die kommunistische Idee in der SAP nicht stärken. Die KPO-Minderheit hat durch ihre Haltung auf dem Parteitag die linken SAP-Arbeiter enttäuscht. Diese erhofften von der früheren KPO-Minderheit eine klare kommunistische Stellungnahme auf dem Parteitag. Zweifellos war das Auftreten Walchers in der Frage des Sozialismus in einem Lande ein großer Fortschritt. Was aber fehlte, das war eine klare und scharfe Abgrenzung von den Reformisten und Zentristen in der SAP. Das bezieht sich aber auf die gesamte Linke auf dem Parteitag. Keiner von ihnen hielt es für notwendig, sich offen mit dem pazifistisch-reformistischen und zentristischen Flügel auseinanderzusetzen. Von den «Radikalen» Reichenbach-Stechert war ja nichts zu erwarten; sie hatten ja auch nichts anderes zu tun, als mit der Siemsen-Kleineibst-Gruppe zu paktieren.

Was notwendig war, ist dies: eine offene Kampfstellung gegen den reformistisch-zentristischen Flügel auf die Gefahr hin, in der Minderheit zu bleiben, die Frage der Theorie des Sozialismus in einem Lande zu einer Kampfesfrage zu machen, die im Vorhinein den Pazifisten, Reformisten und Zentristen die Möglichkeit nimmt, ihre antikommunistische Einstellung hinter dieser Formel zu verstecken. Das könnte aber nur eine zielbewusste, klare linke kommunistische Fraktion erfüllen. Wir zweifeln nicht daran, dass der Differenzierungs- und Umgruppierungsprozess in der SAP erst jetzt mit aller Kraft einsetzen wird. Er wird in allen Gruppen und auch in der früheren KPO-Minderheit vor sich gehen. Wir werden gegen alle sektiererische Überheblichkeit einerseits und opportunistische Verkleisterung andererseits daran arbeiten, diesen Prozess zu beschleunigen. um eine wirkliche leninistische Fraktion in der SAP herauszubilden. Wir begnügen uns heute mit diesen Betrachtungen über den SAP-Parteitag und werden in den nächsten Nummern auf die Fragen der SAP ausführlich eingehen.

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