Arbeiterkorrespondenz Leipzig 19310800 Scheringer-Psychose

Arbeiterkorrespondenzen

Leipzig: Scheringer-Psychose

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 1. Jahrgang Nr. 2 (August 1931), S. 11]

Im Juni 1930 fiel das Mitglied der Antifa, Franke, als Opfer eines beispiellos feigen Überfalls der Nazis auf eine Propagandagruppe der KPD. Den Jahrestag des Überfalles nahm die Antifa zum Anlass für eine Franke-Gedenkfeier. Diese Kundgebung, die sehr angebracht ist, muss die Aufgabe haben, in den Arbeitern den Hass gegen die Faschisten zu steigern und sie eingedenk dieses Opfers aufzufordern, aktiv teilzunehmen am Kampf gegen den Mordfaschismus.

Von der in der Partei herrschenden Scheringer-Psychose mit ergriffen, wusste die Führung der Leipziger Antifa indessen nichts Passenderes zu tun, als den ehemaligen Gauführer der Hitlerjugend, Bendel, sprechen zu lassen. Obwohl wir nichts gegen die vereinzelt von den Nazis zur KP übergetretenen Arbeiter sagen wollen, müssen wir es als grundfalsch ablehnen, dass man bei einer solchen Gelegenheit, wo es gilt die Arbeiter zum wehrhaften Kampf gegen die faschistischen Banden aufzurufen, derartige Ausnahmen wie Bendel in den Vordergrund rückt. Auf diese Weise wird eine unheilvolle Verwirrung in die Massen getragen. In dem Arbeiter, der vor sich einen ehemaligen Faschisten, der zur KP gekommen ist, sieht, entsteht die Illusion, dass der Weg der Bekämpfung des Faschismus, nur der der ideologischen Auseinandersetzung und der politischen Diskussion ist. So waren auch die letzten Worte, die in dieser Versammlung, den Arbeitern gesagt wurden: «Durch ideologische Beeinflussung können wir sie (die Faschisten) gewinnen. Schlagt die Faschisten mit der ideologischen Waffe.» Wie der Jungkommunist eingestellt ist auf Gewinnung des SAJlers, soll er auch eingestellt sein auf die Gewinnung des Faschisten. Die klare und einzig richtige Linie der Gewinnung des sozialdemokratischen Arbeiters, der auf unserer Seite der Barrikade steht, zur Einheitsfront gegen den Faschismus, als gemeinsamen Todfeind, wird ersetzt durch die Parole: «Jungarbeiter aus KJ, SAJ und Hitlerjugend reicht euch die Hand zum Kampf gegen den Brüningfaschismus.» (Siehe Aufruf zum Reichskongress der werktätigen Jugend.)

Die KJV-Führung verwechselt offenbar die Klassenlager und stellt die Faschisten (Anhänger der konsequentesten Konterrevolution) auf eine Stufe mit den sozialistischen Jungarbeitern. Statt, – wie wir vorschlagen, – die Losung «Heraus mit den Faschisten aus den Betrieben» zur Schaffung der antifaschistischen Einheitsfront im Betrieb anzuwenden, gab die komm. Führung in grenzenloser Unterschätzung der faschistischen Bewegung die einzige Losung: «Schlagt die Faschisten wo Ihr sie trefft», aus. Heute wendet diese Führung. Aber nicht um im Kampf für die täglichen Bedürfnisse und die Wiedereroberung der verlorenen Positionen die klassenbewussten Arbeitermassen zur wehrhaften Abwehr und Niederschlagung des Faschismus zu sammeln. Nein, heute wendet sie um die «armen, betrogenen SA-Proleten» durch ideologische Auseinandersetzung für den Kommunismus zu gewinnen. Diese Politik wird die sozialdemokratischen Arbeiter nur abstoßen und nicht im entferntesten zum Sieg über den Faschismus führen. Wenn die kommunistischen Arbeiter die Partei nicht bald von dieser unmarxistischen Linie der verwirrten Bürokraten befreien werden, können wir vielleicht erleben, dass die Bourgeoisie das Proletariat und seine Avantgarde von den «armen, betrogenen SA-Proleten» niederschlagen lässt.

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