Der Jungkommunist (Jugendbeilage der «Permanente Revolution») 19310900 17. Internationaler Jugendtag

Der Jungkommunist (Jugendbeilage der «Permanente Revolution»):

17. Internationaler Jugendtag

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 1. Jahrgang Nr. 3 (September 1931), S. 15 f.]

Der 17. Internationale Jugendtag steht im Zeichen der verschärften Weltwirtschaftskrise, von der kein kapitalistisches Land verschont geblieben ist. Überall steigt die Erwerbslosenzahl, und die Verelendung breitester Schichten greift immer weiter um sich.

In Deutschland findet dieser Jugendtag statt unter der Diktatur der Notverordnungen, der Verbote und Unterdrückungen. Die Verelendung der Arbeiterschaft ist noch nicht an ihrer Grenze angelangt, – im Gegenteil stehen in Aussicht neuer Lohnabbau, Raub der letzten kümmerlichen Reste der «sozialpolitischen Errungenschaften», weiteres starkes Anwachsen der Arbeitslosenarmee.

Mit aller Brutalität geht die Bourgeoisie besonders gegen das Jungproletariat vor, gegen jene Arbeiterschicht, von der die Brüning-Severing glauben, dass sie die schwächste und wehrloseste ist. Neben dem Raub der Unterstützung und «Fürsorge» für junge Arbeiter wird die Jungarbeiterschaft jetzt mit dem «Freiwilligen Arbeitsdienst»- beglückt, – wobei die davon betroffenen Jugendlichen, die nicht begeistert «freiwillig» ihrer «Pflicht» genügen, die ganze Schärfe des verwaltungsbürokratischen Drucks zu spüren bekommen und bei Strafdrohung usw. an ihre «freiwillige Pflicht» zwangsweise erinnert werden.

Noch immer erträgt die Arbeiterschaft das ganze Elend der verschärften Ausbeutung, die steigende Verelendung und als Krönung dessen – als vorläufige Krönung – die immer mehr anwachsende Notverordnungslawine. Das Proletariat ist wohl empört, aber noch immer nicht entschlossen zum aktiven Widerstand.

Das ist das Kennzeichen dieser Tage, in die der 17. Internationale Jugendtag fällt: eine objektiv günstige revolutionäre. Situation, die aber nicht ergänzt wird durch die subjektive, die revolutionäre Reife des Proletariats, – nicht ihren Widerhall findet in der einheitlichen Kampfentschlossenheit des Proletariats und des Jungproletariats.

Damit ergeben sich zugleich aber die Aufgaben, deren Erfüllung dieser Jugendtag zu propagieren hat: auszumerzen die Kluft zwischen der objektiven Reife der Situation und der subjektiven Unreife, – den Weg zu beschreiten, auf dem die Arbeiterklasse zu marschieren hat zum einheitlichen Widerstand gegen die Verelendung und zum Kampfe gegen die herrschende Gesellschaftsordnung.

Dem Proletariat und dem Jungproletariat diesen Weg zu zeigen und auf diesen Weg zu führen, das ist die Aufgabe der KPD und der KJVD. Gerade an diesem 17. Internationalen Jugendtag, an dem nicht nur inhaltslose Demonstrationen organisiert werden dürfen, muss sich der KJVD, muss sich jedes KJVD-Mitglied die Frage vorlegen: hat der Jugendverband diese seine Aufgabe, das Jungproletariat zur Einheitsfront zusammenzuschmieden zum Kampfe gegen die wachsende Verelendung, gegen den Faschismus und zum Sturze des kapitalistischen Systems, erfüllt oder auch nur annähernd erfüllt!

Wir, die Linke Opposition im KJVD (Bolschewiki-Leninisten) sagen: der KJVD (ebenso wie die KPD) hat diese Aufgabe nicht und auch nicht nur annähernd erfüllt. Darüber hinaus müssen wir aber offen sagen, dass der KJVD diese Aufgaben gar nicht erfüllen kann, und zwar deshalb nicht, weil die politische Linie des Jugendverbandes eine falsche ist, weil seine Taktik eine unleninistische ist. Diese Fehler lassen sich nicht durch noch so umfangreiche Resolutionen der KJVD-«Führung» beseitigen. Eine politisch und organisatorisch unfähige Jugendverbands-Bürokratie drückt dem KJVD ihren Stempel auf.

Die politische Schwäche des Jugendverbandes zeigt sich wohl am klarsten im Kampfe gegen die SAJ. «Liquidierung der SAJ überhaupt», das ist das Ziel, das sich der Jugendverband gesetzt hat. Und wie steht es um die Erreichung dieses Zieles? Es wäre verhängnisvolle Schwäche und Selbstbetrug, gegenwärtig von einer bedeutenden Schwächung der SAJ – oder gar von ihrer Liquidierung – zu sprechen und sich darauf zu berufen, dass nach «statistischen» Feststellungen der KJVD ja zahlenmäßig stärker sei als die SAJ. Selbst wenn das stimmt, so besagt das noch nicht viel. Tatsache ist, dass es dem KJVD nicht gelungen ist größere Massen von der SAJ loszulösen, wenn auch hier und da Einzelübertritte der SAJ zur KJ geschehen. Das Beispiel der Auflösung der «Jungsozialisten» durch den sozialdemokratischen Parteivorstand und die Unfähigkeit des KJV, diese Jungsozialisten zur revolutionären Front herüberzuziehen, zeigt die Schwäche des KJV ganz offen.

Ebenso unfähig zeigt sich der KJVD in der Arbeit in den Jugendsektionen der freien Gewerkschaften mit ihren 270.000 Mitgliedern. Gerade der offenkundige Verrat der Gewerkschaftsbürokratie ermöglicht heute die Herausbildung und Zusammenfassung einer freigewerkschaftlichen Opposition, eines «Linken Flügels». Voraussetzung dafür aber ist, dass der KJV eine intensive bolschewistische Fraktionsarbeit in den freigewerkschaftlichen Jugendsektionen entfaltet.

Statt dessen aber isoliert sich der Jugendverband von diesen 270.000 Jungarbeitern durch die Propagierung und Bildung der «Jugend-RGO».

Trotz allem Geschrei und den unendlich umfangreichen Resolutionen ist der KJVD nicht in der Lage eine bolschewistische Einheitsfronttaktik zu betreiben. Statt Einheitslosungen stellt die Bürokratie des ZK und des EKKI Isolierungsparolen auf.

Die Einheitsfronttaktik ist die Basis des Wachstums und der Stärkung des KJV, sie ist zugleich das beste Mittel zur Liquidierung der SAJ. Der heutige Kurs der Komintern, der KJI, der KPD und des KJVD ist entgegengesetzt der Linie Lenins, der leninschen Einheitsfronttaktik.

Gab z. B. die Schaffung der «Arbeitsdienstpflicht» durch die Bourgeoisie dem KJVD nicht die allerbeste Gelegenheit, eine breiteste Einheitsfront des Jungproletariats zum Kampfe gegen dieses «Gesetz» zu organisieren? Ist das dem KJV gelungen? – Nein, – denn einige Versammlungen, einige Protestresolutionen, so wichtig sie auch sind, bedeuten noch lange keine Einheitsfronttaktik.

Der stärkste Mangel des KJVD besteht wohl in dem Fehlen einer gründlichen politischen, marxistisch-leninistischen Schulung der Mitglieder. Die Bürokratie erzählt, dass heute nicht mehr Zeit ist für eine solche Schulung der Mitglieder, dass heute allein die «Praxis» maßgebend sei und dass «Massenschulen» vollkommen genügen. Es ist kein Wunder, dass bei solcher Einstellung die Mitglieder des Jugendverbandes politisch und theoretisch sehr schwach sind, dass sie nicht so diskutieren können, wie es notwendig ist, um überzeugen zu können. Diese Schwäche der Mitglieder ist zugleich die Schwäche des Jugendverbandes selbst.

Zusammengefasst muss gesagt werden, dass die politische Arbeit des KJVD verdrängt wird durch bürokratische Anordnungen, Wettbewerbs- und Sturmpläne. Aber weder Wettbewerbe noch Sturmbrigaden können die zähe, unermüdliche politische Arbeit unter dem Jungproletariat ersetzen.

Voraussetzung der politischen Belebung des KJV ist die bolschewistische Reform des Jugendverbandes, die Eröffnung einer breiten politischen Diskussion auf der Grundlage der inneren Demokratie.

Der Internationale Jugendtag stellt in den Vordergrund den Gedanken des Internationalismus, der internationalen Aktion des Proletariats, den Gedanken der proletarischen Weltrevolution. Aber gerade der internationale Jugendtag 1931 lässt erkennen, wie weit die «Führung» der Komintern, der KJI und der Ländersektionen, besonders aber die KPD und der KJVD vom Wege der Weltrevolution abgewichen ist. In Deutschland demonstriert der KJVD nicht für die Weltrevolution, sondern für die «Volksrevolution», für «Volksaktion» und für die «nationale» Befreiung. Dieser Scheringer-Kurs hat nichts zu tun mit den Lehren von Marx und Lenin, er ist im Gegenteil ein Anpassen an den Sumpf der «Ideologie» des. Kleinbürgertums, eine Konzession an die erbärmliche Phraseologie des Nationalsozialismus.

Dieser verderbliche Kurs tritt mit aller Deutlichkeit zutage auch in der täglichen Agitation und Propaganda des KJVD. «Mitglieder der SAJ und der Hitlerjugend kommt zu uns», – mit dieser Losung glaubt der Jugendverband die Liquidierung der SAJ erreichen zu können. Diese falsche Gleichstellung der sozialdemokratischen mit den faschistischen Jugendlichen stößt die Mitglieder der SAJ nur ab, – aber gerade für die Gewinnung der oppositionellen sozialdemokratischen und freigewerkschaftlichen Jungarbeiter muss der KJV seine Kraft einsetzen. Jeder einzelne SAJler, der auf dem Wege der politischen Überzeugung für den KJVD gewonnen ist, ist von unendlich größerer Bedeutung als etwa ein Dutzend «Hitlerjungens», die durch Konzession an die Hitlerphrasen, durch Anpassen an die faschistische Söldnerorganisation geködert wurden.

Die Linke Opposition des KJVD ist der entschiedene Feind der Ideologie der «nationalen Befreiung», der «Volksrevolution» und des in der Scheringer-Broschüre propagierter «Volkskrieges gegen die Westmächte». Wir kämpfen gegen die nationalistische Verseuchung des KJVD und der KJI

für die proletarische Revolution, gegen die Linie Scheringer, von Salomon und Konsorten,

für die Linie des roten Oktobers,

für die Weltrevolution im Geiste Lenins und Trotzkis

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