A. S-in 19311100 Zur Wendung der KP Frankreichs

A. S-in: Zur Wendung der KP Frankreichs

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 1. Jahrgang Nr. 4 (Oktober-November 1931), S. 9 f.]

Die falsche Politik, die in der Parteileitung in Frankreich in den letzten Jahren getrieben worden ist, hat verheerende Wirkungen für die Bewegung gezeitigt. Auf allen Gebieten, sei es in der Partei, CGTU (die Roten Gewerkschaften). Abonnentenzahl der «Humanité» usw. Die Losungen des «Sozialfaschismus», «der dritten Periode», antigewerkschaftlichen Einstellung, mussten notwendigerweise zur Isolierung der Partei führen, und sie haben auch dahin geführt. Die CGTU hat in den letzten Jahren etwa 150.000 Mitglieder verloren. Die Partei – die einst so stolze – ist auf 30.000 gesunken. Die «Humanité», die älteste revolutionäre Zeitung in der Arbeiterbewegung Frankreichs, hat immer mehr und mehr an Abonnenten verloren Der Reformismus, von dem Losowski einmal im Jahre 1924 sagte, dass er in Frankreich überhaupt nicht vorhanden sei, wuchs zu einer großen Kraft heran. Die reformistische Partei, die nur einige Tausend Mitglieder nach der Spaltung in Tours 1920 hatte, verfügt heute über eine Parteiorganisation, die etwa 130.000 Mitglieder zählt. Die reformistischen Gewerkschaftsverbände, die bedeutend schwächer als unsere roten waren, sind zu einer entscheidenden Macht in der Arbeiterschaft Frankreichs geworden und zählen heute etwa 700.000 Mitglieder, wobei die CGTU etwa 350.000 zählt. Dazu hat die glorreiche «revolutionäre» Politik der Parteileitung geführt. Unterdessen ließ die Krise des Kapitalismus nicht auf sich warten. Sie schleicht sich heute in denselben Formen und Dimensionen ein wie in den umliegenden Ländern. Kapital und Goldaufhäufung, solider inneren Absatzmarkt, noch gut fundierte Landwirtschaft, Tributzahlungen vom Auslande können trotzdem auch Frankreich nicht über die Krise hinwegbringen. Die Warenausfuhr Frankreichs sinkt rapid in der letzten Zeit. Sie wurde immer mehr und mehr durch die billigeren, ausländischen Waren auf dem Weltmarkt ersetzt. Die Offensive auf die Löhne und die Arbeitszeit wird daher in den letzten Monaten vom französischen Finanzkapital mit aller Schärfe durchgeführt. Die Rationalisierung schreitet vorwärts, die Arbeitslosigkeit steigt. Schon heute zählt das kapitalreichste Land Europas, Frankreich, etwa 650.000 Erwerbslose.

Die Unzufriedenheit der Arbeitermassen steigt immer mehr. Die Arbeitermassen begreifen immer mehr, dass nur die Einheit sie retten kann vor der fürchterlichen Lohnoffensive. Die Frage der Verschmelzung verschiedener Gewerkschaftsverbände, die Einheitsfront der proletarischen Massen gegen den Raubzug des Kapitalismus wird von den Arbeitern selbst auf die Tagesordnung gesetzt. Nur unter dem Drucke der sich zuspitzenden Kämpfe im Lande selbst, wie auch unter dem Druck des sich stärkenden Reformismus und dem bergab gehenden Kommunismus in Frankreich war die Parteileitung, und zusammen mit ihr die Komintern, gezwungen, eine Wendung zu machen. Man muss offen gestehen: Eine Wendung, wie sie noch nie dagewesen ist in der Komintern überhaupt, wie in Frankreich im Besonderen. Die fruchtbare Kritik der linken Opposition in Frankreich hat zur Klärung der politischen Streitigkeiten viel beigetragen. Unermüdlich und unaufhörlich brachte die Vérité», das Wochenorgan der linken Opposition in Frankreich, ihre Kritik an der verheerenden Politik der Parteileitung, wobei sie ganz konkrete, positive Vorschläge zur Änderung der Politik der Partei machte. Die Parteiführung gibt offen zu, eine Reihe von groben Fehlern gemacht zu haben. Unter der Losung, die immer und fortwährend in der «Humanité» wie auch in der Partei wiederholt wird: «Mitglieder macht endlich das Maul auf und kritisiert», berufen sie Kundgebungen ein, wo sie zugeben, dass man leider viel Arbeiter von sich abgestoßen hat wegen der Fehler, die man beging, «dass unter den Oppositionellen auch gute, gesunde Elemente vorhanden sind, die man für die kommunistische Bewegung wieder erobern muss». Diese Wendung zeitigt bereits gute Früchte, obwohl die Bürokratie gar nicht an die Wiederaufnahme der linken Opposition denkt. Ganz mit Recht stellt die linke Opposition in der letzten Nummer der «Vérité» auf Grund des offenen Briefes vom 13. Februar 1931, den sie an die Parteimitgliedschaft gerichtet hat, fest, dass die Parteiführung gezwungen war, die Hauptforderungen der linken Opposition in der französischen Frage aufzunehmen. In diesem Briefe wurden sie folgendermaßen formuliert:

«Die Mehrheit der Arbeiterklasse zu erobern ist die zentrale Aufgabe der Kommunistischen Partei. Um das zu vollbringen, muss ein jedes Parteimitglied fordern:

1. Die Rückkehr zur Politik der Gewerkschaftseinheit, die auf dem 4. Weltkongress der Internationale angenommen worden ist. Die Partei wird eine Niederlage den «22» (gemeint ist die abgesplitterte rechte Gruppierung der Partei, die den Standpunkt vertritt, dass die Gewerkschaften «unabhängig» von jeglichem politischen Einfluss sein müssen) bereiten, wenn sie beweist, dass die Kommunisten die einzigen sind, die wirklich die Gewerkschaftseinheit erstreben.

2. Eine wirkliche Einheitsfront des Proletariats kann der kapitalistischen Offensive widerstehen und wird alle Saboteure entlarven, indem sie die Gewerkschaftseinheit bei allen Arbeitskämpfen verwirklicht.

3. Das Aufhören mit den mechanischen Methoden in der CGTU und ihre Ersetzung durch politische Aktivität der kommunistischen Fraktion in der CGTU; die Aufrechterhaltung der kommunistischen Elemente innerhalb der CGT (Reformisten) und die Schaffung unserer Fraktionen in denselben, damit sie die reformistischen Arbeiter in unserem Sinne beeinflussen.

4. Die kollektive Herausarbeitung einer richtigen Politik der Gewerkschaftseinheit und der Einheitsfront durch einen Parteikongress, wie auch die Herausarbeitung der allgemeinen Politik während der Krise, verbunden mit einer richtigen Untersuchung der Widersprüche des Regimes und einer dementsprechenden Einschätzung der revolutionären Möglichkeiten, die vor uns stehen.

5. Die Vorbereitung eines solchen Kongresses erfordert eine breite Diskussion, in der man Schluss macht mit dem gegenwärtigen Zustand der Parteispaltungen, indem man den einfachen Mitgliedern gestattet, ihre Kader und ihre Führung selbst zu bestimmen. Das bedeutet, zu einem gesunden Regime in der Partei zurückzukehren.

6. Wiederaufnahme der linken Opposition, damit sie in der kommunistischen Partei für ihre Wiederaufrichtung und Stärkung mitarbeiten kann.»

Die «Vérité» stellt weiter fest, dass in den ersten fünf Forderungen die Partei die Positionen unserer linken Opposition einnehmen muss. Und mit Recht fordert sie die Parteimitgliederschaft auf, konsequenterweise auch für die sechste Forderung zu kämpfen, nämlich für die Wiederaufnahme der Linken Opposition.

Dies in kurzem über die Lage in der französischen Partei.

A. S-in.

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