Kapitel IV

Kapitel IV

Unsere gebrochenen Herzen rufen die euren an.“

Die Maires und Adjunkten von Paris und die Deputierten der Seine an die Nationalgarde und alle Bürger.

Das Zentralkomitee beruft die Wähler. Die Maires von Paris und die Deputierten von der Seine bieten ihm die Spitze.

Erst in der Frühe des 19. erfuhr Paris seinen Sieg. Welch überraschender Dekorationswechsel selbst noch nach den zahllosen Dekorationen dieses siebenmonatlichen Dramas! Die rote Fahne weht auf dem Stadthaus. Mit den Morgennebeln ist auch die Armee, die Regierung, die Administration verdunstet. Aus der Tiefe der Bastille, aus der dunkeln Rue Basfroi ist das Zentralkomitee an die Spitze von Paris, vor das Auge der Welt herausgetreten. So war am 4. September das Kaisertum verschwunden und so hatten damals die Deputierten der Linken die aufgegebene Gewalt an sich genommen.

Die Ehre und das Heil des Komitees lag darin, dass es nur von dem einen Gedanken ausging, Paris die Macht zu übergeben. Hätte es sich als Sekte gebärdet, als Brüter von Dekreten, so hätte sich die Bewegung verlaufen wie am 31. Oktober. Glücklicherweise bestand es aus Ankömmlingen ohne Vergangenheit und ohne politische Prätensionen – Kleinbürger, Arbeiter, Krämer, Handels- und Rechnungsbeamte, Mechaniker, Steinhauer, Architekten, die wenig nach Systemen fragten und vor allem auf Rettung der Republik dachten. Auf dieser schwindelnden Höhe diente ihnen ein einziger Gedanke als Halt, die logische, ganz der Pariser würdige Idee, Paris seine Munizipalität zu sichern. Dies war unter dem Kaiserreich ein Lieblingsthema der Linken gewesen und auf diesem Weg vor allem hatte sie dies Pariser Kleinbürgertum für sich gewonnen, das es mit tiefer Beschämung empfand, dass seit achtzig Jahren aufgezwungene Administrationen im Stadthaus saßen. Die unaufhörlichen Budgeterhöhungen, die vermehrten Anleihen, die Schwindeleien Hausmanns hatten die friedfertigsten Gemüter geärgert und empört. Wie war Picard beklatscht worden, als er für die größte und aufgeklärteste Stadt Frankreichs zum Mindesten die gleichen Rechte forderte, welche das kleinste Dorf genoss und als er dem Pascha von der Seine vorwarf, dass er keine richtigen Abrechnungen vorbringe! Die Erwählung eines Munizipalrats war gegen das Ende des Kaiserreichs ein geläufiger Gedanke geworden, die Belagerung hatte ihn zum Teil verwirklicht und jetzt war es das Einzige, was Paris für die Dekapitalisierung entschädigen konnte.

Im Volk sprach man nicht nur vom Munizipalrat, sondern von der Kommune. Man hatte dieselbe während der Belagerung als eine Waffe gegen den fremden Feind gefordert und forderte sie jetzt aufs Neue, um sich vom Despotismus und vom Elend zu befreien. Was nützte ein selbst gewählter Rat ohne wirkliche Freiheiten, der, an den Staat geschmiedet, weder die Schulen, noch die Justiz, die Spitäler und die Polizei der Stadt verwalten konnte, der nicht im Stande war, seinen Mitbürgern die Existenz zu sichern? Was das Volk suchte, war eine Staatsform, die ihm an der Verbesserung seines Loses zu arbeiten erlaubte. Es hatte ja im Lauf der Zeit mit angesehen, wie alle Verfassungen und Repräsentativregierungen den Willen des angeblich repräsentierten Teils unterdrückten, wie der Staat, der immer despotischer wurde, dem Arbeiter schließlich sogar das Recht der Verteidigung seiner Arbeit untersagte. Nach all diesen Erfahrungen hatte es die volle Überzeugung gewonnen, dass die gegenwärtige Regierung und Gesetzgebung ihrer ganzen Natur nach nicht geeignet war, den Arbeiter frei zu machen. Diese Emanzipation erwartete es von der autonomen Kommune, die vermöge ihrer politischen, nationalökonomischen und sozialen Organisation, ihre Verwaltung unabhängig leiten würde innerhalb der Grenzen, welche die Erhaltung der nationalen Einheit erfordert. Statt des Vertreters, der den Wähler verleugnen und hintergehen kann, sollte der Bevollmächtigte eingesetzt werden. Jenem monarchischen Auswuchs der Gesellschaft, dem „Staat,“ der, dem Lande aufgepfropft, von seinem Marke zehrt, besondere Klasseninteressen vertritt, der das Militär-, das Justiz-, das Finanz- und Polizeiwesen zum Vorteil einer verschwindenden Minorität einrichtet, stellte es die Delegation mit eigenem Leben begabter Kommunen gegenüber, die sich ausschließlich damit beschäftigten sollten, die allgemeinen nationalen Interessen zu verwalten.

Daher konnte die munizipale Frage sämtliche Klassen – die Einen, weil sie ihren legitimen Prätensionen Genüge tat, die Anderen, weil sie alle logischen Konsequenzen daraus zu ziehen gedachten – um das Zentralkomitee versammeln.

Um halb 9 Uhr hielt das Komitee im selben Saal, in dem einst Trochu gethront hatte, seine erste Sitzung. Der Präsident war ein junger Mann von 32 Jahren, Eduard Moreau, ein kleiner Waarenkommissionär. Er sei nicht der Meinung, sagte er, dass man im Stadthaus tagen solle, da man sich aber einmal hier befinde, gelte es so schnell als möglich die Lage ins Reine zu bringen, Paris über seine Absicht aufzuklären, die Wahlen in kürzester Frist vorzunehmen, die öffentlichen Ämter zu besetzen und die Stadt gegen einen Überfall zu wahren.

Sogleich entgegneten ihm zwei seiner Kollegen: „Man muss vor Allem nach Versailles marschieren, die Versammlung auseinandertreiben und ganz Frankreich aufrufen, sich zu erklären.“

Ein Anderer – der Urheber des Vorschlages von Vauxhall, sagte: „Nein, wir haben kein anderes Mandat, als die Rechte von Paris zu sichern. Wenn die Provinz denkt wie wir, so soll sie unserem Beispiel folgen.“

Einige wollten die Revolution liquidieren, ehe man die Wahlen vornehme. Andere bekämpften diese unklare Formel. Das Komitee beschloss sofort, zu den Wahlen zu schreiten und beauftragte Moreau, einen Aufruf zu verfassen. Während derselbe unterzeichnet wurde, kam ein Komiteemitglied: „Bürger, wir erfahren soeben, dass sich die Mehrzahl der Regierungsmitglieder noch in Paris befindet. Im zweiten und dritten Arrondissement rüstet man sich zum Widerstand, die Soldaten marschieren nach Versailles. Man muss schleunige Maßregeln ergreifen, sich der Minister bemächtigen, die feindlichen Bataillone zerstreuen, dem Feinde den Ausmarsch verwehren.“

In der Tat, Jules Favre und Picard hatten Paris soeben erst verlassen. Die Ministerien räumten offen das Haus, und noch immer strömte Militär in langen Zügen zu den Toren am linken Ufer hinaus. Aber das Komitee unterzeichnete ruhig weiter, versäumte die allernächstliegende Vorsichtsmaßregel, die Schließung der Tore, und versenkte sich in die Wahlen. Es sah nicht ein, und noch sehr Wenige begriffen damals, dass es einen Kampf auf Leben und Tod mit der Versammlung zu Versailles galt.

Das Komitee verteilte nun das Geschäft unter seine Mitglieder und ernannte Delegierte, um von den Ministerien und den verschiedenen Ämtern Besitz zu ergreifen. Einige dieser Delegierten wurden außerhalb des Komitees gewählt – Männer, die als tatkräftig oder revolutionär bekannt waren. Als Jemand von einer Solderhöhung sprach, fuhren seine Kollegen auf. „Wir haben bis jetzt mit unserem Sold gelebt, er wird uns auch ferner ausreichen.“ Man erklärte sich in Permanenz und vertagte die Sitzung auf 1 Uhr.

Außen lärmte der Jubel des Volks. Ein Frühlingssonnenstrahl lächelte den Parisern, seit acht Monaten war dies der erste Tag des Trostes, der Hoffnung. Vor den Barrikaden am Stadthaus, auf dem Montmartrehügel, auf allen Boulevards wimmelte es von Neugierigen. Wer sprach denn vom Bürgerkrieg? Niemand als der Officiel. Dieser erzählte die Ereignisse nach seiner Weise: „Die Regierung hatte alle Mittel der Versöhnung erschöpft,“ und in einem verzweifelten Aufruf an die Nationalgarde hieß es: „Ein Ausschuss, der sich Zentralkomitee nennen lässt, hat mit kaltem Blut die Generäle Clément Thomas und Lecomte ermordet. — Wer sind die Mitglieder dieses Komitees?

Sind es Kommunisten, Bonapartisten oder Preußen? Wollt ihr die Verantwortlichkeit für ihre Mordtaten auf euch nehmen?“ Dieses Jammergeschrei der Ausreißer tat nur auf einige Kompanien des Zentrums Wirkung. Gleichwohl — ein schwerwiegendes Symptom – kamen die jungen Bourgeois aus der polytechnischen Schule auf die Mairie des zweiten Arrondissements, wo sich die Maires zusammenfanden, und die Studenten, die bis dahin bei allen Revolutionen die Vorhut gewesen, sprachen sich gegen das Komitee aus.

Und zwar weil dies ein Werk der Proletarier war. Wer waren sie? Was wollten sie? Um 2 Uhr sammelte man sich vor den Plakaten, die frisch aus der Nationaldruckerei kamen. „Bürger,“ sagte das Komitee, „das Pariser Volk, ruhig und unempfindlich in seiner Kraft, hat ohne Furcht und ohne Herausforderung abgewartet, bis die schamlosen Narren die Republik anzutasten suchten. – Mögen Paris und Frankreich gemeinsam den Grundstein zu einer mit allen ihren Konsequenzen freudig begrüßten Republik legen, als der einzigen Regierung, welche für ewige Zeiten die Ära der Revolutionen abschließen wird. Wir berufen das Volk von Paris, seine Wahlen vorzunehmen.“ Und der Nationalgarde sagten sie: „Ihr habt uns beauftragt, die Verteidigung von Paris und die Beschirmung eurer Rechte ins Werk zu setzen. In diesem Augenblick geht unser Mandat zu Ende. – Nehmt sogleich eure Kommunalwahlen vor. Unterdessen bewahren wir das Stadthaus im Namen des Volks.“ Hierauf folgten zwanzig NamenA, die mit Ausnahme von drei oder vier, Assy, Lullier, Varlin, nur durch die Plakate der letzten Tage bekannt waren. Seit dem 10. August 1792 hatte Paris das Schauspiel nicht mehr gesehen, dass eine Anzahl namenloser Männer in seinem Stadthaus die Regierung ergriff.

Gleichwohl werden ihre Plakate geachtet, ihre Bataillone gehen frei umher, sie besetzen alle Posten, um 1 Uhr das Ministerium der Finanzen und das des Innern, um 2 Uhr das Marine- und das Kriegsministerium, die Telegrafen, den Officiel und Duval nimmt die Polizeipräfektur ein. Das kam daher, dass sie von vorn herein die richtige Note angeschlagen. Was sollte man gegen eine Macht sagen, die gleich nach ihrem Entstehen von ihrer Auflösung sprach?

Um sie her starrt ein Wald von Bajonetten. Nehmen wir einmal den Weg durch die halb geöffneten Barrikaden der Rue de Rivoli. Zwanzigtausend Mann kampieren auf dem Platz vor dem Stadthaus, das Brot an das Gewehr gespießt. Fünfzig Feuerschlünde, Kanonen und Mitrailleusen, die der Fassade entlang aufgestellt sind, dienen dem Gemeindehaus als spanische Reiter. Auf den Höfen, den Treppen lagern Gardisten und nehmen ihr Mahl ein. Der große Thronsaal ist mit Offizieren, Gardisten, Zivilisten angefüllt. In dem Saal zur Linken, der als Generalstab dient, schweigt der Lärm. Das Gemach am Ufer in der Ecke des Platzes ist das Vorzimmer des Komitees. Etwa fünfzig Männer sitzen über einen langen Tisch gebeugt und schreiben. Hier herrschen Stille und Disziplin. Wir sind weit entfernt von der Anarchie des 31. Oktober. Von Zeit zu Zeit lässt die von zwei Posten bewachte Türe ein Komiteemitglied ein, das einen Befehl überbringt oder eine Aufforderung stellt.

Die Sitzung hat wieder begonnen. Ein Mitglied verlangt, dass das Komitee gegen die Hinrichtung von Clément Thomas und Lecomte, mit der es gar nichts zu tun hatte, protestiere. „Hütet euch, das Volk zu missbilligen“ entgegnet ein Anderer, „sonst müsst ihr fürchten, dass es euch auch missbilligt.“ – Ein Dritter sagt: Das Journal officiel erklärt, die Exekutionen hätten unter unseren Augen stattgefunden. Wir müssen diesen Verleumdungen Einhalt tun. Das Volk und die Bourgeoisie haben sich bei dieser Revolution die Hand gereicht. Dieses Bündnis muss fortbestehen. Es ist notwendig, dass Alles an der Stimmensammlung teilnehme.“ – „Gut,“ rief man ihm zu, „sagt euch vom Volk los, um euch die Bourgeoisie zu bewahren. Das Volk wird sich von euch zurückziehen und ihr werdet sehen, ob man mit den Bourgeois Revolutionen macht.“B Das Komitee beschließt, durch eine im Officiel eingerückte Note die Wahrheit festzustellen. Moreau beantragt und verliest einen Manifestentwurf, welcher angenommen wird.

Das Komitee verhandelte über den Termin und die Form der Wahlen, als ihm eine große Zusammenkunft von Bataillonschefs, Maires und Deputierten der Seine auf der Mairie des dritten Arrondissements gemeldet wurde. Herr Thiers hatte in der Frühe die provisorische Verwaltung von Paris zu der Zusammenkunft der Maires abgeordnet und diese versuchten nun ihren Einfluss auf die Nationalgarde. Man versicherte dem Komitee, sie seien geneigt, die Wähler zu berufen.

Wenn es sich so verhält,“ sagten einige Mitglieder, „so muss man sich mit ihnen verständigen, um die Lage zu ordnen.“ Andere, die sich an die Belagerung erinnerten, wollten sie ganz einfach durch ein Bataillon aufgehoben wissen. Ein Mitglied entgegnete auf diesen Vorschlag: „Wenn wir Frankreich mit fortreißen wollen, so dürfen wir es nicht erschrecken. Fragt euch selbst, welchen Eindruck die Verhaftung der Deputierten und der Maires und welchen ihr Beitritt machen würde.“ – Ein Anderer sagte: „Es liegt sehr viel daran, dass wir eine bedeutende Stimmenzahl sammeln. Ganz Paris kommt an die Urnen, wenn die Repräsentanten und die Maires sich uns anschließen.“ – „Sagt vielmehr,“ rief ein Hitzkopf, „dass ihr eurer Rolle nicht gewachsen seid, dass es euch nur darum zu tun ist, euch herauszuwinden.“ – Schließlich wurde Arnold nach der Mairie delegiert.

Dort wurde er ziemlich schlecht empfangen. Selbst die Radikalsten unter den Adjunkten und Deputierten, Sozialisten wie Millière und Malon, sprachen sich offen gegen das Stadthaus aus und entsetzten sich über die Sackgasse, in die sich das Volk verirrt habe. Viele sagten sogar: „Wer sind denn diese Namenlosen?“ Selbst in der Corderie bewahrten Internationale, alte Mitglieder des Komitees der zwanzig Arrondissements, eine misstrauische Haltung. Dennoch beschloss die Zusammenkunft, Kommissionäre auf das Stadthaus zu schicken, denn diese Macht war einmal da, ob man sie guthieß oder nicht.

Das Zentralkomitee hatte unterdessen die Wahlen auf Mittwoch den 22. festgesetzt, die Aufhebung des Belagerungszustandes, die Abschaffung der Kriegsgerichte und die Amnestie für alle politischen Verbrechen und Vergehen dekretiert. Um 8 Uhr hielt es eine dritte Sitzung, um die Delegation zu empfangen, welche aus den Deputierten Millière, Clemenceau, Tolain, Malon, den Maires Bonvalet und Mottu und den Adjunkten Murat, Jaclard, Leo Meillet bestand.

Clemenceau, der zum Teil der Mitschuldige, zum Teil der Gefoppte beim Staatsstreich war, ergriff in seiner Eigenschaft als Maire und Deputierter das Wort. Er sprach lang und pedantisch. „Die Insurrektion hat sich aus einem ungesetzlichen Beweggrund vollzogen, denn die Kanonen waren Staatseigentum. Das Zentralkomitee besitzt kein Mandat, es vertritt keineswegs Paris. Zahlreiche Bataillone scharen sich um die Deputierten und Maires. Bald wird das Komitee der Lächerlichkeit verfallen und seine Dekrete werden auf Verachtung stoßen. Überdies hat Paris kein Recht, sich gegen Frankreich aufzulehnen, es muss vielmehr durchaus die Oberherrschaft der Nationalversammlung anerkennen. Es gibt für das Komitee nur einen Weg, aus dieser Sackgasse herauszukommen, indem es den Deputierten und Maires den Platz räumt, welche fest entschlossen sind, die von Paris geforderten Genugtuungen von der Versammlung zu verlangen.“

Er wurde häufig durch Stimmen aus dem Komitee unterbrochen. Wie! Man wagte von Insurrektion zu sprechen? Wer hatte denn den Bürgerkrieg entfesselt, den ersten Angriff gemacht? Was hatte die Nationalgarde anderes getan, als einen nächtlichen Überfall abgeschlagen, ihre selbstbezahlten Kanonen an sich genommen? Was hatte das Komitee getan, als dem Volke gehorcht und ein verlassenes Stadthaus besetzt?

Ein Komiteemitglied sprach: „Das Zentralkomitee hat ein regelrechtes, gebieterisches Mandat empfangen. Dieses Mandat verbietet ihm zuzugeben, dass die Regierung oder die Versammlung an die Freiheit, an die Republik taste. Nun hat aber die Versammlung keine Stunde aufgehört, die Republik zu beanstanden. Sie hat einen ehrlosen General an unsere Spitze gestellt, Paris dekapitalisiert, seinen Handel zu Grunde zu richten versucht. Sie hat unsere Leiden verhöhnt, sie hat die Aufopferung, den Mut, die Selbstverleugnung der Pariser in Abrede gestellt, unsere teuersten Delegierten, Garibaldi und Hugo, verspottet. Das Komplott gegen die Republik liegt am Tag. Man hat mit Knebelung der Presse den Anfang gemacht und hoffte mit der Entwaffnung unserer Bataillone abzuschließen. Ja, wir befanden uns im Zustand legitimer Verteidigung. Wenn wir vor dieser neuen Beschimpfung das Haupt beugten, so war es um die Republik geschehen. Sie haben uns von der Versammlung, von Frankreich gesprochen. Das Mandat der Versammlung ist abgelaufen. Was Frankreich betrifft, so denken wir nicht daran, ihm Gesetze vorzuschreiben – wir haben zu lang unter den seinigen geseufzt, – aber wir wollen nicht länger seinen Rureauxplebisziten ausgesetzt sein. Sie sehen, es handelt sich nicht darum, zu erörtern, welches von unseren Mandaten das gesetzlichere sei. Wir sagen Ihnen nur: Die Revolution ist da, aber wir sind keine Usurpatoren. Wir wollen Paris aufrufen, seine Vertretung zu ernennen. Wollt Ihr uns beistehen, die Wahlen befördern? Wir nehmen Eure Beihilfe begierig an.“

Als er aber von der autonomen Kommune, von der Föderation der Kommunen sprach, sagte Millière: „Nehmen Sie sich in Acht! Wenn Sie diese Fahne entfalten, so wird man ganz Frankreich gegen Paris hetzen, und ich sehe verhängnisvolle Junitage voraus. Die Stunde der sozialen Revolution hat noch nicht geschlagen. Der Fortschritt muss auf einem langsameren Wege erlangt werden. Steigen Sie von der Flöhe herab, auf der Sie sich bewegen. Ihre Insurrektion, die heute gesiegt hat, kann morgen niedergeworfen werden. Ziehen Sie den bestmöglichen Gewinn daraus und stehen Sie nicht an, sich mit Wenigem zu bescheiden. Ich beschwöre Sie, der Zusammenkunft der Deputierten und Maires das Feld zu räumen, Ihr Vertrauen wird wohl angebracht sein.“

Einer vom Komitee erwiderte: „Da von der sozialen Revolution die Rede war, so erkläre ich, dass unser Mandat nicht so weit geht. (Die vom Komitee: Doch! Doch! – Nein! Nein!) Man spricht von Föderation, von Paris als Freistadt. Unsere Pflicht ist viel einfacher, sie gebietet uns, zu den Wahlen zu schreiten. Das Volk soll sodann selbst sein Vorgehen bestimmen. Was den Vorschlag betrifft, den Deputierten und Maires den Platz abzutreten, so ist dies unmöglich. Sie sind unpopulär und haben keine Autorität in der Versammlung. Die Wahlen werden mit oder ohne ihre Beihilfe stattfinden. Wollen sie uns beistehen, wir reichen ihnen die Hand. Wenn nicht, so gehen wir weiter, und wenn sie uns Einhalt zu tun suchen, so werden wir ihnen die Macht zu benehmen wissen.“

Die Delegierten widersetzten sich. Es entspann sich eine erbitterte, verworrene Erörterung. „Nun kurz und gut, sagte Clemenceau, was erheben Sie denn für Ansprüche? Beschränken Sie Ihr Mandat darauf, einen Munizipalrat von der Versammlung zu verlangen?“

Viele aus dem Komitee: Nein! Nein! „Wir wollen“, sagte Varlin, „nicht nur die Erwählung eines Munizipalrats, sondern wirkliche Munizipalfreiheiten, die Aufhebung der Polizeipräfektur, für die Nationalgarde das Recht, ihre Führer zu wählen und sich neu zu organisieren, die Proklamierung der Republik als gesetzliche Regierung, einen einfachen Aufschub in Betreff der Mietzinse, ein billiges Gesetz über die Verfalltermine und Ausschließung der Armee aus dem Gebiet von Paris.“

Malon: „Ich teile Ihre Bestrebungen, aber die Situation ist gefährlich. Es ist klar, dass sich die Versammlung auf keine Verhandlungen einlassen wird, so lang das Komitee das Stadthaus besetzt hält. Wenn sich dagegen Paris wieder in die Hände seiner gesetzlichen Repräsentanten gibt, so glaube ich, dass diese mehr vermögen als Sie.“

Die Diskussion zog sich bis halb 11 Uhr hin, indem das Komitee sein Recht, die Wahlen zu vollziehen, die Delegierten ihren Anspruch, die Obergewalt an sich zu nehmen, aufrecht erhielten. Schließlich kam man überein, dass das Komitee vier seiner Mitglieder auf die Mairie des 2. Arrondissements schicken sollte. Varlin, Moreau, Jourde und Arnold wurden dazu bestimmt.

Sie fanden den ganzen Generalstab des Liberalismus beisammen: Deputierte, Maires und Adjunkten, Louis Blanc, Schölcher, Carnot, Peyrat, Floquet, Tirard, Desmarest, Vautrain, Dubail, ungefähr sechzig Mann stark. Die Sache des Volks zählte wohl auch unter ihnen einige aufrichtige Anhänger, aber diese waren höchlich bestürzt über diese neuen Horizonte, welche plötzlich vor ihnen aufgetan worden. Der Maire des 2. Arrondissements Tirard, ein nervöser, hochmütiger Liberaler, einer von denen, welche Paris gebunden in die Hände Trochus geliefert hatten, führte den Vorsitz. Er hat später der Rureaux-Kommission gegenüber diese Sitzung, in welcher die radikal-liberale Bourgeoisie ihre schmachvollsten Blößen aufdeckte, entstellt und verstümmeltC wiedergegeben; um das Volk zu belehren und ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, soll hier der schlichte Bericht folgen.

Die Delegierten erklärten: „Das Zentralkomitee wünscht nichts lebhafter, als sich mit den Munizipalitäten zu verständigen, wenn sie die Wahlen vornehmen wollen.“

Schölcher, Tirard, Peyrat, Louis Blanc, alle Radikalen und Liberalen entgegneten im Chorus: „Die Munizipalitäten werden nicht mit dem Zentralkomitee unterhandeln. Es gibt nur eine regelrechte Gewalt, die durch die Regierungsdelegation eingesetzte Zusammenkunft der Maires.“

Die Delegierten antworteten: „Streiten wir nicht darüber. Das Zentralkomitee ist einmal vorhanden, wir sind durch die Nationalgarde eingesetzt, und haben das Stadthaus in Händen, wollen Sie die Wahlen vornehmen?“

Was ist denn Ihr Programm?“

Varlin legt es vor, es wird von allen Seiten angegriffen, die Vier müssen zwanzig Angreifern die Stange halten. Die Liberalen stützen sich auf das große Argument, dass Paris sich nicht selbst berufen könne, dass es den guten Willen der Versammlung abwarten müsse. Dies war eine Reminiszenz an die Belagerung, wo sie vor der Verteidigungskommission gekrochen hatten.

Die Delegierten antworteten im Gegenteil: „Das Volk hat das Recht, sich selbst zu berufen. Dies ist ein unleugbares Recht, von dem es in unserer Geschichte in den Tagen großer Gefahr mehrmals Gebrauch gemacht hat. Wir sind jetzt wieder in diesem Fall; denn die Versammlung in Versailles steuert auf die Monarchie zu.“

Jetzt brach ein Schwall von Beschuldigungen los. – „Sie stehen einer Macht gegenüber“, sagten die Delegierten. „Hüten Sie sich, durch Ihren Widerstand den Bürgerkrieg zu entfesseln.“ – „Sie wollen den Bürgerkrieg“, antworteten die Liberalen. Um Mitternacht zogen sich Moreau und Arnold, die es nicht mehr mit anhören konnten, zurück. Ihre Kollegen wollten ihnen folgen, aber die Adjunkten baten sie, zu bleiben und alle Mittel der Aussöhnung zu erschöpfen.

Wir versprechen“, sagten die Maires und die Deputierten, „das Äußerste zu tun, um von der Regierung in kürzester Frist die Munizipalwahlen zu erlangen.“ – „Sehr gut“, antworteten die Delegierten, „aber wir behalten unsere Stellungen; denn wir müssen Garantien haben.“ Deputierte und Maires erhitzten sich, und verlangten, dass sich Paris auf Gnade oder Ungnade in ihre Hände gebe. Jourde wollte den Saal verlassen, als ihn einige Adjunkten noch zurückhielten. Einen Augenblick schien es, als wolle man sich verständigen. – Das Komitee gibt die administrativen Ämter den Maires zurück, welche einen Teil des Stadthauses besetzen; dasselbe soll dort weiter tagen, die ausschließliche Leitung der Nationalgarde behalten und über die Sicherheit der Stadt wachen. Es fehlt nur noch an der Bekräftigung des Vergleichs durch ein gemeinsames Plakat; aber der Streit entspinnt sich mit verstärkter Heftigkeit, als es sich um den Wortlaut handelt. Die Delegierten verlangen die Formel: „Die Deputierten, Maires und Adjunkten in Übereinstimmung mit dem Zentralkomitee.“ Diese Herren dagegen wollten versteckt bleiben. Eine Stunde lang apostrophierten Louis Blanc, Tirard, Schölcher die Delegierten in unwürdiger Weise: „Ihr seid Aufrührer gegen die freiest gewählte Versammlung.D Wir, als gesetzliche Abgeordnete, dürfen uns zu keinem Vergleich mit Aufrührern bekennen. Wir wollen freilich einen Bürgerkrieg verhüten, aber nicht in den Augen Frankreichs als eure Helfershelfer dastehen.“ Jourde antwortete Louis Blanc, dem Homunculus, dieser Vergleich müsse offen anerkannt sein, um von dem Pariser Volke angenommen zu werden, und da er einsah, dass mit dieser Versammlung nichts zu machen war, ging er fort.

Und unter dieser ganzen Blüte der liberalen Bourgeoisie, unter diesen ehemaligen Proskribierten, Publizisten, Geschichtsschreibern unserer Revolutionen erhob sich auch nicht Eine Stimme, um zu erklären: „Stellen wir diese grausamen Zwistigkeiten ein, dieses Gekläff um eine Revolution. Wehe uns, wenn wir sie misskennen, diese Gewalt, die sich durch die Ersten Besten kundgibt! Es ist der Genius der Revolution, der sich immer in den Zeiten der Stürme bei uns erhebt. Die Jakobiner von 94 verkannten ihn und gingen zu Grund, die Bergpartei von 48 sagte sich von ihm los und ging zu Grund. Die Opposition des Kaiserreichs, die Regierung der Verteidigung verachteten ihn und die nationale Integrität ging verloren. Öffnen wir unsere Augen und Herzen und verlassen wir die ausgetretenen Geleise. Nein, wir wollen die Kluft nicht erweitern, die der Juni und das Kaiserreich zwischen den Arbeitern und uns aufgerissen haben. Nein, am Schluss unserer Missgeschicke wollen wir die Reserven Frankreichs nicht antasten lassen. Je außergewöhnlicher, je ungeheuerlicher die Lage unter der Überwachung der Preußen ist, desto dringender wird unsere Pflicht, sie zu entscheiden. Ihr, das Zentralkomitee, das zu Paris spricht und wir, die wir uns an das republikanische Frankreich wenden, werden zusammen das Feld unserer Wiederforderungen bestimmen und abgrenzen. Ihr bringt uns die Kraft, den Anstoß, wir werden euch über die unerbittliche Wirklichkeit belehren. Wir werden der Versammlung diese Verfassung vorlegen, die von Utopismus frei ist, und gleicherweise die Rechte der Nation, wie die Rechte der Stadt wahrt. Weist sie die Versammlung zurück, so sind wir die Ersten, um zu den Wahlen zu schreiten und eure Stimmen zu sammeln. Und wenn Frankreich sieht, dass Paris sich erhebt, dass es das richtige Gleichgewicht zwischen dem Gedanken und der Kraft hält, wenn es in seinem Stadthaus die kraftvollen neuen mit den alten, vom Land verehrten Namen vereinigt, so wird sein altes Föderationsfeuer, der einzig mögliche Schirm gegen die Royalisten und Klerikalen – wieder erwachen, und unter seinem Hauche wird Versailles sich beugen.“

Aber was durfte man von Männern erwarten, die nicht einmal so viel Mut auftreiben konnten, um Paris aus Trochus Händen wegzunehmen? Kein Funke sprang aus diesen Kastratenherzen. Varlin, der allein zurückgeblieben war, hatte den Andrang der ganzen Meute auszuhalten. Erschöpft, entkräftet – denn der Kampf hatte fünf Stunden gedauert, gab er schließlich unter allem möglichen Vorbehalt nach. Als er aber auf das Stadthaus kam, raffte er all seine Energie, seine verständige Heiterkeit zusammen und erklärte dem Komitee, er sehe jetzt die Falle wohl und rate, die Forderung der Maires und der Deputierten zurückzuweisen.

A Assy, Billioray, Ferrat, Babick, Edouard Moreau, C. Dupont, Varlin, Boursier, Martier, Gouhier; Lavalette, F. Jourde, Rousseau, Lullier, Blanchet, J. Grollard, Barroud, H. Geresme, Fabre, Fougeret. Die bei der Sitzung vom Morgen anwesenden Mitglieder. Das Komitee beschloss später, dass seine Veröffentlichungen die Namen aller seiner Mitglieder tragen sollten.

B Die Protokolle des ersten Zentralkomitees sind verschwunden, aber eins seiner eifrigsten Mitglieder hat die Hauptsitzungen aus dem Gedächtnis wiederhergestellt. Seinen Bemerkungen, die durch mehrere seiner Kollegen kontrolliert wurden, entnehmen wir diese Details. Es versteht sich von selbst, dass die Berichterstattungen des Paris-Journal, aus dem alle reaktionären Geschichtsschreiber geschöpft haben, unvollkommen, unrichtig und auf unverständige Indiskretionen, häufig auf Einbildungen, gegründet sind. So lassen sie Assi in allen Sitzungen präsidieren und schreiben ihm die Hauptrolle zu, weil er unter dem Kaiserreich sehr mit Unrecht für den Leiter des Streiks von Creuzot gegolten hatte. Assi besaß niemals den geringsten Einfluss im Komitee.

C Ein relativ Gemäßigter, H. Ducuing, hat gleicherweise in seiner Aussage ungeheure Irrtümer begangen.

D Dies ist Louis Blancs wörtlicher Ausspruch. Der kleine Mann zu Versailles hat diese Phrase nur von dem kleinen Mann zu Paris geborgt und hat sie weiter ausgeführt.

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