Kapitel XVIII

Kapitel XVIII

Die öffentlichen Ämter: Finanz-, Kriegs- und Polizeiwesen. Die auswärtigen Angelegenheiten, Justiz, Unterricht, Arbeit und Handel.

Die Unzulänglichkeit, die Schwäche der Exekutivkommission wurde so schreiend, dass der Rat am 20. beschloss, dieselbe durch die Delegierten der neun Kommissionen, unter welche er seine Geschäfte verteilt hatte, zu ersetzen. Die Kommissionen wurden noch denselben Tag erneuert; sie waren im Allgemeinen ziemlich vernachlässigt. Wie sollte man auch zugleich den täglichen Sitzungen auf dem Stadthaus, seiner Kommission und seiner Mairie Genüge leisten? Der Rat hatte nämlich seinen Mitgliedern auch noch die Verwaltung ihres Arrondissements aufgeladen. Die ganze Arbeitslast lag auf den Delegierten. Die Meisten von Denen, die am 20. gewählt worden waren, standen von Anfang an diesen selben Kommissionen vor. Sie fuhren wie bisher fort, beinahe ganz allein zu handeln. Besichtigen wir einmal ihre Arbeiten, ehe wir wieder in den Glutofen tauchen.

Zwei Delegationen erforderten weiter nichts als guten Willen: das Proviantwesen und die öffentlichen oder munizipalen Ämter. Die Verproviantierung fand durch die neutrale Linie statt, auf welcher Herr Thiers, der Paris auszuhungern suchte, die Lebensmittel nicht absperren konnte. Da alle Equipes1 an ihrem Platz geblieben waren, litten die städtischen Arbeiten keine Not. Vier Delegationen dagegen: die Finanzen, das Kriegswesen, die öffentliche Sicherheit und die auswärtigen Beziehungen verlangten wirkliche Tüchtigkeit. Drei hatten die Aufgabe, die Philosophie dieser Revolution darzulegen: der Unterricht, die Justiz und das Arbeits- und Handelswesen. Sämtliche Delegierte, mit Ausnahme Frankels, eines Arbeiters, waren Gelehrte aus dem Kleinbürgerstand.

Die Finanzkommission bestand aus der Person Jourdes, der mit seiner unerschöpflichen Zungenfertigkeit den allzu bescheidenen Varlin ganz erstickte. Die Aufgabe war, jeden Morgen 675.000 Frs. zur Bestreitung der Dienstleistungen aufzubringen. 250.000 Personen zu ernähren, die Kriegskosten zu decken. Außer den 4.658.000 Frs. aus den Kassen des Schatzes hatte man auf dem Finanzministerium noch 214 Millionen in Scheinen entdeckt; aber Jourde konnte oder wollte sie nicht verwerten. Um seine Kasse zu füllen, raffte er die Einkünfte aller Verwaltungen zusammen: Telegrafen, Post, Abgaben, direkte Steuern, Zölle, Hallen und Märkte, Tabaksteuer, Einschreibungs- und Stempelgebühren, die Gemeindekasse und die Ausstände bei den Bahnen. Die Bank erstattete allmählich die 9 400.000 Frs., welche der Stadt gehörten und gab sogar 7.290.000 Frs. von dem Ihrigen her. Vom 20. März bis zum 30. April zog man somit 26 Millionen ein, während gleichzeitig das Kriegswesen mehr als zwanzig Millionen verschlang. Die Intendanz erhielt 1.813.000 Frs., die gesamten Munizipalitäten 1.446.000, das Innere 103.000, die Marine 29.000, die Justiz 5500, der Handel 50.000, der Unterricht 1000 (!), die auswärtigen Beziehungen 112.000, die Sappeurs-Pompiers 100.000, die Nationalbibliothek 80.000, die Kommission der Barrikaden 44.500, die National-Druckerei 100.000, die Schneider- und Schuhmacher-Assoziation 24.662. Dieses Verhältnis blieb annähernd das gleiche vom 1. Mai bis zum Sturz der Kommune. Die Ausgaben dieses zweiten Abschnitts belaufen sich auf ungefähr 20 Millionen. Die Gesamtziffer der Ausgaben der Kommune beträgt wenig mehr als 46.300.000 Frs., wovon 16.696.000 Frs. durch die Bank geliefert wurden und der Rest durch die Einkünfte, indem die Steuern schon 12 Millionen einbrachten.

Der größere Teil dieser Ämter war durch Arbeiter oder durch das Beamtenproletariat geleitet. Überall reichte man mit dem vierten Teil der sonstigen Angestellten aus. Der Postdirektor Theiß, ein Ziseleur, fand die ganze Einrichtung zerrüttet, die Abteilungsbüros geschlossen, die Marken versteckt oder fortgeschafft, das Material, wie Petschafte, Wagen u. s. w., bei Seite gebracht, die Kasse auf dem Trockenen. Plakate, welche in den Sälen und Höfen angebracht waren, befahlen den Angestellten bei Strafe der Entlassung, sich nach Versailles zu begeben. Theiß griff rasch und energisch ein. Als die niederen Beamten kamen, um die Abfahrt ins Werk zu setzen, redete er sie an, setzte ihnen die Sache auseinander und ließ die Türen schließen. Nach und nach traten die Leute bei, da auch einige Angestellte, welche Sozialisten waren, die Hand dazu boten. Die ersten Angestellten erhielten die Leitung der Einrichtungen. Man eröffnete die Abteilungsbüros und in 48 Stunden war die Einziehung und Verteilung der Briefe für Paris wieder im Gang. Geschickte Agenten warfen die Briefe für die Provinz in die Büros von St. Denis und von zehn Meilen im Umkreis. Für Beförderung der Briefe nach Paris ließ man dem persönlichen Ermessen allen Spielraum. Es wurde ein höherer Rat eingesetzt, der die Besoldungen der Briefträger, Bürodiener, der Unterbeamten erhöhte, die Überzähligkeitszeit abkürzte und bestimmte, dass die Tüchtigkeit der Arbeiter künftighin durch Prüfungen festzustellen sei.

Die Münze fabrizierte die Briefmarken unter der Leitung des Bronzearbeiters Camélinat, eines der tätigsten Mitglieder der Internationale. Wie auf der Post, so hatten auch hier der Direktor und die höheren Münzbeamten zuerst unterhandelt und sich dann davon gemacht. Camélinat füllte mit Hilfe einiger Freunde wacker seinen Posten aus, ließ die Arbeiten fortsetzen und da jeder seine gewerbsmäßige Erfahrung mitbrachte, konnte man zu Verbesserungen im Material und zu neuen Methoden schreiten. Die Bank, welche ihre Barren verheimlichen wollte, musste doch für 1.100.000 Frs. Metall liefern, das sich schnell in Fünffrankenstücke verwandelte. Man stellte einen neuen Stempel her, der eben in Wirkung treten sollte, als die Versailler eindrangen.

Das öffentliche Verpflegungswesen stand gleichfalls unter den Finanzen. Ein Mann von größtem Verdienst, Namens Treilhard, ein Proskribierter vom Jahr 1851 stellte diese barbarisch zerrüttete Verwaltung wieder her. Ärzte und Angestellte hatten die Spitäler verlassen. Der Direktor und der Verwalter der Petits-Ménages von Issy waren entflohen, wodurch sie viele ihrer Pflegebefohlenen dem Bettel überlieferten. Angestellte ließen unsere Verwundeten vor den Spitaltüren warten, Ärzte, Schwestern wollten ihnen über ihre ruhmvollen Wunden die Schamröte ins Gesicht treiben. Treilhard stellte gute Ordnung her. Zum zweiten Mal seit dem Jahr 92 fanden die Kranken und Siechen in ihren Verwaltern Freunde und segneten die Kommune, die sie als Mutter behandelte. Dieser edle, geistvolle Mann, der am 24. Mai von einem Versailler Offizier am Panthéon ermordet wurde, hat einen wohl ausgedachten Bericht über die Aufhebung der Wohltätigkeitsbüros, welche den Armen an die Regierung und den Klerus ketten und welche er durch ein Unterstützungsbüro in jedem Arrondissement unter der Leitung eines Kommunalkomitees ersetzen wollte, hinterlassen.

Der Telegraf, die Registratur und das Domänewesen unter der geschickten Leitung des ehrlichen Fontaine, die Steuerämter, die durch Faillet und Combault wieder gänzlich in Stand gesetzt worden, die National-Druckerei, welche Debock mit bemerkenswerter Gewandtheit herstellte und verwaltete, sowie die anderen, dem Finanzwesen wieder einverleibten Ämter, welche gewöhnlich für die Großbourgeoisie aufbewahrt sind, wurden mit Geschicklichkeit und Sparsamkeit – das Maximum der Besoldung, 6000 Frs., ward nie erreicht – von Arbeitern und niederen Beamten gehandhabt, was auch in den Augen der Versailler Bourgeoisie keines ihrer geringsten Verbrechen ist.

Im Vergleich zu den Finanzen war das Kriegswesen eine dunkle Kammer, worin Alle aneinander stießen. Offiziere und Gardisten belagerten die Büros des Ministeriums, verlangten Munition und Lebensmittel und beschwerten sich, dass man sie nicht ablöse. Man schickte sie auf den Platz zurück, den der zweifelhafte Oberst Henry Prodhomme gegen alle Vernunft besetzt hielt und überwachte. Ein Stockwerk tiefer erhitzte sich das durch Cluseret installierte Zentralkomitee in verworrenen Sitzungen, tadelte den Delegierten, unterhielt sich damit, ein Abzeichen zu schaffen, empfing die mit dem Ministerium Unzufriedenen, verlangte vom Generalstab Situationsberichte und wollte über die militärischen Operationen seine Meinung abgeben. Das am 18. März entstandene Artilleriekomitee machte seinerseits dem Kriegsministerium die Kanonen streitig. Das letztere besaß nämlich die vom Marsfeld, während das Komitee die vom Montmartre in Händen hatte. Niemals gelang es, einen HauptartillerieparkA zu schaffen oder auch nur die genaue Anzahl der Geschütze in Erfahrung zu bringen. Die weittragenden Geschütze blieben bis zum letzten Augenblick auf den Wällen, während die Forts nur Sieben- und Zwölfpfünder hatten, um den Riesenkanonen der Marine zu antworten; häufig schickte man nicht einmal kalibermäßige Munition. Die Intendanz, durch Abenteurer jeden Schlags angegriffen, ließ sich blindlings treiben. Der am 9. April beschlossene Bau der Barrikaden, welche eine zweite und dritte Umwallung bilden sollten, war einem Fantasten überlassen, der Arbeiten ohne Methode und gegen die Pläne seiner Vorgesetzten unternahm. Mit den anderen Ämtern stand es ebenso, es gab keine bestimmten Prinzipien, keine feste Grenzscheide, das ganze Räderwerk war falsch eingefügt. In diesem Konzert ohne Kapellmeister spielte jeder Musikant was ihm einfiel, indem er seine Partitur mit der des Nachbars vermengte.

Eine feste und zugleich geschmeidige Hand hätte schnell den Einklang hergestellt. Das Zentralkomitee maßte sich zwar an, die Kommune zu lenken, indem es sagte: „Sie ist unsere Tochter, wir müssen sie vor Fehltritten bewahren,“ aber es drosch nur noch leeres Stroh, denn es besaß keinen Einfluss mehr. Es hatte sich seit der Kommune zum großen Teil erneuert und zwar durch sehr angefochtene Wahlen, – denn der Titel reizte die Eitelkeit Vieler – welche eine Majorität von Schwärmern ergaben.B Die Eifersucht des Rats allein lieh dem gegenwärtigen Komitee Wichtigkeit. Das Artilleriekomitee, das aus Schreiern bestand, wäre dem leisesten Hauche gewichen. Die Intendanz und die anderen Ämter hingen gänzlich von der Autorität des Delegierten ab.

Der Schatten-General lag auf seinem Kanapee, brütete Befehle und Zirkulare aus, die bald melancholisch, bald dozierend lauteten und hob keinen Finger auf, um ihre Ausführung zu überwachen. Er wagte in den englischen Blättern in unglaublich polternden Artikeln zu erzählen, dass er am 30. April durch seine Sorgfalt eine wohlgeordnete, wohlgekleidete, bewaffnete, marschbereite Mannschaft von 41.500 Mann organisiert habe und dass dieselbe in den folgenden vierzehn Tagen auf 103.000 gestiegen sei.C Das alles sei nach seiner Verhaftung zusammengeschmolzen, da die Nationalgardisten nur zu ihm Vertrauen gehabt hätten. Diese schamlose Aufschneiderei zeigt den ganzen Menschen. Die Wahrheit ist, dass er sich, von Meyer assistiert, auf dem Platz herumtrieb.

Wenn ihn Mitglieder des Rats aufrüttelten: „Was machen Sie denn? da und da ist Gefahr,“ so antwortete er stolz: „Alle meine Vorkehrungen sind getroffen, lassen Sie meinen Berechnungen Zeit zur Reife“ und drehte sich um. Einmal schüttelte er das Zentralkomitee durcheinander, worauf dieses das Ministerium verließ und in der Rue de l’Entrepôt schmollte, und acht Tage nachher lief er dem Komitee nach und setzte es auf dem Kriegsministerium wieder ein. Eitel bis zur SchamlosigkeitD zeigte er angebliche Briefe Totlebens, schlug Verteidigungspläne vor und brachte seine Zeit damit zu, vor den Korrespondenten ausländischer Zeitungen sich zu brüsten. Aus Ziererei und Hochmut legte er nie die Uniform an, welche doch damals die wirkliche Volkstracht war. Der Rat brauchte beinahe einen Monat, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass hinter diesem schlaffen Maulhelden trotz seinen Neuerersmienen nichts steckte als ein abgestandener Bissen vom Tisch der Armee.

Viele blickten jetzt mit Hoffnung auf seinen Generalstabschef Rossel, einen jungen Radikalen von 28 Jahren, verschlossen, puritanisch und eben im Begriff, seine revolutionären Hörner abzulaufen. Als Artilleriekapitän in der Armee von Metz hatte er versucht, sich Bazaine zu widersetzen und war den Preußen entkommen. Gambetta hatte ihn dann zum Genieoberst im Lager von Nevers gemacht, wo er sich herumtrieb, als der 18. März kam. Er ließ sich blenden, erblickte in Paris die Zukunft Frankreichs und die seinige ebenfalls, reichte seine Entlassung ein und eilte herbei. Einige Freunde brachten ihn in der 17. Legion unter, er war aber so schneidend, dass er schnell unpopulär und am 3. April verhaftet wurde. Zwei Mitglieder des Rats, Maldu und Ch. Gérardin, erwirkten seine Freilassung und stellten ihn Cluseret vor, der ihn zum Generalstabschef machte. Rossel glaubte, das Zentralkomitee sei eine Macht, näherte sich demselben, verlangte scheinbar seine Meinung zu hören und suchte die Männer auf, die er für populär hielt. Seine Kälte, seine technische Redeform, die Kürze und Schärfe seiner Ausdrucksweise und seine Großmannsmiene entzückten die Büros: wer ihn aber beobachtete, dem konnte sein unsteter Blick nicht entgehen, das untrügliche Zeichen innerer Unruhe. Der junge, revolutionäre Offizier kam allmählich in die Mode und seine konsularische Haltung gefiel dem Publikum, das sich von Cluserets Schlaffheit angeekelt fühlte.

Dieses Vorurteil war jedoch durch nichts gerechtfertigt. Seit dem 5. April mit der Leitung des Generalstabs betraut, ließ er Alles im Argen. Der einzige halbwegs organisierte Dienst, die „Kontrolle der allgemeinen Erkundigungen“ war das Werk Moreaus, welcher das Kriegsministerium und die Kommune jeden Morgen mit detaillierten, häufig sehr malerischen Berichten über die militärischen Operationen und über den moralischen Zustand von Paris versah.

Dies war so ziemlich die ganze Polizei der Kommune. Die allgemeine Sicherheit, welche jeden Winkel hätte beleuchten müssen, gab nur einen Irrlichtschein von sich.

Das Zentralkomitee hatte Raoul Rigault, einen jungen Mann von 24 Jahren, der an der revolutionären Bewegung sehr beteiligt war, zum Zivildelegierten auf der Polizeipräfektur, jedoch unter der Leitung Duvals, ernannt. Rigault konnte, wenn kräftig gehalten, als Untergebener gute Dienste leisten und so lange Duval am Leben war, strauchelte er nicht. Der Rat beging aber einen unverzeihlichen Fehler, indem er ihn an der Spitze eines Amtes ließ, wo das geringste Versehen gefährlicher wurde als auf den Vorposten. Seine Freunde, – mit Ausnahme einer sehr kleinen Anzahl, wie Ferré, Regnard und drei bis vier andere – ebenso jung und leichtsinnig wie er, lagen den schwierigsten Funktionen wie Gassenjungen ob. Die Sicherheitskommission, welche Rigault hätte überwachen sollen, machte ihm Alles nach. Man lebte ganz auf kameradschaftlichem Fuß, ohne zu bedenken, dass man die Bewachung und die Verantwortlichkeit für hunderttausend Leben übernommen hatte.

Bald sah man die Mäuse um die Polizeipräfektur tanzen. Die Zeitungen, welche man am Morgen aufgehoben hatte, wurden abends in den Straßen ausgerufen, Verschwörer unterwühlten alle Einrichtungen, ohne Rigault oder die Seinigen aufmerksam zu machen. Sie entdeckten niemals etwas, man musste immer für sie entdecken. Verhaftungen führten sie wie kriegerische Märsche bei Tag unter starker Bedeckung von Nationalgardisten aus. Nach dem Dekret über die Geiseln nahmen sie nur vier bis fünf hervorragende Geistliche fest: den gallikanischen Erzbischof Darboy, einen Erzbonapartisten, seinen Großvikar Lagarde, den Pfarrer der Madelaine Deguerry, eine Art Morny im Priesterrock, den Abbé Allard, den Bischof von Surat und einige geriebene Jesuiten. Nur der Zufall lieferte ihnen den Präsidenten des Kassationshofs BonjeanE und Jecker, den berüchtigten Erfinder der mexikanischen ExpeditionF, in die Hände.

Dieser unverzeihliche Leichtsinn, den das Volk mit seinem Blut bezahlte, wurde den Verbrechern zum Pfeil. Nationalgardisten hatten die Geheimnisse des Klosters von Picpus an das Licht gezogen, drei in vergitterten Käfigen eingesperrte Jammergestalten aufgefunden, auch seltsame Instrumente, eiserne Schnürleiber, Gürtel, Böcke, Helme, die verzweifelt nach Inquisition rochenG, eine Abhandlung über Abtreibung der Leibesfrucht und zwei noch von Haaren bedeckte Schädel. Eine der Gefangenen, die Einzige, welche die Vernunft behalten hatte, erzählte, sie lebe schon seit zehn Jahren in diesem Käfig. Die Polizei beschränkte sich darauf, die Schwestern nach St. Lazare zu befördern.H Bewohner des 10. Arrondissements hatten in den Grüften der Kirche St. Laurent weibliche Skelette aufgedeckt. Die Präfektur stellte jedoch nur eine scheinbare Nachforschung an, die zu keinem Ziele führte.

Aus all diesen Fehlern hervor brach sich immer wieder die Idee der Humanität Bahn, um von der inneren Gesundheit dieser Volksrevolution Zeugnis zu geben. Das Oberhaupt des Sicherheitsdienstes erließ einen Aufruf an das Publikum zum Besten der Opfer des Krieges, worin es sagte: „Die Kommune hat zweiundneunzig Frauen unserer Mörder mit Brot versehen. Für die Witwen gibt es keine feindlichen Fahnen. Die Republik hat Brot für alles Elend und Küsse für alle Waisen.“ Ein bewundernswertes Wort, das eines Châlier und Chaumette würdig wäre. Da die Präfektur mit Denunziationen überschüttet wurde, erklärte sie, sie werde solchen, die anonym kämen, gar kein Gehör schenken. „Wer eine Denunziation nicht zu unterzeichnen wagt, sagte der Officiel, der dient einem persönlichen Groll, nicht dem öffentlichen Interesse.“ Die Geiseln konnten die Nahrung, das Weißzeug, die Bücher, die Zeitungen von außen beziehen, Besuch von Freunden, von Berichterstattern fremder Zeitungen empfangen. Man bot sogar Herrn Thiers an, die hervorragendsten Geiseln wie den Erzbischof, Deguerry, Bonjean, Lagarde gegen den einzigen Blanqui auszuwechseln. Um diese Unterhandlung zu führen, wurde der Generalvikar nach Versailles geschickt, nachdem er dem Erzbischof und dem Delegierten geschworen, im Fall des Misslingens zurückzukommen und sich zur Haft zu stellen. Aber Herr Thiers glaubte, in Blanqui bekomme die Bewegung ein Haupt. Die Ultramontanen, welche glühend nach dem Bischofssitz in Paris strebten, hüteten sich wohl den Gallikaner Darboy zu retten, dessen Tod ein doppelter Vorteil war, da er eine reiche Erbschaft eröffnete und zugleich mit geringen Kosten einen Märtyrer lieferte. Herr Thiers lehnte ab und war so klug, die Frage der Kommission der Fünfzehn zu unterbreiten, welche gleichfalls mit Einstimmigkeit ablehnte. Als Vorwand gaben sie an, die Insurrektion würde in Blanqui einen Führer gewinnen, ihr wirklicher Zweck war jedoch, zur Hinrichtung der Geiseln zu drängen, um Frankreich in Schrecken zu setzen. Als Lagarde von dieser Weigerung erfuhr, hatte er keine Lust, sie zu überbringen, sondern brach sein Wort und blieb in Versailles.I Der Rat strafte den Erzbischof nicht für diesen Treubruch, sondern setzte ein paar Tage nachher seine Schwester in Freiheit. Nie setzte man die Vorrechte der Frauen hintan, selbst nicht in den Tagen der Verzweiflung. Die schuldigen Schwestern von Picpus und die anderen nach St. Lazare verbrachten Nonnen wurden an einem besonderen Ort gefangen gehalten.

Die Präfektur und die Justizdelegation bezeugten ihre Humanität auch, indem sie den Gefängnisdienst verbesserten.J Der Rat, der sich seinerseits bemühte, die persönliche Freiheit zu garantieren, erließ ein Dekret, wonach jede Verhaftung augenblicklich dem Delegierten der Justiz angezeigt werden sollte und keine Untersuchung ohne förmliche Ermächtigung stattfinden durfte. Als schlecht unterrichtete Nationalgardisten verdächtige Individuen verhaftet hatten, erklärte der Rat im Officiel, dass jedem Akt der Willkür die Absetzung und augenblickliche Verfolgung des Schuldigen folgen solle. Ein Bataillon, welches bei der Gasgesellschaft nach Waffen suchte, glaubte sich ermächtigt, auch die Kasse an sich zu nehmen; der Rat ließ die Summe augenblicklich zurückbringen. Der Polizeikommissar, der Gustav Chaudey verhaftete, welcher angeklagt war, am 22. Januar das Feuer kommandiert zu haben, hatte auch das Geld des Gefangenen an sich genommen; der Rat setzte den Kommissar ab. Um alle Missbräuche der Gewalt auszuspüren, ordnete er eine Untersuchung über den Zustand der Verhafteten und den Grund ihrer Verhaftung an und erkannte allen seinen Mitgliedern das Recht zu, die Gefangenen zu besuchen. Rigault reichte deshalb sein Entlassungsgesuch ein, welches man auch annahm, weil er lässig zu werden begann und Delescluze musste ihn an seine Stelle zurückbringen. Seine Leichtfertigkeiten belustigten die Versailler Zeitungen, welche beständig auf der Fährte nach jenen Leichtsinnsskandalen waren. Sie beschuldigten diese kindliche Polizei, Paris zu terrorisieren und schilderten die Mitglieder des Rats, die sich weigerten, die Urteile des Kriegsgerichts zu unterzeichnen, als Raubmörder. Die historische Skandalchronik à la Figaro setzte das Märchen fort. Diese gemeine Bourgeoisie, welche unter den dreißigtausend Dezemberverhaftungen, unter den geheimen Haftbefehlen des Kaiserreichs das Haupt gebeugt, und zu den fünfzigtausend Maiverhaftungen Beifall geklatscht, heult noch immer über die acht- bis neunhundert, welche unter der Kommune vorgenommen wurden. Sie überstiegen diese Zahl nicht in zwei Monaten des Kampfs und zwei Drittel der Verhafteten wurden nur einige Tage, manche nur einige Stunden gefangen gehalten. Aber die Provinz, einzig durch die Versailler Presse genährt, glaubte an ihre Erfindungen, die durch die Zirkulare, welche Herr Thiers an die Präfekten telegrafierte, noch erweitert wurden: „Die Insurgenten räumen die bedeutendsten Häuser aus, um das Mobiliar zum Verkauf zu bringen.“

Der Delegation der auswärtigen Beziehungen, die, nach einem ungeschickten Ausdruck, nur dem Kriegsministerium untergeordnet war, fiel die Aufgabe zu, die Provinz aufzuklären und zum Beitritt aufzumuntern. Seit dem 4. April – ich werde dies später ausführen — waren die Departements in Bewegung. Mit Ausnahme von Marseille, das zum Teil entwaffnet war, befand sich die Nationalgarde überall im Besitz ihrer Gewehre. Im Zentrum, im Osten, im Westen, im Süden konnte man mit Leichtigkeit nachdrückliche Diversionen machen, die Bahnhöfe besetzen und dadurch die Artillerie und die Verstärkungen, welche nach Versailles dirigiert wurden, aufhalten.

Die Delegation begnügte sich, einige wenige Kommissare ohne Lokalkenntnis, ohne Takt, ohne Autorität abzusenden. Sie ließ sich sogar durch Verräter ausbeuten, welche ihr Geld einsteckten und ihre Instruktionen in Versailles auslieferten. Bekannte Republikaner, die mit den Sitten der Provinz vertraut waren, boten vergebens ihre Dienste an. Hier wie anderwärts musste man eben gefallen. Schließlich wurde eine Summe von nur 100.000 Frs. bestimmt, um Frankreich aufzuwiegeln.

Die Delegation fertigte nur eine sehr beschränkte Anzahl von Dokumenten ab: einen beredten und wahrheitsgetreuen Auszug der Pariser Revolution, zwei Manifeste an die Bauern, eines darunter von Madame André Leo, einfach, warm, und ganz dem Verständnis des Landvolks angemessen: „Bruder, man hintergeht dich. Unsere Interessen sind dieselben. Was ich verlange, willst auch du, die Befreiung, die ich fordere, ist auch die deine. – Paris will nichts anderes als den Boden für den Landmann, das Werkzeug für den Arbeiter.“ Diese guten Samenkörner wurden durch freie Ballons fortgetragen, welche durch einen erfindungsreichen Mechanismus in bestimmten Zwischenräumen die Druckblätter fliegen ließen. Wie viele gingen dabei verloren und fielen gar nicht in die Furche!

Diese Delegation, welche gar keine andere Bestimmung hatte, als den Dienst des Äußeren, vergaß die übrige Welt völlig. In ganz Europa sog die Arbeiterklasse gierig die Nachrichten aus Paris ein, kämpfte im Herzen mit der großen Stadt, welche ihre Hauptstadt geworden, verdoppelte die Versammlungen, die Umzüge, die Adressen. Ihre Zeitungen, die der Mehrzahl nach arm waren, stritten mutig gegen die Verleumdungen der Bourgeoispresse. Pflicht der Delegation war es, diesen kostbaren Hilfstruppen die Hand zu reichen, aber es geschah nichts. Einige stürzten sich in Schulden bis zum Bankrott, um diese Kommune zu unterstützen, welche aus Mangel an Brot ihre Verteidiger zu Grund gehen ließ.

Die Delegation, die keine Erfahrung, keine Hilfsquellen besaß, kam gegen die verschlagene Geschicklichkeit des Herrn Thiers kaum in Betracht. Sie zeigte großen Eifer, die Ausländer zu beschützen und schickte mit vollem Recht das prachtvolle Silberzeug des Ministeriums in die Münze, aber ihre nutzbringende Arbeit beschränkte sich auf beinahe nichts.

Dies waren die lebenskräftigen Delegationen. Da der Rat der Kommune durch den Lauf der Dinge zum Vorkämpfer der Revolution geworden, da er sich die nationalen Rechte anmaßt, so verkünde er die Rechte des Jahrhunderts und lasse wenigstens, wenn er stirbt, dieses Banner auf seinem Grab. Es genügt ihm, die seit vierzig Jahren von der revolutionären Partei geforderten Einrichtungen in ihrer Gesamtheit klar zu formulieren.

Der Justizdelegierte – ein Advokat – brauchte nur die seit lange von allen Sozialisten geforderten Reformen zusammenzufassen. Es war die Aufgabe einer Proletarierrevolution, die aristokratische Tendenz in unserem Gerichtssystem, die despotischen, rückschrittlichen Doktrinen in dem kaiserlichen Kodex nachzuweisen, zu zeigen wie das souveräne Volk, das sich beinahe niemals selber richtet, von einer Kaste gerichtet wird, die aus einer anderen Autorität als der seinigen hervorgegangen ist, das widersinnige Aufeinanderstellen von Richtern und Tribunalen hervorzuheben, das Schreiberwesen, die Armee von Prokuratoren, 40.000 Notaren, Sachwaltern, Gerichtsboten, Amtsschreibern, Taxatoren, welche jedes Jahr mehrere hundert Millionen des öffentlichen Vermögens verzehren. Es war vor allem Sache einer im Namen der Gemeinde vollzogenen Revolution, die Gemeinde mit einem Tribunal zu versehen, wo das in seine Rechte wieder eingesetzte Volk alle Streitigkeiten durch ein Geschworenengericht schlichten ließ, sowohl die Handels- und Zivil-, wie die Kriminalfälle, ein einziges Tribunal ohne andere Appellation als wegen der Fehler im Verfahren, es war ihre Sache, nachzuweisen, wie die Sachwalter, Gerichtsboten, Amtsschreiber überflüssig gemacht, die Notare durch einfache Registraturbeamte ersetzt werden können. Der Delegierte beschränkte sich bescheidenerweise darauf, Notare, Amtsschreiber, Taxatoren mit festem Gehalt zu ernennen, was zu jener Zeit des Kampfs sehr überflüssig war und nur das Prinzip dieser Ämter heiligte. Kaum, dass einige Absichten durchdrangen. Es wurde dekretiert, dass die Verhaftungsprotokolle die Beweggründe und die zu vernehmenden Zeugen angeben, und dass die Papiere, Wertgegenstände und Effekten der Verhafteten auf der Depositenkammer niedergelegt werden sollten. Ein Beschluss befahl den Direktoren der Irrenhäuser, innerhalb vier Tagen einen Bericht über die Zahl und den Zustand ihrer Kranken einzusenden. Hätte der Rat in diese Häuser hineingeleuchtet, die so viele Verbrechen deckten, so wäre die Menschheit seine Schuldnerin gewesen, aber diesen Beschlüssen wurde keinerlei Folge geleistet.

Da ihr das Wissen mangelte, hätte die Delegation wenigstens einigen Instinkt zeigen müssen. So wäre es z. B. ihre Pflicht gewesen, die Käfige von Picpus, die Skelette von St. Laurent ans Licht zu ziehen. Sie schien sich jedoch gar nicht damit zu beschäftigen und die Reaktion machte sich über diese vorgeblichen Entdeckungen lustig. Die Delegation ließ sogar die Gelegenheit vorübergehen, ganz Frankreich, wenigstens auf einen Tag, mit der Kommune zu verknüpfen. Man hatte Jecker in der Hand. Reich, mutig, waghalsig, hatte er stets auf die Straflosigkeit gebaut, denn in der Bourgeois-Gesetzgebung gingen solche Verbrecher frei aus. Nur die Revolution konnte an ihn heran. Nichts war einfacher als seinen Prozess einzuleiten. Jecker behauptete, durch das Kaiserreich geprellt worden zu sein und erbot sich, Enthüllungen zu machen. In öffentlicher Sitzung vor zwölf aufs Geratewohl gewählten Geschworenen konnte man durch ihn die mexikanische Expedition der Welt vor Augen führen, die Intrigen des Klerus entlarven, die Taschen der Diebe umdrehen, nachweisen, wie die Kaiserin, Miramon und Morny den Schlag ausgesonnen, aus welcher Ursache und für welche Menschen Frankreich Ströme Blutes und Hunderte von Millionen verloren hatte. Die Sühne konnte alsdann am hellen Tag, auf dem Concordiaplatz angesichts der mitschuldigen Tuilerien vollzogen werden. Die Poeten, die ja selten erschossen werden, hätten vielleicht gewinselt, das zahllose Volk, das ewige Opfer, hätte in die Hände geklatscht und hätte gesagt: „Die Revolution allein übt Gerechtigkeit.“ Man versäumte es sogar, Jecker zu vernehmen.

Die Delegation des Unterrichts war berufen, eines der schönsten Blätter im Buch der Kommune zu beschreiben, denn nach so vieljährigen Studien und Versuchen in allen Ländern muss diese Frage völlig gerüstet aus einem wahrhaft revolutionären Hirn springen. Die Delegation hat keine Denkschrift, keine Arbeit, keine Adresse, keine einzige Zeile zurückgelassen, um vor der Zukunft Zeugnis abzulegen. Und doch war der Delegierte ein Doktor, auf deutschen Universitäten herangebildet. Er begnügte sich die Kruzifixe in den Schulsälen zu unterdrücken und alle Diejenigen, welche die Unterrichtsfrage studiert hatten, aufzurufen. Eine Kommission wurde beauftragt, den Elementar- und Gewerbsunterricht zu organisieren, aber ihre ganze Arbeit bestand darin, dass sie am 6. Mai die Eröffnung einer Schule ankündigte. Eine zweite, die den Unterricht der Frauen zum Gegenstand hatte, wurde am Tag des Einzugs der Versailler angekündigt.

Die administrative Rolle der Delegation beschränkte sich auf unausführbare Beschlüsse und einige Ernennungen. Zwei zuverlässige und talentvolle Männer, Elie Reclus und B. Gastineau wurden beauftragt, die Nationalbibliothek wieder einzurichten. Sie untersagten das Ausleihen der Bücher und machten so dem Ärgernis ein Ende, dass sich gewisse Bevorrechtete aus den öffentlichen Sammlungen eine Bibliothek zustutzten. Die Künstlerföderation, welcher der bei den Wahlen am 16. April ernannte Courbet vorstand, beschäftigte sich damit, die Museen wieder zu eröffnen und zu überwachen.

Ohne einige Zirkulare der Munizipalitäten wüsste man gar nichts von dem Gedanken dieser Revolution in Hinsicht auf das Unterrichtswesen. Mehrere hatten die von den Jesuiten und städtischen Lehrern verlassenen Schulen wieder eröffnet oder die zurückgebliebenen Brüder vertrieben. Die Schule des 20. Arrondissements kleidete und speiste die Kinder. Die Delegation des 4. Arrondissements sagte: „Dem Kind die Liebe und Achtung für seinesgleichen einzupflanzen, ihm Gerechtigkeitssinn einzuflößen, es zu belehren, dass es im allgemeinen Interesse lernen muss; das sind die Moralprinzipien, auf denen von jetzt an die Kommunalerziehung ruhen wird.“ — „Die Lehrer der Asylschulen,“ sagte die Delegation des 17. Arrondissements, „werden ausschließlich die auf Erfahrung gegründete, wissenschaftliche Methode anwenden, diejenige Methode, welche nur von der Darlegung physischer, moralischer, intellektueller Tatsachen ausgeht.“ Diese unbestimmten Formeln konnten kein vollständiges Programm ersetzen.

Wer wird also für das Volk sprechen? – Die Delegation des Arbeits- und Handelswesens. Ausschließlich aus Sozialdemokraten bestehend, hatte sie sich zur Aufgabe gemacht, „das Studium aller notwendigen Reformen, sowohl in den öffentlichen Ämtern der Kommune als in den Beziehungen der Arbeiter – Männer und Frauen – zu ihren Brotherren; die Revision des Handelsgesetzbuchs, der Zolltarife, die Umänderung aller direkten und indirekten Steuern, die Aufstellung einer Statistik der Arbeit! – Sie soll die Grundzüge aller Dekrete, die sie der Kommune Vorschlägen wird, bei den Bürgern suchen.“

Der Delegierte Frankel ließ sich von einer aus Arbeitern gebildeten Initiativkommission unterstützen. In allen Arrondissements wurden Ausweisregister für Arbeits-Angebot und Nachfrage eröffnet. Auf Verlangen vieler Bäckergesellen ließ die Delegation die Nachtarbeit aufheben, eine ebenso wohl gesundheitliche als sittliche Maßregel. Sie bereitete einen Vorschlag zur Liquidierung des Pfandhauses und ein Dekret betreffs der Lohnabzüge vor und unterstützte das Dekret hinsichtlich der durch ihre Inhaber geschlossenen Werkstätten.

Ein Antrag setzte den Opfern des Kriegs und den Dürftigen ein freiwilliges Gehalt aus. Wer es verschmähte, sich auf den letzteren Titel zu berufen, sollte sein Gehalt gegen ein in fünf Jahren fälliges Rückzahlungsversprechen beziehen. Der Bericht sagte zum Schluss: „Es versteht sich, dass der Liquidierung des Pfandhauses eine soziale Organisation folgen muss, welche den Arbeitern wirkliche Unterstützungsgarantien im Fall der Arbeitslosigkeit gewährt. Die Einsetzung der Kommune fordert neue verbesserte Institutionen, welche den Arbeiter vor der Ausbeutung durch das Kapital schützen.“

Das Dekret, welches die Lohnabzüge abschaffte, setzte einer der schreiendsten Ungerechtigkeiten der Kapitalistenherrschaft ein Ziel, da diese Geldbußen, und zwar häufig unter dem allernichtigsten Vorwand, durch den Brotherrn selbst auferlegt werden, welcher somit Partei und Richter in einer Person ist.

Das Dekret hinsichtlich der verlassenen Werkstätten gab der seit Jahrhunderten enterbten Masse den Besitz ihrer Arbeit zurück. Eine durch die Syndikalkammern ernannte Untersuchungskommission sollte die Statistik und das Inventar der verlassenen Werkstätten aufstellen, welche in die Hände der Arbeiter zurückfallen sollten. Solcherweise „wurden die Enteigner ihrerseits enteignet.“ Das 19. Jahrhundert wird nicht zu Ende gehen, ohne diese Revolution angebahnt zu haben. Jeder Fortschritt des Maschinenwesens bringt sie näher. Je mehr sich die Ausbeutung der Arbeit in wenigen Händen konzentriert, desto mehr wächst und ordnet sich die Arbeitermasse. Bald wird die bewusste und geeinigte Klasse der Produzenten nur noch eine Handvoll Bevorrechteter vor sich haben, wie das junge Frankreich von 89. Der eingefleischteste revolutionäre Sozialist ist der Monopolist. Allerdings enthielt dieses Dekret seine Lücken und erforderte ernstliche Erörterungen, besonders in Bezug auf die kooperativen Assoziationen, denen die Werkstätten zufallen sollten. Es war ebenso wenig wie das andere auf diese Stunde des Kampfes anwendbar und machte eine Menge von Nebendekreten notwendig. Aber es gab wenigstens eine Vorstellung von den Rückforderungen der Arbeiter; und hätte man ihr nichts zu danken als die Errichtung der Kommission für Arbeit und Handel, so hätte die Revolution vom 18. März schon mehr für den Arbeiter getan, als alle Bourgeoisversammlungen von Frankreich seit dem 5. Mai 1789.

Die Delegation der Arbeit wollte in die Karten der Intendanz einen klaren Einblick tun. Sie wies nach, dass die sog. Abzüge den Arbeitslohn und nicht den Gewinn der Unternehmer herabdrücken, die ohne Rücksicht auf den Preis auf jedes Angebot eingehen, da sie immer gewiss sind, es am Arbeiter wieder hereinzubringen. „Und die Kommune ist blind genug sich zu solchen Manövern herzugeben,“ sagte der Bericht. „Und in diesem Augenblick geht der Arbeiter in den Tod, um nicht länger dieser Ausbeutung zu erliegen.“ Der Delegierte verlangte, dass die Kaufbedingungen den Preis des Arbeitslohns enthalten, dass die Käufe vorzugsweise den Arbeitergesellschaften anvertraut und die Preise schiedsrichterlich zwischen der Intendanz, der Syndikalkammer der Gesellschaft und dem Delegierten der Arbeit festgesetzt werden sollten.

Um die finanzielle Verwaltung aller Delegationen zu überwachen, setzte der Rat im Mai eine höhere Gelderverrechnungskommission ein, welche beauftragt wurde, ihre Rechnungen durchzusehen. Er dekretierte, dass die Beamten oder Lieferanten, welche der Erpressung, der Veruntreuung oder des Diebstahls schuldig befunden worden, mit dem Tod bestraft werden sollten.

Kurz, man mag nachsuchen, wo man will, außer der Delegation der Arbeit waren alle wichtigen Delegationen ohnmächtig. Alle begingen den nämlichen Fehler. Sie hatten zwei Monate lang die Archive der Bourgeoisie seit 89 in der Hand. Der Rechnungshof enthielt die Mysterien der offiziellen Betrügereien, der Staatsrat die geheimen Beratschlagungen des Despotismus, die Polizeipräfektur die schmachvollsten Heimlichkeiten aller sozialen Gewalten, die Justiz die Servilitäten und Verbrechen der am meisten unterdrückenden Kaste, das Stadthaus die Aktenstücke der Revolution, die von 1815, von 1830, von 1848, und die noch nicht untersuchten von 1851. Alle Diplomatien fürchteten, die Urkunden der auswärtigen Angelegenheiten möchten sich auftun. Man konnte vor den Augen des Volks die innere Geschichte der Revolution, des Direktoriums, des ersten Kaiserreichs, der Julimonarchie, des Jahres 1848, Napoleons III., darlegen. Man durfte nur diese Aktenstücke in die Winde werfen und der Zukunft die Auslese überlassen. Aber man veröffentlichte nur zwei bis drei Stöße.K Die Delegierten schliefen neben diesen Schätzen, ohne sie auch nur zu ahnen.

Als die Radikalen sahen, wie diese Advokaten, diese Doktoren, diese Publizisten Jecker schweigen und den Rechnungshof geschlossen ließen, wollten sie nicht an ihre Unwissenheit glauben und schrien wieder über Bonapartismus. Eine törichte Beschuldigung, die durch tausend Beweise widerlegt ist. Zur Ehre der Delegierten selbst muss die bittere Wahrheit gesagt werden. Die Kleinbourgeois im Rat waren ebenso unbekannt mit den Bourgeoiseinrichtungen wie die Arbeiter selbst und sie hatten nicht die Entschuldigung der Letzteren für sich. Der tägliche Kampf unter dem Kaiserreich und die falschen revolutionären Traditionen hatten diejenigen vom Studium abgebracht, die sich demselben hätten hingeben können.

1 Organisierte Arbeiterabteilungen, die mit besonderen Zweigen der öffentlichen Dienste betraut sind, wie Straßenkehren, Laternenanzünden, Gossenleeren etc. Anm. d. Übers.

A Es gab deren fünf: das Hôtel de Ville, die Tuilerien, die Kriegsschule, Vincennes, Montmartre. Im Ganzen besaß die Kommune – die Feldartillerie und die Forts mit eingerechnet – mehr als 1100 Kanonen, Haubitzen, Mörser und Mitrailleusen.

B Das zweite Zentralkomitee bestand aus 40 Mitgliedern, von welchen nur 12 dem ersten angehört hatten.

C Die militärische Seite der Kommune. Frazers Magazine, Juli 1873, S. 27.

D „Wissen Sie,“ sagte er zu Delescluze, „dass Versailles mir eine Million angeboten hat?“ – „Schweigen Sie,“ antwortete Delescluze und drehte ihm den Rücken.

E Derselbe wurde am 20. März in seinem Kabinett im Justizpalast, wo er eine Zusammenkunft mit dem Generalprokurator hatte, verhaftet.

F Er wurde erkannt, als er auf der Polizeipräfektur einen Pass verlangte.

G Der Korrespondent der Times, welcher das Kloster besuchte, schrieb seiner Zeitung: „Die Nonnen haben behauptet, dies seien orthopädische Instrumente – eine Lüge, die sehr leicht zu widerlegen ist. "Was die Matratzen und Riemen betrifft, so habe ich ähnliche gesehen, die von der Fakultät in Fällen von Tobsucht oder schwerer Entbindung angewendet wurden, aber es sind deren andere da, die nur zu sehr den erregten Verdacht rechtfertigen, da sie auf Anwendung roher Kraft hinweisen, wie sie durch keine bekannte Krankheit erfordert wird.“

H Die Schwester, welche als Oberin fungierte, ein großes, entschlossenes Mannweib, antwortete in gemütlichem Ton auf Rigaults Frage, warum sie diese Frauen eingesperrt habe: „Um ihren Familien einen Dienst zu erweisen, denn sie waren wahnsinnig. Sehen Sie, meine Herrn, Sie werden als Familiensöhne einsehen, dass man manchmal froh ist, die Narrheit seiner Angehörigen zu verbergen.“ – „Kennen Sie denn das Gesetz nicht?“ – „Nein Herr Kommissar, wir gehorchen unseren Vorgesetzten.“ – „Wem gehören diese Bücher?“ – „Ich weiß nicht.“ – Sie spielten die Einfältigen und übertrumpften die Pinsel.

I Diese Unterhandlung ist zum Teil im Officiel der Kommune berichtet worden. Wir fügen noch andere Details hinzu. Kurz nach seiner Verhaftung schrieb der Erzbischof an Herrn Thiers und beschwor ihn, den Hinrichtungen der Gefangenen, wovon das Leben der Geiseln abhänge, Einhalt zu tun. Herr Thiers gab keine Antwort. Ein alter Freund Blanquis, Flotte, schlug dem Präsidenten einen Tausch vor, indem er ihn darauf aufmerksam machte, dass der Erzbischof Gefahr laufen könnte. Herr Thiers machte eine sehr entschiedene Gebärde: „Was geht mich das an!“ Flotte nahm durch Darboy selbst die Unterhandlungen wieder auf, welcher Deguerry bezeichnete, um nach Versailles zu gehen. Da die Präfektur eine solche Geisel nicht loslassen wollte, trat der Generalvikar Lagarde an Deguerrys Stelle. Der Erzbischof unterwies ihn und Flotte führte Lagarde am 12. April auf den Bahnhof, wo er ihn schwören ließ, dass er zurückkehren wolle, wenn seine Sendung scheitere. Lagarde schwor: „Und sollte ich erschossen werden, ich komme zurück. – Können Sie glauben, ich könne auch nur einen Augenblick den Gedanken haben, S. Hochwürden hier allein zu lassen?“ Als der Zug schon abfahren sollte, drang Flotte noch in ihn: „Reisen Sie nicht ab, wenn Sie nicht die Absicht haben zurückzukommen.“ Der Priester schwur von Neuem. Er reiste ab und überbrachte einen Brief, worin der Erzbischof die Auswechselung nachsuchte. Herr Thiers stellte sich an, als wisse er nichts von diesem Schreiben und antwortete auf das Erste, welches eine Zeitung der Kommune veröffentlicht hatte. Diese Antwort ist eines seiner Meisterstücke von Heuchelei und Verlogenheit: „Die Tatsachen, auf welche Sie mich hinweisen, sind durchaus falsch, und ich bin wirklich überrascht, dass ein so erleuchteter Prälat wie Ew. Hochwürden – Niemals haben unsere Soldaten die Gefangenen erschossen, noch die Verwundeten umzubringen gesucht. Möglich, dass sie in der Hitze des Kampfs von ihren Waffen gegen die Männer, welche ihre Generale ermorden, Gebrauch gemacht, aber wenn der Kampf zu Ende ist, tritt die Großmut des Nationalcharakters wieder in ihr Recht. Ich weise also, Ew. Hochwürden, die Verleumdung zurück, die man Ihnen zugetragen hat. Ich bezeuge, dass die Soldaten niemals die Gefangenen erschossen haben.“ Am 17. empfing Flotte einen Brief, worin Lagarde ankündigte, seine Gegenwart sei in Versailles noch unentbehrlich. Flotte beschwerte sich beim Erzbischof, der an diese Treulosigkeit nicht glauben wollte. „Es ist unmöglich,“ sagte er, „dass Herr Lagarde in Versailles bleibt; er wird zurückkommen, er hat es mir selbst geschworen.“ Und er übergab Flotte ein Billet für Lagarde. Lagarde antwortete, Herr Thiers halte ihn zurück. Am 23. schrieb ihm Darboy: „Bei Empfang dieses Briefes möge sich Herr Lagarde unverzüglich auf den Weg nach Paris machen und nach Mazas zurückkehren. Diese Verzögerung kompromittiert uns schwer und kann die bedauerlichsten Folgen haben.“ Lagarde gab keine Antwort.

Blanqui, welcher in das Fort du Taureau verbracht worden war, wurde in strengster Geheimhaft gehalten. Seine Freunde dachten daran, ihn zu befreien und es wurde eine Summe von 50.000 Frs. für seine Flucht zusammengebracht. Aber es hätte weit mehr bedurft und vor allem auch geschickter Agenten, denn die geringste Unvorsichtigkeit konnte dem Gefangenen das Leben kosten. Die Sache zog sich hinaus; ein Teil des Geldes lag noch in der Kasse des Wohlfahrtsausschusses, als die Versailler eindrangen.

J Es muss hier gesagt sein – denn in Zeiten des Kampfes darf man keine Verleumdung schweigend verachten – dass die Kommune niemals Zivilverbrecher in Freiheit setzte. Man sperrte sogar den bonapartistischen Fälscher Taillefer ein, der am 4. September frei geworden war.

K Georges Duchêne begann mit der Untersuchung der Geschäfte der „Nationalen Verteidigung“, aber er veröffentlichte Nichts.

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