Kapitel XXI

Kapitel XXI

Die größte Niederträchtigkeit, deren die moderne Geschichte gedenkt, vollzieht sich zu dieser Stunde. Paris wird bombardiert.“

Trochu, Jules Favre, E. Picard, Jules Simon, J. Ferry, E. Arago, Garnier-Pagès, Pelletan.

Wir haben ein ganzes Viertel von Paris zusammengeschmettert.“

Herr Thiers in der Nationalversammlung, Sitzung vom 5. August 1871.

Paris wird bombardiert. Das Fort Issy unterliegt. Der Rat erneuert seinen Wohlfahrtsausschuss. Rossel geht durch.

Aus dieser heldenhaften Atmosphäre heraus müssen wir zu den Zänkereien des Rats und des Zentralkomitees zurückkehren. Warum halten sie ihre Sitzungen nicht in La Muette oder vor den Augen des Publikums?A Die Geschosse von Montretout, das seine furchtbare Batterie demaskiert hat, die strenge Haltung des Volks hätten sie ohne Zweifel dem gemeinsamen Feind entgegengeführt. Der Breschenangriff ist eröffnet.

Am Morgen des 8. Mai begannen sechsundsechzig Marinegeschütze an der Umwallung zu rütteln, von der Bastei 60 bis zum Point du Jour. Schon reichten die Granaten von Clamart bis zum Quai von Javelle und die Batterie von Bréteuil besäte das Viertel von Grenelle mit Kugeln. In wenigen Stunden war die Hälfte von Passy unbewohnbar geworden.

Herr Thiers begleitete diese Granaten mit einer Proklamation: „Pariser, die Regierung wird Paris nicht bombardieren, wie es die Männer von der Kommune unfehlbar aussprengen werden. Sie wird mit Kanonen feuern. – Sie weiß es und würde es auch, ohne dass ihr sie von allen Seiten davon benachrichtigt hättet, eingesehen haben, dass ihr euch an das nationale Banner anschließen werdet, sowie die Soldaten die Umwallung überschritten haben.“ Und er forderte die Pariser auf, ihm die Tore zu öffnen. Was wird der Rat diesem Aufruf zum Verrat gegenüber tun?

Am 8. diskutiert er ins Unabsehbare über das ProtokollB wegen Öffentlichkeit der Sitzungen die ein Mitglied der Majorität gänzlich aufheben will. Die Minorität beschwert sich über das Zentralkomitee. Dasselbe hatte sich trotz der Kriegskommission aller Ämter bemächtigt und Varlin, der sie gänzlich reorganisiert hatte, aus der Intendanz vertrieben. Man stellt die Anfrage, ob sich die Regierung Zentralkomitee oder Kommune nenne. Félix Pyat entschuldigt sich und beschuldigt Rossel. „Es ist nicht die Schuld des Wohlfahrtsausschusses,“ sagte er, „wenn Rossel weder die Kraft noch den Verstand hat, um das Zentralkomitee in seinen Befugnissen zu halten.“ Die Freunde Rossels entgegnen und beschuldigen Pyat, sich bei jedem Anlass, selbst bei rein militärischen Fragen, einzumischen. Die Überrumpelung von Moulin-Saquet wäre nicht vorgefallen, wenn nicht Wroblewski, der dort kommandierte, von Pyat den ausdrücklichen Befehl erhalten hätte, sich nach Issy zu wenden. „Das ist unrichtig,“ sagte Pyat, „ich habe nie einen derartigen Befehl gegeben.“ Man lässt ihn sich gründlich verwickeln und weist ihm dann den Befehl vor, der ganz von seiner Hand geschrieben ist. Er nimmt ihn, dreht ihn um, stellt sich verwundert und muss schließlich gestehen.C Die Erörterung wendet sich wieder dem Zentralkomitee zu. Soll man es auflösen, es verhaften oder ihm die Verwaltung des Kriegswesens lassen? Der Rat wagt wie immer keine Entscheidung und hält sich nach einer verworrenen Diskussion an die Lösung vom 3. Das Zentralkomitee soll unter der Militärkommission stehen.

Zu gleicher Zeit fielen seltsame Szenen auf dem Kriegsministerium vor. Die Legionsführer, die sich immer mehr gegen Rossel auflehnten, hatten an jenem Tag beschlossen, vor ihn zu treten und einen Rapport aller Bestimmungen, die er über die Nationalgarde ankündigte, zu verlangen. Rossel kannte ihren Plan. Als sie abends auf das Ministerium kamen, fanden sie ein bewaffnetes Peloton im Hof und der Delegierte sah ihnen von seinem Fenster aus zu. „Sie sind kühn, sagte er, wissen Sie, dass dieses Peloton da ist, um Sie zu füsilieren?“ – „Es bedarf hier keiner Kühnheit, antworteten sie ohne allzu große Bestürzung, wir kommen ganz einfach, um mit Ihnen von der Organisation der Nationalgarde zu reden.“ Rossel gab nach und befahl vom Fenster aus: „Das Peloton soll wieder einrücken.“ Diese possierliche Demonstration tat ihre Wirkung. Die Legionsführer bekämpften Schritt um Schritt den Plan in Betreff der Regimenter, und bewiesen seine Unmöglichkeit. Des Kampfes müde, sagte Rossel schließlich: „Ich weiß wohl, dass ich nicht die Macht habe, ich behaupte aber, dass Sie sie ebenso wenig haben. — Doch, sagen Sie? – Nun gut, so geben Sie mir den Beweis. Bringen Sie mir morgen um 11 Uhr zwölftausend Mann auf den Concordiaplatz, dann will ich etwas versuchen.“ Er wollte einen Angriff über den Bahnhof von Clamart machen. Die Legionsführer versprachen, die Mannschaft zusammenzubringen, und rannten die ganze Nacht herum, um sie zu sammeln.

Während dieser Zwistigkeiten räumte man das Fort Issy. Es ging schon seit dem Morgen dem Ende entgegen. Wer sich nur bei den Geschützen zeigte, war augenblicklich des Todes. Abends traten die Offiziere zusammen und erkannten, dass man sich nicht mehr länger halten könne. Von da an drängten sich die Soldaten, die von allen Seiten durch die Geschosse vertrieben wurden, unter dem Torgewölbe. Eine Granate von Moulin de Pierre fiel in ihre Mitte und tötete sechzehn Mann. Rist, Julien und einige Andere, welche auch noch in diesem Trümmerhaufen aushalten wollten, wurden bald genötigt nachzugeben. Gegen sieben Uhr begann die Räumung. Der Kommandant Lisbonne, ein Mitglied des ersten Zentralkomitees und ein Mann von ungewöhnlicher Tapferkeit, deckte den Rückzug, der mitten im Kugelregen ausgeführt wurde.

Einige Stunden später überschritten die Versailler die Seine, setzten sich vor Boulogne gegenüber den Basteien des Point du Jour fest und eröffneten dreihundert Meter von der Umwallung einen Laufgraben. Diese ganze Nacht und den ganzen Morgen des 9. erfuhren das Kriegsministerium und der Wohlfahrtsausschuss nichts von der Räumung des Forts.

Am 9. Mittags stellten sich die von Rossel verlangten Bataillone auf dem Concordiaplatz auf. Rossel erschien zu Pferd, ritt an der Front der Truppen vorbei, rief den Legionsführern zu: „Die Zahl ist nicht voll“, warf sein Pferd herum und kehrte auf das Kriegsministerium zurück, wo man soeben die Räumung des Forts Issy erfahren hatte. Rossel griff nach seiner Feder, schrieb: „Die dreifarbige Fahne weht auf dem Fort Issy, das gestern Abend von der Garnison aufgegeben worden ist“, und ohne den Rat, den Wohlfahrtsausschuss oder auch nur das Zentralkomitee zu benachrichtigen, gab er den Befehl, diese zwei Zeilen in zehntausend Exemplaren anzuschlagen, da man doch sonst nicht über sechstausend zu drucken pflegte.

Dann schrieb er sein Entlassungsgesuch: „Bürger, Mitglieder der Kommune, ich fühle mich unfähig, länger die Verantwortlichkeit eines Kommandos zu tragen, wo Jedermann berät und Niemand gehorcht. Das Artillerie-Zentralkomitee hat beraten und nichts beschlossen. – Die Kommune hat beraten und nichts beschlossen. – Das Zentralkomitee berät und weiß nicht zu handeln. – Während dieses Zeitverlustes hat der Feind das Fort Issy mit unvorsichtigen Angriffen umzingelt, für die ich ihn strafen würde, wenn ich die geringsten verfügbaren Streitkräfte besäße.“ Er erzählte in seiner Weise und sehr ungenau die Räumung des Forts und die Revue auf dem Concordiaplatz, er sagte, statt der versprochenen 12.000 Mann seien nur 7000 dagewesenD und schloss: „So hat die Nichtigkeit des Artilleriekomitees die Organisierung der Artillerie verhindert, die Unentschlossenheit des Zentralkomitees hält die Verwaltung auf, die armselige Voreingenommenheit der Legionsführer legt die Mobilmachung der Truppen lahm. — Mein Vorgänger hat den Fehler begangen, sich in dieser absurden Situation zu wehren. — Ich ziehe mich zurück und habe die Ehre, Sie um eine Zelle in Mazas zu ersuchen.“

Er glaubte so seinen militärischen Ruf zu retten, aber man konnte ihn von allen Seiten angreifen. – „Warum haben Sie denn diese „absurde“ Situation übernommen, die Sie doch von Grund aus kannten? Warum haben Sie am 30. April beim Eintritt ins Ministerium keine Bedingung gestellt, warum keine Bedingung am 2. und am 5. Mai im Rat? Warum haben Sie diesen Morgen 7000 Mann zum Mindesten heimgeschickt, wenn Sie behaupten, nicht die geringste verfügbare militärische Macht zu besitzen? Warum blieb Ihnen fünfzehn Stunden die Räumung eines Forts unbekannt, dessen Bedrängnis Sie von Stunde zu Stunde hätten überwachen sollen? Wie steht es mit Ihrer zweiten Umwallung? Warum haben Sie auf dem Montmartre, an dem Panthéon gar keine Arbeit vorgenommen?“

Rossel hatte streng genommen wohl ein Recht, dem Rat Vorwürfe zu machen, aber er beging einen unverzeihlichen Fehler, indem er seinen Brief an die Zeitungen schickte. So wies er in weniger als zwei Stunden 8000 Kämpfer ab, verbreitete die Panik, schmähte die Tapferen von Issy, verriet dem Feind die Schwäche der Verteidigung und das Alles im selben Augenblick, wo Versailles über die Einnahme von Issy in die Hände klatschte.

Dort unten war man in Feststimmung. Herr Thiers und MacMahon redeten die Soldaten an, welche die wenigen auf dem Fort gefundenen Stücke unter Gesang herführten. Die Versammlung hob ihre Sitzungen auf und kam in den Marmorhof, um diesen Kindern des Volks, die sich für Sieger hielten, Beifall zu spenden. Herr Thiers sagte einen Monat später auf der Tribüne: „Wenn ich diese Söhne unserer Felder, denen häufig jene den Geist erhebende Bildung fehlt, für euch, für uns sterben sehe, fühle ich mich tief gerührt.“ Ergreifende Rührung des Jägers angesichts seiner Meute! Denket an dieses Geständnis, und für wen ihr sterbt, Söhne der Felder!

Und man zankte sich im Stadthaus. Rigault kam mit Beschuldigungen. Die Majorität des Rats hatte ihn trotz seines frevelhaften Leichtsinns auf der Präfektur zum Prokurator der Kommune ernannt. Die Diskussion wurde erbittert, als Delescluze heftig eintrat und rief: „Sie streiten, während soeben ein Plakat verkündet, dass die dreifarbige Fahne auf dem Fort Issy weht! – Ich rufe Sie Alle an. Ich hoffte, Frankreich solle durch Paris, Europa durch Frankreich gerettet werden. – Es löst sich eine Macht der revolutionären Begeisterung von der Kommune, welche im Stande wäre, das Vaterland zu befreien.

- Legen Sie heute allen Hass nieder. Wir müssen das Land retten.

- Der Wohlfahrtsausschuss hat dem nicht entsprochen, was man von ihm erwartete. Er ist ein Hindernis statt eines Sporns gewesen. Womit beschäftigt er sich? Mit Privaternennungen, statt mit gemeinsamem Handeln. Ein von Meillet unterzeichneter Beschluss ernennt diesen Bürger zum Gouverneur des Forts von Bicêtre. Dort war ein Mann, ein SoldatE, den man zu streng fand. Es wäre zu wünschen, dass Alle so streng gewesen wären wie er. Ihr Wohlfahrtsausschuss ist vernichtet, er ist unter dem Gewicht der Erinnerungen, die man auf ihn häuft, erlegen. Ich sage, dass er verschwinden soll.“

Die Versammlung, solchermaßen zu ihrer Pflicht zurückgeführt, tritt zu einer geheimen Sitzung zusammen und erörtert den Wohlfahrtsausschuss gründlich. Was hat er seit acht Tagen getan? Er hat das Zentralkomitee dem Kriegsministerium aufgepfropft, die Unordnung vermehrt, zwei Schlappen erlitten. Seine Mitglieder gehen in Kleinlichkeiten auf oder tun Dilettantendienste. Einer von ihnen verlässt das Stadthaus, um sich in einem Fort einzuschließen. Ja, wäre es noch Issy oder Vanves gewesen. Félix Pyat bringt den größten Teil seiner Zeit mit dem Vengeur zu, wo er sich in langen Artikeln ergeht. Ein Mitglied des Wohlfahrtsausschusses will sich verteidigen und beruft sich auf die geringe Klarheit ihrer Befugnisse. Man hält ihm den Artikel 3 des Einsetzungsdekrets entgegen; welcher dem Komitee Vollmacht über alle Kommissionen gab. Endlich nach mehreren Stunden beschloss man, unverzüglich den Ausschuss zu erneuern, einen Zivildelegierten des Kriegswesens zu ernennen, eine Proklamation aufzusetzen, nicht mehr öfter als dreimal wöchentlich zusammenzutreten außer in dringenden Fällen, das neue Komitee im Stadthaus in Permanenz zu setzen, während die Mitglieder des Rats in ihren Arrondissements gleichfalls in Permanenz bleiben sollten. Delescluze wurde zum Delegierten des Kriegswesens ernannt.

Um 10 Uhr abends versammelte man sich noch einmal wegen Erwählung des Komitees. Die Majorität erhob Félix Pyat, der über die Angriffe vom Nachmittag schäumte, auf den Präsidentenstuhl. Er eröffnete die Sitzung damit, dass er die Verhaftung Rossels verlangte. Indem er scheinbare Gründe, die den Argwöhnischen als Beweise vorkamen, mit Geschicklichkeit darzustellen wusste, machte er Rossel zum Sündenbock für die Fehler des Komitees, und beschwor die Entrüstung des Rates auf ihn herab. Eine halbe Stunde lang schmähte er den Abwesenden, den er ins Gesicht nicht anzugreifen gewagt hätte. „Ich hatte Ihnen ja gleich gesagt, Bürger, er sei ein Verräter, aber Sie wollten mir nicht glauben. Sie sind jung, Sie haben nicht wie unsere Meister vom Konvent der Militärgewalt misstrauen gelernt.“ Diese Berufung riss die Romantiker hin. Sie träumten ja von nichts Anderem als für Konventsmitglieder zu gelten. So schwer fiel es dieser Proletarierrevolution, sich von dem Bourgeoisflitterkram loszumachen.

Es bedurfte der Wut Pyats gar nicht, um die Versammlung zu überzeugen. Die Handlungsweise Rossels war selbst in den Augen der Harmlosesten verdammlich. Seine Verhaftung wurde fast mit Einstimmigkeit, gegen nur zwei Stimmen, beschlossen und die Kriegskommission erhielt den Befehl, sie zu vollstrecken; sie sollte dabei aber Rücksichten nehmen.

Sodann schritt man zur Erwählung des Komitees. Die Minorität, ein wenig durch die Wahl Delescluzes und Jourdes beruhigt, welche dem Rat das Recht zuzuerkennen schienen, die Delegierten zu bestimmen, beschloss an der Abstimmung teilzunehmen und verlangte ihren Platz in der Liste der Majorität. Ausgezeichnete Gelegenheit, alle Streitigkeiten auszulöschen, die Kräfte gegen die Versailler in Eins zusammenzufassen. Aber die Verleumdungen Félix Pyats hatten die Romantiker so weit gebracht, ihre Kollegen von der Minorität als wahre Reaktionäre zu betrachten. Nach seiner Rede hatte man die Sitzung aufgehoben. allmählich sahen sich die Mitglieder der Minorität ganz allein im Saal. Sie suchten ihre Kollegen und fanden sie in einem benachbarten Gelass, wo sie für sich beratschlagten. Nach heftigen gegenseitigen Ausfällen kehrten sie Alle zusammen in den Rat zurück.

Ein Mitglied der Minorität verlangte, man solle diesen unwürdigen Streitigkeiten ein Ende machen. Ein Romantiker verlangte dagegen die Verhaftung der aufrührerischen Minorität und der Präsident Pyat wollte eben seine Galle ausleeren, als ihm Malon zurief: „Schweigen Sie! Sie sind der böse Geist dieser Revolution. Hören Sie endlich auf, Ihren giftigen Argwohn auszustreuen, die Zwietracht zu schüren. Ihr Einfluss richtet die Kommune zu Grunde!“ Und Arnaud, einer der Gründer des Zentralkomitees sagte: „Diese Leute von 1848 werden auch noch diese Revolution zu Grunde richten.“

Aber es war zu spät um den Kampf aufzunehmen und die Minorität stand im Begriff, ihren Doktrinarismus und ihre Ungeschicklichkeit zu büßen. Die Liste der Majorität ging vollständig durch: Ranvier, Arnaud, Gambon, Delescluze, Eudes. Delescluzes Ernennung zum Kriegswesen ließ einen Platz leer, deshalb fand den zweitnächsten Tag eine zweite Abstimmung statt und die Minorität schlug Varlin vor. Die Majorität missbrauchte ihren Sieg und beging die Unschicklichkeit, ihm Billioray, ein ganz unwürdiges Mitglied, vorzuziehen.

Um 1 Uhr morgens ging der Rat auseinander. „Nun haben wir sie gut abgetrumpft und was sagt ihr von der Art und Weise, wie ich die Sache geleitet habe?“ sagte Félix Pyat zu seinen Freunden, als er den Präsidentenstuhl verließ.F Der edle Mandatar war so beschäftigt, seine Kollegen abzutrumpfen, dass er ganz vergaß, die Einnahme des Forts Issy offiziell zu bestätigen. Und noch am selben Abend, sechsundzwanzig Stunden nach der Räumung, ließ das Stadthaus an den Türen der Mairien anschlagen: „Es ist unrichtig, dass die dreifarbige Fahne auf dem Fort Issy weht. Die Versailler besetzen es nicht und werden es nicht besetzen.“ Dieses Dementi wog das Dementi Trochus in Betreff Bazaines auf.

Während dieser Stürme auf dem Stadthaus ließ das Zentralkomitee Rossel kommen und warf ihm das Plakat vom Nachmittag und die ungewöhnliche Anzahl von Exemplaren vor. Er verteidigte sich scharf: „Es war meine Pflicht. Je größer die Gefahr, desto genauer muss das Volk davon unterrichtet sein.“ Doch hatte er nichts Ähnliches bei dem Überfall von Moulin-Saquet getan. Nach seinem Abgang beriet das Komitee lange. Einer sagte: „Wir sind verloren, wenn wir keine Diktatur schaffen.“ Dieser Gedanke arbeitete schon seit mehreren Tagen in vielen Köpfen des Komitees. Man beschloss ohne zu lachen, dass man einen Diktator einsetzen müsse und dass dieser Diktator Rossel sein solle. Eine Deputation von fünf Mitgliedern ging allen Ernstes und suchte ihn auf. Er kam in das Komitee herunter, stellte sich als überlege er und sagte schließlich: „Es ist zu spät. Ich bin nicht mehr Delegierter. Ich habe meine Entlassung eingereicht.“ Als Einige gegen ihn auffuhren, wies er sie scharf zurück und ging. In seinem Kabinett fand er die Kriegskommission: Delescluze, Tridon, Avrial, Johannard, Varlin, Arnold, die soeben angekommen waren.

Delescluze erklärte ihre Sendung. Rossel hörte sehr ruhig zu und sagte dann, das Dekret sei ungerecht, aber er unterwerfe sich ihm. Er schilderte die militärische Lage, die Eifersüchteleien aller Art, die ihn beständig gehemmt hätten, die Schwäche des Rats: „Er hat,“ sagte er, „weder das Zentralkomitee zu benutzen, noch es zur gelegenen Zeit zu zerbrechen verstanden. Unsere Hilfsquellen sind ganz genügend, und ich bin, was mich betrifft, bereit, alle Verantwortlichkeit auf mich zu nehmen, aber unter der Bedingung, dass ich durch eine starke, ausreichende Macht unterstützt werde. Ich konnte vor der Geschichte die Verantwortung gewisser notwendiger Maßregeln nicht übernehmen ohne die Zustimmung und Unterstützung der Kommune.“ Er sprach lange in jener klaren, nervigen Redeweise, die ihm schon zweimal im Rat seine entschiedensten Gegner gewonnen hatte. Die Kommission, sehr betroffen von seinen Gründen, zog sich in einen benachbarten Saal zurück. Delescluze erklärte, er könne sich nicht entschließen, Rossel zu verhaften, ehe die Kommune ihn angehört habe. Seine Kollegen waren derselben Ansicht und ließen den Ex-Delegierten unter der Aufsicht Avrials und Johannards, die ihn den anderen Morgen auf das Stadthaus führten. Avrial blieb mit Rossel im Quästursaal, während Johannard dem Rat ihre Ankunft anzeigte.

Einige wollten, man solle Rossel hören. Die Meisten aber, da sie sich selbst misstrauten und fürchteten, seine Stimme könnte den Rat wankend machen, behaupteten, diese Vernehmung widerspräche der Gleichheit und beriefen sich auf das Beispiel Cluserets, den man verhaftet hatte, ohne ihn zu hören, als ob eine Ungerechtigkeit eine andere rechtfertige. Man weigerte sich Rossel zuzulassen.

Das Mitglied des Rats Ch. Gérardin begab sich auf die Quästur. „Was hat die Kommune beschlossen?“ fragte Avrial. – Noch nichts,“ antwortete Ch. Gérardin, der doch aus der Sitzung kam. Und als er auf einem Tisch den Revolver Avrials bemerkte, sagte er zu Rossel: „Ihr Wächter erfüllt seine Pflicht gewissenhaft.“ — „Ich will nicht hoffen,“ entgegnete Rossel lebhaft, „dass diese Vorkehrung mich angeht. Übrigens, Bürger Avrial, gebe ich Ihnen mein Ehrenwort als Soldat, dass ich nicht durchgehen werde.“

Avrial, der seines Wächteramtes herzlich müde war, hatte schon den Rat bitten lassen ihn abzulösen. Da er keine Antwort erhielt, glaubte er seinen Gefangenen unter der Aufsicht eines Mitglieds des Wohlfahrtsausschusses zurücklassen zu können – denn Ch. Gérardin war seiner Funktionen noch nicht enthoben – und begab sich in den Rat. Als er zurückkam, waren Rossel und Ch. Gérardin verschwunden. Der ehrgeizige junge Mann war wie ein Wiesel aus diesem Bürgerkrieg entsprungen, in den er sich unbesonnenerweise verirrt hatte.

Man kann sich denken, wie Pyat den Flüchtling mit Schimpfwörtern übergoss. Das neue Komitee, dem man soeben zwei Verschwörungen angezeigt hatte, erließ eine verzweifelte Proklamation. „Der Verrat hatte sich in unsere Reihen geschlichen. Die Aufgabe des Forts Issy, von dem Nichtswürdigen, der es überliefert hat, in einem ruchlosen Plakat verkündet, war nur der erste Akt des Dramas. Eine monarchistische Insurrektion im Innern, zugleich mit der Übergabe eines unserer Tore, sollte folgen. Alle Fäden des dunkeln Komplotttes – sind zu dieser Stunde in unseren Händen. Die Mehrzahl der Schuldigen ist verhaftet. – Möget alle Augen offen, alle Arme gerüstet sein, die Verräter zu zerschmettern.“

Dies war ein melodramatischer Erguss, während es doch der Kaltblütigkeit und der Entschiedenheit bedurft hätte. Auch war es eine eigentümliche Prahlerei, wenn das Komitee behauptete, „die Mehrzahl der Schuldigen“ verhaftet zu haben und „alle Fäden des dunkeln Komplotttes“ in den Händen zu halten.

A„Man hatte zwar am 3. Mai den Zutritt des Publikums genehmigt und sogar zwei Mitglieder beauftragt, ein passendes Lokal zu suchen; aber dieses Dekret wurde niemals ausgeführt, wiewohl der berühmte Saal St. Jean im Stadthaus in ein paar Stunden hergerichtet werden konnte.

B Die Protokolle des Officiel, unerfahrenen Redakteuren anvertraut, welche nach Gutdünken kürzten oder ausfüllten, auf der Druckerei umgearbeitet und beständig durch den Zusammentritt des Rats in ein geheimes Komitee unterbrochen, geben von den Sitzungen nur einen sehr unbestimmten Begriff.

C Dekret des Wohlfahrtsausschusses Nr, 98. — Paris, den 3. Mai 1871. General Wroblewski. Bitte, begeben Sie sich augenblicklich auf das Fort Issy. Es ist dringend geboten, sich des Genie-, des Artilleriewesens usw. anzunehmen. — Die Mitglieder des Wohlfahrtsausschusses: Félix Pyat, Ant. Arnaud. – Beiliegend eine Depesche von dem Kommandanten des Forts.

Vor dem Publikum, das diese Depesche nicht kannte, setzte Pyat seine Lügen fort. Er sagte im Vengeur: „Der einzige Befehl, welcher direkt den Generalen vom Wohlfahrtsausschuss, zur Verteidigung des von Rossel nicht verteidigten Issy zukam, war an den General Wroblewski gerichtet, dem die südlichen Forts übergeben waren. Der Wohlfahrtsausschuss versetzte somit den General nicht, indem er ihm befahl über Issy zu wachen.“ Das Fort Issy war gar nicht Wroblewski übergeben, sondern La Cecilia, der nach der Wiederbesetzung daselbst die Verteidigung ganz leitete und über Wetzel kommandierte, der die Außenwerke des Forts zu verteidigen hatte.

D Die Legionsführer haben 10.000 angegeben, die richtige Zahl liegt in der Mitte.

E P. Vichard, ehemaliger Generalstabschef des Garibaldinischen Generals Bossak.

F Diese Worte hörte und berichtete Lefrançais, dessen Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit keinem Zweifel unterliegen. Forschung über die kommunalistische Bewegung von G. Lefrançais, S. 294. Neuchâtel 1871.

Kommentare