Kapitel XXIV

Kapitel XXIV

Unfähigkeit des zweiten Wohlfahrtsausschusses. Das Fort Vanves und das Dorf Issy werden geräumt. Das Manifest der Minorität. Die Explosion in der Avenue Rapp. Sturz der Vendômesäule.

Am 10. beim Antritt des neuen Komitees hatte sich unsere militärische Lage von St. Quen bis Neuilly, wo man sich beständig herumschlug, nicht geändert, von La Muette an wurde sie ernsthaft. Die Batterie von Montretout, die von Meudon, der Mont-Valérien bestrichen Passy mit Granaten und beschädigten den Wall schwer. Die Laufgräben der Versailler zogen sich von Boulogne bis an die Seine. Ihre Schützen schlossen das Dorf Issy ein und besetzten die Laufgräben zwischen dem Fort und dem von Vanves, das sie von Montrouge abzuschneiden suchten. Die Lässigkeit der Verteidigung blieb sich gleich. Die Wälle von La Muette bis zum Tor von Vanves waren kaum bewaffnet, unsere Kanonenboote hielten fast allein das Feuer von Meudon, von Clamart und Val Fleury aus.

Die erste Tat des neuen Komitees war ein Befehl zur Niederreißung von Thiers’ Hause. Dieser Torenstreich trug dem Präsidenten Bomba einen Palast ein, den ihm die Versammlung am anderen Tag bewilligte. Dann erließ das Komitee seine Proklamation: „Der Verrat hatte sich eingeschlichen etc.“

Delescluze erließ eine eigene Proklamation. Er konnte sich nur noch mit Mühe fortschleppen, atmete schwer und hatte wohl ein Recht zu sagen: „Wenn ich nur meine Kräfte zu Rate ziehen würde, so hätte ich dieses Amt abgelehnt. Die Lage ist ernst – aber wenn ich die herrliche Zukunft ins Auge fasse, die sich unseren Kindern öffnen wird, selbst wenn es uns nicht gegeben sein sollte, zu ernten was wir gesät haben, so begrüße ich noch mit Begeisterung die Revolution vom 18. März.“

Bei seinem Eintritt ins Ministerium fand er das Zentralkomitee, das gleichfalls eine Proklamation ausarbeitete: „Das Zentralkomitee erklärt, dass es die Pflicht hat, die Revolution vom 18. März, die es so trefflich durchgeführt hat, nicht unterliegen zu lassen. – Es wird unerbittlich jeden Widerstand brechen. – Es denkt den Ungewissheiten ein Ziel zu setzen, den schlechten Willen zu bezwingen, den Eifersüchteleien, der Unwissenheit und Unfähigkeit ein Ende zu machen.“ Das Komitee nahm den Mund voller, als der Rat und schmeichelte vor Allem sich selbst in eigentümlicher Weise.

Von der ersten Nacht an galt es einen Unfall gut zu machen. Das Fort Vanves, auf welches sich alles früher gegen Issy gerichtete Feuer konzentrierte, war beinahe unhaltbar geworden und sein Kommandant hatte es geräumt. Wroblewski wurde davon benachrichtigt. Er übernahm das Kommando La Cécilias, welcher krank geworden war, und in der Nacht vom 10. auf den 11. eilte er an der Spitze des 187. und 105. Bataillons, jener berühmten 11. Legion, herbei, die die Verteidigung bis zur letzten Stunde mit allen Kräften unterstützte. Um vier Uhr morgens erschien Wroblewski vor dem Glacis, wo die Versailler standen, griff sie mit dem Bajonett an, schlug sie in die Flucht, nahm ihnen Gefangene ab und brachte das Fort wieder in unsere Hände. Aufs Neue bewiesen unsere tapferen Föderierten, was sie vermochten, wenn sie richtig geführt waren.

Am Tage nahmen die Versailler das Bombardement wieder auf. Sie überschütteten das Kloster des Oiseaux und das ganze Dorf Issy, dessen große Straße nur noch ein Trümmerhaufen war, mit Bomben und mit Granaten, die mit ätzendem Stoff gefüllt waren. In der Nacht vom 12. auf den 13. überfielen sie das Lyzeum von Vanves, am 13. griffen sie das Seminar von Issy an. Seit fünf Tagen machte Brunel die äußersten Anstrengungen, um in die Verteidigung dieses Dorfes ein wenig Ordnung zu bringen. Rossel hatte diesen Tapferen, der Mitglied des Rates war, aber durch die Eifersucht der Cliquen in der Entfernung gehalten wurde, holen lassen und ihm gesagt: „Die Stellung von Issy ist nahezu verloren; wollen Sie dieselbe halten?“ Brunel opferte sich auf, errichtete Barrikaden, verlangte Artillerie (er hatte nur vier Geschütze) und neue Bataillone, um die zweitausend Mann abzulösen, die seit einundvierzig Tagen dort aushielten.A Man schickte ihm nur zwei- bis dreihundert Mann. Er suchte sich damit einzurichten und befestigte das Seminar. Die Föderierten, von Granaten überschüttet, konnten nicht standhalten. Brunel organisierte eine zweite Linie in den letzten Häusern des Dorfes und begab sich abends auf das Kriegsministerium, wohin ihn Delescluze gerufen hatte, um dem Rat beizuwohnen.

Es war der erste und einzige Kriegsrat, der unter der Kommune abgehalten wurde. Dombrowski, Wroblewski, La Cécilia waren zugegen. Dombrowski sprach in seinem Enthusiasmus davon, hunderttausend Mann auszuheben. Wroblewski, der praktischer war, machte den Vorschlag, die ganzen in Neuilly unnütz verbrauchten Kräfte gegen die südlichen Laufgräben zu richten. Man sprach viel, ohne zu einem Entschluss zu kommen. Als Brunel ankam, war die Sitzung schon aufgehoben. Er musste Delescluze im Stadthaus aufsuchen und begab sich dann wieder nach Issy zurück. Am Versailler Tor gewahrte er außerhalb der Umwallung seine Bataillone, die ohne auf ihre Führer zu hören das Dorf geräumt hatten und heimzuziehen verlangten. Brunel, der ihnen den Durchgang nicht verstatten wollte, versuchte durch das Tor von Vanves zu gelangen, wo man ihm den Ausgang verwehrte. Er kehrte in das Kriegsministerium zurück, schilderte die Lage, verlangte Mannschaft, irrte die ganze Nacht herum, um welche zu finden, und zog morgens um vier Uhr mit hundertundfünfzig Föderierten ab. Aber das Dorf war gänzlich durch die Versailler besetzt. Die Offiziere von Issy wurden vor das Kriegsgericht gestellt. Brunel beschwerte sich in seiner Aussage lebhaft über die frevelhafte Nachlässigkeit, welche die Verteidigung gelähmt habe. Die einzige Antwort war seine Verhaftung.

Er hatte nur zu wahr gesprochen. Die Unordnung im Kriegsministerium machte jeden Widerstand unmöglich. Delescluze brachte auch weiter nichts als seine Hingebung mit. Schwach von Charakter trotz seiner anscheinenden Starrheit, war er blindlings dem Generalstab überlassen, der jetzt unter der Leitung des intriganten Prodhomme stand, welcher alle seine Vorgesetzten überdauerte und es dadurch so weit brachte, für unentbehrlich zu gelten. Das Zentralkomitee, durch die Spaltungen im Rat kühner gemacht, wollte sich überall einmischen, veröffentlichte Beschlüsse, und wies Ausgaben an, ohne sich der Kontrolle der Militärkommission zu unterwerfen. Die Mitglieder der Kommission, intelligente Männer, aber der Minorität angehörig, beschwerten sich bei dem Wohlfahrtsausschuss, der dieselben durch romantische Schwärmer ersetzte. Der Streit dauerte trotzdem fort und wurde so heftig, dass sich das Gerücht von einem Bruch zwischen dem Rat und dem Zentralkomitee unter den Legionen verbreitete.

Die Versailler dagegen drangen immer weiter vor. In der Nacht vom 13. auf den 14. wurde das Fort Vanves, das nur noch schwach das Feuer erwiderte, zum Schweigen gebracht und konnte nicht wieder feuern. Die Garnison zog sich, von allen Seiten abgeschnitten, durch die Steinbrüche von Montrouge zurück. Die Versailler besetzten, was noch vom Fort übrig war. In Versailles gab es ein neues Siegesfest.

Am 16. hatten wir vom linken Ufer bis Petit Vanves, wo ungefähr zweitausend Föderierte unter dem Befehl La Cécilias und Lisbonnes lagerten, keinen einzigen Mann mehr. Wir versuchten das Dorf Issy wiederzunehmen, wurden jedoch zurückgeschlagen. Der Feind konnte von jetzt an seine Annäherungsarbeiten fortsetzen und bewaffnete die beiden Basteien des Forts Issy, welche die Stadt beherrschten. Ihr Feuer, das eine Zeit lang durch die Wälle beeinträchtigt war, erlangte eine bedeutende Überlegenheit und schloss sich den Batterien an, die das 16. Arrondissement zerschmetterten. Dieses unglückliche Arrondissement wurde jetzt von vorn, von der Seite und der Länge nach von ungefähr hundert Feuerschlünden angegriffen. Jetzt dachte man doch daran, ein wenig für die innere Verteidigung zu sorgen. Delescluze dehnte die Macht der drei Generale bis auf diejenigen Stadtviertel aus, in deren Nähe sie kommandierten. Er verabschiedete das Bataillon der Barrikadenmänner, das keine Dienste leistete, übertrug die Arbeiten dem Geniekorps und rief die Wallarbeiter auf. Aber all seine Erlasse blieben tote Buchstaben oder kreuzten sich mit anderen. Als der Delegierte den Wallarbeitern 3,50 Frs. bot, versprach der Wohlfahrtsausschuss auf derselben Seite des Officiel 3,75.

Der Wohlfahrtsausschuss arbeitete mit an der Verteidigung durch ein Dekret, worin er ganz Paris anwies, sich mit einer Legitimationskarte zu versehen, deren Vorzeigung jeder Nationalgardist zu verlangen das Recht haben sollte, ein Dekret, das ebenso unausführbar war und ebenso unausgeführt blieb, wie das Dekret in Bezug auf die Widerspenstigen. Das Stadthaus flößte Niemand Schrecken ein; aus seinem Geschrei hörte man die Unfähigkeit heraus. Als am 12. Bataillone die Bank umstellten und eine Untersuchung vornehmen wollten, warf sich Vater Beslay eilig dazwischen und die schrecklichen Diktatoren vom Komitee verleugneten ihren Agenten. Das Publikum lächelte, was immer schrecklich ist. Noch ein letzter Schlag, und es war um das Ansehen der Kommune geschehen: dieser Schlag ging von der Minorität aus.

Diese war sehr entrüstet, die Fähigsten von den Ämtern vertrieben zu sehen – Vermorel aus der Sicherheitskommission, Longuet vom Officiel, Varlin aus der Intendanz – und sehr aufgebracht über die Unordnung im Kriegswesen. Sie kam auf den unglückseligen Einfall, sich von der Verantwortlichkeit loszumachen, entwarf ein Manifest und unterbreitete es in der Sitzung vom 15. Die benachrichtigte Majorität stellte sich gar nicht ein mit Ausnahme von vier bis fünf Mitgliedern. Die Minorität ließ ihre Abwesenheit konstatieren, und statt die nächste Zusammenkunft abzuwarten, schickte sie ihre Erklärung an die Zeitungen: „Die Kommune“, sagte sie, „hat ihre Macht in die Hände einer Diktatur niedergelegt, der sie den Namen ,Wohlfahrtsausschuss' gegeben hat. Die Majorität hat sich durch ihre Abstimmung für unverantwortlich erklärt. Die Minorität behauptet im Gegenteil, dass die Kommune es der revolutionären Bewegung schuldig ist, alle Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen. – Was uns betrifft, so fordern wir das Recht, allein für unsere Taten einzustehen, ohne uns hinter eine höchste Diktatur zu verschanzen. – Wir ziehen uns in unsere Arrondissements zurück. In der Überzeugung, dass die Kriegsfrage über alle anderen geht, werden wir die Zeit, die uns unsere munizipalen Funktionen übrig lassen, inmitten unserer Brüder von der Nationalgarde verbringen.“

Dies war ein großer und unentschuldbarer Fehler. Die Minorität hatte nicht das Recht, über Diktatur zu schreien, nachdem sie ohne ausdrücklichen Vorbehalt für das zweite Komitee gestimmt hatte. Sie hatte kein Recht zu sagen, dass die Gewählten des Volkes seine Souveränität an sich genommen hätten, denn diese Konzentrierung der Gewalt war rein zufällig, durch den Kampf auferlegt, und ließ das Prinzip der Souveränität in gewöhnlicher Zeit unangetastet. Es wäre würdiger gewesen, offen die Handlungen des Komitees zu missbilligen und dann selbst Besseres vorzuschlagen. Es wäre logisch gewesen, da die Kriegsfrage allem Anderen vorging, nicht die Verteidigung zu schädigen, indem man das Stadthaus verließ. Nicht damit sie in ihren Arrondissements blieben hatten die Arrondissements Vertreter in den Rat geschickt.

Mehrere Mitglieder der Minorität brachten die Frage zur Sprache in den öffentlichen Versammlungen, in welchen sie aufgefordert wurden, ihren Posten wieder einzunehmen. Die vom 4. Arrondissement gaben im Théatre Lyrique eine Auseinandersetzung, worin sie sagten, das Prinzip, das sie geleitet habe, sei, dass die Kommune die einzige Vollstreckerin des öffentlichen Willens sein solle, indem sie durch alltägliche Kundgebungen bezeichne, was für den Triumph der Revolution geschehen müsse. Dies ist allerdings das richtige Prinzip, und die direkte Gesetzgebung durch das Volk kann allein die Revolution sichern. Aber handelte es sich in einem Augenblick, wo die Kanone Alles beherrschte, darum, Gesetze zu machen? Und soll die „vollstreckende Gewalt“ während des Feuers darauf warten, dass der Soldat, der sich für sie schlägt, ihr auch Ideen zuführt?

Die Versailler Zeitungen triumphierten über dieses Manifest. Viele Unterzeichner sahen ihren Fehler ein und fünfzehn von ihnen stellten sich bei der Sitzung vom 17. ein. Der Rat war nie so zahlreich beisammen gewesen. Der Namensaufruf ergab Sechsundsechzig Mitglieder. Zuerst wurde dem Rat ein Antrag vorgelegt, der von einem Verräter eingeblasen worden war. Barral von Montaut, Chef des Generalstabs der 7. Legion, hatte soeben mitgeteilt, dass die Versailler von Vanves eine Krankenwärterin der Kommune füsiliert hätten. Urbain, durch Montaut gedrängt, der sich in seine Freundschaft eingeschlichen hatte, verlangte, dass man zur Vergeltung fünf Geiseln im Innern von Paris und fünf auf den Vorposten erschieße. Der Rat ging zur Tagesordnung über. Er hatte diese Bewegung überwunden, als die Minorität durch ein Mitglied der Majorität interpelliert wurde. Der Interpellant wies ohne Mühe die Nichtigkeit der Gründe nach, auf die sich das Manifest berief, aber er geriet in Hitze und nannte seine Gegner Girondisten. „Girondisten!“ antwortete ihm Frankel, „man sieht wohl, dass Sie mit dem Moniteur von 93 aufstehen und zu Bette gehen, sonst würden Sie den Unterschied zwischen den Girondisten und uns revolutionären Sozialisten kennen.“ Die Diskussion wird heftig. Valles, welcher das Manifest unterzeichnet hatte, sagt: „Ich habe erklärt, dass man sich mit der Majorität verständigen muss, aber man muss auch die Minorität respektieren, denn sie ist eine Macht“, und er verlangt, dass man alle Kräfte gegen den Feind richte. Der Bürger Miot antwortet streng hinter dem Urwald seines Bartes hervor. Ein Mitglied der Majorität spricht von Vermittlung, sogleich verlangt Félix Pyat, um den Zorn zu schüren, die Verlesung des Manifests. Vergebens sagt Vaillant vernünftiger- und gerechterweise: „Wenn unsere Kollegen zurückkommen, ihr Programm missbilligen, soll man es ihnen nicht wieder vor die Augen halten und sie dadurch veranlassen, in ihrem Fehler zu verharren;“ eine vermittelnde Tagesordnung wird durch eine von Miot verfasste verdrängt, die sich in für die Minorität beleidigenden Ausdrücken ergeht.

Plötzlich wird der Streit durch eine entsetzliche Explosion unterbrochen. Billioray stürzt in den Saal und verkündet, die Patronenfabrik in der Avenue Rapp sei aufgeflogen.

Der ganze Osten von Paris ist in Aufruhr. Eine Garbe von Flammen, geschmolzenem Blei, menschlichen Überresten, brennenden Balken steigt vom Marsfeld in ungeheurer Höhe auf und besät die Umgebung mit Kugeln. Vier Häuser stürzen ein, mehr als vierzig Personen sind verstümmelt. Die Katastrophe wäre noch schrecklicher ausgefallen, wenn nicht die Pompiers der Kommune herbeigeeilt wären und Patronenkarren und Pulverfässchen den Flammen entrissen hätten. Eine bestürzte Menge strömt herzu und glaubt an ein Verbrechen, einige Individuen werden verhaftet, ein Kanonier wird auf die École militaire geführt.

Wo ist der Schuldige? Niemand hat es je aufgeklärt. Weder der Rat, noch der Prokurator der Kommune brachten Licht in diese Angelegenheit. Und doch kündigte der Wohlfahrtsausschuss in einer Proklamation an, er habe vier der Schuldigen in den Händen, und Delescluze machte bekannt, die Sache sei beim Kriegsgericht anhängig. Man erfuhr darum nicht mehr, und doch hatte der Rat ebenso wohl die Pflicht wie das Interesse, die Geschichte aufzuklären. Eine ernstliche Untersuchung hätte vielleicht ein Verbrechen enthüllt. Die Arbeiterinnen, welche gewöhnlich um sieben Uhr abends fortgingen, waren an jenem Tag um sechs Uhr verabschiedet worden. Man hatte bemerkt, wie Charpentier von Corbin Dynamit verlangte. Es konnte für den Verschwörer von großem Nutzen sein, mit einem Schlage in dem Kriegsministerium, der Kaserne, der École militaire, dem Artilleriepark und den Baracken vom Marsfeld, welche doch immerhin einige Föderierte enthielten, panischen Schrecken zu verbreiten. Paris glaubte fest an ein Komplott. Die Revolutionäre sagten: „Dies ist die Rache für die Vendômesäule.“

Dieselbe war den Tag zuvor unter großer Feierlichkeit gefallen. Die Idee ihrer Niederreißung, die während der ersten Belagerung eine allgemeine gewesenB, war am 12. April zum Dekret formuliert worden.C Diese Inspiration des Volks war eine menschliche und tiefe, sie bewies, dass der Klassenkrieg jetzt den Völkerkrieg verdrängen sollte und verurteilte eben dadurch den vorübergehenden Sieg der Preußen. Die ziemlich kostspieligen Zurichtungen (ungefähr 15.000 Frs.) waren durch die Schlaffheit des Ingenieurs und die fortgesetzten Anstrengungen zur Bestechung der Arbeiter sehr in die Länge gezogen worden. Am 16. um zwei Uhr wogte eine zahllose Menge in allen benachbarten Straßen in unruhiger Erwartung, wie die Operation ausfallen werde. Die Reaktionäre sagten alle möglichen Katastrophen vorher; der Ingenieur behauptete im Gegenteil, es werde gar keinen Stoß geben, die Säule werde in der Luft zerbrechen. Er hatte sie ein wenig oberhalb des Sockels durchgesägt. Ein schräger Einschnitt sollte den Aufprall auf ein breites Bett von Reisig, Sand und Mist, das in der Mitte der Rue de la Paix aufgehäuft war, erleichtern.

Ein an die Spitze der Säule geknüpftes Tau rollte sich um eine Winde, die am Eingang der Straße befestigt ist. Der Platz ist von Nationalgardisten erfüllt, die Fenster, die Dächer sind von Neugierigen besetzt. In Abwesenheit von Jules Simon und Ferry, die noch vor Kurzem den Sturz der Säule warm befürwortet hatten, beglückwünscht Glais-Bizoin den neuen Polizeipräfekten Ferré, der an die Stelle Cournets getreten war, und vertraut ihm an, es sei seit vierzig Jahren sein glühender Wunsch, das Sühnedenkmal zu zerstören. Die Kapellen spielen die Marseillaise, die Winde dreht sich, die Scheibe zerbricht, ein Mensch wird verwundet. Schon spricht man von Verrat, aber eine zweite Winde ist in Bälde hergestellt. Um 5¼ Uhr erscheint ein Offizier auf der Balustrade, schwenkt lange eine dreifarbige Fahne und befestigt sie am Gitter. Um 5½ Uhr drehte sich die Winde aufs Neue. Einige Minuten später bewegt sich die Säulenspitze langsam. Der Schaft neigt sich allmählich, zerbricht plötzlich in der Luft in blitzähnlichem Zickzack und fällt mit dumpfem Dröhnen. Der Kopf Bonapartes rollt auf den Boden, sein verruchter Arm liegt vom Rumpf abgelöst da. Ein ungeheures Jauchzen wie aus dem Munde eines befreiten Volks steigt aus tausend Kehlen auf. Man erklettert die Trümmer, und von begeisterten Zurufen begrüßt flattert die rote Fahne auf dem gereinigten Sockel, der an jenem Tag der Altar des Menschengeschlechtes wurde.

Das Volk wollte sich in die Trümmer teilen, die anwesenden Mitglieder des Rats waren so ungeschickt, sich dem zu widersetzen. Sieben Tage später lasen sie die Versailler zusammen. Eine der ersten Handlungen der siegreichen Bourgeoisie war es, diese ungeheure Stange, das Symbol ihrer Souveränität, wieder aufzurichten. Um Cäsar auf sein Piedestal zurückzusetzen, bedurfte es eines Gerüstes von dreißigtausend Leichen. Wie die Mütter des ersten Kaiserreichs, mögen die Witwen unserer Tage dieses Ungetüm von Erz nie ohne Tränen erblicken!

A Das nennt General Appert die 7882 Mann starke Brigade Brunel.

B Während der Belagerung brachte das Journal Office der Mairie von Paris einen Brief von Courbet, worin die Niederreißung verlangt wurde.

C Somit war Courbet damals noch gar nicht Kommunemitglied. Dennoch behandelte ihn die Versailler Justiz als den Haupturheber des Sturzes der Säule und verurteilte ihn in die Kosten des Wiederaufbaues.

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