G. Sinowjew 19151011 Die erste Internationale Konferenz

G. Sinowjew: Die erste Internationale Konferenz

(Geschichte ihrer Einberufung, ihrer Zusammensetzung, ihr geistiges Antlitz.)

[„Sozialdemokrat", Nr. 45/46. Nach Lenin/Sinowjew, Gegen den Strom, 1921, S. 281-287]

Offiziell gehörte die Initiative der Einberufung der kürzlich stattgefundenen Konferenz der Italienischen Sozialistischen Partei. Tatsächlich aber lag die Vorbereitungsarbeit und Einberufung hauptsächlich in den Händen des Genossen R. Grimm, Redakteur der „Berner Tagwacht".

Die erste wesentliche Frage war, welche Zusammensetzung die Konferenz haben sollte, welches Kriterium bei der Versendung der Einladungen zugrunde gelegt werden müsste. Ob man danach streben sollte, die wirklich linksstehenden Sozialdemokraten zu versammeln, die imstande wären, sich zusammenzuschließen und das ideelle und geistige Banner des kriegerischen Marxismus zu erheben, oder – sollte man versuchen, alle Führer der Arbeiterbewegung überhaupt zusammenzubringen, die in höherem oder geringerem Maße die heutige Haltung der offiziellen Partei missbilligen, für den Frieden kämpfen wollen usw.

Der offizielle Beschluss der Italiener lautete: Es sollten jene Parteien oder jene Teile der Parteien (und überhaupt der Arbeiterorganisationen) aufgefordert werden, die dem Prinzip des Klassenkampfes und der internationalen Solidarität treu geblieben sind, das Bewilligen der Kriegskredite ablehnen usw. Doch die Tendenz der tatsächlichen Urheber der Konferenz ging dahin, ihre Zusammensetzung möglichst zu erweitern und unter allen Umständen auch die Repräsentanten des deutschen „Zentrums" einzuladen. Mitte Juli fand die Vorkonferenz statt. An ihr waren auch Vertreter der liquidatorischen Organisations-Kommission (P. Axelrod) sowie unseres Zentralkomitees (G. Sinowjew) vertreten. Das war kurz nach der Veröffentlichung der bekannten Kundgebung Kautskys, Haases und Bernsteins gegen Annexionen und für den Frieden. Und da stellte es sich mit einem Schlage heraus, dass das Vorhaben der Organisatoren darauf hinauslief, weniger eine Konferenz der Linken, als eine Konferenz des „Zentrums" mit einer gewissen Beimischung der Linken einzuberufen.

Seitens einer angesehenen Vertreterin der deutschen Linken wurde erklärt, sie stünde für eine Mitarbeit mit der „Richtung" Kautsky. Obwohl wir mit Kautsky und seinen Anhängern theoretisch auseinander gehen, hoffen wir, ihn in der Praxis nach links zu stoßen, so lauteten die Worte dieser Sozialistin in der Wiedergabe eines Einberufers der Konferenz. Die Einberufer waren unbedingt für eine Einladung des „Zentrums", das von Haase, Kautsky und Bernstein geführt wird. Es wurden sogar Stimmen laut, man müsste solche ausgemachten Opportunisten, wie Branting, Troelstra und ähnliche einladen. Der Vorschlag unseres Zentralkomitees, die Frage, ob das deutsche „Zentrum" eingeladen werden solle, der Entscheidung der Linken in Gestalt der Anhänger der „Internationale" und „Lichtstrahlen" zu überlassen – wurde abgelehnt. Ebenso abgelehnt wurde der Vorschlag desselben Zentralkomitees, zur geplanten zweiten Vorkonferenz die wirklichen Linken aufzufordern (die holländischen Tribunisten, den Genossen Höglund aus Skandinavien, die bulgarischen „Engherzigen", die Anhänger der Zeitschrift „Lichtstrahlen", die lettische Sozialdemokratie usw.). P. Axelrod gab offiziell die Erklärung ab, dass, wenn Haase, Kautsky und deren „Richtung" nicht eingeladen worden wäre, er, Axelrod, sich vor die Frage gestellt sehen würde, ob er in diesem Fall an der Konferenz teilnehmen könnte. Es war klar: es sollte nach rechts, zu einem Bund mit dem Zentrum, gesteuert werden. Uns blieb nichts anderes übrig, als gegen diesen Kurs zu protestieren und unsererseits Schritte zu unternehmen, um die Rechte der wahrhaft revolutionären Elemente zu wahren.

In dieser Richtung, in der Richtung der Annäherung mit dem Zentrum, wurde unzweifelhaft auch die ganze Vorarbeit geführt in der Zeit zwischen der Vorkonferenz und der Konferenz selbst. Doch – die Rechnung wurde ohne den Wirt gemacht! Die Einberufer der Konferenz hatten zwar großes Verlangen, dem Zentrum näher zu kommen, aber welch ein Malheur: das Zentrum wollte den Einberufern der Konferenz nicht näher kommen… Auf der Konferenz selbst bekam man aus Berichten der Einberufer ein vollkommen klares Bild. Kautsky, Haase und Bernstein suchten eine Annäherung an die französischen Sozialpatrioten vom Schlage Renaudels – was ihnen übrigens auch nicht gelang, in Anbetracht des gegenseitigen Misstrauens dieser Nationalisten verschiedener Marke. Aber sie suchten keine Annäherung an die linken, internationalistischen Elemente.

Auf diese Weise war die Konferenz befreit von der Teilnahme der direkten ,,Kautskyaner", die nur einen Scheinkampf gegen die sozialchauvinistischen Parteien führen, in Wirklichkeit aber Diener des Sozialchauvinismus sind Die schwankende Haltung der Linken, die sich zum Zentrum hingezogen fühlten, richtete keinen allzu großen Schaden an, weil das Zentrum, das sich viel verwandter mit den Sozialchauvinisten fühlte, den schwankenden Linken kein Entgegenkommen zeigte. Das ist ein Zeichen der Zeit. Die objektiven Verhältnisse sind derart, dass alle Illusionen über das „Zentrum" immer mehr und mehr zerstreut werden müssen. Kautsky und Konsorten arbeiten für uns, revolutionäre Marxisten. Die Kautskyaner öffnen die Augen allen anderen und treiben die unentschlossensten Elemente unter den Internationalisten in eine unversöhnliche Position. Darin liegt die Gewähr dafür, dass unter den oppositionellen Elementen früher oder später die entschlossene und unversöhnliche internationalistische Richtung den Sieg davontragen wird. Entweder mit dem Sozialchauvinismus, oder mit dem kriegerischen Marxismus – so wird die Frage vom Leben selbst gestellt.

Die Abschwenkung der Konferenzeinberufer in der Richtung des „Zentrums" hat sich dennoch in der Zusammensetzung der Konferenz und vor allem in der Zusammensetzung der deutschen Delegation ungünstig geäußert. Deutschland war durch 10 Delegierte vertreten. Aber die ausgesprochen internationalistischen Elemente hatten darunter nur eine schwache Vertretung. Die deutsche Delegation war nicht einheitlich. Sie wies drei Schattierungen auf. Die Majorität – 5, 6 Personen – hatte an der Spitze den Abgeordneten Ledebour, der jene Elemente der Linken vertrat, welche zwischen Liebknecht und Kautsky schwanken. Ledebour und seine Anhänger stimmen im Reichstag nicht gegen die Müitärkredite, sie enthalten sich der Abstimmung. Ihre Begründung vor der Konferenz war die: das Stimmen gegen die Kredite von Seiten einer ganzen Gruppe von Abgeordneten würde eine Spaltung der Parlamentsfraktion bedeuten und die Spaltung dieser letzteren würde Parteispaltung heißen. Aber man braucht nur Geduld, und die Linken werden die Majorität innerhalb der Partei erlangen. Karl Liebknecht hätte durch sein Stimmen gegen die Kredite und seinen offenen Disziplinbruch nur den Rechtsstehenden geholfen. Die Verpflichtung, gegen die Kredite zu stimmen, könne er, Ledebour, nicht übernehmen. Das ist eine Frage, die die Deutschen nur unter sich entscheiden können. Das war die Stellungnahme der Majorität der deutschen Delegation.

Eine andere Schattierung war durch eine Gruppe von zwei, drei Delegierten vertreten (Württemberger und in einigen Fragen noch einige andere). Diese Genossen sind mit der Politik der einfachen Stimmenthaltung für die Militärkredite unzufrieden, sie stehen viel näher zu Liebknecht. Aber ihnen fehlt jede einheitliche theoretische Beurteilung des Moments, sie haben sich zum endgültigen Bruch mit der offiziellen Partei nicht durchgerungen, obwohl die letztere sie ausgeschlossen hat; sie sind noch nicht endgültig mit der Tradition der „alten bewährten Taktik" fertig geworden.

Die dritte Schattierung war nur durch einen einzigen Delegierten vertreten. Nur dieser Genosse unterstützte rückhaltlos die Taktik Liebknechts. Er allein sprach über die Sozialchauvinisten und das Zentrum in dem Tone, wie die Zeitschrift „Die Internationale" und die „Lichtstrahlen" zu reden pflegen. (Die Majorität der deutschen Delegation erlaubte sich als Antwort darauf ein höchst illoyales Benehmen gegenüber diesem Genossen.)

Die Folge war, dass die deutsche Delegation der Konferenz bedeutend schlechter war, als wir der Presse nach von den deutschen Linken zu glauben gewohnt waren. Die Majorität der deutschen Delegation versetzte die Konferenz in eine unmögliche Situation: eine Konferenz von Internationalisten war nicht einmal imstande, die für jeden Sozialisten elementare Forderung – das Stimmen gegen Militärkredite in Parlamenten – durchzuführen. Ledebour erklärte ultimativ, dies sei für ihn unannehmbar. Es gab Momente, wo es schien, dass wir in Gestalt von Ledebour und seiner Freunde vor uns die nämlichen Kautskyaner hatten.

Es wäre ungerecht, nach Ledebour und seinen Freunden über die ganze deutsche Linke urteilen zu wollen. Auf der Konferenz wurde das offizielle Schreiben eines sehr bekannten Vertreters der deutschen Linken verlesen, der sich gegen Ledebour (ohne ihn zu nennen) wandte, ein „schonungsloses Gericht über die Überläufer" forderte, auf der Brandmarkung der Schwankenden bestand und erklärte, dass die III. Internationale nur auf den „Trümmern" der II. aufgebaut werden könnte usw. Unter den Delegierten zirkulierte außerdem ein Privatbrief eines noch angeseheneren Vertreters der deutschen Linken, der schrieb, ein Annäherungsversuch an Kautsky-Haase-Bernstein würde einen großen Fehler bedeuten, die Versöhnungsrichtung des „Zentrums" könnte nur dem linken Flügel schaden.

Es ist möglich, dass die Lage der deutschen Linken im Lande selbst, in den Organisationen, „unten", bedeutend besser ist, als sie sich im schiefen Spiegel der Ledebourschen Delegation widergespiegelt hat. Aber das eine hatte die Konferenz unzweifelhaft gezeigt: die frühere Rolle der deutschen Sozialdemokraten ist endgültig ausgespielt. Das Erbe der Vergangenheit lastet noch selbst auf den oppositionellen Elementen der deutschen Sozialdemokratie allzu sehr, als dass sie Führer der neuen Internationale hätten werden können.

Frankreich war nur durch zwei Delegierte vertreten: den Syndikalisten Merrheim und den Sozialisten Bourderon. In dieser kleinen Delegation spiegelte sich wie in einem Wassertropfen die Übergangslage der französischen Arbeiterbewegung wider. Die Arbeiterklasse wird in Frankreich niedergehalten wie nirgends sonst. Ein Sechstel des französischen Territoriums ist vom Feinde besetzt. Und diese Tatsache drückt auf das Bewusstsein der breiten Massen. Nicht nur der offizielle Sozialismus hat Bankerott gemacht, sondern auch der Syndikalismus und Anarchismus. Die Arbeiter glauben niemandem mehr. Alle pompösen revolutionären Versprechungen, alle tönenden Phrasen von der Insurrektion im Kriegsfalle, alles Gerede über eine action directe, all das erwies sich als leeres Geschwätz. Guesde ist ins Ministerium eingetreten, Hervé ist zum chauvinistischen Marktschreier geworden, Jouhaux ist faktisch ein Agent der französischen Bourgeoisie.

Die Opposition in der französischen Arbeiterklasse ist erst im Entstehen, begriffen. Alles befindet sich noch im Prozess der Gärung. Die bestehenden Elemente der französischen Arbeiterbewegung stehen am Scheidewege, Es beginnt ein ungeheurer Prozess der Wiedergeburt. Merrheim, der wahre Sohn der französischen Arbeiterklasse, ihr talentvoller Vertreter, hat durch seine Gestalt diesen beginnenden tiefen Prozess verkörpert. Vom Syndikalismus geht er zum Sozialismus über. Aber – geht tastend, vorsichtig, sich umsehend, und will noch nichts von der marxistischen Theorie wissen (die „Theorie" war für viele Delegierte der Konferenz geradezu ein Schreckgespenst), lehnt es noch ab, von einer Wiederherstellung der III. Internationale zu reden.

Die italienische sozialistische Partei hatte vier Delegierte gesandt. Diese Partei hatte sich bekanntlich schon vor drei Jahren, während des italienisch-türkischen Krieges von ihren Sozialchauvinisten abgespalten. Und sie tat es deshalb, weil die Opportunisten (Bissolati und Konsorten) Chauvinisten geworden waren. Dieser Umstand erleichterte den italienischen Sozialisten im Kriege 1914/15 eine antichauvinistische Position einzunehmen. Dies umso mehr, da sie Zeit hatten, sich die verderblichen Folgen der sozialchauvinistischen Taktik anzusehen, sodass es ihrer Bourgeoisie schwerer fiel, die Arbeiter mit dem Geschrei von der „Vaterlandsverteidigung" zu hinterführen.

Man soll dennoch nicht glauben, dass die ganze italienische Partei auf dem Boden der marxistischen Theorie stehe. Die halbe Delegation (zwei von vier) gehörte zu den linken Reformisten. (Die linken Reformisten sind nach dem Ausschluss der rechten in der Partei verblieben.) Unter den linken Reformisten sind pazifistische Tendenzen wach; unter ihnen besteht sogar eine franzosenfreundliche Schattierung; jedenfalls fehlt ihnen der Mut, gegen den Opportunismus vorzugehen und eine dritte Internationale mitzubauen, ohne die Opportunisten und gegen sie. Die Italiener zeigen viel aufrichtiges sozialistisches Gefühl, Ehrlichkeit und Treue, aber es mangelt ihnen an einer marxistischen „konsequenten" Richtlinie.

Von der Balkan-Föderation waren zwei Delegierte gekommen: der bulgarische „Engherzige" Genosse Kolarow und der Delegierte der rumänischen Partei Rakowski. Die bulgarischen „Engherzigen" sind Marxisten. Sie führten in Bulgarien einen langwierigen Kampf mit den bulgarischen Liquidatoren („Weitherzigen") durch, die jetzt die eifrigsten Schüler Plechanows bilden. In ihrem Lande verfolgen die Genossen „Engherzigen" eine ausgezeichnete Linie, aber auf dem Forum der Internationale treten sie einstweilen noch nicht so entschlossen hervor. Rakowski macht in seiner neuen Broschüre Zugeständnisse an den Gedanken der „Vaterlandsverteidigung"; auf der Konferenz gab er sich als Anhänger der Wiederherstellung der alten II. Internationale, ohne den Opportunisten einen entschlossenen Kampf bis ans Ende ansagen zu wollen.

Von Schweden und Norwegen waren die Genossen Höglund und Nehrmann zugegen. Hinter ihnen stehen große Organisationen. In Schweden haben die Linken drei Tageszeitungen. In der Kammer hat die Gruppe Höglund 13 Abgeordnete. In gewissen Fragen erreicht diese Gruppe die Zahl 30. Mit dem Opportunisten Branting führt die Gruppe Höglund seit Jahren einen sehr erfolgreichen Kampf. In Norwegen ist die Stütze der Linken die Jugendorganisation. Die Schweden und Norweger haben ausführliche Resolutionen über den Krieg angenommen im Geiste des Manifestes unseres Zentralkomitees, mit dem sich die skandinavischen Genossen einmütig solidarisiert haben.

Von Holland war nur die Genossin Roland-Holst anwesend, die in ihrem Lande eine mittlere Position zwischen den Marxisten („Tribunisten": Gorter, Pannekoek) und den Opportunisten (Partei Troelstras) einnimmt.

Polen hatte drei Delegierte: Radek (von der polnischen sozialdemokratischen Opposition), Warski (Zentralleitung der Polnischen Sozialdemokratie), Lapinski (Polnische Sozialistische Partei).

Von der Schweiz waren: Grimm, Naine und Platten da.

Russland war folgendermaßen vertreten: Das Zentralkomitee durch Lenin und Sinowjew; die Organisations-Kommission (O. K.) durch Axelrod und Martow; die Redaktion des „Nasche Slowo" (die ebenso wie der jüdische „Bund", wer weiß warum, getrennt von der O. K. eingeladen worden war) durch Trotzki; die Partei der Sozialrevolutionäre war durch Bobrow (vom Zentralkomitee) und Gardenin (Redaktion des Blattes „Schisn") vertreten; die Lettische Sozialdemokratie durch Genossen Winter, der „Bund" (der einen Delegierten nur zu Informationszwecken geschickt hatte) durch Klemanski.

Auf diese Weise wurde also die Konferenz ihrer Zusammensetzung nach ziemlich buntscheckig. Neben überzeugten Sozialisten waren Gefühlssozialisten da, Elemente, die in der Richtung des „Zentrums" schwanken, Genossen, die ihre Rechnung mit dem Pazifismus noch nicht abgeschlossen haben, Anhänger des Reformismus und Syndikalismus, die vom Leben jetzt nach der anderen Seite getrieben werden, usw.

Auf der Konferenz bildete sich gleich am ersten Tage eine kompakte Gruppe der marxistischen Linken von sieben bis acht Personen, die mitunter die Zahl zehn und elf erreichte. Dieser Gruppe gehörten an: die Delegierten des Zentralkomitees der R. S.-D. Arbeiterpartei, der Delegierte der lettischen Sozialdemokratie, der der polnischen sozialdemokratischen Opposition, die Delegierten Schwedens und Norwegens und ein linker deutscher Delegierter. Dieser linke Flügel der Konferenz trat die ganze Zeit einmütig und geschlossen hervor. Er allein brachte den Entwurf einer marxistischen Resolution und den Entwurf eines Manifestes ein. Ein deutlich ausgesprochenes und einheitliches Programm wurde nur von ihm allein verfochten. In allen Fragen ideell-politischen Charakters fanden auf der Konferenz eigentlich Zweikämpfe zwischen diesem linken Flügel und der Gruppe Ledebour statt.

Eine Reihe von Beschlüssen wurde von der Konferenz gegen unseren linken Flügel angenommen. Die Konferenz tat bloß den ersten schüchternen und unsicheren Schritt auf dem Wege, auf den wir die internationalistischen Elemente des Sozialismus rufen. Vor allem wollte die Konferenz keine genaue und klare Resolution über die Krise annehmen, wollte nicht dem Opportunismus offen den Krieg erklären und theoretisch die Fahne des Marxismus erheben. Bei der gegebenen Sachlage ist dies vielleicht unvermeidlich. Die Entwicklung geht ein sehr langsames Tempo. Aber sie geht dennoch vorwärts. Man vergleiche nur die Resultate der jetzigen Konferenz mit den Resultaten der noch viel zaghafteren Konferenz der sozialistischen Frauen.

Das Leben ist auf unserer Seite. Der objektive Gang der Ereignisse wird das Seine tun. Die Herren Sozialchauvinisten und die Herren aus dem „Zentrum" werden durch ihr Verhalten selbst dafür sorgen, den schwankenden Internationalisten die Richtigkeit der von uns vorgeschlagenen unversöhnlichen Taktik zu beweisen.

Man nehme z. B. nur die Frage nach der III. Internationale. Die Einberufer der Konferenz, die Vertreter ihrer Majorität erklärten und erklären noch, dass sie eine III. Internationale nicht bauen wollen. „Avanti" (das Organ der Italiener) und die „Berner Tagwacht" (das Organ R. Grimms) suchen zu beweisen, dass die von der Konferenz gewählte „Internationale Sozialistische Kommission" keineswegs zum Ziel habe, das alte Internationale Sozialistische Büro zu ersetzen und müsse gar zur Wiedergeburt des letzteren beitragen. Aber – die Geschehnisse haben ihre eigene Logik. Wir wollen sehen, wie die offiziellen, sozialchauvinistischen Parteien sich zur Wahl der Internationalen Sozialistischen Kommission stellen werden.

Der objektive Gang der Ereignisse, die Entfaltung des Kampfes der Richtungen haben bereits dazu geführt, dass gegen den Wunsch der Einberufer der Konferenz ihr Bündnis mit dem „Zentrum" nicht stattgefunden hat. Derselbe Gang der Ereignisse wird auch dazu führen, dass – gegen den Wunsch der Majoritätsvertreter der Konferenz – diese Konferenz gerade zum Grundstein der neuen III. Internationale werden wird. In dieser Richtung werden die Marxisten geduldig weiter arbeiten ohne ideelle Zugeständnisse zu machen, aber auch ohne sich der praktischen Bewegung fernzuhalten. Und die Zeit wird kommen, da alle ehrlichen Sozialisten mit uns in den Ruf einstimmen werden:

Die II. Internationale ist tot, verseucht durch den Opportunismus, es lebe die III. Internationale, befreit vom Opportunismus!“

11. Oktober 1915

G. Sinowjew.

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