Die Entstehung des Arbeiter-Delegiertenrates

Die Entstehung des Arbeiter-Delegiertenrates.

Die Monate Oktober, November und Dezember 1905 sind die Zeit der revolutionären Kulmination. Diese beginnt mit dem bescheidenen Streik der Moskauer Druckereiarbeiter und endet mit der von der Regierung vollbrachten Zertrümmerung der Krönungsstadt der russischen Zaren. Jedoch gebührt mit Ausnahme des Schlussaktes des Moskauer Aufstandes – soweit die Ereignisse dieser Periode in Betracht kommen – die erste Stelle nicht der Stadt Moskau.

Die Rolle Petersburgs in der russischen Revolution kann keineswegs mit derjenigen von Paris in der Revolution des 18. Jahrhunderts verglichen werden. Die allgemein-ökonomische Rückständigkeit Frankreichs und die Primitivität ihrer Kommunikationsmittel einerseits, die administrative Zentralisation andererseits erlaubten es Paris, die Revolution ihrem Wesen nach innerhalb seiner Mauern zu lokalisieren. Ganz anders bei uns. Die kapitalistische Entwicklung hatte in Russland so viele selbständige revolutionäre Herde entstehen lassen als sie Zentren der Großindustrie geschaffen hatte. Diese Herde waren selbständig, aber doch eng mit einander verbunden. Die Eisenbahn und der Telegraph dezentralisierten die Revolution trotz des zentralisierten Charakters des Staates, zugleich aber brachten sie Einheit in alle ihre lokalen Erscheinungsformen. Wenn man auch schließlich die Stimme Petersburgs als die von überragendster Bedeutung anerkennen kann, so doch nicht in dem Sinne, dass diese Stimme die Revolution auf dem Newski-Prospekt oder bei dem Winterpalais konzentrierte, sondern einzig und allein so, dass die Losungsworte und Kampfesmethoden der Hauptstadt mächtigen revolutionären Widerhall im ganzen Lande geweckt haben. Der Typus der Petersburger Organisation, der Ton der Petersburger Presse wurde im entscheidenden Augenblick mustergültig für die Provinz. Die lokalen Ereignisse in der Provinz hatten, mit Ausnahme der Meutereien in der Flotte und in den Festungen, keine selbständige Bedeutung.

Wenn wir also berechtigt sind, die Newahauptstadt in den Mittelpunkt aller Ereignisse des Jahres 1905 zu rücken, so müssen wir in Petersburg selbst den Arbeiter-Delegiertenrat an die Spitze stehen. Nicht nur deswegen, weil dies die größte Arbeiterorganisation ist, die Russland bisher sah, auch deswegen nicht, weil der Petersburger Rat für Moskau, Odessa und eine Reihe anderer Städte mustergültig war, sondern vor allen Dingen deshalb weil diese rein proletarische Klassenorganisation als die Organisation der Revolution par excellence auftrat. Der Rat war die Achse, um die sich alle Ereignisse bewegten, zu ihm zogen alle Fäden hin, von ihm ging jeder Kampfruf aus.

Was stellte er nun eigentlich dar?

Der Arbeiter-Delegiertenrat entstand als die Erfüllung eines objektiven, durch den Gang der Ereignisse erzeugten Bedürfnisses nach einer Organisation, die die Autorität darstellen könnte, ohne Traditionen zu haben, einer Organisation die mit einem Male die zerstreuten, nach Hunderttausenden zählenden Massen umfassen könnte, ohne ihnen viele organisatorische Hemmung aufzuerlegen, nach einer Organisation, die die revolutionären Strömungen innerhalb des Proletariats vereinigen, die einer Initiative fähig und automatisch sich selbst kontrollieren könnte und, was die Hauptsache ist, einer Organisation, die man innerhalb 24 Stunden ins Leben rufen könnte. Die Sozialdemokratische Organisation, die im Geheimen einige hundert Arbeiter eng zusammenhielt und außerdem auf einige tausend Petersburger Arbeiter bedeutenden politischen Einfluss ausübte, hatte es verstanden, den Massen die Parole zu geben indem sie ihre elementare Erfahrung mit dem Blitzlicht des politischen Gedankens beleuchtete, – aber die hunderttausendköpfigen Massen durch ein lebendiges Band einer Organisation zu vereinigen, dazu reichte ihre Kraft schon deswegen nicht aus, weil sie den Hauptteil ihrer Arbeit stets in den vor der Masse verborgenen konspirativen Laboratorien vollbrachte. Die Organisation der Sozialrevolutionäre krankte an demselben Übel des unterirdischen Daseins, noch verstärkt durch Ohnmacht und Mangel an Standhaftigkeit. Die Reibungen zwischen den zwei gleich starken Fraktionen der Sozialdemokratie untereinander einerseits, der Kampf beider Fraktionen mit den Sozialrevolutionären andererseits, machten die Schaffung einer parteilosen Organisation absolut unentbehrlich. Schon am zweiten Tage nach ihrer Entstehung, um noch in den Augen der Masse als Autorität zu gelten, musste sie auf der Grundlage des allerweitesten Vertretungsmodus organisiert werden.

Was sollte nun als grundlegendes Prinzip angenommen werden? Die Antwort war von selbst gegeben. Da das einzige Band zwischen den im Sinne der Organisation noch unberührten proletarischen Massen der Produktionsprozess war, so blieb nur übrig, die Vertretung den Fabriken und Werkstätten anzupassen.* Als organisatorischer Präzedenzfall galt das Komitee des Senators Schidlowski. Die Initiative zur Schaffung einer revolutionärem selbstverwaltenden Körperschaft von Arbeitern ergriff am 23. Oktober – in dem Augenblick, wo der größte aller Streiks herannahte – die eine von den zwei sozialdemokratischen Organisationen Petersburgs. Bereits am 26. abends stand in dem Gebäude des Technologischen Institutes die erste Sitzung, des zukünftigen Delegiertenrates statt. Es waren nicht mehr als 30 bis 40 Delegierte anwesend, und es wurde beschlossen, das Proletariat der Hauptstadt zu einem politischen Generalstreik aufzufordern, sowie Vorschläge zur Wahl von Delegierten zu machen. „Die Arbeiterklasse", so lautete der in der ersten Sitzung ausgearbeitete Aufruf, „nimmt ihre Zuflucht zu dem letzten machtvollen Mittel der Arbeiterbewegung der ganzen Welt – zum Generalstreik … In den nächsten Tagen wird in Russland Entscheidendes vor sich gehen. Diese Ereignisse werden auf lange Jahre hinaus das Schicksal der Arbeiterklasse bestimmen, wir müssen diesen Ereignissen in voller Bereitschaft entgegensehen, einig durch unseren gemeinsamen ,Rat' …”

Dieser ungeheuer wichtige Beschluss wurde einstimmig gefasst – dazu ohne jeden prinzipiellen Streit über den Generalstreik, seine Methoden, Ziele und Möglichkeiten, während gerade diese Fragen einige Monate später einen leidenschaftlichen Ideenkampf in den Reihen unserer deutschen Partei hervorriefen. Es ist unnötig, diese Tatsache durch die Verschiedenheit der nationalen Psychologie zu erklären – im Gegenteil, wir Russen neigen krankhaft zu taktischen Grübeleien und zu allerkleinlichster Zerfaserung der zukünftigen Dinge. Die Ursache war der revolutionäre Charakter der Zeit. Der Rat stand von dem Moment seines Entstehens bis zum Augenblicke seines Unterganges unter dem mächtigen Drucke der revolutionären Elementargewalt, die ohne jede Rücksicht die Arbeit des politischen Bewusstseins überholte. Jeder Schritt der Arbeitervertretung war im Voraus bestimmt und die „Taktik” eine selbstverständliche. Kampfmethoden brauchten nicht beraten zu werden, man hatte kaum genügend Zeit, sie unter eine Formel zu bringen …

Der Oktoberstreik näherte sich sicheren Schrittes seinem Höhepunkte. An seiner Spitze schritten die Metallarbeiter und Buchdrucker, sie hatten als erste den Kampf aufgenommen und formulierten am 26. Oktober in scharfer und deutlicher Weise ihre politische Parole.

Wir kündigen den politischen Streik an”, so erklärte die Obuchowsche Fabrik, diese Hochburg der Revolution, „… und werden bis zum Schlusse kämpfen für die Einberufung der Konstituierenden Versammlung auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts zum Zwecke der Einführung einer demokratischen Republik in Russland.” Die Arbeiter der Elektrizitätswerke stellten die gleichen Forderungen auf und erklärten: „Wir werden zusammen mit der Sozialdemokratie für unsere Forderungen kämpfen und erklären vor der gesamten Arbeiterklasse, dass wir bereit sind, mit der Waffe in der Hand für die volle Befreiung des Volkes einzutreten.”

Noch entschiedener formulierten die Arbeiter der Buchdruckerbranche die Aufgaben des Augenblicks, als sie am 27. Oktober ihre Abgesandten in den Delegiertenrat schickten:

Indem wir den nur passiven Kampf der bloßen Arbeitseinstellung als unzulänglich erachten, beschließen wir: die Armee der ausständigen Arbeiterklasse in eine revolutionäre Armee zu verwandeln, dass heißt, unverzüglich Kampfgruppen zu organisieren. Diese Kampfgruppen mögen für die Bewaffnung der übrigen Arbeitermassen sorgen, indem sie zum Beispiel die Waffenlager plündern und der Polizei und den Soldaten die Waffen entreißen, wo dies möglich ist.” Diese Resolution war kein leeres Wort. Die Kampfgruppen der Buchdrucker führten mit besonderem Erfolge die Beschlagnahme der größten Druckereien aus für den Druck der „Nachrichten des Arbeiter-Delegiertenrates” und leisteten bei der Durchführung des Post- und Telegraphenstreiks unschätzbare Dienste.

Am 28. Oktober arbeiteten noch die meisten Textilfabriken. Um die nicht streikenden Arbeiter zum Streik heranzuziehen, gebrauchte der Rat eine ganze Hierarchie von Mitteln – von den Aufrufen mit Worten bis zum Zwang mit Gewalt. Es war jedoch nicht nötig, zu äußersten Mitteln zu greifen. Wo der gedruckte Aufruf nicht half, dort genügte das Erscheinen eines Haufens von Streikenden, manchmal nur wenigen Leuten, und die Arbeit wurde eingestellt.

Ich gehe an der Fabrik Peklije vorüber", meidet ein Delegierter dem Rate, „und sehe, dass gearbeitet wird. Ich läute. Meldet, ein Delegierter vom Arbeiterrat sei da." – „Was wünschen Sie?" fragt der Verwalter – „Im Namen des Rates fordere ich, dass Ihre Fabrik sofort geschlossen werde.“ „Gut" Um 3 Uhr wurde die Arbeit eingestellt.

Am 29. Oktober legten bereits alle Textilfabriken die Arbeit nieder. Nur im Zentrum der Stadt wurde der Handel nicht unterbrochen. In den Arbeitervierteln waren alle Läden geschlossen.

Indem der Rat den Streik ausbreitete, erweiterte und kräftigte er sich selbst. Jede streikende Fabrik wählte einen Vertreter, stattete ihn mit dem nötigen Mandat aus und sandte ihn in den Rat. Bei der zweiten Sitzung waren bereits 40 Delegierte von größeren Fabriken, zwei kleineren und drei Gewerkschaften, der Buchdrucker, der Handelsangestellten und der Büroangestellten anwesend. Diese Sitzung fand im Hörsaale für Physik des Technologischen Instituts statt und war die erste, der der Verfasser dieser Zeilen beiwohnte.

Das war am 27. Oktober, wo der Streik einerseits, andererseits die Entzweiung in der Regierung sich sichereren Schrittes dem Augenblicke der Krise näherten. An diesem Tage erschien der berühmte Ukas Trepows: „Keine blinden Schüsse abgeben, keine Patronen sparen." Am nächsten Tage, am 28. Oktober, sah Trepow plötzlich ein, dass „im Volke das Bedürfnis, sich zu versammeln, herangereift sei", er verbot die Meetings in den Hochschulen und versprach, für die Versammlungen drei städtische Lokale zur Verfügung zu stellen. „Welch eine Umwandlung im Verlauf von 24 Stunden", schrieben wir in den „Nachrichten des Arbeiter-Delegiertenrates", „gestern waren wir nur für Patronen reif und heute sind wir es für Volksversammlungen. Der blutdürstige Schuft hat Recht: in diesen Tagen des Kampfes reift das Volk von Stunde zu Stunde!"

Ungeachtet der Verbote waren die Hochschulen am Abend des 27. Oktober überfüllt. Überall fanden Meetings statt. „Wir, die wir hier versammelt sind, erklären", so lautete die Antwort an die Regierung, „dass wir das revolutionäre Volk von Petersburg, nicht genug Platz haben in den Mausefallen, in die uns General Trepow einladet. Wir erklären dass wir uns nach wie vor in den Hochschulen, Fabriken, auf der Straße und überall dort, wo wir es für nötig halten, versammeln werden."

Aus dem Festsaale des Technologischen Instituts, wo der Verfasser beantragte, an den Gemeinderat die Forderung nach Bewaffnung einer Arbeitermiliz zu stellen, ging er in den Hörsaal für Physik hinüber, hier sieht er zum ersten Mal den am Abend vorher entstandenen Arbeiter-Delegiertenrat. Auf den Bänken, die amphitheatermäßig aufgestellt waren, saßen gegen 100 Arbeitervertreter und Mitglieder von revolutionären Parteien. Am vordersten Tische hatten der Vorsitzende und die Schriftführer Platz genommen. Die Versammlung glich mehr einem Kriegsrat als einem Parlament. Von Vielrederei, dieser Krankheit aller Vertretungskörperschaften, war keine Spur Die Fragen, die hier diskutiert wurden, die Ausbreitung des Streiks und die Forderungen an den Gemeinderat, waren rein praktischer Natur und wurden sachlich kurz, energisch behandelt. Man fühlte, dass es auf jedes kleinste Zeitteilchen ankomme. Die geringste Hinneigung zur Rhetorik begegnete entschiedener Abwehr seitens des Vorsitzendem unter vollster Zustimmung der ganzen Versammlung. Einer besonderen Deputation wurde aufgetragen, folgende Forderungen an den Gemeinderat zu stellen: 1 Unverzügliche Maßnahmen zu ergreifen für die Regulierung der Proviantversorgung der vieltausendköpfigen Arbeitermasse; 2. Lokale für die Versammlungen zur Verfügung zu stellen; 3. alle Assignierungen für die Polizei und die Gendarmerie usw. einzustellen; 4. Geld zur Bewaffnung des für die Freiheit kämpfenden Proletariats von Petersburg herzugeben.

Angesichts der Zusammensetzung des Gemeinderates aus Bürokraten und Hausbesitzern war die Stellung solch radikaler Forderungen an ihn ein ausschließlich agitatorischer Schritt Der Rat gab sich diesbezüglich natürlich keinerlei Illusionen hin. Er erwartete keine praktischen Erfolge und – hatte sie auch nicht.

Am 29. Oktober wurde die Deputation des Rates nach einer Reihe von Abenteuern, einem Verhaftungsversuch usw. – wir erinnern daran, dass alles das noch vor der Veröffentlichung des Verfassungsmanifestes geschah in einer „privaten Konferenz” von dem Petersburger Gemeinderat empfangen. Vor allen Dingen beschloss der Gemeinderat gemäß einer Forderung der Deputation, die von einer Gruppe von Gemeinderäten energisch unterstützt wurde: im Falle der Verhaftung von Arbeiterdelegierten das Stadthaupt zum Stadthauptmann mit der Erklärung zu entsenden, dass die Gemeinderäte die Verhaftung von Delegierten als Beleidigung des Gemeinderates ansehen würden. Erst nachdem dies geschehen war, ging man daran, die genannten Forderungen zu stellen.

Die Umwälzung, die in Russland vor sich geht”, schloss der Redner der Deputation, Genosse Radin-Petrow, „ist eine bürgerliche Umwälzung, sie geschieht also im Interesse der besitzenden Klassen. Es liegt in Ihrem eigenen Interesse, meine Herren, dass sie bald vollendet wird. Wenn Sie auch nur einigermaßen imstande sind, in die Zukunft zu sehen, und wenn Sie für die Interessen Ihrer Klasse einen wirklich weiten Blick haben, so müssen Sie mit aller Kraft dem Volke zu einem möglichst raschen Sieg über den Absolutismus verhelfen. Wir brauchen weder Ihre Sympathiekundgebungen, noch platonische Unterstützung unserer Forderungen. Wir fordern, dass Sie Ihre Hilfe durch eine Reihe praktischer Handlungen bekunden. Auf Grund eines volksfeindlichen Wahlsystems befindet sich das Vermögen der Anderthalbmillionenstadt in den Händen der Vertreter von einigen tausend Besitzenden. Der Arbeiter-Delegiertenrat fordert – und er ist berechtigt, zu fordern und nicht zu bitten, da er der Vertreter einiger hunderttausend Arbeiter ist, Sie aber nur die Vertreter eines Häufleins von Wählern! – der Arbeiter-Delegiertenrat fordert, dass das Vermögen der Stadt allen ihren Bewohnern für ihre Bedürfnisse zur Verfügung gesteht werde. Und da jetzt der Kampf mit dem Absolutismus die wichtigste politische Aufgabe ist und wir für diesen Kampf Lokale zu unseren Versammlungen brauchen, so öffnen Sie uns unsere städtischen Gebäude!

Wir brauchen Mittel für die Streiks, weisen Sie städtische Gelder dafür an. Vergeuden Sie diese Mittel nicht für Unterstützungen der Polizei und Gendarmen!

Wir brauchen Waffen zur Eroberung und Verteidigung der Freiheit – geben Sie Geld her für die Organisierung einer proletarischen Miliz!"

Unter dem Schutze einer Gruppe von Gemeinderäten verließ die Deputation den Sitzungssaal. Der Gemeinderat hatte alle hauptsächlichen Forderungen des Rates zurückgewiesen und drückte der Polizei, als der Beschützerin der Ordnung, sein Vertrauen aus.

In dem Maße, als der Oktoberstreik sich entwickelte und ausbreitete, wurde der Rat naturgemäß zum Mittelpunkt der allgemeinen politischen Aufmerksamkeit. Seine Bedeutung wuchs buchstäblich nicht von Tag zu Tag, sondern von Stunde zu Stunde. Vor allem schloss sich eng um ihn das gewerbliche Proletariat. Der Eisenbahnerverband knüpfte enge Beziehungen mit ihm an. Der Verband der Verbände, der sich seit dem 27. Oktober dem Streik angeschlossen hatte, war schon von den ersten Schritten an gezwungen, das Protektorat des Rates anzuerkennen. Zahlreiche Streikkomitees, die der Ingenieure, Advokaten, Regierungsbeamten, passten ihre Handlungen den Beschlüssen des Rates an. Indem er die vereinzelten Organisationen sich unterwarf, vereinigte er die Revolution um sich.

Gleichzeitig aber wuchs die Uneinigkeit in den Reihen der Regierung. Trepow ging unentwegt auf sein Ziel los und schielte schon damals liebevoll nach seinen Kanonen. Am 25. zwang er Nikolaus, ihn an die Spitze der ganzen Petersburger Garnison zu stellen. Am 27. gab er bereits den Befehl, keine Patronen zu sparen. Er teilte die Stadt in vier Militärrayons mit vier Generalen an der Spitze. In seiner Eigenschaft als Generalgouverneur bedroht er alle Lebensmittelhändler, falls sie ihre Laden sperren wollten, mit Ausweisung aus der Stadt innerhalb 24 Stunden. Am 29. ließ er alle Hochschulen schließen und mit Militär besetzen. Ohne formell den Kriegszustand zu erklären, etablierte er ihn in Wirklichkeit. Patrouillen zu Pferde terrorisierten die Straßen. Militär lagerte überall – in den Staatsinstituten, in den öffentlichen Gebäuden und in den Höfen von Privatgebäuden. Hatten sich auf der einen Seite sogar die Mitglieder des kaiserlichen Balletts dem Streik angeschlossen, so stopfte Trepow aus der anderen Seite die leeren Theater mit Soldaten voll. Er fletschte die Zähne und rieb sich die Hände in Erwartung heißer Arbeit. Er verrechnete sich aber. Die ihm feindlich gesinnte Strömung der Bürokratie, die mit der Geschichte einen Zigeunerhandel abschließen wollte, siegte, für diesen Zweck wurde Witte berufen.

Am 30. Oktober jagten die Haiduken Trepows die Versammlung des Arbeiter-Delegiertenrates auseinander. Aber der Rat fand eine Möglichkeit sich zum zweiten Mal zu versammeln; er beschloss, den Ausstand mit verdoppelter Energie fortzusetzen, empfahl den Arbeitern, von nun an bis zur Wiederaufnahme der Arbeit keine Miete zu zahlen, keine Schulden für gekaufte Waren abzutragen und forderte die Hausbesitzer und Geschäftsinhaber auf, keine Schuldklagen gegen Arbeiter einzureichen. An diesem Tage, am 30. Oktober, erschien die erste Nummer der „Nachrichten des Arbeiter-Delegiertenrates''.

Und an demselben Tage wurde das Konstitutions-Manifest vom Zaren unterzeichnet.

* Auf je 500 Arbeiter kam ein Delegierter. Die kleinen gewerblichen Unternehmungen vereinigten sich zu Gruppen zum Zwecke der Wahlen. Das Recht auf Vertretung erhielten auch die jungen Gewerkschaften. – Es muss jedoch bemerkt werden, dass die zahlenmäßigen Normen nicht allzu streng gehandhabt wurden. es waren hie und da auch Delegierte von hundert oder zweihundert Arbeitern vorhanden, sogar von einer noch geringeren Anzahl.

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