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Leo Trotzki 19171024 Bericht auf dem Sowjetkongress des Nordbezirks über die Tätigkeit des Petrograder Sowjets

Leo Trotzki: Bericht auf dem Sowjetkongress des Nordbezirks über

die Tätigkeit des Petrograder Sowjets

(11. Oktober)12

[I: „Rabotschij Putj" Nr. 35, 13/26. Oktober, 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925. II: „Iswestija" Nr. 195, 12/25.. Oktober 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

I

Wir vertreten die Partei, die dem Auftreten des Sowjets ihren Stempel aufdrückt, und wenn wir trotz der Enttäuschung nach den ersten großen Hoffnungen noch immer einen starken Sowjet haben, so deshalb, weil er mit einem neuen Programm des gnadenlosen Kampfes gegen seinen Klassenfeind bewaffnet ist. Der Petrograder Sowjet befindet sich in einem unversöhnlichen Kampf gegen die Regierung und gegen die Parteien, die sie unterstützen.

Sie wissen, dass die Provisorische Regierung nach Moskau strebte, als die Gefahr von der Front ziemlich klar sichtbar wurde. Gemeinsam mit ihr werden unsere „Vaterlandsverteidiger", nachdem sie Petrograd ohne Verteidigung aufgegeben haben, weiterhin gute Noten für ihre Verteidigungspolitik in Moskau verdienen.

Dieser Plan wird vom Hass auf das revolutionäre Petrograd diktiert.

Unsere Regierung kann aus Petrograd fliehen, aber das revolutionäre Volk wird nicht aus Petrograd gehen, es wird es bis zum Ende schützen.

Petrograd ist, wie das Evangelium sagt, eine „Stadt auf einem Berg", es ist in jedermanns Sinn. Jeder kennt unsere Stimmung und unsere Arbeit.

Und so legte der Stab einen Plan für den Abzug von 2/3 der Petrograder Garnison aus Petrograd vor. Diese Frage liegt uns vor. Die Sowjet-„Autoritäten" beschlossen, dem Hauptquartier zuzustimmen, obwohl sie denjenigen nicht glaubten, die abziehen würden.

Ansonsten sprach die Baltische Flotte. Sie sagte, sie glaube der Provisorischen Regierung kein einziges Wort, das sei wirklich die Regierung des Volksverrat – und doch stirbt die Baltische Flotte, um die Sache der Revolution zu verteidigen.

Die Militärbehörden forderten den Abzug der Truppen, wir wissen nicht wohin, aber wir wissen woher – aus dem revolutionären Petrograd. Vor Kornilows Verschwörung gab es auch einen Befehl, Truppen abzuziehen, und damals wurde uns auch versichert, dass dies aus strategischen Gründen notwendig sei.

Wir können nicht wie die Vaterlandsverteidiger (in denen übrigens kein einziger Tropfen der Verteidigung der Revolution steckt) sagen, dass wir gehorchen müssen, wenn die Macht befiehlt. Eine solche Verantwortung nimmt der Petrograder Sowjet nicht auf sich und kann sie nicht auf sich nehmen.

Diese Frage wird morgen vor jeder militärischen Einheit der Petrograder Garnison stehen, und wir fühlen unsere Verantwortung gegenüber Russland und seinem Volk.

Es geht um das Schicksal Petrograds, und wir wollen diese Frage mit euch, den Vertretern der regionalen Sowjets, lösen.

Wir müssen die Verteidigung des Landes als Ganzes übernehmen. Die beste Verteidigung des Landes wird ein sofortiges Friedensangebot für die Völker der ganzen Welt über die Häupter ihrer imperialistischen Regierungen hinweg sein.

Werden wir die Kriegsführung denjenigen anvertrauen, die weder wissen, wie man Krieg führt, noch, wie man Frieden schließt?

Es gibt niemanden außer den Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten, der mit dieser Angelegenheit fertig werden könnte, denn außerhalb der Sowjets sind Kornilowisten oder Halbkornilowisten oder politische Bankrotteure, die mit dem revolutionären Volk brachen.

Es gibt nur einen Ausweg: Es ist notwendig, dass das Schicksal des Landes dem Allrussischen Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten übertragen wird.

II

Genossen, ich grüße Euch im Namen des Petrograder Sowjets. Ihr wisst, dass der Petrograder Sowjet vor kurzem seine Mitgliedschaft erneuert hat, und entsprechend hat sich seine Politik geändert. Die Politik der Vaterlandsverteidigung wurde durch die Idee eines rücksichtslosen Kampfes gegen seine Klassenfeinde und die Provisorische Regierung ersetzt, die Interessen der Revolution verrät.

Heute hat nur der Petrograder Sowjet das Recht, im Namen des Petrograder Proletariats und der Garnison zu sprechen.

Zu einer Zeit, als das revolutionäre Petrograd durch die strategische Gefährdung bedroht wurde, wollte die Provisorische Regierung nach Moskau ziehen und das revolutionären Petrograd zur Zerstörung verdammen.

Ich werde die Arbeit des Petrograder Sowjets in letzter Zeit nicht berühren. Sie ist jedem bekannt. Aber in letzter Zeit musste der Petrograder Sowjet im Zusammenhang mit der Verteidigung Petrograds ernsthafte Probleme lösen, die hier vorgebracht werden müssen. Der Kongress muss zu diesen Themen sein Wort sagen.

Ich rede vom Abzug von Teilen der Petrograder Garnison, auf dem der Stab besteht. Der Petrograder Sowjet erklärte, dass er sich an die Zeiten der Kornilowisten erinnert, als die Provisorische Regierung auch Maßnahmen ergriff, um die Petrograder Garnison abzuziehen, um Petrograd zu entwaffnen und den Sowjet zu erwürgen, und die Verantwortung für die Folgen dieses Abzugs nicht übernehmen kann und nicht übernimmt. Dies war die Antwort des Petrograder Sowjets auf zahlreiche Anfragen der Petrograder Garnison. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen bestimmte Petrograder Einheiten mit der Stabsresolution umgehen, und somit hat das Problem sein Gewicht nicht verloren.

Dieser Kongress muss zu diesem Thema Stellung nehmen. Es ist notwendig zu sagen, dass der Kongress die Verteidigung des Landes in die Hand nimmt.

In Russland gibt es jetzt keine andere Figur, die das höchste Organ des Landes werden könnte, bis auf die des Allrussischen Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten.

Nur die Übertragung der Macht in die Hände der Sowjets wird die Revolution retten.

1 Angesichts der völlig unterschiedlichen Darstellung der gleichen Rede des Genossen Trotzki in der bolschewistischen „Rabotschij Putj“ und der damals noch immer menschewistischen „Iswestija“ bringt die Redaktion beide Zeitungsberichte dieser Rede.

2 Diese Rede wurde auf der ersten Sitzung des Sowjetkongresses des Nordbezirks als Bericht des Petrograder Sowjets gehalten.

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