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Leo Trotzki 19171103 Brüder Kosaken!

Leo Trotzki: Brüder Kosaken!

[Aufruf des Petrograder Sowjets. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925. Verglichen mit Leon Trotsky speaks. New York 1972, S. 65 f.]

Der Petrograder Sowjet der Soldaten- und Arbeiterdeputierten richtet sein Wort an euch.

Euch, Kosaken, will man gegen uns, Arbeiter und Soldaten, einsetzen. Diese Kainsarbeit wird von unseren gemeinsamen Feinden vollführt: den adligen Gewalttätern, Bankiers, Grundherren, alten Beamten, ehemaligen Dienern des Zaren.1 Sie waren immer stark und mächtig bei der Teilung des Volkes. Sie hetzen Soldaten gegen Arbeiter und Bauern. Sie setzen Kosaken gegen Soldaten ein. Auf welche Weise haben sie das erreicht? Durch Lüge, Verleumdung. Kosak, Soldat, Matrose, Arbeiter, Bauer sind Brüder. Sie sind alle Werktätige, alle arm, alle müssen das Schleppseil ziehen, alle werden vom Krieg zerquetscht und ausgeraubt.

Wer braucht den Krieg? Wer hat ihn angefangen? Kein Kosak oder Soldat, kein Arbeiter oder Bauer. Den Krieg brauchen Generale, Bankiers, Zaren, Gutsbesitzer. Sie vergrößern ihre Macht, ihre Stärke, ihren Reichtum im Krieg. Sie verwandeln Volksblut in Gold ihrer Gewinne.

Das Volk will Frieden. In allen Ländern sehnen sich Soldaten und Arbeiter nach Frieden. Der Petrograder Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten sagt der Bourgeoisie und den Generalen: „Tretet zur Seite, Gewalttäter, lasst die Macht in die Hände des Volkes selbst übergehen und dann schließt es sofort einen ehrlichen Frieden".

Ist das richtig, Genossen Kosaken? Wir bezweifeln nicht, dass ihr alle sagt: Richtig! Darum hassen uns alle Wucherer, Reichen, Fürsten, Adligen, Generale, auch eure Kosakengenerale. Sie sind zu jeder Stunde bereit, den Petrograder Sowjet zu zerstören, die Revolution zu erwürgen und das Volk zu fesseln, wie es beim Zaren der Fall war.2

Deshalb verleumden sie uns. Sie täuschen euch. Sie sagen, dass der Sowjet euer Land wegnehmen will. Glaubt es nicht, Kosaken! Der Sowjet will alles Gutsbesitzerland nehmen und es den Bauern, Getreideanbauern und insbesondere den armen Kosaken übergeben. Wer wird seine Hand erheben, um dem werktätigen Kosaken das Land zu nehmen?

Euch wird gesagt, dass der Sowjet am 22. Oktober einen Aufstand organisieren wird, einen Kampf mit euch, Schießereien in den Straßen, Massaker. Diejenigen, die euch das gesagt haben, sind Schurken und Provokateure. Also sagt es ihnen! Für den 22. Oktober ruft der Sowjet zu friedlichen Kundgebungen, Versammlungen und Konzerten auf, bei denen Arbeiter und Soldaten, Matrosen und Bauern Reden über Krieg und Frieden über das Volkslos hören und diskutieren. Wir laden euch zu diesen friedlichen, brüderlichen Kundgebungen ein. Willkommen, Brüder Kosaken!

Wer von euch zweifelt, der soll ins Smolny gehen, wo sich der Sowjet befindet. Dort sind immer viele Soldaten, dort sind Kosaken. Sie erklären dem Zweifler, was der Sowjet will, was seine Ziele und Wege sind. Dazu stürzte das Volk den Zaren, um seine Bedürfnisse frei zu diskutieren und seine Angelegenheiten in die Hand zu nehmen. Nehmt die Binde ab, Kosaken, die euch die Kaledin, Bardische, Karaulow und andere Feinde der werktätigen Kosaken vor eure Augen binden.

Am 22. Oktober wird von jemandem eine Kosakenprozession organisiert. Es ist eine Frage des freien Gewissens jedes Kosaken, an der Prozession teilzunehmen oder nicht. Wir mischen uns nicht in diese Angelegenheit ein und errichten keine Hindernisse.

Wir warnen euch jedoch, Kosaken: Schaut scharf, ob nicht unter dem Deckmantel der Prozession eure Kaledins versuchen, euch gegen Arbeiter, Soldaten aufzuhetzen.3 Ihr Ziel ist Blutvergießen zu erzeugen und im Bruderblut eure und unsere Freiheit zu ertränken.

Wisst genau: Der 22. Oktober ist der Tag des Petrograder Sowjets, der Tag der friedlichen Kundgebungen, der Versammlungen und der Geldsammlungen für Soldaten- und Arbeiterzeitungen. Schließt euch uns an, Kosaken, in die gemeinsame Familie des arbeitenden Volkes, für den gemeinsamen Kampf für Freiheit und Glück.

Wir reichen euch die brüderliche Hand, Kosaken!

Petrograder Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten.

21. Oktober 1917

1 John Reed hat Auszüge des Aufrufs zitiert: „An unsere Brüder, die Kosaken!

Man will euch, Kosaken, gegen uns Arbeiter und Soldaten aufhetzen. Diese Kainsarbeit stammt von unseren gemeinsamen Feinden: von den Gewalttätern – den Adligen, Bankiers, Gutsbesitzern, alten Beamten und ehemaligen Lakaien des Zaren“

2 Bei John Reed heißt es weiter: „Sie hassen uns bitter, die Spekulanten, Kapitalisten, Fürsten, der Adel, die Generale, mit Einschluss eurer Kosakengenerale. Sie sind jeden Moment bereit, den Petrograder Sowjet auseinanderzujagen und die Revolution niederzuschlagen.“

3 Bei John Reed heißt es: „Irgend jemand hat zum 4. November eine Kirchenprozession für die Kosaken organisiert. Es ist eine persönliche Angelegenheit jedes einzelnen, ob er dorthin gehen will oder nicht. Wir werden uns da nicht einmischen oder jemanden hindern. Wir warnen euch aber, Kosaken! Seid achtsam, dass unter dem Vorwand einer Kreuzesprozession eure Kaledins euch nicht gegen die Arbeiter und Soldaten hetzen!“

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