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Leo Trotzki 19171205 Der Verlauf der Friedensverhandlungen

Leo Trotzki: Der Verlauf der Friedensverhandlungen

(Regierungsmitteilung)

[Iswestija Nr. 233, 23. November 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

An der Konferenz nehmen Vertreter aus Deutschland, Österreich-Ungarn, der Türkei und Bulgarien teil.

Hindenburg und Holzendorf beauftragten den Oberbefehlshaber der Ostfront, Leopold von Bayern, die Verhandlungen zu führen, der seinerseits mit der Führung der Verhandlungen seinen Generalstabschef General Hoffmann beauftragte. Die gleichen Vollmachten wurden von den Oberkommandos an die anderen Delegierten übertragen. Die Delegation der Gegner ist rein militärisch. Unsere Delegierten begannen mit einer Deklaration über die Friedensziele, in deren Interesse der Waffenstillstand vorgeschlagen wird. Die Delegierten der gegnerischen Seite antworteten, dass dies Sache der Politiker sei, während sie, Militärs, nur befugt seien, über die militärischen Bedingungen des Waffenstillstands zu sprechen, und daher könnten sie nichts zu den bekannten Aussagen von Czernin und Kuhlmann hinzufügen. Unsere Delegierten nahmen diese ausweichende Aussage zu Protokoll und schlugen vor, dass alle kriegführenden Länder, einschließlich Deutschland und seiner Verbündeten, unverzüglich die Staaten, die auf der Konferenz nicht vertreten sind, mit einem Vorschlag ansprechen, an der Festlegung der Bedingungen des Waffenstillstands an allen Fronten teilzunehmen. Hierauf antwortete wiederum die gegnerische Seite ausweichend, die keine entsprechenden Vollmachten habe. Unsere Delegation schlug der gegnerischen Seite vor, ihre Regierungen um die entsprechenden Vollmachten zu bitten. Dieser Vorschlag wurde angenommen, aber eine Antwort wurde bis 4 Uhr morgens am 22. der russischen Delegation nicht übermittelt. Unsere Vertreter stellten ein Waffenstillstandsprojekt an allen Fronten vor, das von unseren Militärexperten ausgearbeitet worden war. Die Hauptpunkte dieses Vorschlags waren zum einen das Verbot der Verschiebung von Truppen von unserer Front an die Front unserer Alliierten und zweitens die Räumung der Moonsund-Inseln durch die Deutschen. Die gegnerische Seite brachte ihr Waffenstillstandsprojekt an der Front von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer ein. Der Vorschlag der Deutschen wird jetzt von unseren Militärexperten geprüft, am Morgen wird die Fortsetzung der Verhandlungen stattfinden. Unsere Forderungen: 1) die Räumung der Moonsund-Inseln und 2) die Nichtverschiebung von Truppen an andere Fronten, – erklärten die Delegierten der Gegner für unannehmbar für sie und äußerten sich in dem Sinne, dass solche Forderungen nur einem gebrochenes Land gestellt werden könnten. Als Antwort auf die kategorischen Anweisungen unserer Bevollmächtigten, dass es sich für uns um einen Waffenstillstand an allen Fronten zur Schaffung eines allgemeinen demokratischen Friedens auf der bekannten Grundlage handele, die vom Allrussischen Sowjetkongress formuliert wurde, erklärten die Delegierten der gegnerischen Seite erneut ausweichend, dass die Frage nicht so gestellt werden dürfe, denn sie seien jetzt nur berechtigt, mit der russischen Delegation einen Waffenstillstand auszuhandeln, da die Delegation der russischen Alliierten nicht auf der Konferenz seien. Darauf haben unsere Delegierten noch einmal geantwortet, dass es unsere Aufgabe sei, alle kriegführenden Länder in die Verhandlungen der Regierungen einzubeziehen, mit dem Ziel der Sicherstellung eines allgemeinen Friedens. Unsere Delegation hat, wie bereits gesagt, alle ausweichenden Reaktionen der Gegnern zu Protokoll genommen und unseren Militärexperten die von der gegnerischen Seite vorgeschlagenen Waffenstillstandspunkte vorgelegt, um sie von rein militärischer Seite zu diskutieren und anzugeben, welche Änderungen an ihnen vom Standpunkt der Interessen der Armee und Flotte notwendig sind, die entlang der Linie Schwarzen Meer – Ostsee aufgestellt ist.

Der erste Punkt, den die gegnerische Seite für die Diskussion der Bedingungen bringt, ist die Frist des Waffenstillstands, die sie ursprünglich für 14 Tage, beginnend am 8. Dezember neuen Stils, geplant hatten. Nach den Verhandlungen verlängerten sie die Frist auf 28 Tage mit automatischer Verlängerung, wenn sie nicht 7 Tage vor Ablauf der Frist gekündigt wird, beginnend am 10. Dezember, wenn unsere Delegation morgen Brest verlässt; wenn später, verschiebt sich die Frist auch entsprechend. Bis zum Beginn eines offiziellen Waffenstillstands muss eine Einstellung aller Kampfhandlungen festgestellt werden.

Vom ersten Anfang an erklärten unsere Delegierten, dass sie auf der genauen Durchführung von Protokollen bestehen, die vollständig zu veröffentlichen sie sich berechtigt sehen. Das Protokoll wird, wie alle Sitzungen, von unser Seite in russischer und auf ihrer Seite in deutscher Sprache geführt. Es wurde eine Redaktionskommission gebildet, die nach jedem Treffen beide Protokolle prüft. Unsererseits stellten wir die Forderung, dass die nächste Sitzung der Bevollmächtigten auf russischem Territorium stattfindet und eine Unterbrechung der Verhandlungen für eine Woche angekündigt wird, damit die Delegation zurückkehren kann.

So nahmen Vertreter aller feindlich gesinnten Länder an den Verhandlungen teil. Von den alliierten Staaten war außer Russland keiner bei den Gesprächen vertreten.

Die alliierten Völker sollten wissen, dass die Verhandlungen begonnen haben und dass sie unabhängig vom Verhalten der derzeitigen alliierten Diplomatie fortgesetzt werden. In diesen Verhandlungen, in denen die russische Delegation die Bedingungen eines allgemeinen demokratischen Friedens verteidigt, geht es um das Schicksal aller Völker, einschließlich jener derjenigen kriegführenden Völker, deren Diplomatie jetzt bei den Gesprächen abseits steht.

Die alliierten Völker, ihre Parlamente und in erster Linie ihre sozialistischen Parteien müssen sofort entscheiden, ob ein solches Verhalten der alliierten Diplomatie mit den Interessen der alliierten Völker vereinbar ist. Die russische Regierung verfocht die Interessen der alliierten Völker bei den Verhandlungen und stellte als eine der Hauptbedingungen für einen Waffenstillstand auf, die Armeen nicht von der Ostfront nach Westen zu bringen. Ein Waffenstillstand kann und wird nicht Beistand für den einen Militarismus gegen den anderen sein. Aber die Interessen der alliierten Völker können nur in dem Maße erfolgreich geschützt werden, wie die alliierten Völker selbst an den Verhandlungen teilnehmen wollen und werden, um ihren Willen zu einem sofortigen Waffenstillstand und einem demokratischen Frieden zu zeigen. Was das russische Volk betrifft, so hat es in Gestalt des Allrussischen Kongresses der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten wie des Allrussischen Kongresses der Bauerndeputierten dem Rat der Volkskommissare eine klare und bestimmte Anweisung gegeben, an die sich die russische Regierung in weiteren Verhandlungen halten wird, in der Hoffnung auf die Unterstützung der arbeitenden Massen Europas gegen die Hindernisse, die die Bourgeoisie auf dem Weg des Friedens und der Brüderlichkeit der Völker aufbaut.

22. November um 10 Uhr morgens.

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