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Leo Trotzki 19170902 Die Armee in der Revolution

Leo Trotzki: Die Armee in der Revolution

[Erschienen in „Proletarij" Nr. 7 vom 2. September (20. August) 1917. Nach der Broschüre „Der Charakter der russischen Revolution“, erschienen im Verlag der Arbeiter-Buchhandlung. Wien 1921 als 5. Heft der „Materialien zur Geschichte der proletarischen Revolution in Russland“. S. 26-34. Übersetzt von Sophie Liebknecht. Siehe auch New Yorker Volkszeitung, Sonntagsblatt, 24. Juli 1921, Sektion II, S. 14 f.]

In der Frage über Krieg und Frieden wurde seit den ersten Tagen der Revolution derselbe Kampf geführt: zwischen der Arbeiter- und Bauerndemokratie, die sich von unten formierte, und der imperialistischen Republik, die die besitzenden Klassen von oben aufzubauen versuchten.

Die Herren Generäle beeilten sich, die Republik „anzuerkennen", wenigstens bis auf Weiteres, im festen Glauben, dass die Republik ihre Vorzugsrechte anerkennen und sie sogar noch erhöhen werde, nachdem die großfürstlichen Nichtstuer beiseite geschoben waren. Die „nationale" Revolution bedeutete in ihren Augen eine Palastrevolution. – Nikolaus und sein Alice sollten entfernt, die Klassendisziplin aber und die militärische Ranganbetung bestehen bleiben. Vor einigen Tagen verkündete der Telegraph, dass der griechische „Führer" Venizelos Griechenland als eine Republik mit dem König an der Spitze proklamiert habe. Die Brussilow. Gutschkow. Rodsjanko und Miljukow wollten dagegen Russland als eine vom Zaren befreite Monarchie herstellen. Doch die Bewegung entwickelte sich durchaus anders und ging tiefer. Der Februaraufstand der Petersburger Regimenter war nicht die Folge einer Verschwörung, sondern das Resultat der unruhigen Stimmung der ganzen Armee und der Volksmassen überhaupt. Und die Empörung der Arbeiter und Soldaten richtete sich nicht nur gegen den stupiden und angefaulten Zarismus, der nicht imstande war, den von ihm angezettelten Krieg weiter zu führen, sondern gegen den Krieg selbst. Die gewaltige Änderung, die die Revolution im Gemüt und Benehmen der Soldaten verursacht hatte, drohte nicht nur die unmittelbaren imperialistischen Kriegsziele zu gefährden, sondern auch das Werkzeug dieser Ziele, die alte Armee, zu vernichten, die ohne ihre Grundbedingungen, Befehle von oben und Kadavergehorsam von unten, nicht mehr lebensfähig war.

Heute wüten und rasen Generäle. Regimentskommandeure, Politiker des 3. Juni und bürgerliche Schmocks gegen den Befehl Nr. 11. Ihrer Meinung nach ist nicht der Befehl eine Folge der tiefsten Gärung in der Armee, sondern, im Gegenteil, ist die Gärung eine Folge des Befehls. In der Tat: noch bis zum gestrigen Tage gehorchten die Soldaten ihren Befehlen, und heute tun sie es nicht mehr; ist es nun nicht klar, dass sie sich irgendeinem neuen „Befehl" unterworfen haben, der nun als Nr. 1 gebucht wird? Dieser Kretinismus ersetzt jetzt den historischen Standpunkt bei den weitesten bürgerlichen Kreisen.

Die sogenannte Zersetzung der Armee äußerte sich in der Gehorsamsverweigerung gegen die Vorgesetzten und in der Nichtanerkennung des Krieges als ihres Krieges seitens der Soldaten. Gerade angesichts dieser Symptome schleuderte Kerenski der erwachenden Armee seine „aufständischen Sklaven" entgegen. Wenn die Bourgeoisie dachte, es würde genügen, Suchomlinow2 mit Gutschkow zu vertauschen, um die Armee wieder in den Wagen des Imperialismus zu spannen, so glaubte Kerenski in seiner kleinbürgerlichen Oberflächlichkeit und Selbstverliebtheit, dass, wenn er an die Stelle von Gutschkow treten würde, die Armee wieder zum gehorsamen Werkzeug in den Händen der Regierung werden würde. Wahrlich, naive Träumereien!

Die Revolution ist. wenn man sie vom Standpunkt der Massenpsychologie betrachtet, eine Verstandesrevision der ererbten Einrichtungen und Traditionen. Alle Leiden, Erniedrigungen und Entbehrungen, die der Krieg dem Volke und besonders der Armee gebracht hat. waren die Folgen des Willens des Zaren. Wenn man in Petersburg den Zaren selbst gestürzt hat, wie hätten dann die Soldaten nicht jene Offiziere stürzen sollen, die die eifrigsten und verbrecherischsten Durchführer des Systems des Zarismus waren! Wie hätten es die Soldaten unterlassen können, sich die Frage über den Sinn und den Zweck des Krieges zu stellen, wenn jener gestürzt war, von dem früher Krieg und Frieden abhing

Der Sowjet der Arbeiter- und Bauerndelegierten wandte sich am 14 März mit einem Manifest an die Volker Europas, das sie zum Kampf für einen demokratischen Frieden aufrief. Das war auch so ein „Befehl Nr. 1" auf dem Gebiete der Weltpolitik. Dieses Manifest war der Versuch, eine Antwort auf die brennende und unaufschiebbare Frage der Armee und des Volkes zu erhalten: soll der Krieg weiter geführt werden und wofür? Die Imperialisten aber stellen die Sache so dar, als ob ohne das Manifest diese Fragen in den doch schon vom Donner der Revolution erweckten Soldatenkopf nicht gekommen wären!

Miljukow sah wohl voraus, dass die Revolution die Kritikfähigkeit und die Selbständigkeit in der Armee wecken würde, was folglich eine Bedrohung für die imperialistischen Ziele des Krieges bedeutet hätte. Deshalb erklärte er sich in der vierten Duma offen gegen die Revolution. Und wenn Miljukow jetzt über den Befehl der Sowjets, das Friedensmanifest und Zimmerwald wütet, die die Armee vergiftet haben sollen, so ist das bei ihm eine bewusste Lüge. Miljukow versteht ausgezeichnet. dass das „Hauptgift" sich nicht in dem oder jenem „Befehl" der Sowjets versteckt hält, sondern in der Revolution selbst, die die leidenden Massen zu Protesten. Forderungen und Kampfbereitschaft zusammengeschlossen hat.

Der Prozess des innerlichen Umbaues der Armee und der politischen Orientierung der Soldatenmassen entlud sich an der Front in Form einer furchtbaren Katastrophe. Ihr unmittelbarer Anlass bestand im Widerspruch zwischen der imperialistischen Politik der provisorischen Regierung und dem Drang der Massen nach einem schnellen und „gerechten" Frieden. Die neue Disziplin und der echte Enthusiasmus in der Armee konnten sich nur aus der Revolution selbst entwickeln, aus der mutvollen Lösung ihrer inneren Probleme und aus ihrem Zusammenprall mit den äußeren Hindernissen. Die Massen und die Armee mussten fühlen und überzeugt sein, dass diese Revolution ihre eigene Revolution ist, dass die Regierung ihre Regierung ist, dass diese Regierung vor nichts zurückschreckt, um ihre Interessen gegen die Ausbeuter zu verteidigen, dass sie sich keine räuberischen äußeren Ziele setzt, dass sie vor den „alliierten Börsenjobbern" nicht den Nacken beugt und dass sie den Völkern den sofortigen Frieden auf demokratischer Grundlage anbietet. Dann würden die werktätigen Massen und die Armee durch das Gefühl unlöslicher Einigkeit verbunden sein, und wenn die deutsche Revolution uns nicht zeitig zu Hilfe kommen sollte, würde die russische Armee mit demselben Enthusiasmus gegen die Hohenzollern kämpfen, mit dem die russischen Arbeiter bereit sind, die Eroberungen des Volkes gegen die Attentate der Gegenrevolution zu schützen.

Die Imperialisten fürchteten diesen Weg wie den Tod, und sie hatten recht. Die plumpen Politiker des Kleinbürgertums glaubten nicht an diesen Weg. wie der kleine Budiker nicht an die Möglichkeit der Expropriierung der Banken glaubt. Dadurch, dass sie sich von den „Utopien", das heißt, von der Politik der weiteren Entwicklung der Revolution lossagten, trieben die Sozialrevolutionäre und die Menschewiki gerade jene Politik der Zwitterhaftigkeit, die zur Katastrophe geführt hat.

Man hatte dem Soldaten gesagt, und mit Recht gesagt, dass es sich auf beiden Seiten um einen imperialistischen Krieg handelt und dass die russische Regierung durch finanzielle, diplomatische und militärische Verträge gebunden sei (die den Völkern aller Länder den größten Schaden zufügen); man sagte das dem Soldaten und fügte hinzu: „Bis auf Weiteres sollst du auf der Grundlage der alten Verträge kämpfen, Hand in Hand mit den früheren Verbündeten." Also der Soldat, der ins Feuer geht, geht „bis auf Weiteres" dem Tode entgegen. Dieses höchste Opfer kann aber nur der Soldat bringen, der von der Atmosphäre des Kollektiventhusiasmus getragen wird, und dieser ist nur möglich unter der Bedingung tiefster Durchdrungenheit von der Richtigkeit der eigenen Sache. Die Revolution hat die Psychologie des gedankenlosen „geheiligten Viehs" vernichtet. Kein Kornilow, kein Kaledin wird die Geschichte rückwärts bewegen und die Henkerdisziplin wieder herstellen können, selbst für kurze Zeit nicht, ohne die furchtbarsten Strafen einzuführen, die eine Ausdehnung des blutigen Chaos bedeuten würden. Die Armee hätte als kampffähige Einheit nur in dem Falle erhalten werden können, wenn neue Ziele, neue Methoden, neue Organisationsformen sie innerlich regeneriert hätten. Es war eben unbedingt notwendig, aus der Revolution alle Konsequenzen zu ziehen. Jene Geschäftsführung der Halbheit und der Doppelzüngigkeit, die für die Armee von der Provisorischen Regierung unter Anteilnahme der Sozialrevolutionäre und der Menschewiki geschaffen wurde, trug den Keim zur unvermeidlichen Katastrophe in sich. Man hatte die Armee kritikfähig gemacht und ihr die Möglichkeit öffentlicher Aussprache gegeben. Zur gleichen Zeit stellte man ihr ein Ziel, das die revolutionäre Kritik nicht aushielt und verlangte von ihr, der erschöpften, hungrigen und nackten Masse, eine übermenschliche Anstrengung. Konnte man denn an dem Resultat zweifeln, umso mehr als einige Stabsgeneräle bewusst eine „Niederlagentaktik" verfolgten?

Doch die provisorische Regierung berauschte sich an pathetischen Schönredereien. Die Herren Minister hielten die Soldatenmassen, die sich im Zustand tiefster Gärung befanden, für Material, aus dem man alles machen konnte, was den das unglückliche. zerstörte Land umgarnenden eigenen und fremden Imperialisten genehm war. Kerenski beschwor, drohte, warf sich auf die Knie, küsste den Boden und gab dabei den Soldaten nicht eine einzige Antwort auf alle sie quälenden Fragen. Er betrog sich selbst durch billige Effekte, er versicherte sich der Unterstützung des Sowjetkongresses, auf dem trotz aller „Vorsicht" ein leichtsinniger kleinbürgerlicher Geist herrschte und kommandierte die Offensive. Das war im vollen Sinne des Wortes der „Befehl Nr. 1" der russischen Gegenrevolution.

Am 4. Juni gaben wir, die Internationalisten, auf dem Sowjetkongress eine Deklaration über die geplante Offensive ab, in der wir neben prinzipieller Kritik klar zu machen suchten, dass bei dem gegebenen Zustand der Armee diese Offensive ein militärisches Abenteuer sei. das die Existenz der Armee bedrohte. Es stellte sich heraus, dass wir nur allzu sehr recht hatten. Die Regierung hat nichts berechnet, nichts vorausgesehen – Die Regierungsparteien der Menschewisten und Sozialrevolutionäre hetzten gegen uns auf, anstatt auf unsere Worte zu hören. Als die von den Bolschewiki vorausgesehene Katastrophe eintraf, beschuldigte man die – Bolschewiki. Nach der durch Leichtsinn und Verantwortungslosigkeit hervorgerufenen Tragödie entrollte sich vor uns ein Bild der widerwärtigsten Feigheit. Alle Schicksalslenker des Landes beeilten sich, die Schuld auf einen dritten zu wälzen. Die offiziösen Reden und Zeitungsartikel jener Tage werden für immer Denkmäler menschlicher Erbärmlichkeit bleiben.

Das dumpfe Bürgertum kann natürlich eine Zeitlang durch die Bolschewistenhetze benebelt werden. Dadurch wird aber die Verantwortung der Regierung weder verdrängt noch geschwächt. Mögen die Bolschewiki schuld sein oder nicht, wieso aber hat die Regierung nichts vorausgesehen? Folglich hatte sie selbst keine Ahnung von der Armee, die sie in den Kampf geschickt hat. Ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, ob die Armee zur Offensive übergehen konnte, schickte man sie ins Feuer. An der Spitze der Regierung standen keine Bolschewiki. Wie sich also die Sache mit diesen auch verhalten haben mag. so fällt doch die ganze Wucht der Verantwortung für das tragische Abenteuer auf die Regierung Kerenski-Zeretelli-Tschernow zurück.

Diese Verantwortung wird noch dadurch verstärkt, dass die Warnungen nicht nur von den Internationalisten ausgingen. Die „Nowoje Wremja", die in engster Fühlung mit dem reaktionären Generalsstab stand, plauderte am 5. August folgendes über die Vorbereitung der Offensive aus.

Der vorsichtige Alexejew, der nicht gewillt war, für Schlachten unvorbereitete Männer in den Tod zu schicken, der das schon Eroberte nicht riskieren wollte, um neue, problematische Erfolge zu suchen – Alexejew ist entlassen. Die trügerische Vorstellung des Sieges, der Drang nach baldigem Frieden, den Deutschland aus den Händen der Petersburger Führer annehmen „musste", haben Brussilow emporgetragen, der von der zurück flutenden Welle wieder weggespült wurde."

Diese vielsagenden Zeilen erklären und bestätigen die Meldung der „Rjetsch" im Moment der Demission Alexejews über den Weggang des „vorsichtigen Strategen", der von einem von Bedenken nicht angekränkelten „Kavalleristen" ersetzt wurde. Die Kadetten erzwangen die Offensive, verstanden es aber gleichzeitig, sich von der „kavalleristischen" Politik und Stratege zu trennen, um so ihren demonstrativen Austritt aus dem Ministerium am 2. Juli vorzubereiten. Die „sozialistischen" Minister aber erklärten die Ablösung der Oberbefehlshaber, die durch die Bedürfnisse des Offensivabenteuers notwendig geworden war, dadurch, dass, wie sie der „revolutionären Demokratie" ins Ohr flüsterten, der Monarchist Alexejew durch den „echten Demokraten" Brussilow ersetzt wäre. So wird Weltgeschichte gemacht.

Nachdem man „für Schlachten unvorbereitete Männer in den Tod geschickt hatte" (nach dem Ausdruck der „Nowoje Wremja) und fürchterliche Folgen eintrafen, blieb nichts anderes übrig, als Dan, Liber und anderen patriotischen Phraseuren nahe zu legen, eine Pogromhetze gegen die Bolschewiki zu entfalten. Das ist jener Teil der „schöpferischen Arbeit", der Vaterlandsverteidigung. die solchen „Führern". wie den genannten ziemt. Mit der äußersten Anstrengung, alle bürgerlichen Hetzer zu überschreien, enthüllten die Dan und die Liber jene „Demagogen", die in die „dunklen Soldatenmassen" Parolen geworfen hätten, wie die Notwendigkeit, die Geheimverträge zu veröffentlichen, mit den Imperialisten zu brechen usw. „Das stimmt alles, wiederholten nach ihnen die bürgerlichen Hetzer, aber das bezieht sich ja alles sowohl auf den Befehl Nr. 1 als auch auf das Manifest vom 14. März3, das ihr selbst demagogisch in die dunklen Soldatenmassen geworfen habt." Daraufhin geben sich die Dan und die Liber, den kalten Schweiß sich von der Stirn wischend, die größte Muhe, sich an das Alphabet des revolutionären Denkens zu erinnern, um mit Entsetzen zu bemerken, dass sie untere eigenen Worte wiederholen müssen. Und das ist eine fatale Sache: denn unsere Parolen entsprangen nur logisch der Entwicklung der Revolution, auf deren Weg der Befehl und das Manifest der Sowjets nur die ersten Wegweiser waren …

Aber das Allermerkwürdigste ist auf den ersten Blick, dass trotz der fürchterlichen Folgen der Offensive, die „sozialistischen" Minister fortfahren, sie als etwas Positives zu betrachten und in den Unterhandlungen mit der Bourgeoisie auf die Offensive wie auf ein großes patriotisches Verdienst hinzuweisen.

Ich frage." rief in Moskau Zeretelli aus. „wem es leichter fiel, die Armeen des russischen revolutionären Staates in Bewegung zu bringen: dem Kriegsminister Gutschkow oder dem Kriegsminister Kerenski?" („Bravo!" Händeklatschen!).

Zeretelli prahlt auf diese Weise offen damit, dass Kerenski dieselbe Armee vernichtete, die eigentlich Gutschkow hatte vernichten müssen, eine Arbeit, der er Gutschkow, der nicht den Kredit der „revolutionären Demokratie" besaß, eben nicht gewachsen war. Und die Bourgeoisie erkannte die Verdienste Kerenskis gern an, trotz der durch die Offensive hervorgerufenen Katastrophe.

Wir wissen, und wir erinnern uns – erklärte in Moskau der Kadett Nabokow – dass vor zwei Monaten jener große Elan der russischen Armee, der einen hellen Schein in diese furchtbare Zeit wirft, durch den Mann inspiriert wurde, der an der Spitze der Provisorischen Regierung steht. Die Weltgeschichte wird ihm das nicht vergessen."

Es wird daraus klar ersichtlich, dass der „helle Schein" der Offensive des 18. Juni in keinerlei Beziehung zur Landesverteidigung stand, denn die militärische Lage Russlands hatte sich nach der Offensive nur verschlechtert. Wenn die Bourgeoisie trotzdem die Anerkennung über die Offensive spricht, so gerade deshalb, weil der grausame Schlag, den unsere Armee erlitt, günstige Bedingungen für gegenrevolutionäre Experimente schuf. Die ganze Autorität der sozialrevolutionären und menschewistischen Demokratie wurde auf die Erzwingung der Offensive gerichtet, und diese traf dann in der Wurzel jenes widerspruchsvoll-schwankende Regime, auf deren Unterstützung die kleinbürgerlichen Führer so viele kleinliche Erfindungskraft verschwendet hatten.

Sowohl die Offensive wie auch die Friedensfrage werden augenblicklich von der Bourgeoisie und ihren Generälen vom Standpunkt der inneren Politik, das heißt der weiteren Entwicklung der Gegenrevolution, betrachtet. Das hat am klarsten General Kornilow auf der Moskauer Beratung ausgesprochen. „Der Frieden kann jetzt schon aus dem Grunde nicht erlangt werden.“ sagte er, „weil wir nicht imstande sind, die Demobilisierung durchzuführen. – Es ist notwendig, das Prestige der Offiziere zu heben." In der Armee sind zu viel vom Staate bewaffnete Männer konzentriert, die an den Staat radikale Forderungen stellen. Nur die Fortführung des Krieges wird, von den militärischen Chancen durchaus abgesehen, die Möglichkeit geben, das Prestige der Offiziere zu heben, die Soldatenmassen zum Gehorsam zu zwingen und eine solche Demobilisierung durchzuführen, bei der die Soldaten nicht imstande sein werden, die Rechte des Besitzes und des imperialistischen Staates zu bedrohen, und wenn man auf diesem Wege den Separatfrieden gebrauchen kann, wird ihn die Bourgeoisie schließen. ohne mit der Wimper zu zucken.

Seit dem 18. Juni marschiert die Gegenrevolution mit voller Sicherheit vorwärts. Und sie wird nicht zum Stehen kommen, bis sie nicht einen wuchtigen Faustschlag vor die Brust erhalten hat.

1 „Befehl Nr. 1", herausgegeben vom Exekutivkomitee der Sowjets, proklamiert die demokratischen Rechte der Soldaten. D[er] H[erausgeber]

2 Sachowlinow: der letzte zaristische Kriegsminister. D[er] H[erausgeber]

3 Friedensvorschlag an die Völker Europas. D[er] H[erausgeber]

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