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Leo Trotzki 19170723 Solidaritätserklärung mit den bolschewistischen Führern

Leo Trotzki: Solidaritätserklärung mit den bolschewistischen Führern

[Nach Denkzettel. Politische Erfahrungen im Zeitalter der Revolution, Frankfurt am Main 1981, S. 110-112.]

Meine Herren Minister!

Im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 16./17. Juli erfuhr ich, dass gegen Lenin, Sinowjew und Kamenjew Haftbefehl erging, nicht aber gegen mich. Ich möchte daher Ihre Aufmerksamkeit auf folgendes lenken.

1. Ich stimme mit der Hauptthese von Lenin, Sinowjew und Kamenjew überein, habe sie in der Zeitschrift Wperjod und in meinen öffentlichen Reden vertreten.

2. Meine Haltung zu den Ereignissen vom 16.-17. Juli war dieselbe wie ihre.

a. Kamenjew, Sinowjew und ich erfuhren auf der gemeinsamen Sitzung der Exekutivkomitees am 16. Juli von den Plänen des Maschinengewehr- und anderer Regimenter. Wir ergriffen sofort Schritte, damit die Soldaten in ihren Kasernen blieben. Sinowjew und Kamenjew setzten sich mit den Bolschewisten in Verbindung und ich mit der Zwischenbezirksorganisation, der ich angehöre.

b. Als jedoch die Demonstration trotz unserer Anstrengungen stattfand, hielten meine bolschewistischen Freunde und ich zahlreiche Reden vor dem Taurischen Palais, in denen wir uns hinter die Hauptparole der Menge, »Alle Macht den Sowjets«, stellten, während wir gleichzeitig die Demonstranten, sowohl die Soldaten als auch die Zivilisten, aufforderten, friedlich und geordnet nach Hause und in ihre Kasernen zu gehen.

c. Auf einer Konferenz, die spät in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli im Taurischen Palais zwischen einigen Bolschewisten und Vertretern der Zwischenbezirksorganisation stattfand, unterstützte ich den Antrag Kamenjews, dass alles getan werden sollte, um eine Wiederholung der Demonstration vom 17. Juli zu verhüten. Als wir jedoch von den Agitatoren, die aus den verschiedenen Bezirksorganisationen kamen, erfuhren, dass die Regimenter und Fabrikarbeiter den Entschluss zu demonstrieren bereits gefasst hatten und es unmöglich wäre, die Menge bis zur Beendigung der Regierungskrise zurückzuhalten, erklärten sich alle Anwesenden damit einverstanden, dass es am besten wäre, die Demonstration in friedliche Bahnen zu lenken und die Massen aufzufordern, ihre Gewehre zu Hause zu lassen.

d. Im Laufe des 17. Juli, den ich im Taurischen Palais verbrachte, legten ich und meine bolschewistischen Freunde der Menge ein solches Verhalten mehrmals dringend nahe.

3. Die Tatsache, dass ich nicht in Verbindung mit der Prawda stehe und auch kein Mitglied der Bolschewistischen Partei bin, hat nichts mit politischen Differenzen zu tun, sondern hängt mit gewissen Umständen unserer Parteigeschichte zusammen, die jetzt alle Bedeutung verloren haben.

Der Versuch der Zeitungen, den Eindruck zu vermitteln, ich hätte gesagt, ich hätte mit den Bolschewisten »nichts zu tun«, ist nicht wahrer als der Bericht, ich hätte die Behörden gebeten, mich vor »der Gewalttätigkeit des Mobs« zu schützen, oder hundert andere, von derselben Presse verbreitete falsche Gerüchte.

5. Aus all dem, was ich gesagt habe, geht klar hervor, dass Sie keinen logischen Grund haben, mich von der steckbrieflichen Verfolgung Lenins, Kamenjews und Sinowjews auszuschließen. Was die politische Seite der Sache betrifft, so können Sie nicht darüber im Zweifel sein, dass ich ein ebenso unversöhnlicher Gegner der Provisorischen Regierung bin wie die genannten Genossen. Meine Verschonung unterstreicht nur drastisch den konterrevolutionären und willkürlichen Charakter der Maßnahmen, die Sie gegen Lenin, Sinowjew und Kamenjew ergriffen haben.

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