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Leo Trotzki und Wladimir I. Lenin 19171128 An die Völker der Kriegführenden!

Zarskoje Selo, den 28. November.

Leo Trotzki und Wladimir I. Lenin: An die Völker der Kriegführenden!

[Nach Ernst Drahn (Hg.): Brest-Litowsk. Berlin 1920, S. 12 f.]

Die siegreiche Arbeiter- und Bauernrevolution in Russland hat die Friedensfrage an die Spitze gestellt. Die Periode der Schwankungen, des Aufschiebens und des Bürokratismus ist beendet. Jetzt sind alle Regierungen, alle Klassen und alle Parteien aller kriegführenden Länder aufgefordert worden, kategorisch die Frage zu beantworten, ob sie zusammen mit uns an den Verhandlungen über einen sofortigen Waffenstillstand und einen gemeinen Frieden heranzutreten einverstanden sind oder nicht. Von der Antwort auf diese Frage hängt es ab, ob wir einem neuen Winterfeldzug mit allen seinen Schrecken und Elend entgehen werden oder ob Europa weiterhin von Blut durchströmt wird.

Wir, der Rat der Volkskommissare, wenden uns mit dieser Frage an die Regierungen unserer Verbündeten. Wir fragen sie vor dem Angesicht ihrer eigenen Völker und vor dem Angesicht der ganzen Welt, ob sie einverstanden sind, an Friedensverhandlungen heranzutreten. Wir, der Rat der Volkskommissare, wenden uns an die verbündeten Völker, in erster Reihe an die arbeitenden Massen, ob sie damit einverstanden sind, diese sinnlose Metzelei fortzusetzen und blind dem Verderben der europäischen Kultur entgegenzugehen. Wir verlangen, dass die Arbeiterparteien der verbündeten Länder unverzüglich die Frage beantworten, ob sie mit der Einleitung von Friedensverhandlungen einverstanden sind. Diese Frage stellen wir an die Spitze.

Der Friede, den wir beantragt haben, soll ein Volksfriede sein. Er soll ein Ehrenfriede der Verständigung sein, der jedem Volk die Freiheit seiner wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung sichert. Die Arbeiter-und Bauernrevolution hat schon ihr Friedensprogramm bekanntgegeben. Wir haben die Geheim vertrage des Zaren und der Bourgeoisie mit den Verbündeten veröffentlicht und diese Verträge für unverbindlich für das russische Volk erklärt. Wir beantragen, mit allen Völkern öffentlich einen neuen Vertrag auf der Grundlage der Verständigung und der Zusammenarbeit zu schließen. Unseren Antrag haben die offiziellen und offiziösen Vertreter der regierenden Klassen der verbündeten Länder mit der Weigerung beantwortet, die Regierung der Räte anzuerkennen und sich mit ihr ins Einvernehmen über Friedensverhandlungen zu setzen.

Die Regierung der siegreichen Revolution entbehrt der Anerkennung der professionellen Diplomatie; aber wir fragen die Völker, ob die reaktionäre Diplomatie ihre Gedanken und Bestrebungen zum Ausdruck bringt und ob die Volker der Diplomatie erlauben, die große Friedensmöglichkeit, die durch die russische Revolution geboten wird, fallen zu lassen. Die Antwort auf diese Frage mögen die Arbeitermassen den kapitalistischen Regierungen geben. Nieder mit dem Winterfeldzug! Es lebe der Friede und die Völkerverbrüderung!

Der Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten: Trotzki.

Vorsitzender des Rates der Volkskommissare: (Uljanow) Lenin.

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