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Leo Trotzki 19180422 Dekret über die Pflichtausbildung im Kriegshandwerk

Leo Trotzki: Dekret über die Pflichtausbildung im Kriegshandwerk

angenommen in der Sitzung des Allrussischen Zentralexekutivkomitees der Sowjets der Arbeiter- Soldaten- und Bauerndeptutierten am 22. April 1918.

[nach Leo Trotzki: Die Geburt der Roten Armee. Wien 1924, S. 50-52]

Eine der Hauptaufgaben des Sozialismus ist die Befreiung der Menschheit vom Militarismus und von der Barbarei der blutigen Zusammenstöße zwischen den Völkern. Das Ziel des Sozialismus ist allgemeine Entwaffnung, ewiger Friede und brüderliches Zusammenwirken aller Völker auf Erden.

Dieses Ziel wird verwirklicht werden, wenn in allen mächtigen, kapitalistischen Ländern die Gewalt in die Hände der Arbeiterklasse übergegangen sein wird, die den Ausbeutern die Produktionsmittel entreißen und sie der allgemeinen Nutznießung aller Werktätigen übergeben und somit die kommunistische Gesellschaftsordnung als feste Grundlage der Solidarität der ganzen Menschheit einführen wird.

Gegenwärtig gehört der Arbeiterklasse die Staatsmacht nur in Russland. In allen übrigen Ländern ist die imperialistische Bourgeoisie am Ruder. Ihre Politik ist auf die Unterdrückung der kommunistischen Revolution und Versklavung aller schwachen Völker gerichtet. Die russische Sowjetrepublik, die von allen Seiten von Feinden umgeben ist, muss ihre eigene mächtige Armee schaffen, unter deren Schutz sich die kommunistische Umgestaltung der Gesellschaftsordnung des Landes vollziehen kann.

Die Arbeiter- und Bauernregierung der Republik macht es sich zur unmittelbaren Aufgabe, sämtliche Bürger zur allgemeinen Arbeits- und Militärpflicht heranzuziehen. Diese Arbeit stößt auf den beharrlichen Widerstand der Bourgeoisie, die auf ihre wirtschaftlichen Vorrechte nicht verzichten will und durch Verschwörungen, Aufstände und verräterische Abmachungen mit den fremdländischen Imperialisten sich die Staatsmacht zurückzuerobern sucht.

Die Bourgeoisie bewaffnen, würde heißen, ununterbrochenen Zwist in der Armee züchten und dadurch ihre Kraft im Kampfe gegen die äußeren Feinde lähmen. Die schmarotzerischen und ausbeuterischen Elemente der Gesellschaft, die nicht die gleichen Pflichten und Rechte wie die anderen auf sich nehmen möchten, können zum Waffentragen nicht zugelassen werden. Die Arbeiter- und Bauernregierung sucht Mittel und Wege, um in dieser oder jener Form auf die Bourgeoisie einen Teil der Lasten zum Schutz der Republik abzuwälzen, die durch das verbrecherische Treiben der besitzenden Klassen der ärgsten Not und den schlimmsten Prüfungen ausgeliefert worden ist. Aber die Ausbildung im Kriegshandwerk und die Bewaffnung des Volkes wird in der kommenden Übergangsperiode allein auf die Arbeiter und die Bauern, die fremde Arbeit nicht ausbeuten, erstreckt werden.

Die Bürger im Alter von 18 bis 40 Jahren, die einen Kursus in der Militärausbildung durchgemacht haben, werden als Militärpflichtige registriert werden. Auf den ersten Ruf der Arbeiter- und Bauernregierung hin sind sie verpflichtet, zu den Waffen zu eilen und in die Rote Armee einzutreten, die sich aus den treuesten und selbstlosesten Kämpfern für die Freiheit und Unabhängigkeit der russischen Sowjetrepublik und für die internationale sozialistische Revolution zusammensetzt.

1. Der obligatorischen Ausbildung unterliegen die Bürger der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik: a) im schulpflichtigen Alter, dessen untere Grenze vom Volkskommissar für Bildung festgestellt wird, b) im Vorbereitungsalter von 16 bis 18 Jahren und c) im militärpflichtigen Alter von 18 bis 40 Jahren.

Die Bürgerinnen werden auf Wunsch auf allgemeiner Grundlage ausgebildet.

Anmerkung: Die Personen, deren religiöse Überzeugungen das Waffentragen nicht gestatten, werden zu Arbeiten verpflichtet, die an einen Waffengebrauch nicht geknüpft sind.

2. Die Ausbildung der Vorbereitungs- und militärpflichtigen Altersklassen wird dem Volkskommissariat für das Kriegswesen übertragen; die der schulpflichtigen Altersklassen dem Volkskommissariat für Bildung unter Beteiligung des Volkskommissariats für das Heereswesen.

3. Der Ausbildungspflicht unterliegen alle Arbeiter, die in den Betrieben, Werkstätten, Wirtschaften und Dörfern tätig sind, sowie Bauern, die fremde Arbeit nicht ausbeuten.

4. Die lokalen Organisationen zur Pflichtausbildung im Kriegshandwerk unterstehen den Kriegskommissariaten (der Distrikte, Gouvernements, Bezirke und Gemeinden).

5. Die Auszubildenden erhalten keine Vergütung für die Zeit, die sie der Militärausbildung widmen; der Unterricht muss so organisiert sein, dass die Lernenden womöglich in der Zeit der Ausbildung nicht von ihrer ständigen Arbeit losgerissen werden.

6. Die Ausbildung hat ununterbrochen im Laufe von acht Wochen mindestens 12 Stunden in der Woche zu geschehen. Die Frist für die Ausbildung in besonderen Waffengattungen und die Ordnung der weiteren Mobilmachungen wird durch eine besondere Verfügung bekanntgegeben.

7. Personen, die früher eine Ausbildung in einer regulären Armee genossen haben, können vom Unterricht befreit werden, nachdem sie sich einer entsprechenden Prüfung unterzogen haben; dabei müssen sie im Besitz der entsprechenden Zeugnisse sein, als Personen, die den Kursus der Zwangsausbildung im Kriegshandwerk durchgemacht haben.

8. Der Unterricht geschieht seitens der Instruktoren laut dem Programm, das vom Volkskommissariat für das Heereswesen bestätigt ist.

9. Personen, die sich der Zwangsausbildung entziehen oder ihre Pflichten nur unzureichend erfüllen, werden zur Verantwortung gezogen.

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