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Leo Trotzki 19180104 Die französische Militärmission – eine Quelle von Lügen und vergifteter Gerüchte

Leo Trotzki: Die französische Militärmission –

eine Quelle von Lügen und vergifteter Gerüchte

[„Iswestija“ Nr. 259, 23. Dezember 1917/5. Januar 1918 (Ohne Unterschrift gedruckt.) Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

Als Antwort auf eine Frage, die der Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten an die französische Militärmission gerichtet hatte, antwortete General Niessel mit folgendem Schreiben:

Zahlreiche Journalisten verschiedener Richtungen ersuchen in der Militärmission um Auskunft. Ich bin berechtigt, ihnen Informationen über die militärischen Ereignisse auf dem westlichen Kriegsschauplatz, in Thessaloniki, in Asien und über die Situation in Frankreich zu geben. Bei einem solchen Besuch erlaubte sich ein junger Offizier das Gerücht mitzuteilen, das sich in der Stadt ausbreitet und dessen Herkunft Stockholm zugeschrieben wird, aber er gab nicht an, dass diese Nachricht per Telegraph gekommen sei. Ich ergreife Maßnahmen, um sicherzustellen, dass solche Versäumnisse in der Informationsabteilung, wo dies geschah, in Zukunft nicht wieder vorkommen können. Die Liste der Mitglieder der französischen Mission wurde vor kurzem vom Chef des Generalstabs übermittelt, der auch einen russischen Offizier als Verbindungsagenten zur französischen Mission hat.

Aufgrund der Kommunikationsschwierigkeiten in Russland erhalten derzeit in den Süden und in den Kaukasus entsandte Offiziere Anweisungen vom General Berthelot. Ich weiß, dass die Offiziere der französischen Mission in Rumänien mit der im Süden Russlands bestehenden faktischen Macht in Verbindung stehen mit den Zielen, den Fortbestand der Armee und der rumänischen Bevölkerung sicherzustellen. Wegen der Vereinbarung mit der russischen Regierung muss Südrussland ab dem 1. Dezember tatsächlich die Ernährung der Armee und der rumänischen Bevölkerung in vollem Umfang sicherstellen, da die Quellen Rumäniens von den russischen Armeen verschlungen wurden. Alle Erklärungen wurden jedoch in einer kürzlich an die Presse übermittelten Mitteilung gegeben, in der die Militärmission bekräftigt, sich bei verschiedenen Nationalitäten aufzuhalten, ohne an dem inneren Kampf in Russland teilzunehmen. Die französische Militärmission hat einen drahtlosen Telegrafenempfänger. Der russische Generalstab wurde über die Einrichtung dieses Apparates benachrichtigt und seine Spezialisten wurden zur Überprüfung geschickt.“

Dieser Brief ist ein wirklich erstaunliches Dokument. In der französischen Militärmission gibt es ein besonderes Propagandabüro, das heißt: Büro der chauvinistischen Agitation, Hetze, Verbreitung dunkler Gerüchte und so weiter. Ein solches Büro gab es früher auch in der britischen Mission, aber nach Buchanans offizieller Mitteilung ist dieses Büro geschlossen. In der französischen Mission ist es erhalten geblieben. Der „junge Offizier", der in dem oben genannten Dokument nicht namentlich genannt ist, aber zweifellos ein glühendes Temperament besitzt, fabrizierte gefälschte Telegramme, die in unserer ganzen chauvinistischen Presse abgedruckt wurden. Diejenigen, die ihr folgen, kennen die in ihrer Grobheit und Dummheit ungeheuerlichen Mitteilungen, die als aus Stockholm kommende Telegramme erscheinen. Nun kann die Adresse der Fabrik dieser Nachrichten mit Genauigkeit spezifiziert werden: Sie ist ein junger Offizier der französischen Mission. Es ist vollkommen natürlich, wenn die Sowjetmacht es für unmöglich hält, eine solche Arbeit auf dem Territorium der russischen Revolution zu dulden. Der „junge", also unreife, Offizier kann sicher in Frankreich heranreifen, wo die Regierung von Herrn Clemenceau hoffentlich eine geeignete Anwendung für seine Phantasie finden wird. Wir hoffen, dass in kürzestmöglicher Zeit festgestellt wird, wie viele andere mehr oder weniger junge oder ausgereifte französische und andere ausländische Offiziere an Intrigen und Verschwörungen gegen die revolutionäre Macht in Russland beteiligt sind. Wir halten auch nicht für bewiesen, dass der Aufenthalt französischer Offiziere in Kiew und am Don und besonders auf den Wegen zwischen Kiew und dem Don für die Sache des Ernährung von großem Nutzen ist. Die Informationen, die wir besitzen, sagen uns, dass diese Offiziere in viel größerem Maße die Verbindung zwischen General Kaledin, General Alexejew und anderen monarchistischen Rebellen einerseits und den Finanz- und imperialistischen Kreisen, alliierten und russischen, andererseits dienen. Es ist klar, dass die alliierten Offiziere, die ihre Frechheit zur direkten Teilnahme am konterrevolutionären Aufstand getrieben haben, sofort nach Petrograd abgezogen werden müssen, hoffentlich nur, um von hier nach Frankreich zu gehen. Dies sind die Mindestforderungen, die die Sowjetmacht unter den derzeitigen Bedingungen stellen kann. Wenn man dabei noch berücksichtigt, dass russische Soldaten in Frankreich und an der mazedonischen Front leiden, dass sie dort bei Ungehorsam dem französischen Gesetz mitsamt der Strafe der Erschießung unterworfen sind, dann erscheint die Frechheit der imperialistischen Offiziere noch ungeheuerlicher. Jedenfalls können diejenigen, die sich als Komplizen auf dem Territorium des konterrevolutionären Aufstands befinden, nicht als militärische Diplomaten eines fremden Staates angesehen werden, und die Sowjetregierung weist entschieden die Verantwortung für ihr Schicksal von sich.

Auf den Brief General Niessels gab der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten folgende Antwort:

An die französische Militärmission.

Ich habe die Ehre, die Mission von folgendem zu unterrichten:

1. In Anbetracht der Tatsache, dass das Propagandabüro, „Informationsbüro" genannt, bei der französischen Militärmission als Quelle zur Verbreitung falscher Gerüchte diente, deren Aufgabe es war, Verwirrung und Chaos in das öffentliche Bewusstsein zu tragen, unterliegt es der sofortigen Schließung.

2. Der „junge Offizier", der falsche Angaben gemacht hat, wird aufgefordert, Russland unverzüglich zu verlassen. Über den Name dieses Offiziers informieren Sie mich bitte unverzüglich.

3. Der Empfänger des kabellosen Telegraphen unterliegt sofortiger Entfernung aus der Mission.

4. Französische Offiziere, die sich im Bürgerkriegsgebiet befinden, müssen durch einen Sonderbefehl, der in der Presse veröffentlicht werden muss, unverzüglich nach Petrograd zurückgerufen werden.

5. Bitte informieren Sie mich über alle Schritte, die die Mission im Zusammenhang mit diesem Schreiben unternommen hat.

Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten

L. Trotzki.

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