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Leo Trotzki 19181000 Rede vor dem Sowjet zu Petrograd

Leo Trotzki: Rede vor dem Sowjet zu Petrograd

(Gehalten im Herbst 1918.)

[Nach New Yorker Volkszeitung, 17. April 1919, S. 4 und 6]

Genossen! – Vor zweieinhalb Monaten hielt ich hier eine Rede vor dem Petrograder Sowjet und] vor dem Kongress der Sowjets des nördlichen Territoriums. Gerade nachdem wir Sibirien den Tschechoslowaken und der Weißen Garde ausgeliefert hatten und einige Tage ehe wir Kasan übergaben, einer der traurigsten Augenblicke in der Geschichte der jungen Sowjetrepublik, kam ich nach Moskau, wo auf einer Versammlung des Sowjets der Volkskommissare und in Partei-Versammlungen, zur Zeit der größten Gefahr – ernster Gefahr für die Sowjetrepublik – entschieden wurde. nach hier, wo die Republik geboren ward, zurückzukehren, zurückzukehren zu dem roten Petrograd und zu den Petrograder Arbeitern, um zum Petrograder Sowjet zu sagen: „Die drohende Stunde der Prüfung ist gekommen, und wir erwarten Unterstützung von Euch.“ Ich erinnere mich, und Ihr alle werdet Euch erinnern, dass der Petrograder Sowjet damals einstimmig und mit wahrem, innersten Enthusiasmus, welcher von seiner Entschlossenheit zeugte, diesem Appell folge leistete und Hunderte, viele Hunderte der besten Söhne von Petrograds Arbeitern an die Front sandte. Wahrend des Monats, in dem wir versuchten, Kasan zu nehmen, befand ich mich mit ihnen an der östlichen Front, und ich beobachtete Eure Arbeitervertreter, die Genossen von Petrograd.

Wenn wir Kasan und Simbirsk genommen haben, wenn wir die Wolga gesäubert haben, dann ist es zum großen Teile das Verdienst dieser Arbeiter, die wir von hier gesandt haben. Dort, unter dem Feuer des Feindes schufen sie unsere Armee. Wir haben nur das Rohmaterial hingeschickt. junge Männer, ungeeinte Kräfte. Sie mussten mit der lebenden Seele erfüllt werden. Sie mussten zusammengeschweißt werden, Selbstvertrauen musste ihnen gegeben werben, gradliniges. zentralisiertes Kommando musste geschaffen werden. Das Personal für das Kommando musste herangebildet werden; und, wo politische Kontrolle über sie nötig war, waren bevollmächtigte Arbeiter erforderlich, welche unseren Arbeitern dafür Gewähr bieten mussten, dass die Leute im Kommando sie nicht betrügen oder sie in Gefahr bringen würden. All dies wurde von den Vertretern der Petrograder Arbeiterklasse getan. Ihr habt Kasan. Ihr habt Simbirsk genommen. Ihr habt die Wolga gesäubert. Ihr, der Petrograder Sowjet, der Vertreter von Arbeitern und der Roten Armee! Ich habe Euch damals gesagt, dass in unserem Kriegsdepartement kein Zweifel herrschte dass wir eine starke, kräftige. feste Armee bilden können und eine starke Flotte, vielleicht nicht zahlreich zur Zeit, da wir ja beschrankt sind in dem, was wir zur See tun können, aber doch eine Flotte, die entwickelt werden kann, sobald die internationalen Verhältnisse das erlauben, und die internationalen Verhältnisse ändern sich täglich zu unserem Gunsten. Wir haben eine Flussflotte auf der Wolga gegründet, wo. wie ich gestern hier auf unserer Versammlung bemerkt habe, unsere Matrosen mit unvergleichlichem Heldenmut kämpften und kämpfen. Einige Schiffe der Ostsee-Flotte, natürlich nur die kleineren Kriegsschiffstypen. wurden mit erstklassiger, abgehärteter, revolutionärer Bemannung dorthin versetzt. Die Weiße Garde zieht sich dort an der Wolga hinunter und an der Kama zurück und hat die Mündung der Bjelaja übergeben. Wie ich schon bemerkt habe, ist in diesen Kämpfen einer der besten Vertreter der Ostsee-Flotte. Nikolai Giorgorjewitsch Markin, der Gründer der Wolgaflotte, zweiter Kommandant zu Genossen Raskolnikow. gefallen.

Wir haben die Rote Luftflotte gegründet. Das ist die schwierigste Form der Bewaffnung. Unter den Luftschiffern waren viele Elemente, die durch das alte Regime der Großfürsten demoralisiert waren, und dazu kam noch, dass der Beruf sehr aristokratisch war. Die Luftschiffer wirken nicht als eine geschlossene Körperschaft, sondern als Einzelmenschen, und viele von ihnen verachten die Armee. Es wurde uns gesagt „Ihr werdet keine Luftflotte haben, denn sie werden zum Feinde hinüber fliegen.“ Es gab Fälle, wo sie mit ihren Maschinen hinüber geflogen sind; es gab Fälle hier an der nördlichen Front, wo Luftschiff-Deserteure gefangen und, natürlich, erschossen wurden, aber ich muss sagen, dass dies vereinzelte Fälle waren: sie mögen falsche Eindrücke bei Euch hervorrufen über die eigentlichen Gefühle in unserer Roten Luftflotte, Wir hatten viele Helden in unserer Roten Armee in der Infanterie und Kavallerie, und unter den Matrosen. aber wenn Ihr mich zwingen würdet, einer Gattung die Ruhmespalme zu verleihen, ich würde sagen müssen. dass die Luftschiffer in den Kämpfen zu Kasan den ersten Platz einnahmen. Sie kannten keine Gefahr, sie waren dort unter den unglaublichsten Verhältnissen in Aktion. Sie haben die allerwichtigsten Rekognoszierungen bei Sturm und Nacht unternommen; sie haben einen Verbindungsdienst hergestellt und terrorisierten den Feind mit unbarmherzigem Bombardement.

Das Tagebuch einer gebildeten Frau der Weißen Garde, die während dieses Monats der Kämpfe in Kasan gelebt hat, fiel in unsere: Hände, und dort ist auf jeder Seite das Werk der „Roten Banditen der Luft" – damit sind unsere Luftschiffer gemeint – mit Schrecken und Hass besprochen. Und jetzt sind sie über alle Fronten verbreitet: sehr bald werden unsere Roten Luftschiffer an der Südfront ihre Kraft gegen die Kosaken erproben. Ich wollte Euch sagen, dass unsere Rote Armee sich in allen Richtungen ausbreitet, auch nach aufwärts. Wir werden einen dauerhaften, zentralisierten, starken Apparat schaffen, moralisch gesund, denn die Rote Armee ist verbunden durch die Einigkeit des Gefühls, welches ihr die revolutionären Vertreter des Petrograder und Moskauer Proletariats eingeflößt haben. Regimenter, die aus den Dörfern kamen und nur wenig gebildet und aufgeklart waren, sind im Laufe von zwei bis drei Wochen buchstäblich moralisch neugeschaffen worden durch den Einfluss der leitenden Arbeiter. Ich entsinne, mich einer Gruppe. Mir ist das Bild eben vor Augen gekommen. Es war, einer der traurigsten und tragischsten Nächte vor Kasan, als sich ungeübte, junge Kräfte in panikartiger Flucht zurückzogen. Es war in der ersten Hälfte des August, als wir Niederlagen erduldeten. Eine Abteilung Kommunisten traf ein: es waren ihrer mehr als fünfzig, sechsundfünfzig, glaube ich. Unter ihnen befanden sich solche, die vor diesem Tage nie ein Gewehr in der Hand gehabt hatten. Es waren Männer darunter von vierzig und mehr Jahren, aber die Mehrzahl bestand aus achtzehn, neunzehn und zwanzigjährigen Burschen. Ich entsinne mich, wie einer dieser achtzehnjährigen Petrograder Kommunisten, mit glattem Gesicht, nachts, mit dem Gewehr in der Hand im Hauptquartier erschien und uns erzählte, dass ein Regiment seine Stellung verlassen hatte und dass sie seinen Platz eingenommen hätten, und er sagte: „Wir sind Kommunarden". Von dieser Abteilung von fünfzig kehrten zwölf zurück, aber, Genossen, sie schufen eine Armee, diese Arbeiter von Moskau und Petrograd, die auf verlassene Stellungen gingen mit fünfzig bis sechzig Mann und von denen nur zwölf zurückkehrten. Namenlos sind sie umgekommen, wie es die Mehrzahl der Helden der Arbeiterklasse in der Regel tun. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, zu versuchen, ihre Namen in der Erinnerung der Arbeiterklasse lebendig zu erhalten. Viele sind dort zu Grunde gegangen, und man kennt sie nicht mehr bei Namen, aber für uns haben sie die Rote Armee geschaffen, die das Sowjet-Russland und die Eroberungen der Arbeiterklasse verteidigt, die Burg, die Feste der internationalen Revolution, welche unser Sowjet-Russland jetzt darstellt. Von der Zeit, wie Ihr wisst. Genossen, ist unsere Stellung an der östlichen Front unvergleichlich besser geworden und zwar wo die Gefahr am größten war, denn die Tschechoslowaken und Weißen Garden, die von Simbirsk gegen Kasan vordrangen, drohten uns mit einem Anmarsch gegen Nishni in einer Richtung und in der anderen Richtung mit einem Anmarsch gegen Wologda, Jaroslaw und Archangel, um sich dort mit anglo-französischen Expedition zu vereinigen. Deshalb wurden unsere Hauptbemühungen gegen die östliche Front gerichtet und sie wiesen gute Erfolge auf. Die Wolga wurde nun von ihrer Quelle bis zur Mündung gesäubert. Und wenn die Krasnow-Banden auch wieder versucht haben. zwischen Zarizyn and Astrachan einzubrechen, nahe Zarizyn. Swetly Jar und Sarepta, wisst Ihr alle, dass dieser Versuch von unserer Steppen-Armee gebrochen wurde, die Krasnows an Zahl stärkerer Truppenmacht niederwarf, das manövrierende Bataillon der Offiziere niederwarf, den Stab gefangen nahm, alle Artillerie beschlagnahmte und nach den neuesten Berichten die in Panik nach allen Richtungen hin fliehenden Truppen verfolgten. Die Wolga wurde in Samara und Syzran gesäubert und unsere Situation am Ural ist unvergleichlich besser als ehedem, denn an der Wolga haben wir Kräfte von großer Wichtigkeit für uns freigemacht, die jetzt nach dem fernen Osten gehen. Am Ural haben wir Orenburg und Ufa erreicht, nachdem wir Bugulma genommen haben. Der Fall von Ufa und Orenburg ist in der nächsten Zeit mit Sicherheit zu erwarten und das Schicksal von Jekaterinburg ist eine längst beschlossene Sache.

Es ist wahr, dass wir unsere Verbindungslinien verlängern, sobald wir nach dem Osten gehen, und das bringt immer vermehrte Schwierigkeiten mit sich. Aber wir müssen bedenken, dass wir, während wir nach dem Osten vordringen, sehr wichtige militärische Basen in Besitz nehmen, denn der Feind zieht sich überall in wilder Flucht zurück und lässt uns riesige militärische Munitionslager zur Verfügung. Und, was noch viel wichtiger ist, wertvolle Betriebe, die zur Herstellung von Munition dienen. Das Resultat ist, dass nicht nur wir, sondern auch unsere militärische Stellung sich verbessert und sich nicht schwieriger gestaltet.

Archangel und die Murmanskfront stellten eine große Gefahr für uns dar, bis wir uns überzeugten, dass die Expedition sich nicht mit den Tschechoslowaken und den Weißen Garden an der Wolga und am Ural vereinigen konnte. Diese Gefahr mag nun als erledigt betrachtet werden. Es ist wahr, dass die Weißen Garden in ihren Mitteilungen sagen, dass sie Kasan. Simbirsk, Wolsk, Chwalynsk, Syzran und Samara aus strategischen Gründen räumten. Wir natürlich haben gar nichts dagegen, dass all dieser Mist aus strategischen Gründen aus dem Territorium der Sowjet-Republik hinaus geräumt wurde in Verbindung mit ihren Operationen. Aber ich entsinne mich, wie sie einige manövrierende Offiziers-Bataillone von neu-mobilisierten Regimentern aus Samara und Simbirsk, herbeibrachten, als sie versuchten, unsere Armee in Swiajsk zu umzingeln. Sawinkow, Fortunatow und, Lebedew marschierten diesen Truppen voraus, um unsere Truppen, die um Kasan kämpften, zu zermalmen. Sie wurden fort getrieben, erlitten eine Niederlage und veröffentlichten eine Bekanntmachung für die Weiße-Garde-Bevölkerung: „Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, wir zogen uns in vollständiger Ordnung, im vollsten Sinne des Wortes, zurück." Das war kein strategisches Manöver, sondern etwas Anderes – gleich dem angsterfüllten Rückzug gepeitschter Hunde. Es ist daher kein Grund zu der Befürchtung vorhanden, dass sich diese beiden Fronten verbinden werden. Und wenn das so ist, dann hört die Archangel-Front. welcher wir natürlich unsere vollste Aufmerksamkeit schenken müssen, auf, bedrohlich zu sein, wenigstens für die nächste Zeit, während der Wintermonate. Das Weiße Meer wird bald zugefroren, und die Verbindung zwischen der Expedition und der englischen Metropole wird bald unterbrochen sein.

Sie werden sich zur Murmansk-Küste zurückziehen müssen, welche nicht zufriert. Aber es wird nicht schwer sein für uns, in diesem Lande der Hungersnot, von England durch das Eis abgeschnitten, die englische Expedition mit geringen Streitkräften zu schlagen. Da bleibt dann noch die südliche Front, und auf diese Strecke ist die ganze Aufmerksamkeit der Sowjets, der Vertreter der Petrograder Arbeiter und der Roten Armee gerichtet. Es ist ganz natürlich, dass Ihr hier Eure ganze Aufmerksamkeit auf die nördliche und nordöstliche Front konzentriertet. Eure besten Kräfte dorthin sandtet und in Anspruch genommen wart, die Kräfte, die dahin geschickt worden waren, moralisch und physisch zu erhalten.

Und nun. Genossen, leben wir in einer Zeit, in der die internationale Politik ihren Weg außerordentlich ändert, und zwar dies mit katastrophaler Geschwindigkeit. England glaubte, dass Sawinkows Weiße Garden stärker sein werden, als sie es wirklich waren. In der französischen Legation und auf der französischen Gesandtschaft wurde mir gesagt, dass der ehemalige französische Gesandte Noulens gerade vor dem Aufstand in Jaroslaw Sawinkow zu sich berufen hat und ihm sagte, dass er an diesem und diesem Datum in Jaroslaw einen Aufstand herbeiführen müsse. Sawinkow antwortete, dass dies unmöglich sei. In Antwort darauf bewies ihm Noulens, dass sie sich mit den Tschechoslowaken verbinden müssten. deren Armeen sich schon zersetzten, und dass deshalb Sawinkows Hilfe notwendig sei. Noulens verpflichtete ihn folgendermaßen: „Wir geben Euren Organisationen nicht Millionen, dass Ihr das zu tun verweigert, was wir von Euch verlangen und wann wir es wollen." Und darauf hat Sawinkow den Jaroslawer Aufstand organisiert.

Damals waren wir schwach, aber der Jaroslawer Aufstand wurde trotzdem unterdrückt und alle Entente-Missionen wurden von Wologda ausgewiesen. Ein strenges revolutionäres Regime wurde eingesetzt: die gegenrevolutionären Verschwörungen wurden abgeschnitten und die nördlichen Operationen der franko-englischen Imperialisten wurden zerstört.

Sie wenden nun all ihre Aufmerksamkeit gegen Süden, nicht nur, weil sie eine Niederlage erlitten haben, sondern vor Allem, weil vorläufig die Wechselwirkung der Kräfte eingesetzt hat. Nachdem Deutschland die Balkan-Halbinsel, Rumänien, die Ukraine und Trans-Kaukasien unterworfen hatte, versuchte es die Diktatur, im nördlichen Kaukasus einzusetzen.

Nun hat sich die Frage gründlich geändert, und der englisch-französische und amerikanische Plünderbund hat sich verrechnet, das soll zu allem Anfang gesagt werden. Die Sachlage in allen Balkanländern ändert sich jetzt. Früher waren sie die Vasallen, die Söldlinge Deutschlands, nun machen sie sich bereit, um binnen vierundzwanzig Stunden, oder falls es notwendig sein sollte, in vierundzwanzig Minuten, die Untertanen oder halb-willigen Vasallen und Söldlinge des englisch-französischen Imperialismus zu werden. In Bulgarien ist dies schon geschehen, es geschieht jetzt in der Türkei, es mag morgen in Bulgarien vor sich gehen und wird schon seit langer Zeit in der Ukraine vorbereitet. Den grundbesitzenden und Mittelklassen ist es völlig gleich, ob der Skoropadskyismus auf einer deutschen oder englisch-französischen Basis ruht. Die Ukraine weiß, dass sie von Skoropadski keinen Dank erwarten darf, und dass er das Land und das Getreide der Ukraine ebenso an Deutschland verkaufen würde, wie an die englisch-französischen Imperialisten. Und dann, auch im Kaukasus befindet sich ein Ort, wo die Bemühungen des englischen Imperialismus und die erschlaffenden Bemühungen des deutschen Imperialismus in entgegengesetzter Richtung arbeiten. Baku wurde von den Türken genommen, aber es liegen Gründe zur Annahme vor, dass es morgen in die Hände der Engländer fallen wird. Nach Baku kommt Astrachan an die Reihe und nach diesem kommt Cis-Kaukasien. Die Krasnowiten, die zurzeit deutsche Munition in deutschen Gewehren verschießen. werden morgen ihre ganze Artillerie nach den Anweisungen des englischen Imperialismus richten. Krasnow wird diese Maßnahme ohne Zögern ausfuhren, und dabei wird er sich mit Denikin verbinden, der noch immer Alexejews Angelegenheiten durchführt.

Gerade jetzt, Genossen, bedroht uns die Hauptgefahr, nicht vom Norden und nicht vom Osten: das sind nur ganz fern liegende Gefahren; die Wintermonate werden vorübergehen, und der Frühling, der darauf folgt, muss kommen, ehe die Gefahr von der Seite Archangels eine wirkliche wird, oder die Japaner können ihre Divisionen nach dem Ural bringen, sollten ihre kriegerischen imperialistischen Anmaßungen so weit gehen.

Die Gefahr vom Süden ist viel unmittelbarer; wenn die Straßen durch Englands und Frankreichs Flotte geöffnet werden, wenn eine englisch-französische Expedition an den Ufern des Schwarzen Meeres erscheint, bedeutet das eine gründliche Änderung der Front Krasnows, eine Änderung des ganzen südlichen Russlands, auf das Zeichen der Gefahr von den englisch-französischen Mietlingen, unterstützt von den Banden der Weißen Garden von Russland; dies bedeutet einen Schlag gegen das Sowjet-Russland vom Süden.

Deutschland ist jetzt zu schwach, um eine Gefahr für uns zu sein. England und Frankreich dünken sich noch immer genügend stark; sie befinden sich jetzt in solch einer Periode, wie die es war, in der sich Deutschland zur Zeit der Brest-Litowsker Unterhandlungen und dem Abschluss des Vertrags befand.

Deutschland brauchte sechs Monate, um ein Opfer seiner eigenen Verbrechen zu werden. England und Frankreich, die ihren Höhepunkt sechs Monate nach Deutschland errichten, werden vielleicht sechs bis acht Wochen gebrauchen, denn die Geschichte arbeitet mit fieberischem Tempo, und das besonders darum, weil die Geduld den Volksmassen immer mehr erschöpft wird und Anzeichen einer Katastrophe in der imperialistischen Politik sichtbar werden.

Es steht zu hoffen, dass die Engländer und Franzosen in einigen Wochen schwächer sein werden, als zur Zeit, aber während der nächsten paar Wochen sind sie ein unmittelbarer und gefährlicher Feind für uns. Dieser Feind droht in viel stärkerem Grade vom Süden als vom Norden, und deshalb muss unsere ganze Aufmerksamkeit nach dem Süden gerichtet sein. Unser erstes und Hauptproblem ist es, Krasnow nicht zu gestatten, die Front zu überschreiten und ihm keine Gelegenheit zu geben, sich mit den Anglo-Franzosen zu verbinden und von ihnen militärische Hilfe zu bekommen. Wie soll das ermöglicht werden? Das ist sehr einfach: Krasnows Banden und alle anderen müssen während der nächsten zwei oder drei Wochen vom Erdboden verschwinden. Wie Ihr wisst, hat die Ukraine während der Verhandlungen mit uns, sich geweigert, die Grenzen mit uns zu bestimmen, und sie behaupteten, dass dies das Gebiet der Don-Republik wäre und dass das Sowjet-Russland nichts anginge. Nun, wenn wir die Don-Republik von Krasnows Händen säubern, werden wir keine Grenzen mit der Ukraine haben; die Ukraine selbst wollte diese Grenzen nicht, und wir werden in Verbindung mit den ukrainischen Arbeitern und Bauern in derselben Richtung vorgehen. Die Räumung des Dongebiets wird der Todesstoß für die ganze ukrainische Mittelklasse sein und auch der beide Gegenrevolutionen: für die schon erblassenden deutschen Ränke, weil dies der Zusammenbruch von Krasnow sein wird, den Skoropadski um militärische Hilfe angefleht hat für die Herstellung des ukrainischen Kosakentums; es wird auch der Zusammenbruch der englisch-französischen Ränke sein, denn diese haben aus den verständlichsten Gründen auf Krasnow gerechnet. In dem Sinne wird es der Todesstoß der ganzen ukrainischen Gegenrevolution sein. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass, wenn die Regimenter der Roten Armee in Rostow und Nowotscherkassk einziehen. Barrikaden in den Straßen von Kiew und Odessa errichtet werden. Eine Revolution in der Ukraine, die wir selbstverständlich nicht mit Gleichgültigkeit betrachten, und wir werden die Stellung einnehmen, die sich für Sowjet-Russland ziemt, bedeutet eine große Erschütterung für Rumänien und für die ganze Balkan-Halbinsel.

Österreich. welches jetzt viel zu eng mit der Ukraine verbunden ist, wenn auch nur durch die Tatsache, dass österreichische sowohl wie auch deutsche Truppen dort einquartiert sind, wird immer mehr und mehr in die Stromschnellen der ukrainischen Revolution hinein gezogen. Der Knoten des europäischen Imperialismus, oder selbst des Welt-Imperialismus, wird im Süden Russlands, und ganz besonders an der Don-Front geknüpft. Der Knoten der europäischen Revolution ist gegenwärtig dort damit zusammengebunden. und diesen Knoten müssen wir in der denkbar kürzesten Zeit durch hauen Wir haben eine genügend Anzahl Streitkräfte dahin versetzt, sind stärker als unsere Feinde und hoffen dies sehr bald beweisen zu können, aber wir benötigen diese selben Sowjet-Arbeiter, die wir an der nördlichen und südlichen Front hatten und haben, wo sie durch ihre treue Arbeit die Siege errungen haben, die wir gewonnen. Bis jetzt sind in Petrograd wenige von Euch. Petrograder Genossen! In der politischen oder militärischen Organisation der Verwaltung herrscht noch immer nicht die revolutionäre Tatkraft, die Härte und Entschlossenheit, die der| Roten Front nur durch das Petrograder Proletariat, welches, mit oder ohne Gewehren sagt: „Ich bin ein Vertreter des Petrograder Sowjets, ich bin ein Kommunard und ich kenne meinen Posten, welchen ich nicht verlassen werde, auch werde ich den anderen nicht erlauben, die Posten zu verlassen, die ihnen von der Republik zugeschrieben sind," gegeben werden kann.

Ich wurde wieder zu Euch geschickt, um Euch zu sagen, dass der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Sowjet-Republik jetzt im Süden ist, welcher weiter von Euch entfernt ist als der Norden, der jedoch nicht weiter von Eurem politischen Bewusstsein und Euren revolutionären Vorbereitungen entfernt sein kann, denn dort soll jetzt das Schicksal des Sowjet-Russland und der Welt-Revolution entschieden werden. Ich erstattete gestern den führenden Genossen des Roten Petrograd Bericht, und die haben mich, selbstverständlich und mit Recht, darauf aufmerksam gemacht, dass Petrograd viele Mann an alle Fronten gesandt hat; und überall werde ich im Zuge, zu allen Zeiten von irgend einem Petrograder oder Moskauer Arbeiter angerufen, der jetzt Präsident des Exekutivkomitees oder Außerordentlichen Kommission ist, oder der – ein Bursche von neunzehn oder zwanzig Jahren – Distrikts-Kommissar ist. Ich weiß, dass Ihr viele Männer, und nicht die schlechtesten, an alle Fronten in den Provinzen gegeben habt, und doch fühle ich mich viel zu sehr als einer aus Petrograd und als Mitglied Eures Sowjets, um eure Stärke nicht zu kennen und nicht zu wissen, was Ihr zu tun imstande seid. Ich weiß, dass Petrograd eine Rote Hydra ist; schneidet ihr hundert Kopfe ab und tausend neue werden an deren Stelle wachsen. Ich komme noch einmal zu Euch und sage: Genossen, vor dem Frühlingstau. welcher die Felder unpassierbar macht, vor dem Frühlingstau. welcher den Vormarsch erschwert. müssen wir entscheidende Operationen erreichen. Wir müssen in Rostow und Nowotscherkassk einziehen, den Don säubern und im nördlichen Kaukasus eine feste Grundlage für die Oberherrschaft der Sowjetmacht gründen. Vom militärischen Standpunkte, Genossen, haben wir getan. was wir konnten. Jetzt brauchen wir eine starke, revolutionäre Stütze. Gebt uns Euer Petrograder Proletariat. Gladiatoren, bereit ins Feuer und ins Wasser zu gehen, und ganze Massen mit sich zu reißen. Sichert unsere jungen Kräfte gegen Feigheit und Unschlüssigkeit. in einem Wort, gebt uns wahre Vertreter des Petrograder Sowjets, gebt uns so viel Ihr könnt von solchen Arbeitern, und ihr werdet sehen, dass sehr bald über Rostow und Nowotscherkassk das Rote Banner der Sowjet-Republik flattern wird.

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