Bildung des Sowjets der Volkskommissare

Bildung des Sowjets der Volkskommissare.

In Petrograd war der Sieg vollkommen. Die Regierung befand sich vollends in den Händen des Militär-Revolutionären Komitees. Wir erließen die ersten Dekrete über die Abschaffung der Todesstrafe, die Neuwahlen der Armeekomitees usw. Aber da stellte sich heraus, dass wir von der Provinz abgeschnitten waren. Die höheren Schichten der Eisenbahn-, der Post- und Telegraphenbeamten waren gegen uns. Die Armeekomitees, die Stadträte und die Semstwos fuhren fort, das Smolny-Institut mit bedrohlichen Telegrammen zu bombardieren, in denen sie uns direkt den Krieg erklärten und mit uns Aufwieglern in kürzester Zeit fertig zu werden versprachen. Unsere Telegramme, Dekrete und Erklärungen erreichten die Provinz nicht, da die Petrograder Telegraphen-Agentur sich weigerte, uns zu unterstützen. In dieser Atmosphäre der Isoliertheit der Hauptstadt vom übrigen Land entstanden und verbreiteten sich beunruhigende und ungeheuerliche Gerüchte mit Leichtigkeit.

Als die bürgerliche und vermittelnde Presse sich davon überzeugen konnte, dass der Sowjet tatsächlich die Gewalt besaß, dass die alte Regierung verhaftet war, und in den Straßen von Petrograd die bewaffneten Arbeiter herrschten, da erhob sie gegen uns eine Kampagne von wahrhaft unvergleichlicher Raserei; es gab keine Lüge und keine Verleumdung, die diese Presse gegen das Militär-Revolutionäre Komitee, seine Leiter und seine Kommissare nicht mobil gemacht hätte.

Am 26. fand tags die Sitzung des Petrograder Sowjets unter Teilnahme der Delegierten des Allrussischen Kongresses, der Mitglieder der Garnisonskonferenz und eines zahlreichen Parteipublikums statt. Hier traten zum ersten Mal, nach fast viermonatlicher Unterbrechung, Lenin und Sinowjew auf, empfangen von stürmischen Ovationen. Die Freude über den errungenen Sieg wurde jedoch von der Besorgnis getrübt, wie das Land diesen Umschwung aufnehmen würde und ob die Sowjets die Regierungsgewalt wirklich behalten würden…

Abends fand eine beschließende Sitzung des Sowjets-Kongresses statt. Lenin brachte zwei Dekrete ein: über den Frieden und über die Landverteilung. Die beiden wurden nach kurzen Diskussionen einstimmig angenommen. In dieser selben Sitzung wurde eine neue Zentralregierung in Form des Sowjets der Volkskommissare geschaffen.

Das Zentralkomitee unserer Partei machte den Versuch, eine Einigung mit den linken Sozialisten-Revolutionären zu erzielen. Es wurde ihnen angeboten, an der Bildung der Sowjet-Regierung teilzunehmen. Sie schwankten und bezogen sich darauf, dass ihrer Meinung nach die Regierung einen Koalitionscharakter innerhalb der Grenzen der Sowjetparteien haben müsste. Aber die Menschewiki und die rechtsstehenden Sozialisten-Revolutionäre hatten zu dem Sowjet-Kongress jede Beziehung abgebrochen, denn sie hielten eine Koalition mit den Anti-Sowjetparteien für notwendig. Uns blieb nichts mehr übrig, als es den linksstehenden Sozialisten-Revolutionären zu überlassen, ihre Nachbarn rechts zur Rückkehr in das Lager der Revolution zu überreden; aber solange sie dieses hoffnungslose Geschäft betrieben, hielten wir uns für verpflichtet, die ganze Verantwortung für die Regierung ungeteilt auf unsere Partei zu wälzen. Die Liste der Volkskommissare war ausschließlich aus Bolschewiki zusammengesetzt. Darin lag entschieden eine gewisse politische Gefahr: der Übergang war zu krass, – man denke nur daran, dass die Führer dieser Partei noch bis zum letzten Tage laut Paragraph 108, d. h. wegen Landesverrat, unter Anklage standen. Aber es gab keine andere Wahl. Die anderen Sowjetparteien schwankten und entzogen sich der Verantwortung: sie zogen es vor, eine abwartende Position einzunehmen. Zuguterletzt zweifelten wir nicht mehr daran, dass unsere Partei allein eine revolutionäre Regierung zu schaffen im Stande sei.

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