Das Steigen der Flut

Das Steigen der Flut.

Neben der Organisationsarbeit ging eine stürmische Agitation vor sich. Es war eine Periode ununterbrochener Meetings in den Fabriken, im Zirkus „Moderne" und „Ciniselli", in den Klubs und in den Kasernen. Die Atmosphäre aller Meetings war mit Elektrizität gesättigt. Jede Erwähnung des Aufstandes wurde von einem Sturm von Applaus und Rufen der Begeisterung empfangen. Die bürgerliche Presse trug zur Stimmung der allgemeinen Unruhe viel bei. Die von mir unterschriebene Order an die Munitionsfabrik zu Sestrorjetzk, der Roten Garde 5000 Gewehre auszuhändigen, rief in den bürgerlichen Kreisen eine unbeschreibliche Panik hervor. Überall sprach und schrieb man von einem allgemeinen Gemetzel, das vorbereitet würde. Das hinderte natürlich die Arbeiter der Waffenfabrik zu Sestrorjetzk nicht, den Roten Gardisten Waffen zu liefern. Je mehr die bürgerliche Presse gegen uns hetzte und uns verleumdete, um so glühender wurde die Antwort der Massen auf unsern Appell. Beiden Seiten wurde es immer klarer, dass die Krise im Lauf der allernächsten Tage eine Lösung finden musste. Die Presse der Sozialisten-Revolutionäre und der Menschewiki schlug Alarm: „Die Revolution ist in höchster Gefahr!" – „Es bereitet sich eine Wiederholung der Julitage vor, – aber auf weiterer Basis und also auch mit viel gefährlicheren Folgen!" – Gorki prophezeite tagaus tagein in seiner „Nowaja Schisn" den nahenden Untergang der gesamten Kultur. Die sozialistische Färbung verließ überhaupt ungeheuer schnell das Bewusstsein der bürgerlichen Intelligenz, sobald sich das strenge Regime der Arbeiterdiktatur näherte. Dafür aber begrüßten die Soldaten selbst der rückständigsten Regimenter die Kommissare des Militär-Revolutionären Komitees mit Begeisterung. Sogar von den Kosakenkontingenten und von der sozialistischen Minorität der Fähnriche kamen Delegierte zu uns. Im Fall eines offenen Zusammenstoßes stellten sie uns zumindest die Neutralität ihrer Kontingente in Aussicht. Die Regierung Kerenskis hing offensichtlich in der Luft.

Der Rayonsstab trat mit uns in Verhandlungen und schlug uns einen Kompromiss vor. Um die Widerstandskraft des Feindes zu ermessen, traten wir in Verhandlungen ein. Aber der Generalstab war nervös: bald beschwichtigte, bald drohte er und erklärte sogar unsere Kommissare für ungültig, was übrigens auf ihre Tätigkeit nicht den geringsten Einfluss ausübte. In Übereinstimmung mit dem Generalstab setzte das Zentral-Exekutivkomitee als Hauptkommissar im Petrograder Militärbezirk den Stabskapitän Malewski ein, und drückte großmütig seine Bereitwilligkeit aus, unsere Kommissare anzuerkennen, – unter der Bedingung, dass sie sich diesem Hauptkommissar unterwürfen. Dieser Vorschlag wurde von uns abgelehnt, und die Verhandlungen brachen ab. Angesehene Menschewiki und Sozialisten-Revolutionäre kamen als Vermittler zu uns, beschwichtigten uns, drohten und prophezeiten unseren Untergang und den Untergang der Revolution überhaupt.

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