Die Demokratische Konferenz

Die Demokratische Konferenz

Die Demokratische Konferenz, die Mitte September von Zeretelli und seinen Mitkämpfern einberufen wurde, hatte ein absolut künstliches Gepräge: es war eine Kombination aus den Sowjets und den Selbstverwaltungsorganen, in einem solchen Verhältnis, dass das Übergewicht der vermittelnden Parteien garantiert war. Eine Ausgeburt von Hilflosigkeit und Kopflosigkeit, nahm diese Konferenz ein armseliges Ende. Die Zensus-Bourgeoisie verhielt sich gegen die Konferenz mit der größten Feindseligkeit, denn sie sah in ihr den Versuch, sie, die Bourgeoisie, von den Positionen weg zu drängen, denen sie sich auf der Moskauer Konferenz genähert hatte. Das revolutionäre Proletariat und die mit ihm verbündeten Massen der Bauern und Soldaten verurteilten von vornherein die Fälschermethode, nach der die Demokratische Konferenz einberufen wurde. Die direkte Aufgabe der Vermittler war, ein „verantwortliches" Ministerium zu schaffen.

Aber auch das wurde nicht erreicht. Kerenski wollte von Verantwortlichkeit nichts wissen und duldete sie nicht, denn sie wurde von der Bourgeoisie, die sein Rückgrat bildete, nicht geduldet. Die Unverantwortlichkeit in Bezug auf die Organe der sogen. Demokratie bedeutete aber die tatsächliche Verantwortlichkeit vor den Kadetten und vor den Botschaftern der Entente. Einstweilen genügte das der Bourgeoisie. In der Frage der Koalition kam die ganze Unhaltbarkeit der demokratischen Konferenz zu Tage: Für eine Koalition mit der Bourgeoisie wurden nur wenig mehr Stimmen abgegeben als gegen diese Koalition; die Majorität stimmte gegen eine Koalition mit den Kadetten. Aber nach Abzug der Kadetten blieben innerhalb der Bourgeoisie keine ernsthaften Kontre-Agenten für eine Koalition mehr übrig. Zeretelli setzte es der Konferenz umständlich auseinander. Um so schlimmer, wenn die Konferenz es nicht verstanden hatte. Hinter dem Rücken der Konferenz wurden skrupellos Verhandlungen mit den von der Konferenz abgelehnten Kadetten geführt; dabei wurde beschlossen, dass die Kadetten nicht als Kadetten figurieren sollten, sondern als … „sozial Arbeitende". Bedrängt von rechts und von links, ließ sich die kleinbürgerliche Demokratie alles gefallen und demonstrierte somit ihre vollkommene politische Erschlaffung.

Aus dem Schoß der Demokratischen Konferenz wurde der Sowjet ausgeschieden, der durch Vertreter der Zensus-Elemente ergänzt werden sollte; dieses Vor-Parlament sollte die leere Stelle ausfüllen, die bis zur Einberufung der Konstituante übrig blieb. Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Plan Zeretellis, aber in vollem Einvernehmen mit den Plänen der Bourgeoisie behielt das neue Koalitionsministerium in Bezug auf das Vor-Parlament seine formale Unabhängigkeit. Das Ganze machte den Eindruck eines traurigen und kraftlosen Kanzleiprodukts, das die völlige Kapitulation der kleinbürgerlichen Demokratie vor dem Zensus-Liberalismus verbarg, dem Liberalismus, der einen Monat vorher Kornilows Ansturm gegen die Revolution öffentlich unterstützte. Auf diese Weise lief alles auf die Wiederherstellung und Stabilisierung der Koalition mit der liberalen Bourgeoisie hinaus. Es konnte kein Zweifel mehr darüber bestehen, dass völlig unabhängig von der Zusammensetzung der Konstituante die Regierungsgewalt sich faktisch in den Händen der Bourgeoisie befinden würde, denn die Vermittlungsparteien gelangten trotz des Übergewichts, das ihnen die Volksmassen verliehen, immer wieder zur Koalition mit den Kadetten: sie hielten es für unmöglich, ohne die Bourgeoisie eine Regierung zu schaffen. Die Volksmassen standen der Partei Miljukows mit der größten Feindseligkeit gegenüber. Bei allen Wahlen, während der ganzen Revolutionszeit, fielen die Kadetten unbarmherzig durch, und dennoch wiesen die selben Parteien – die Sozialisten-Revolutionäre und die Menschewiki – die bei den Wahlen über die Kadettenpartei den Sieg davontrugen, gleich nach den Wahlen in der Koalitionsregierung den Kadetten einen Ehrenplatz an. Es ist zu begreifen, dass die Volksmassen immer mehr einsahen, dass die vermittelnden Parteien bei der liberalen Bourgeoisie eigentlich nur die Rolle von Kommis spielten.

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