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Leo Trotzki 19190628 Interview

Leo Trotzki: Interview

[Nach New Yorker Volkszeitung, 2. Juli 1919, S. 1]

Wilson in Friedensverhandlungen mit Bolschewisten überstimmt, sagt er.

Sowjet führt Verteidigungskrieg.

Werden kämpfen, bis man sie in Ruhe lässt; die Sowjet-Armee wächst andauernd.

Von Edward Bing.

BUDAPEST. 28. Juni (verspätet), Großbritannien und Amerika gaben Premier Clemenceau nach und Präsident Wilson wurde in den Friedensverhandlungen mit den Bolschewisten überstimmt. erklärte heute der Kriegsminister der russischen Sowjet-Regierung Leo Trotzki in einem drahtlosen Interview.

Über die militärischen Ziele der Sowjet befragt: erklärte Trotzki:

Wir werden kämpfen, bis man uns in Ruhe lässt."

Die dritte Frage, die an Trotzki gestellt wurde, bezog sich auf die Haltung von Sowjet-Russland gegenüber der Entente.

Trotzkis Antwort war:

Kein vernünftiger russischer Bürger glaubt, dass Sowjet-Russland gegen Koltschak, Denikin oder die finnische oder polnische Bourgeoisie Krieg führt. Diese Gruppen sind ganz unbedeutend.

Russland führt einen Verteidigungs-Krieg gegen das imperialistische England, Frankreich und Amerika, welche buchstäblich die Hohenzollern-Methoden nachmachen, erdichtete „Regierungen" hinter dem angeblichen Bestimmungsrecht von kleinen Nationalitäten zu beschirmen, das sie selbst verletzen."

Die vierte Frage ist. ob die Sowjet-Regierung bereit ist. mit der Entente Friede zu schließen.

Eine genaue Antwort dieser Frage ist von William Bullitt zu erhalten, der den Staatssekretär Lansing repräsentiert, und von Lincoln Steffens, der Russland als Friedenskommissar besuchte. Bulitt ist in dieser Hinsicht mehr als kompetent, da er an direkten Unterhandlungen beteiligt war. von welchen ich nur als Mitglied der Sowjet-Regierung Kenntnis erhielt.

Entwurf war gebilligt.

Die russische Presse veröffentlichte den Wortlaut des russischen Fnedensvertrags-Entwurfs, welcher von den Sowjet-Diplomaten und den Vertretern des Präsidenten Wilson gebilligt war. Wilson wurde aber anscheinend überstimmt, wie in allen anderen Fragen. Clemenceau hat die Oberhand mit der Absicht, die Anarchie in Russland zu fördern um dadurch die öffentliche Meinung in Frankreich in Schrecken zu setzen.

Dies Gespenst erweist sich seiner Diktatur als notwendig, da es die Stunde des unvermeidlichen Falles seines Terrorismus-Systems hinausschiebt."

Die fünfte Frage betrifft ein Bündnis mit Deutschland.

Antwort: „Ein Bündnis mit Deutschland ist möglich und wünschenswert, ebenso wie ein Bündnis mit irgend einem andern Land, vorausgesetzt, dass die Alliierten vollständig ihre Politik des offenen und versteckten Imperialismus aufgeben und die Besitzergreifung von Territorien, in Unterstützung ihrer Propaganda von gegenrevolutionärer Anarchie."

Die sechste Frage betrifft die militärische Tätigkeit der Sowjet.

Antwort: „Diese Frage ist oben skizziert. Die Armee wächst beständig und wird durch jede Probe neu gekräftigt. In der Zwischenzeit verfallen unsere Feinde unabänderlich – nicht nur die polnische und rumänische Weiße Garde, sondern auch die Armeen mit starkem Hinterhalt."

Die siebente Frage betrifft unser militärisches Ziel.

Wir werden weiterkämpfen, bis man uns in Ruhe lässt."

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