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Leo Trotzki 19200124 Die Wirtschaft in Sowjetrussland und in Westeuropa

Leo Trotzki: Die Wirtschaft in Sowjetrussland und in Westeuropa

Bericht auf der vereinigten Sitzung des III. Kongresses der Volkswirtschaftsräte und des Moskauer Arbeiter- und Bauernrates.

[Nach Russische Korrespondenz, 1. Jahrgang, Heft VIII-IX (Juni 1920), S. 9-19]

[Der Bericht Rykows1 auf dem Kongress der Volkswirtschaftsräte ist sofort von der bürgerlichen Presse aufgegriffen worden, um dem Sowjetregiment in die Schuhe zu schieben, was dem Ansturm des Weltkapitals gegen Russland geschuldet ist.

Der Bericht des Genossen Trotzki auf demselben Kongress rechnet mit dieser von ihm vorausgesehenen Presskampagne ab. Er enthält das entscheidende Material und die grundlegenden Gesichtspunkte, um dieser verlogenen Mache zu begegnen.]

Genossen! Das Bild, welches der Vorsitzende des Obersten Wirtschaftsrates vor uns entrollt hat, kann auf keinen Fall tröstlich genannt werden. Und es ist unzweifelhaft, dass die Feinde, die uns noch im Innern des Landes geblieben sind, und besonders unsere äußeren Feinde die Ziffern, die Daten ausnutzen werden, auf welche Gen. Rykow mit seiner Aufrichtigkeit, welche die Politik und die Arbeit der Sowjetmacht charakterisieren, hingewiesen hat.

Nicht nur die offiziell, offen bezahlten Vertreter des Kapitals suchen in der westeuropäischen Presse zu beweisen, dass das Sowjetsystem die Wirtschaft zerstört und zugrunde richtet, diesen Weg gehen auch die Sozialkompromissler mit ihrem Anführer Kautsky, der in seinem letzten Buche „Russland" dieselbe Idee entwickelt, dass das Sowjetregime seinem Wesen nach mit der Entwicklung der Wirtschaft unvereinbar sei. Hier, Genossen, hätten wir das volle Recht, zur Prüfung dieser Behauptung eine vergleichende Abschätzung unserer Wirtschaft mit der Westeuropas, die sich auf eine unvergleichlich machtvollere Basis stützt, vorzunehmen.

Was stellt die Wirtschaft Deutschlands vor? Sie stellt den progressierenden Verfall vor. Die deutsche Kohlenindustrie ist zerrüttet, die Gruben werden eine nach der anderen geschlossen, die Versorgung mit Elektrizität ist herabgesetzt, die Fabriken führen auch nicht einen unbedeutenden Teil ihrer Bestellungen aus, die Arbeitslosigkeit wächst drohend an, und der Transport sinkt mehr und mehr. Was soll man von Österreich, diesem Lande der Dunkelheit, der Verarmung, der allseitigen Aussichtslosigkeit sagen? Seine Wirtschaft ist vollständig ruiniert, die Straßen seiner Städte sind dunkler als die unsrigen. Die Straßenbahn steht, die Eisenbahnen. stehen vor der völligen Lahmlegung, in jedem Fall ist ihre Lage nicht besser als die unsrige. Und die Länder der Sieger? In Frankreich befindet sich der ganze nördliche Teil, d. h. der industriell am meisten entwickelte Teil im Zustande des völligen Verfalles und der Zerrüttung. Die französische Metallurgie, die französische Textilindustrie, das französische Metallgewerbe, die Zuckerindustrie des Rayons von Soissons all dies ist zerstört und vernichtet, bis auf den Grund zertrümmert: die Zuckerrübenplantagen von Nordfrankreich stellen Felder der Verwüstung und Verwilderung vor, wo der Boden bis auf eine beträchtliche Tiefe durch schwere Geschosse zerstört und wo die einst fruchtbare Erde mit Eisensplittern und einer unzähligen Altenge Stacheldraht vermischt ist. Es werden Monate und Jahre nötig sein, um diesen Boden erzeugungsfähig zu machen. Belgien befindet sich im Zustande der völligen Verarmung, dort hat die Krisis des Transports, mit Ausnahme des Transports per Achse, den Höhepunkt erreicht. Nach den Worten des Amerikaners Vanderlib werden dort die Menschen in Zugtiere verwandelt, aus Mangel an Pferden werden sie vor die Wagen gespannt. Auf diese Weise haben wir Tatsachen, die dem Regime entwachsen, die in den Bedingungen des vierjährigen Krieges wurzeln, die die Produkte der Arbeit mit Hilfe anderer teurer Arbeitsprodukte zerstören. Die europäische Kultur nützt sich doppelt ab – indem sie die Arbeiter der Produktion entzieht und nur das zu erzeugen zwingt, was zur Zerstörung der gestrigen Arbeitsprodukte nötig ist. So hat Europa Jahre hindurch gelebt und seine Wirtschaft untergraben Der von mir angeführte Geschäftsmann Vanderlib, ein Vertreter der Firma Morgan, spricht von dem Untergange Europas ohne die Hilfe von Amerika und stellt die Tatsache fest, die für Europa in höchstem Grade bemerkenswert ist und uns einen Lichtblick gewährt. Er spricht davon, dass Europa von einer Arbeitslähmung ergriffen worden ist, dass sich eine breite Welle der allgemeinen Faulheit, der allgemeinen Passivität über Europa ergossen hat. Wie sollte das auch anders sein, nach den Jahren der ungeheuersten Anspannung aller Kräfte, nach den betrogenen Hoffnungen, da das Proletariat Europas zu den alten kapitalistischen Ställen, zu der kolossalen bürgerlichen Ausbeulung zurückkehrt? Wie kann es neue Energie und Kraftquellen finden, wenn alle vom Zustande der Lähmung oder wie sich Vanderlib ausdrückte, von einer „Welle ungewöhnlicher Faulheit" ergriffen sind? Dieselbe Aussage, wenn auch in etwas verhüllter Form, macht der kompetente Vertreter der französischen Industrie. Ich werde die beredten Worte des französischen Ingenieurs Joufuet anfuhren; er spricht im Namen des technischen Exploitationskomitees der Eisenbahnen. Er entrollt folgendes Bild:

Während des Krieges haben die Eisenbahnen eine kolossale Arbeit geleistet. Die Wiederherstellung ist nicht im vollen Umfange durchgeführt worden; die Abnutzung wurde nicht gedeckt; kapitale Reparaturen wurden nicht ausgeführt. Auf diese Weise häuften sich auf allen Gebieten der Eisenbahn ohne Ausnahme die Elemente der Zerrüttung. Der Personalbestand nützte sich ebenso wie der materielle Teil ab. Ein Zufluss neuer Kräfte war nicht vorhanden – um die Lücken auszufüllen, musste man sich an die schon entlassenen Arbeiter und Angestellten oder an die Territorialheere, d. h. an den älteren Jahrgang wenden, der zudem noch ohne Schulung war. Die Krisis der Eisenbahnen – sagt Jouguet – ist in erheblichem Maße eine Krisis der Unerfahrenheit."

Auf diese Weise beobachten wir Tatsachen, die auf das seelische, geistige Untergraben der kapitalistischen Industrie durch die Geschichte hinweisen. Die Menschen haben keine Energie, keine Entschlossenheit, keinen Willen, keine Lust, keine Fähigkeit mehr, das Joch des Kapitalismus weiterhin zu tragen. Und dieser Vertreter der Staatseisenbahnen, Ingenieur Jouguet, sagt dasselbe, was der amerikanische Beobachter sagt. Jener spricht von „einer Welle der erstaunenswerten Faulheit", dieser spricht von Ermüdung, Erschöpfung, Untätigkeit. In seinem weiteren Berichte erfindet er Mittel und Wege, wie diese Krise zu überwinden sei, wir aber legen uns klare Rechenschaft darüber ab, dass die bürgerliche Welt Europas diese Krise nicht überwinden kann. Die Bourgeoisie hat im Laufe des imperialistischen Krieges der Arbeiterklasse zu viel Energie, zu viel moralische und physische Kräfte entzogen, hat ihre Hoffnungen und Erwartungen zu sehr betrogen, um jetzt noch eine neue Quelle potentieller, verborgener Energie der Arbeiterklasse zu entdecken. Die Arbeiterklasse Europas wird sich in der Stunde fähig erweisen, in sich genügend Vorräte an schöpferischer Energie zu finden, in der die Verantwortung für die Wirtschaft Europas unmittelbar auf sie fallen wird.

Genossen! Alle die Erscheinungen, die in Europa waren, treten bei uns in doppeltem Maße auf. – Genosse Rykow hat hier davon gesprochen, wie wir im Laufe von zwei Jahren der wichtigsten Gebiete unseres Rohstoffes und unserer Industrie beraubt – mechanisch beraubt waren, da wir von ihnen abgeschnitten waren. Wir waren von Polen mit dem Dombrowschen Kohlenrayon abgeschnitten, der freilich hauptsächlich die polnische Industrie nährte; wir waren von unserem Süden abgeschnitten. der nicht weniger als 90 Proz. unserer Kohle lieferte, wenn man den Dombrowschen Rayon und die eingeführte Kohle nicht rechnet. Wir führten gegen eine halbe Milliarde ein, der Süden gab uns 1¾ Milliarden. Wir waren von den Quellen unseres Naphtha abgeschnitten, die uns gegen 600 Millionen Pud lieferten. Unsere Industrie nährte sich zu zwei Dritteln mit Mineralheizmaterial, festem und flüssigem. Uns von diesem allem mit einem Mal abschneiden, das hieß dem Gebäude einen kolossalen Teil seines Fundaments entreißen. Natürlich müsste es von oben bis unten erschüttert werden und ein Teil müsste einstürzen. Man muss sich wundem, dass dieses Gebäude noch zu 20–30 Proz. lebt und existiert, dass noch einige Räder in Bewegung sind. Wir waren von Turkestan mit seiner Baumwolle abgeschnitten. Unser Transport nährte sich in bedeutendem Maße von Kohle und Naphtha. Unsere Eisenbahnen verschlangen gegen eine halbe Milliarde festen und flüssigen Heizmaterials jährlich. Fast mit einem Mal wurde dies alles unseren Händen entrissen. Kamt man hier das Regime beschuldigen? Ich spreche nicht von den einzelnen Institutionen des Obersten Wirtschaftsrates oder von seinen Organen, das Regime aber in seinem Ganzen, die ganze Sowjetmacht, die Expropriation der großen Unternehmen, der Eisenbahnen? Liegt hier die Quelle des Übels? Genossen! Die Fabrik kann eine kapitalistische, sie kann ein Teil eines Trusts, in der Übergangsperiode sozialisiert oder ein Teil der vollendeten kommunistischen Wirtschaft sein, nimmt man ihr aber das Heizmaterial, nimmt man ihr den Rohstoff, – so wird ihr Schornstein nicht rauchen, so werden ihre Räder nicht laufen. Aus den Ziffern, die Genosse Rykow vor uns entrollt hat, einen Schluss gegen das Sowjetregime, gegen den Übergang zur kommunistischen Wirtschaft ziehen, das können nur Anhänger des Kapitalismus und Scharlatane, die auf die Unbildung und Unwissenheit des rückständigen Teiles der Arbeitermassen spekulieren.

Aus der Geschichte, Genossen, wissen wir, dass der Übergang von einem wirtschaftlichen Regime zum anderen durch unzählige Opfer, unter anderen durch Opfer auf dem Wirtschaftsgebiete, erkauft wird. Die Menschheit entwickelt sich infolge ihrer Trägheit und Unwissenheit durchaus nicht gleichmäßig von Stufe zu Stufe aufwärts, immer mächtiger und mächtiger werdend. Dies ist absolut nicht der Fall. Der Mensch geht langsam vorwärts, indem er strauchelt, fällt, manchmal tiefer fällt, als er gestern stand, und darauf erst sich von Neuem erhebt. Die Menschheit stand lange Zeit auf der Stufe der Sklaverei, bevor sie zur Leibeigenschaft gelangte. So stand sie, bis dies alles von einer Welle der Barbarei erdrückt wurde, die die alte sklavische Kultur hinwegfegte Alles dieses wurde durch Zerstörung, durch den Bürgerkrieg erkauft. Die französischen Arbeiter, die französischen Handwerker waren am Ende der französischen Revolution viel ärmer als zu Beginn derselben. Sie erhoben sich infolge ihrer Armut und Unterdrückung, der Kampf selbst, aber der Bürgerkrieg und die durch ihn hervorgerufenen Weltkriege, dies alles zusammen hat die Armut noch mehr vergrößert, aber auch zugleich die Grundlage zur Vergrößerung des Reichtums geschaffen. Und das bürgerliche Frankreich mit seiner Macht und seiner Kultur ist aus den Leiden, dem Elend und der Armut, jener hoffnungslosen Armut hervorgegangen, die durch die große französische Revolution erzeugt war.

Es macht den Eindruck, als ob die Menschheit, diese sogenannte konservative und unbewegliche Menschheit auf einer Stufe stehe und, wenn sie sich höher erhebt, die Stufe, auf die sie sich stellen muss, unter ihr einstürze und sie mit einem Fuße oder auch mit beiden, noch tiefer sinke als gestern und dann erst beginne nach oben zu klettern. So ist es auch mit uns, der ganzen europäischen Wirtschaft und mit der ganzen Weltwirtschaft und ihrer Entwicklung.

Hier, Genossen, ist die Erfahrung der Vergangenheit – wir müssen uns jetzt, um die Aussichten und den Mut nicht zu verlieren, von dem Charakter und dem Sinn der Übergangsepoche Rechenschaft ablegen, die bei uns einen neuen Faktor von unschätzbarer Bedeutung erzeugt – den bewussten Proletarier, ein Glied der harmonisch übereinstimmenden Gesellschaft, der sich für das Schicksal seines Landes und seiner Wirtschaft verantwortlich fühlt. …

Die Erziehung des proletarischen Arbeiters erfolgt jetzt in diesem Elend, in dieser Verarmung, die ein Produkt der Übergangsepoche, der Kriege, der bürgerlichen Zusammenstöße, der Angriffe, des Strebens zu Spekulation, der Überbleibsel der bürgerlichen Methoden ist. Eines verknüpft sich mit dem anderen zu einem erschreckend blutigen Knoten, zu einer Schlinge, die uns zu erwürgen droht.

Aber unter diesen Bedingungen lernt jeder Arbeiter, jede Arbeiterin, die Wirtschaft in ihrem Ganzen schätzen, die Abhängigkeit des persönlichen Geschicks, des eigenen Heims von jenen Lokomotiven erkennen, von denen Genosse Lomonossow, von denen heute Genosse Rykow gesprochen hat. Jeder Arbeiter, jede Arbeiterin und die Halbwüchsigen in den Arbeiterfamilien lernen begreifen, was Turkestan für unsere neue vereinigte Wirtschaft, was das Donezbecken bedeutet.

Und diese neue Erziehung von Hunderten, Tausenden und Millionen, die Ausnutzung ihrer Aufmerksamkeit, ihrer Energie, ihres Willens für die Produktion, für die Wirtschaft ist unsere größte Errungenschaft, die in ihrer ganzen Kraft morgen oder übermorgen fühlbar sein muss Diese Errungenschaft erlaubt uns schon heute, vor diesem schrecklichen Bilde der allrussischen Auflösung nicht nur nicht den Mut sinken zu lassen, sondern, zu sagen, dass wir diesen schrecklichsten und mächtigsten Feind besiegen werden.

Genossen! Eine Reihe von Jahren – es ist schwer jetzt zu sagen wie viel – wird vergehen, bis die richtige gegenseitige Beziehungen, Übereinstimmung der Grundelemente der Produktion hergestellt sein werden. Genosse Rykow hat gesagt, und das ist für uns Marxisten, für die Vertreter der Arbeiterklasse eine grundlegende Wahrheit, dass auch augenblicklich der wichtigste und hauptsächlichst Faktor wie der Produktion so auch unserer Politik, der qualifizierte Teil, die Vorhut, die Avantgarde der werktätigen Massen sei. Auf dieser qualifizierten Avantgarde der Arbeiterklasse ist die Sowjetmacht erbaut. Die Avantgarde war es, die die größten Lasten der Revolution trug, sie trug und trägt noch heute de größten Lasten der Armee, sie wird auch die Produktion wiederherstellen. Die Aufgabe der qualifizierten Arbeiter auf dem Gebiete der Produktion ist deshalb so groß und kompliziert, weil die Frage der mechanischen Einrichtung für uns eine große komplizierte und beunruhigende Frage ist und noch für eine längere Zeit bleiben wird. Wir wissen, über wie viel Lokomotiven, leistungsfähig wie unfähig, wir verfügen, wobei wir gewöhnlich zu den gesunden jene halb kranken Lokomotiven zählen, die morgen zu erkranken drohen. Wir wissen, dass wir, damit die Zahl der kranken Lokomotiven 59 Proz. nicht übersteige, 10 Proz. reparieren müssen, reparieren aber gegenwärtig nur 2 Proz., wie uns darüber Genosse Lomonossow berichtet hat; folglich droht der Prozentsatz der kranken Lokomotiven immer mehr anzuwachsen. Aber in Bezug auf die Maschineneinrichtung unserer Industrie sind wir nicht so genau orientiert; erstens, weil wir die Industrie aus den Händen des Staates nicht als ein zentralisiertes Ganzes – wie dies bei den Eisenbahnen der Fall war – bekommen haben, sondern aus den Händen einzelner Unternehmer und im besten Falle aus den Händen kapitalistischer Trusts, und noch deshalb, weil wir auf dem Gebiete der Industrie aus Mangel an Rohstoff, aus Mangel an Heizmaterial, das in bedeutendem Maße von denselben Eisenbahnen aus unseren spärlichen Quellen verschlungen wurde, so verarmt sind, dass wir jene materielle und mechanische Einrichtung, über die wir verfügen, nicht in Bewegung setzen und lange nicht ausnutzen.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass unsere Maschinen wie unsere industrielle Technik während dieser Jahre des Krieges, der Revolution, der bürgerlichen Zusammenstöße, der Evakuationen und der Revakuationen einer kolossalen Abnutzung, erheblichem Verluste und mechanischer Zerstörung unterworfen sind. Alle, dies muss in Betracht zogen werden und es versteht sich von selbst, dass wir, je genauer der Wirtschaftsplan ist, je mehr er von einem zentralisierten Gedanken ist, je besser die Elemente unserer Technik auf die für uns wichtigsten Unternehmen verteilt sind, desto weniger unsere technische Verarmung fühlen werden.

Aber inwiefern Europa und Amerika, das in erster Linie Westeuropa wird versorgen müssen, uns im Laufe der nächsten Jahre nur eine unbedeutende Anzahl Maschinen liefern werden, inwiefern unsere Maschineneinrichtung sich in immer drückenderem Zustande befindet, insofern muss zum Haupthebel unserer Wirtschaft doppelt und dreifach die Arbeitskraft werden, in erster Linie das qualifizierte, industrielle Proletariat und darauf die breiten Hilfsquellen der rohen Arbeiterschaft, aus denen wir in Zukunft immer mehr und mehr qualifizierte Elemente, durch Bearbeitung und Ausbildung schöpfen müssen. Ich werde diese Frage nur in allgemeinen Umrissen berühren.

Es ist allen bekannt, dass Revolution und Bürgerkrieg mit den vorgeschrittenen Arbeitern noch verheerender, noch schonungsloser umgingen als mit dem Rohmaterial und mit der Maschineneinrichtung. Mit den ersten Truppenteilen der Rotgardisten zogen aus Petersburg und Moskau die besten Metallarbeiter, die besten Textilarbeiter fort, die am Don, in der Ukraine, in allen Teilen des Landes ihr Leben ließen. Die Lebensmittelexpeditionen beraubten uns der qualifizierten Arbeiter. Als unser Bürgerkrieg sich entfaltet hatte, wurde unsere Rote Armee die große Verschlingerin der vorgeschrittenen Arbeiter Moskaus, Petersburgs, Iwanowo-Wosnessensks, des Uralgebiets, aller Rayons und Herde unserer Industrie. Und als wir der Revolution neue Gebiete erschlossen und dort die Sowjetmacht bauten, wurde dort sofort eine gewisse Anzahl vorgeschrittener Arbeiter konzentriert.

Endlich vertrieben der Hunger, die Wohnungskalamität und die Kälte die Arbeiter aus den Industriezentren in die Dörfer und nicht nur in die Dörfer, sondern auch in die Reihen der Spekulation, in die Reihen des Schmarotzertums. Auf diese Weise fand und findet noch jetzt eine Zersplitterung der Arbeiterklasse statt und hier, Genossen, ist es für uns unser erstes Gebot, unsere erste Aufgabe, alle qualifizierten und einfach geschult en Arbeiter zu registrieren. Sie als Soldaten der Industrie, als Schutz, Stütze, Grundlage schöpferischer Kraft unseres Sowjetlandes zu betrachten, damit auch nicht einer für die Industrie unausgenützt bleibe, wie das jetzt der Fall ist, wo die Gewerkschaftsverbände 1.150.000 organisierte Industriearbeiter, die Fabriken aber nur 850.000 der entsprechenden Kategorien zählen.

Das ist schon ein Verlust von 300.000 qualifizierten Arbeitern. Wir müssen sie aufsuchen, wir müssen sie organisieren, registrieren. – Und vor allem müssen wir das System der Durchführung der Arbeitspflicht damit beginnen, dass wir jedem qualifizierten, geschulten Arbeiter das Arbeitsbuch einhändigen. Es versteht sich, Genossen, und ist auch an und für sich klar, dass wir, wie Genosse Rykow sagt, im Laufe des nächsten Jahres auf dem Gebiete der Produktion, folglich auf dem Gebiete der Registrierung, der Mobilisation der Arbeitskräfte, keinen ernsten Schritt vorwärts tun können, wenn wir nicht, wenn auch nur teilweise und allmählich, die Lebensmittelfrage lösen.

Hier aber eröffnet uns die Wiedereroberung unserer in Bezug auf die Lebensmittel reichsten Randgebiete Perspektiven, über die ich später ausführlicher sprechen werde. – Wir können die Arbeiter und Arbeiterinnen mit ihren Familien ernähren. Die Ziffern sprechen darüber eine beredte Sprache. – Kurz vor dem Kriege, im Jahre 1913, hatten wir einen Getreideüberschuss von 900 Millionen Pud über den Lebensmittelbedarf des Landes. Rechnen wir pro Person 15 Pud jährlich, – eine Norm, von der die Arbeiterklasse jetzt nicht einmal träumen darf – so beträgt der Überschuss 900 Millionen.

Während der letzten fünf Jahre vor dem Kriege wurden durchschnittlich gegen dreiviertel Milliarden Pud jährlich ins Ausland exportiert. Unter eine halbe Milliarde Pud jährlich fiel der Export im Laufe von 15 Jahren fast nicht. – Folglich, Genossen, müssen wir jetzt aus dem Überschuss, denn auch damals gab es Hungernde und Sterbende, den dritten, den vierten Teil zusammenbringen und wir werden für die nächste Lebensmittelperiode, für die nächste Wirtschaftsperiode versorgt sein. Diese Aufgabe muss gegenwärtig von allen Organen des Verpflegungskomitees, von den Organen des Militärressorts und allen wirtschaftlichen Sowjet-Institutionen des Landes unabänderlich als Hauptaufgabe, als allererste Aufgabe betrachtet werden. – Wie wir uns gestern die Verteidigung der Grenzen der Sowjetrepublik zur Aufgabe machten, so müssen wir uns heute zur Aufgabe machen, eine genügende Menge Getreide, Fisch, Fleisch, Fette ausfindig zu machen, zu konzentrieren, zu verladen, zu befördern, um der Arbeiterklasse die notwendige minimale Lebensmittelration zu sichern.

Wie groß die Abhängigkeit der Arbeitsenergie von der Verpflegung ist, darüber braucht man nicht theoretische Berechnungen anzustellen. Ein Ingenieur, der hauptsächlich einfache Bauarbeiten leitet, hat mir gesagt, dass er in der Praxis berechnet habe, dass sich bei der Erhöhung der Ration um das doppelte die Produktivität der Arbeit der entsprechenden Arbeiter 3–3½ Mal erhöhe. – Dies ergibt selbstverständlich eine kolossale Ersparnis an Wohnung, an Werkzeug, an Beleuchtung und Heizung.

Mit einem Wort, Genossen, wir haben es nicht erst uns gegenseitig zu versichern, dass es vorteilhaft sei, den Arbeiter satt zu machen. Wir müssen diese unsere wichtigste Aufgabe des Lande zur Aufgabe aller Organe machen, besonders in unseren kornreichen Randgebieten. Wir werden das tun. Wir müssen und werden erreichen, dass 400 Millionen Pud Getreide und alles übrige, was nötig ist, in den wichtigsten Industrierayons konzentriert sein werden. Wir werden dort Verpflegungsbasen des Proletariats schaffen, wie wir Verpflegungsbasen für die Rote Armee geschaffen haben.

Aber, Genossen, es handelt sich für uns nicht nur um das industrielle Proletariat. Es handelt sich für uns immer mehr und mehr um die Heranziehung der rohen Arbeitskraft. Wir waren der Kohle beraubt. Wir waren des Naphthas beraubt. Erst jetzt sind wir in das Kohlengebiet eingezogen, wir haben es betreten., haben aber noch keine Kohle nehmen können. Dort gibt es vorläufig nur klägliche Reste dessen, was Denikin nicht mit sich genommen hat, wie es im Uralgebiet und im Tomsker Bergdistrikt nur klägliche Reste dessen gibt, was Koltschak nicht mit sich genommen hat. Dort haben wir vorläufig nur Verpflegungspläne, die wir selbstverständlich je weiter desto erfolgreicher ausführen werden, aber im Laufe der nächsten Wirtschaftsperiode müssen wir noch mit dem Holzschlag rechnen, bis wir Donezkohle bekommen werden.

Folglich ist die Lieferung von Holz, das Beschaffen von Holz, Torf, Schiefer augenblicklich, unsere wichtigste Aufgabe, die die Konzentrierung einer ungeheuren Menge von Arbeitskraft verlangt, größtenteils von einfacher, roher, ungeschulter Arbeitskraft, unter entsprechender technischer Leitung.

Genosse Kryssanowsky hat in einem interessanten Artikel, der in der „Prawda" abgedruckt war, ein Bild entrollt, wie wir mit Hilfe von Torf unser Land beheizen und beleuchten können, seinen Berechnungen nach sind unsere Torfreichtümer, wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, dreimal größer als unsere Waldreichtümer. Er beweist, dass uns unsere Torfmoore 150 Jahre hintereinander beleuchten und beheizen können. Wir sind nicht so anspruchsvoll, wir werden befriedigt sein, wenn der Torf im Laufe von fünf Jahren, bis wir das Donezbassin, den nördlichen Kaukasus, das Naphtha von Baku und Emben in unsere Hände nehmen werden, die Rolle des Mineralheizmaterials übernehmen' wird.

Dort, Genossen, gibt es natürlich noch vieles, was technisch ungelöst ist. Unsere Techniker haben ihre eigenen Gruppierungen, sozusagen Fraktionen, es gibt Torffraktionen, eine Schieferfraktion, wie es in der Politik verschiedene Fraktionen gibt; und man muss sagen, dass dies an und für sich schon der erste Schritt vorwärts ist, denn unsere Aufgabe besteht darin, in der Wirtschaft die Politik zu entwickeln. – Und an jenem Tage, in jenem Jahre, in dem unsere werktätige Bevölkerung sich in ideelle, freie Gruppen, Fraktionen und Verbände teilen wird, die die Torfanhänger, die Schieferanhänger, den Bau bestimmter Wege usw. unterstützen, wenn wir die Menschewisten, Sozialrevolutionäre, Monarchisten, Syndikalisten und später einmal auch die Bolschewik! vergessen werden – dann wird dies natürlich ein großer Schritt vorwärts sein und wird bedeuten, dass wir bei der Verwirklichung des Apparates der wirtschaftlichen Macht des Kommunismus zugegen sind, dass wir an die Verwirklichung des wirtschaftlichen Kommunismus nach neuen Grundsätzen gehen, und dass dies die Lebensinteressen von Millionen werktätiger Massen berührt.

Aber auf jeden Fall, wer auch augenblicklich Recht habe, die Torfanhänger oder die Schieferanhänger, d. h. diejenigen, die dem Torf oder diejenigen, die dem Schiefer größere Bedeutung beilegen, ist hier wie dort die Anwendung von ungeheuren Massen nicht qualifizierter Arbeiter, hauptsächlich von Bauernarbeit notwendig. – Auf dem Gebiet der qualifizierten Arbeitskraft ist den Gewerkschaftsverbänden die entscheidende Rolle vorbehalten. Durch sie werden wirtschaftliche Vereinigungen gebildet, durch sie bekommt man und wird man weiterhin besser, genauer, in größerem Maßstabe als gegenwärtig, die notwendigen Arbeiter bekommen.

Was die nicht qualifizierte, rohe Arbeitskraft anbelangt, so kann diese nur durch weltumfassende Massenmobilisation behoben werden, den Verordnungen entsprechend, die in Bezug auf Zeit und Raum berechnet sind.

Hier, Genossen, stoßen wir vor allem auf die politische Frage. Wir werden diese Kraft für Torf- und Schieferarbeiten, für die Wiederherstellung von Eisenbahnen in einem Umfange mobilisieren müssen, in dem wir dies noch nicht getan haben. – Gleichzeitig aber, Genossen, geben unsere Textilindustrie und unsere Metallindustrie den Bauern noch zu wenig das, was er braucht, und wir müssen ihnen von Neuem sagen, dass das, was wir von ihm verlangen, kein Ersatz für das Land sei, das ihm die Sowjetrepublik gegeben, sondern ein Handgeld auf den Kattun, den Nagel, das Petroleum, den Tee und Zucker, die ihm morgen unsere Manufakturindustrie geben wird.

Und dieser gesamtstaatliche Sowjetgedanke ist so tief ins Dorf eingedrungen, dass unser, vom vorgeschrittenen Arbeiter geleitete Bauer uns verstehen wird; die konservativen und den Wucherelementen nahestehenden Bauern aber, die sich sträuben werden, werden durch Anwendung von Militärkraft gezwungen werden, ebenso mit dem unabänderlichen Bedürfnis der Sowjetwirtschaft zu rechnen, wie dies in Bezug auf die Militärpflicht der Fall war. – Natürlich kann uns am wenigsten das Geschrei der kapitalistischen Kritiker, dass wir das kapitalistische Prinzip der Arbeitsfreiheit verlassen, zurückhalten. Wir kennen diese Prinzipien nicht.

Unter der Herrschaft des Kapitalismus bedeutet die Freiheit der Arbeit für die einen die Freiheit, die Arbeit auszubeuten, für die anderen, die Freiheit, ausgebeutet zu werden. – Das haben wir abgeschafft und unsere Sowjetkonstitution sagt klar und deutlich, dass der Anfang der allgemeinen Arbeitspflicht der Eckstein im Gebäude der sozialistischen Wirtschaft ist. Unserem Arbeitskodex ist das Prinzip der Arbeitspflicht zugrunde gelegt, bis jetzt ist das aber nur ein Prinzip. In der Praxis haben wir die allgemeine Arbeitspflicht nur von Zeit zu Zeit, von Fall zu Fall, bis jetzt ohne allgemeinen Wirtschaftsplan und ohne entsprechenden Apparat angewendet. Aber gerade jetzt werden wir, obwohl wir unsere militärischen Aufgaben noch nicht vollendet haben, auf keinen Fall für das Militärressort, für die Armee soviel verlangen, wie dies bis jetzt geschehen ist und ich hoffe, dass die Forderungen der Armee sich von Tag zu Tag verringern werden.

Jetzt, wo alle Gedanken auf die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse gerichtet sein müssen und wo den Arbeiten ein regelrechter Wirtschaftsplan zugrunde gelegt werden muss, wird die Verwirklichung der Arbeitspflicht zu unserer dringendsten Aufgabe. Und jene Arbeitspflicht-Kommission, die vom Rate der Volkskommissare geschaffen worden ist, betrachtet diese Frage von demselben Gesichtswinkel. Sie schlug unseren Wirtschaftsverwaltungen, den Volkswirtschaftsräten, dem Wegekommissariat, dem Verpflegungskommissariat vor, ihren Jahreswirtschaftsplan, in Ziffern der Arbeitskraft ausgedrückt, einzubringen; wie viel Arbeiter, welcher Kategorie, wie viel nicht qualifizierte rohe Arbeitskraft, in welchen Teilen des Landes und, wenn für Saisonarbeiten, in welcher Jahreszeit, braucht der Oberste Volkswirtschaftsrat mit allen seinen Zentren und Komitees oder das Wegekommissariat? Diese Verwaltungen sind die Auftraggeber, die Konsumenten der Arbeitskraft. Darauf müssen alle Daten dieser Wirtschaftsverwaltungen vereinheitlicht und in Übereinstimmung gebracht werden und in verallgemeinerter, geschlossener Form den einzelnen Rayons des Landes angepasst werden. Es muss ein Organ vorhanden sein, das diese Arbeit im Zentrum und an Ort und Stelle ausführen kann, vor allem aber müssen diese Organe sich über den Inhalt der Arbeiten einig werden.

An der Arbeit dieser Organe müssen die Gewerkschaftsverbände teilnehmen, entweder direkt oder durch die Registrierungs- und Verteilungsabteilung des Arbeitskommissariats – die Abteilung für Registrierung und Verteilung der Arbeitskraft. – So weit es sich um die qualifizierten Arbeiter handelt, fällt die wichtigste Aufgabe, wie ich schon gesagt habe, den Gewerkschaftsverbänden zu. Nur dort, wo die Methoden der Gewerkschaftsverbände nicht genügen, ist ein Ergänzungsapparat, speziell die Zwangsmethode nötig, denn die Arbeitspflicht setzt voraus, dass der Staat das Recht habe, dem qualifizierten Arbeiter, der im Dorfe sitzt, zu sagen: du musst von hier fort und nach Sormowo oder Kolomna in die Fabrik gehen, denn dort braucht man dich.

Die Arbeitspflicht bedeutet, dass der aus den Reihen der Armee kommende qualifizierte Arbeiter mit dem Arbeitsbuch in der Hand, im Namen des Wirtschaftsplanes des Landes dorthin gehen muss, wo seine Anwesenheit notwendig ist. Die Arbeitspflicht setzt das Recht des Staates, des Arbeitsstaates voraus, dem Arbeiter zu befehlen, das Hausgewerbe zu verlassen – von den parasitären Reihen der Spekulation ganz abgesehen – und in die zentralen, staatlichen Unternehmen überzugehen, die ohne diese Arbeiterkategorien nicht arbeiten können. Endlich ist die Versetzung der Arbeitskraft aus einem Unternehmen ins andere, in Abhängigkeit von dem Wirtschaftsplan, die Nähe des Rohstoffes und anderer ökonomischer Beziehungen, wiederum das volle Recht, der zentralisierten sozialistischen Wirtschaft und des sie vertretenden Staates. Alles dies – auf Grund des zentralisierten gemeinwirtschaftlichen Planes.

Die Schwierigkeiten werden groß sein. Der eingebrachte Plan stellt selbstverständlich nur einen Entwurf vor, denn bei der Aufstellung des Planes muss mit einer ganzen Reihe von unbekannten Größen gerechnet werden. Der Plan nimmt 25 Proz. der alten Produktivität für die Hauptgewerbe und 38 Proz. für die Walzwerke und die anderen Zünfte an. Ob wir diesen Plan ausführen werden, das ist ungewiss. Was wird uns das Donezbassin geben? Werden wir von dem Naphtha in Baku, von Grosny Besitz ergreifen? Es sind viele unbekannte Faktoren vorhanden, die in den Wirtschaftsplan des Obersten Wirtschaftsrates Unbestimmtheit, Unsicherheit und Verschwommenheit der Linien hineinbringen. Das zeigt sich durch die ungenügende Genauigkeit der Forderungen von Arbeitskraft, die der Oberste Volkswirtschaftsrat aufgestellt hat.

Diese Ziffern werden durch die Praxis nachgeprüft, verbessert werden. Einen guten Wirtschaftsplan, einen vollendeten Plan wird Genosse Rykow nicht heute, ich fürchte, sogar noch nicht im nächsten Jahre, vielleicht erst nach einigen Jahren vorlegen können. Tröstlich aber ist es unzweifelhaft, dass wir die Möglichkeit haben, unsern Plan zu verbessern, die Möglichkeit, einen guten zentralisierten Wirtschaftsplan im Auge zu haben. – Wie muss die Arbeitskraft der Bauern mobilisiert werden? Es versteht sich von selbst, dass der Mobilisations-Elan dem Wirtschaftsplan, der Wirtschaft des Bauern selbst angepasst sein muss; d. h. der Bauer muss durch ihn einen möglichst geringen Verlust erleiden. Der Bauer muss während seiner Versetzung als Arbeitskraft ein Minimum an Zeit verlieren. Er muss möglichst nahe bei den Rayons mobilisiert werden, wo er arbeiten wird. Er muss, wenn das möglich ist, in einer Periode mobilisiert werden, wo seine Wirtschaft leichter ohne ihn auskommen kann. – Folglich haben wir hier eine große Arbeit, eine große Aufgabe, die Übereinstimmung des Bedarfs an Arbeitskraft an alljährlichen Arbeitern, dem Alter, dem Geschlecht, der Saison nach usw.

Wir haben noch eine andere Aufgabe, die auf die Einteilung unserer Industrie in Rayons hinausläuft. Wir müssen eine Mobilisationskarte haben, auf der die Hauptzentren des Industrielebens – die Konsumenten der Arbeitskraft – angegeben sind. Alles dies sind praktische Aufgaben, über die wir jetzt nur in allgemeinen Umrissen sprechen können, es muss aber ein Organ geschaffen werden, das diese Aufgaben zu lösen hat. –

Die Kommission für Arbeitspflicht ist zu dem Schluss gekommen, dass ein solches Organ in der Form eines Hauptkomitees für Arbeitspflicht geschaffen werden müsse, das unmittelbar dem Verteidigungsapparat untergeordnet ist. Der Verpflegungsrat war bei uns der große allrussische Antreiber in Bezug auf die militärischen Aufgaben und die Mobilisation der anderen Ressorts zur Unterstützung der Verteidigung. Der Verteidigungsrat muss sich morgen oder übermorgen in einen Arbeits- und Verteidigungsrat verwandeln, doch nicht dazu, um die Wirtschaftsorgane zu ersetzen. Die Leitung der Industrie muss voll und ganz in den Händen des Obersten Volkswirtschaftsrates und seiner örtlichen Organe, die Leitung der Landwirtschaft in den Händen des Landwirtschaftskommissariats usw. bleiben. Der Arbeits- und Verteidigungsapparat aber muss in Zukunft auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Arbeit dieselben Kraft- und Energiequellen ausfindig machen, die er auf dem Gebiete unserer Arbeiter- und Bauernverteidigung gefunden hat. Darum eben ist das Hauptkomitee für Arbeitspflicht, das dem Plane unserer Kommission zufolge aus Vertretern des Arbeitskommissariats, d. h. seiner Abteilung für Registrierung und Verteilung der Arbeitskraft, bestehen muss, so eng mit den Gewerkschaftsverbänden, mit dem Volkskommissariat des Innern, mit dem Kriegskommissariat in der Person der Mobilisationsverwaltung des Allrussischen Generalstabes verknüpft.

Die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Militärverwaltung zu dieser Aufgabe ist zu klar, um Beweise zu erfordern. – Bis jetzt wurde die Registrierung der Bevölkerung unter dem Gesichtswinkel der Mobilisation, hauptsächlich aber die praktische Mobilisation mit Anwendung von Zwang nur vom Militärressort angewandt. Sein Apparat muss unbedingt ausgenutzt werden, wobei es gegenwärtig schwer ist, ausführlich vorherzubestimmen, wie der Apparat des Arbeitskommissariats, der Abteilung für Verwaltung der inneren Angelegenheiten und der Mobilisationsapparat der Militärverwaltung in Bezug auf Personalbestand und Organisation kombiniert sein werden. Doch das ist eine Sache von sekundärer Bedeutung, die in der Praxis entschieden werden muss.

In den Gouvernements, den Städten und Kreisen müssen Organe desselben Typus aus Vertretern der Arbeitsabteilung, der Verwaltungsabteilung und des Kriegskommissariat geschaffen werden. Diese Vertreter organisieren ein örtliches Komitee für Arbeitspflicht, und dieses Komitee führt die Mobilisation der Arbeitskraft in zweifacher Beziehung durch; nach der Order des Zentrums und für die örtlichen Städte, Gouvernements, Kreise usw. Hier besteht die große praktische Aufgabe wiederum darin, den Bedarf an Arbeitskraft in der Provinz mit den Aufträgen des Zentrums in Einklang zu bringen, wobei dem allgemeinen Plane nach den Bestellungen des Zentrums in erster Linie in Betracht kommen.

So sieht in allgemeinen Umrissen der Apparat der Arbeitspflicht aus, der unter der allgemeinen Leitung des Verteidigungsapparates die Arbeitskraft für die nächsten wirtschaftlichen Pläne unserer Produktionsorgane hergeben und gleichzeitig die Bauernmassen daran gewöhnen muss, dass sie verpflichtet sind, einen gewissen Teil ihrer Kräfte, ihrer Arbeit in der Form von Darlehen, in der Form von Handgeld dem Sowjetstaat zu geben, der ihnen dieses früher oder später in der Gestalt von Produkten der städtischen Kultur, in der Gestalt von größerer Aufklärung usw. zurückerstatten wird.

Ohne regelrechten Apparat, ohne Registrierung der Kräfte können wir – wenn unser Beschluss nicht ein Prinzip bleiben, sondern verwirklicht werden soll – unsere Arbeitspflicht im gesamtstaatlichen Maßstabe nicht durchführen. – Genossen, dies ist das einzige Gebiet, da der Apparat der Militärverwaltung, seine Gewohnheiten, seine Methoden den Wirtschaftsapparat berühren. Diese Frage der Hinzuziehung der Militärverwaltung und der Anwendung ihrer Methoden auf wirtschaftlichem Gebiet ist in letzter Zeit viel besprochen und erörtert worden. Wie sollte dem auch anders sein? Wir stehen gegenwärtig vor einem Wendepunkt.

Wie auf dem Militärgebiete, so auch auf allen anderen Gebieten sind gegenwärtig die Ideen des Kollektivismus der vorgeschrittenen Elemente der Arbeiterklasse – der Gewerkschaftsverbände, der Parteien, der Sowjetinstitutionen – des Obersten Volkswirtschaftsrates, der Gouvernements- und Kreis-Volkswirtschaftsräte, – selbstverständlich nicht zufällig entstanden. Und wie groß auch die Mängel sind, – Mängel aber sind bei uns auf allen Gebieten vorhanden, – sind die Institutionen dennoch Institutionen, die erstarken müssen, die nicht mit einem Federstrich vernichtet oder geschaffen werden können.

Vor dem Wendepunkt stehen wir in dem Sinne, dass die Institutionen jetzt mit neuen Kräften, mit einer ungleich größeren Anzahl von Arbeitern vervollständigt werden müssen, und wir eine ebensolche, wenn nicht noch größere Mobilisation schöpferischer Kräfte für die Wirtschaft durchführen müssen, wie wir dies für die Armee getan haben. Und hier wird die Quantität zur Qualität werden. – Die Mobilisation Tausender von Proletariern für die Armee belebt die Armee neu. Die Rückkehr der besten Arbeiter, der besten Organisatoren aus der Armee wird natürlich unser Wirtschaftsleben im höchsten Grade bereichern. Und ich nehme an, dass sie in dieses nicht nur ihre alten Fachkenntnisse, ihre alte Erfahrung, sondern auch eine gewisse neue Erfahrung, über die nicht jeder Wirtschaftsarbeiter verfügt, hineinbringen werden.

Wenn wir vor der Aufgabe stehen, viele Hunderttausende und Millionen Bauern einerseits, andererseits aber in den Städten zu mobilisieren, so frage ich: wer hat eine größere Erfahrung, wer kann diesen Elementen die richtige Antwort geben, wer sie zusammenfügen, durch Disziplin binden, sie leiten? Wer hat dazu größere Möglichkeiten als die Arbeiter, die einerseits Regiments-, Brigade- und Divisionskommissare waren, die Tausende und Zehntausende dieser Bauern leiteten und in den Kampf führten? Diese Metallarbeiter, diese Textilarbeiter, die ihr uns an die Front gegeben habt, haben einen großen Vorzug, weil sie dort in der Tat, im Feuer der Schlachten, mit der Bauernmasse, mit der bewaffneten und organisierten Masse in Berührung gekommen sind, wie nie zuvor. Diese Masse haben sie dort im Kampfe in verschiedenem Zustande gesehen; sie haben sie beim Rückzüge gesehen, sie haben gesehen, wie sie infolge der Zerrüttung unseres Transportes, infolge des Versagens unseres Verpflegungsapparates, zwei bis drei Tage hungerten, sie haben gesehen, wie sie desertierte, wie sie angriff und heldenhaft kämpfte. Sie haben in dieser Masse das Feuer des Sozialismus, das Feuer des Kampfes für die Arbeiterideale entzündet. Sie haben ihr die feste Hand gezeigt, wenn sie sich sträubte und die Disziplin verletzte. Diese Arbeiter, die ein bis zwei Jahre in der Armee zugebracht haben, haben nichts von dem vergessen, was sie dort gelernt haben. Sie haben dies alles behalten und werden es euch mit Zinsen zurückerstatten, – sie haben dort viel Neues gelernt, sie haben gelernt, in schwierigen Verhältnissen an der Spitze von Zehn- und Hunderttausenden von ihnen organisierter und in den Kampf geführter Bauernmassen zu stehen.

Und dies werden sie in das Wirtschaftsleben hinein tragen, sie werden es verstehen, Hunderttausende und Millionen Bauern zu mobilisieren. Und wenn sie gegen die Weißgardisten gekämpft haben, so werden sie gegen den Verfall und gegen den Hunger kämpfen, werden Heizmaterial, Torf, Schiefer beschaffen, werden Bauarbeiten leiten, werden bei der Getreidebeschaffung tätig sein usw. Arbeit ohne Ende. In dieser Sache werden sie die gesammelte Erfahrung, im Kriege geprüft, ihre schöpferische und organisatorische Fähigkeit entfalten. Darum ist die Heranziehung der vorgeschrittenen Arbeiter, die die Kriegsschule durchgemacht haben, in das Wirtschaftsleben, eine Frage von ungeheurer Wichtigkeit.

Hier hat es nicht wenig Missverständnisse gegeben. Als diese Frage aufgeworfen wurde, nahmen einige Genossen an, dass jemand an die Spitze der Fabriken und Werke militärische Sachkundige stellen wolle. In den Zeitungen wurde irrtümlicherweise darüber geschrieben, dass man sich anschicke, die Industrie zu militarisieren, um an ihre Spitze militärische Spezialisten zu.stellen. Das ist der reinste Unsinn. Keinem ernsten Menschen kann so etwas in den Sinn kommen. Wenn wir davon sprechen, dass in das Wirtschaftsleben militärischer Geist hineingebracht werden muss, so wollen wir durch die vorgeschrittenen Arbeiter, die die Kriegsschule durchgemacht haben, nicht nur die Fähigkeiten, die rückständigen Bauern zu leiten und zu verwalten, sondern noch etwas anderes in das Wirtschaftsleben hineinbringen …

Genossen! An der Front haben die Arbeiter sich ein großes Verantwortungsgefühl, größere Genauigkeit in der Ausführung angeeignet, und zwar in so scharfer Form, wie dies auf keinem anderen Gebiet zu beobachten ist, denn hier hängt vom Regimentskommissar (und wir haben nicht wenig Arbeiter, die eine Brigade, ein Regiment, eine Division befehligen), von seiner Genauigkeit und Festigkeit hängt unmittelbar das Leben Tausender Menschen ab. Dort haben sie gelernt, Ordnung, Verantwortung, Genauigkeit in der Ausführung der Befehle zu schätzen, haben gelernt, die Zeit zu schätzen und zu achten, auf die unsere militärische Tätigkeit berechnet ist. Und sie werden euch helfen, diese Züge in das Wirtschaftsleben hineinzubringen.

Genauigkeit in der Ausführung – das ist das wichtigste Prinzip des Militärwesens; dieses Prinzip ist auch auf dem Wirtschaftsgebiet anwendbar. Überhaupt können wir uns zum Militarismus nicht so verhalten, wie wir uns zur Kriegsmaschine des bürgerlichen Klassenstaates verhalten haben. Der Militarismus hat zwei Seiten. Sogar der bürgerliche Militarismus hat zwei Seifen. Erstens ist er die Krönung der Klassenherrschaft und der Vergewaltigung der Werktätigen durch die Ausbeuter; wo im Wirtschaftsleben Gutsbesitzer und Bauer, Kapitalist und Proletarier stehen, da stehen in der Militärorganisation Offizier, Oberst und General einerseits und der unterjochte Soldat andererseits. Die ökonomische Abhängigkeit bekommt hier einen doppelt barbarischen, verschärften Charakter, da die Armee für die Verteidigung geschaffen wird. Und alle Züge der Gesellschaft, positive und negative, finden ihren Widerschein in der Organisation der Armee. Mehr noch sie nehmen in ihr einen vollendeteren, klar ausgedrückten Charakter an..

Die Armee exploitiert die Technik und ist bemüht, sie zur höchsten Vollendung zu bringen. So hat z. B., so arm wir auch sind, unsere zerrüttete Industrie unter der Leitung des Genossen Rykow, das Maximum dessen gegeben, was sie geben muss, da sich während des Krieges alle Fragen zuspitzten. Wir können ohne Tee, Zucker, Stiefel auskommen, wir müssen aber Patronen liefern. Es hat freilich Tage und Monate gegeben, wo die Zahl der Patronen eine minimale war, da dieser Zweig noch nicht in Gang gebracht worden war, jetzt aber haben wir einen Vorrat, und Lloyd George und Clemenceau können ruhig sein – dieser Vorrat wächst.

Der Krieg ist ein raues Handwerk, wo jeder Fehler mit dem Untergang Tausender Menschen, manchmal auch mit dem Untergang des Staates bezahlt wird. Dort ist die Pünktlichkeit bis zur höchsten Anspannung gebracht. Einige Genossen sagen, dass dort alles auf die Zerstörung gerichtet sei und dass wir für die Produktion unbrauchbar seien. Das ist ein grober Fehler. Nehmen wir den Kapitalismus, so sehen wir, dass er die Administratoren schätzt, die die Schule des Krieges durchgemacht haben. Wer hat die beste Schule in Deutschland eingeführt? Diejenigen, die militärisch ausgebildet waren, jene Unteroffiziere und Offiziere, die zugleich Vertreter der Eisenbahnadministration Deutschlands sind. Alle Staaten schätzen diesen militärischen Drill, den der Militarismus den Arbeitern auf den verschiedenen Stufen gibt. Man kann daher nicht sagen, dass dies die Wirtschaft zerrütte. Der Arbeiter aus Sormowo, der Kommissar war und in die Fabrik zurückkehren wird, um hier zu verwalten, um hier als Meister zu arbeiten, wird natürlich nicht den Verfall der Fabrik fördern, sondern die Möglichkeit schaffen, in die Fabrik die Elemente der Pünktlichkeit, der Genauigkeit und der Verantwortlichkeit hineinzubringen, die dem Militärwesen eigen sind. Und Sache des Kommunismus ist es, unsere Wirtschaft der Militärkraft zu nähern.

Wir müssen die Militärverwaltung der Wirtschaft anpassen. Wo Industrierayons sind, dort werden Militärbezirke sein. Wir werden allmählich, in dem Maße, wie sich die Fronten verkürzen werden, zum Milizsystem übergehen.

Was heißt das .Milizsystem? Das heißt, dass dem Regiment, der Brigade, der Division, die Bevölkerung des gegebenen Rayons so angehört, wie sie lebt, – als werktätige Artel, als Gewerbebetrieb. Es werden fertige Kader, es wird ein fertiger Kommandostab vorhanden sein. Aus wem werden sie bestehen? Es muss unsere Aufgabe sein, zum Befehlshaber der Industrie unsern roten Meister, unsern neuen Ingenieur, die Verwaltungsglieder der Fabriken und Werke zu machen, sie müssen unsere Obersten, Divisionschefs, Generale, unsere Bataillons- und Kompaniechefs sein. Wir müssen unsere Offizierskurse in die Rayons der wichtigsten Industrieherde verlegen, damit jeder Kursist zum Offizier werden und die Industrie des gegebenen Rayons leiten kann.

Die Peripherie der Bauern muss unter die einheitliche Leitung der Industriezentren der Kultur fallen. Auf diese Weise wird der gegebene Bezirk, mit den Fabriken im Zentrum, gleichzeitig ein Industrie- und ein Milizbezirk und eine Milizdivision sein. In dem Maße, wie unsere Armee sich dem Wirtschaftsleben anpassen wird, wird unser Wirtschaftsleben in sich die Elemente des Militarismus aufnehmen, die lebenspendend sind – die Genauigkeit der Ausführung, das gleiche Verhalten zu den wirtschaftlichen Befehlen wie zu den militärischen Befehlen. Das haben wir im höchsten Grade nötig, da uns an der Front und im Wirtschaftsleben der Untergang droht, wenn wir diese Maßnahme nicht treffen werden.

Vor ungefähr drei Wochen wandte sich der revolutionäre Kriegsrat der 3. Armee an den Verteidigungsrat mit dem Vorschlage, sich auf die 3. Armee zu stützen, die ihre militärische Aufgabe, wenigstens für die nächste Zeit, erfüllt hat, und diese Armee in eine Arbeitsarmee zu verwandeln, ohne ihren Zusammenhang, ihre militärische Erfahrung zu stören. Nach einer Beratung zwischen den militärischen und den wirtschaftlichen Organen wurde dieser Vorschlag vom Verteidigungsrat bestätigt, mit Veränderungen, die als notwendig erachtet wurden.

Worin, Genossen, besieht der Grundgedanke dieser Verwandlung unserer militärischen Armeen in Arbeitsarmeen? Wir haben in gewissen Rayons Armeen, die ihre militärische Aufgabe erfüllten und die wir in andern Rayons für militärische Aufgaben gebrauchen könnten. Doch infolge der Zerrüttung unseres Transports können wir sie nicht in kurzer Zeit in diese Rayons hinüber werfen. Können wir sie demobilisieren, entlassen? Auf keinen Fall. Wenn wir im Bürgerkrieg dieser beiden Jahre etwas gelernt haben, so ist es Vorsicht. Wir haben kein Recht anzunehmen, dass unsere Aufgabe beendet sei.

Freilich haben wir Koltschak gefangen genommen und er sitzt im Gefängnis von Irkutsk, das viele von uns nicht nur vom Hörensagen kennen; im Osten von Irkutsk aber sind Tschechoslowaken, die sich zweideutig verhalten, sind Japaner. Wir haben Denikin geschlagen und er, sagt man, sitze auf dem Dampfer, aber ihm zu Hilfe kommt ein anglo-französisches Geschwader, ins Schwarze Meer, augenscheinlich, um unsere Städte unter Feuer zu halten, bis die Reste der Denikinschen Banden auf die Schiffe verladen sein werden, damit sie aus Russland emigrieren können. Gleichzeitig sagen die Zeitungen und die Radiotelegramme der europäischen Bourgeoisie, widerrufen und sagen von neuem, dass eine englische Armee von 200.000 Mann sich nach Kaukasien begebe. Es ist schwer, dies zu glauben, doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass das englische Kapital dies versuchen werde.

Noch vor kurzem standen die Vertreter der grusinischen Regierung, der Menschewiki – und der armenischen Regierung von Aserbaidschan mit dem Hut in der Hand vor Clemenceau und Lloyd George und baten um militärische Hilfe. Dort antwortete man ihnen: wir werden euch ebenso helfen, wie wir Denikin geholfen haben. Eine klassische Antwort! Eine vortreffliche, wenn auch unbewusste Ironie! Doch die Geschütze und Maschinengewehre, die sie bekommen, sind nicht ironische, sondern metallene, und wie sich die Frage im nördlichen Kaukasien gestalten wird, wo Denikin noch nicht endgültig besiegt ist, – wissen wir nicht.

Wir sind fest überzeugt, dass wir den Widerstand in kürzester Frist – bis zum Frühjahr – überwinden werden, doch haben wir natürlich kein Recht, abzurüsten, wir haben nicht das Recht, auch nur einen Soldaten nach Hause zu entlassen. Und das, Genossen, muss jetzt im Hinblick auf unsere großen Siege jeder von euch vertreten, aus der Provinz, bei sich an Ort und Stelle deutlich und klar sagen. Solange wir keine volle und unbedingte Garantie für die Unantastbarkeit der Grenzen von Sowjetrussland haben, solange die Weltpolitik schwankt und uns mit neuen Überraschungen droht, haben wir kein Recht, an die Demobilisierung zu gehen. Wir können die Armee, während wir sie unter dem Gewehr halten, teilweise, in größerem oder kleinerem Maßstabe, in Abhängigkeit von den Verhältnissen für wirtschaftliche Aufgaben benutzen, wir können aus ihr Arbeiter herausholen, sie zu Hunderten und Tausenden für wirtschaftliche Bedürfnisse abkommandieren, um sie, wenn dies nötig sein sollte, wieder unverzüglich an die Front zu werfen. In einer solchen Lage befindet sich die 3. Armee. Diese Armee, hat ihre militärische Aufgabe beendet. Sie zählt (jetzt kann ich diese Ziffer nennen) nicht weniger als 130.000 Mann. In dieser Armee sind 7000 Kommunisten, 9000 Sympathisierende. Folglich kommt auf 10 Rotarmisten ein Kommunist oder Sympathisierender. Eine solche Armee ist eine hoch bewusste Armee, daher ist es kein Wunder, dass sie selbst den Vorschlag gemacht hat, sie, wenn sie keine militärische Aufgabe mehr hat, für wirtschaftliche Aufgaben in dem Rayon zu verwenden, in welchem sie sich befindet.

Welches sind die Bedingungen der Anwendung der Arbeitsarmee? Sie folgen aus der Gesamtheit der Verhältnisse. Erstens müssen wir den Apparat der Armee unversehrt erhalten, wir müssen die Armee als solche im Kriegszustande halten. Sie darf nicht in Teile gerissen, nicht zersplittert werden. Natürlich kann die Armee nicht Maschinenbauanstalten und Textilfabriken verwalten. Sie kann nicht den Eisenbahnverkehr oder die Reparatur von Lokomotiven leiten, sie kann aber, als Armee, große Arbeiten ausführen, die die Anwendung von Massenkraft erfordern. Das Fällen und die Anfuhr von Holz, die Gewinnung von Torf, das Beschaffen von Getreide den Partitionsnormen entsprechend und die Anfuhr desselben an die entsprechenden Wege, das Reinigen der Wege von Schnee usw. – in Abhängigkeit von dem Aufenthaltsraum der Armee und ihrer einzelnen Teile.

Weiter, inwiefern sie als Armee diese wirtschaftlichen Massen- oder Hilfsarbeiten in einzelnen Fabriken und Werken ausführt, insofern muss sie von den Organisationen geleitet werden, die diese Fabriken und Werke, diese Rayons in wirtschaftlicher Beziehung leiten. Mit anderen Worten, diese Armee kann in das Gebiet der Industrie nur insofern eindringen, inwiefern sie dazu vom Gouvernements-Volkswirtschaftsrat oder vom Rayonvertreter des Obersten Volkswirtschaftsrates oder vom Obersten Volkswirtschaftsrat selbst berufen wird. – In das Gebiet der landwirtschaftlichen Arbeit dringt sie mit ihrer Kraft nur auf Verlangen des Landwirtschaftskommissariats und unter der Leitung seiner Vertreter ein. Es kann gar keine Verletzung der zentralisierten gesamtstaatlichen Wirtschaftspläne oder der Pläne der örtlichen Rayons und Gouvernements vorkommen. Die Armee hilft, gibt ihre Kraft, sie wird aber von den Organen geleitet, die dazu der Sowjetorganisation gemäß berufen sind.

Eine fernere Bedingung der Anwendung der Armee ist die Gleichstellung der örtlichen Arbeiter mit den Rotarmisten, die hier arbeiten, in Bezug auf die Verpflegung. Wenn der Arbeiter sich gleichzeitig damit aussöhnen konnte, dass neben ihm eine Armee besteht, die besser verpflegt wird als er, weil diese Armee im Kampfe schreckliche Entbehrungen erleidet, zwei bis drei Tage nicht isst, vom Typhus in noch größerem Maße hinweggerafft wird als unsere hungernden Arbeiter, – so ist es durch nichts zu rechtfertigen, wenn der werktätige Rotarmist besser verpflegt wird als der Arbeiter des Uralgebiets, der neben ihm lebt und mit ihm unter den gleichen Verhältnissen arbeitet. Daher ist die 3. Armee beauftragt worden, unter der Leitung eines Vertreters des Verpflegungskommissariats, in ihrem Aufenthaltsrayon (und dies ist ein riesiger Rayon) alle dortigen Proletarier mit einer Ration zu versorgen, die der rotarmistischen gleichkommt.

Es versteht sich von selbst, dass es die Aufgabe der örtlichen Gewerkschaftsverbände und der politischen Sowjetorganisationen ist, von vornherein den engsten Kontakt, die engste Verbindung mit dieser Armee herzustellen, damit in Zukunft zwischen der militärischen Organisation und der Arbeitsorganisation keine Entfremdung bestehe. – Die Berichte, die uns die Genossen von dort schicken, zeugen, dass sie sich über ihre Aufgabe vollständig klar sind. Von einer Bevorzugung der Soldaten oder einer Entfremdung zwischen den Soldaten und den Proletariern ist und kann hier keine Rede sein, da an der Spitze der Armee dieselben Arbeiter stehen. Einer ihrer Leiter ist Genosse Lokatskow, ein Proletarier aus dem Uralgebiet, ein in diesem Gebiet populärer Genosse.

An der Organisation der Armee müssen natürlich Veränderungen vorgenommen werden, da sie den Bedürfnissen der Arbeit angepasst werden muss. Ich werde einen Auszug aus einem Bericht vorlesen, der die Art und Weise charakterisiert, wie die Organisation in Angriff genommen wird. Die Genossen Dajewsky und Kotalskow berichten folgendes:

Uralsk, den 19. Januar. In Beantwortung Ihres Telegrammes berichte ich: Die Beteiligung des Armeeapparates an der landwirtschaftlichen Kampagne des Gebietes wird nicht nur eine ungeheure Vergrößerung der Anbaufläche zur Folge haben, sondern nur mit dieser Hilfe werden die zerstörten Wirtschaften imstande sein, von neuem die produktive Arbeit aufzunehmen. Das Vorhandensein eines bedeutenden Vorrats an Maschinen, die reperaturbedürftig sind, diktiert die dringende Notwendigkeit, alle Kräfte anzuspannen, um diese Maschinen in Ordnung zu bringen und macht es möglich, mit ihrer Hilfe ungeheure Landstrecken zu bearbeiten. Außerdem müssen alle Möglichkeiten zur Hebung der Betriebsfähigkeit der Eisenbahnlinie Potrowsk-Uralsk erschöpft werden, wo auf den Stationen im Rayon Altata-Jerschowo Millionen Pud Getreide, die die Speicher nicht mehr fassen können, unter freiem Himmel lagern. Die heute stattgehabte Beratung der verantwortlichen Armeearbeiter des befestigten Rayons mit den Vertretern der Gebietsorganisation, der Sowjets und der Partei, des Revolutionären Komitees, des Parteikomitees der Landwirtschaftsabteilung, des Volkswirtschaftsrates, der Gewerkschaften, des Verpflegungskomitees, der Eisenbahner und andere, hat den Arbeitsplan aufgestellt und die Leiter der einzelnen Wirtschaftszweige, hauptsächlich der Landwirtschaftsabteilung und des Volkswirtschaftsrates beauftragt, in den nächsten Tagen das Ziffernmaterial vorzustellen, das die Bedürfnisse an lebender Kraft und technischen Mitteln veranschaulicht, die unter den gegebenen Verhältnissen zur Hebung der Produktivität der wichtigsten Wirtschaftszweige sofort unbedingt notwendig sind."

Zum Stabschef der Armee wird ein Arbeiter mit allseitiger und großer wirtschaftlicher Erfahrung ernannt. Eine solche Erfahrung besitzt auch der frühere Stabschef, ein Generalstabsoffizier, der ihm als Gehilfe beigegeben wird. Sobald die Armee wieder in den Kriegszustand versetzt wird, wird natürlich wieder eine Veränderung vorgenommen und der frühere Stabschef nimmt wieder seinen Posten ein. Die Operationsabteilung wird in eine Arbeitsoperationsabteilung umbenannt. Wie früher, beaufsichtigt sie die Arbeitsbefehle und die Zusammenstellung der Arbeitsberichte. Erteilte diese Verwaltung früher Befehle wie: „Das und das Dorf nehmen, in der und der Richtung so und so viel Werst vorrücken", so wird sie jetzt Arbeitsbefehle erteilen: „In dem und dem Bezirk so und soviel Faden Holz beschaffen." Die Berichte werden dort selbst konzentriert werden; an der Spitze wird wiederum ein Arbeiter mit wirtschaftlicher Erfahrung stehen.

Stellt Euch vor, Genossen, was für einen kolossalen Vorzug dieser Organisation die in Gang gebrachte zentralisierte Telegrafen- und Telefonverbindung gewährt! Jedes Regiment hat sein Telefoneigentum, stellt seine Linie her, stellt die Verbindung mit dem Brigadestab, mit dem Divisionsstab, dem Armeestab her, und auf diese Weise haben wir eine große Anzahl von Arbeitsartels, die über eine ungeheure Strecke verstreut sind, die gewöhnt sind, Befehle genau auszuführen, die die Befehle auf bestimmten Linien erhalten und die über die Ausführung derselben noch am selben Tage Rechenschaft ablegen.

An Stelle der Aufklärungsabteilung wird eine Abteilung für Registrierung und Statistik organisiert, die den Personalbestand beibehält und ihn dieser Arbeit anpasst Die Verbindungsabteilung, von der ich soeben gesprochen habe, wird in derselben Gestalt beibehalten. Ihr steht die kolossale Arbeit bevor, alle arbeitenden Teile und Institutionen so mit dem Stab zu verbinden, dass die Resultate der Arbeit täglich um 2 Uhr dem Stab bekannt sind. Weiter wird bei dem Rat der Arbeitsartels eine wissenschaftlich-technische Abteilung zur Ausarbeitung von. allgemeinen Wirtschaftsplänen organisiert. Die früheren Arbeitschefs des Stabes und die Chefs überhaupt aller Armeeverwaltungen werden dort, wo dies notwendig ist, in militärische Leiter, militärische Gehilfen umbenannt, denn die Rote Armee wird als militärischer Organismus nicht aufgelöst. Zu Abteilungschefs werden erprobte Arbeiter, aus der Zahl der Kommunisten, mit entsprechender wirtschaftlicher Vorbereitung ernannt; solche sind schon vorhanden.

Die Berichte enden mit den Worten: „Alles dies lasse hoffen, dass diese Armee sich in der Tat in eine Armee der Sowjets verwandeln werde. Ich habe hier ihren ersten Arbeitsbericht, der davon spricht, welche Menge Holz beschafft worden, welche Menge Holz an die Bahn befördert worden ist, wie viel Zimmerleute in die Gruben abkommandiert sind, wie viel sich mit der Reparatur von Eisenbahnwagen beschäftigen usw. usw.

Es versteht sich, dass dies alles nur der Anfang ist. Vieles wird sich als unrichtig erweisen, vieles wird phantastisch sein und verworfen werden, Aber die Grundlage selbst kann nicht überflüssig oder unrichtig sein, weil dies dieselbe Grundlage ist, auf der unser ganzer Sowjetaufbau basiert. – Wir haben hier einige Tausende von Arbeitern aus dem Uralgebiet und von anderen Arbeitern, die an der Spitze der Armee stehen. Wir haben einige Zehntausende von Bauern mit verschiedenen Stufen der Erkenntnisfähigkeit, die von diesen Frontarbeitern geleitet werden. Was ist das? Das ist ein kleiner Widerschein unseres ganzen Sowjetrussland, das ist ein kleiner Widerschein unseres ganzen wirtschaftlichen Lebens, das in seinem Ganzen aus Millionen Bauern besteht, der leitende Apparat aber besteht aus dem bewusstesten Teile unserer Bauern und in der erdrückenden Mehrzahl aus städtischen Arbeitern.

Weshalb sollte dieser Organismus nicht lebensfähig sein, wenn unser ganzes Sowjetrussland lebensfähig ist? Und deshalb haben wir nach dem ersten Versuche eine Reihe weiterer Versuche unternommen. Schon ist die zweite Armee (obgleich sie aus einigen Gründen nicht die zweite Armee heißt, sondern ihre Benennung .Reservearmee" beibehalten hat), den Arbeiten auf dem Gebiete des Transports angepasst worden. Durch eine Verfügung des Verteidigungsrates ist die Arbeitsarmee, die Verstärkungen und Ergänzungen für unsere Fronten formiert hat, eine Armee mit sehr gutem Verwaltungsapparat, mit dem Stab in Kasan, vollständig vom Wegekommissariat zum Dienst an den Eisenbahnlinien Moskau-Kasan und Jekaterinenburg-Kasan übergeben.

Genossen, in dieselbe Lage ist die dritte Armee, die dritte der Zahl nach und die vierte der Numeration nach, versetzt. Diese Armee, die sich längs dem Uralfluss bewegte, hat ihre militärische Aufgabe erfüllt, und der Verteidigungsrat hat ihr die Aufgabe gestellt, dem Komitee für Staatsbauten und dem Wegekommissariat bei dem Bau der Eisenbahnlinie Alexandro-Gai-Emba, die zur Beförderung von Naphtha dienen soll, zu helfen Damit nicht genug, das Uralgebiet, wo der Bürgerkrieg einen besonders erbitterten Charakter hatte, ist verheert, ruiniert und der für die landwirtschaftlichen Arbeiten nötigen Arbeitskraft beraubt. Nach Vereinbarung mit dem Landwirtschaftskommissar, Genossen Sereda, haben wir dorthin eine Anfrage geschickt, die sich auf die Möglichkeit bezieht, die Kräfte, Institutionen und Mittel der vierten Armee zur Reparatur von landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen im Frühling oder zur Teilnahme an dem Anbau der Felder auszunutzen.

Der Verteidigungsrat hat nach Übereinkunft mit dem revolutionären Komitee der Ukraine die Bildung einer Arbeitsarmee in der Ukraine bestätigt. Die Bildung einer Arbeitsarmee in Nordkaukasien ist geplant und diese Bildung wird dann besonders dringend werden, wenn wir uns den Naphthaquellen Grosnys nähern werden. – Im Norden, Genossen, haben wir einen Waffenstillstand geschlossen, der, wie wir hoffen, zum Frieden mit Estland führen wird. Dort steht die 7. Armee. Das ist ein Rayon, der reich an Torf und Schiefer ist. Im Prinzip haben wir beschlossen, dort die Kräfte der 7. Armee auszunutzen, die wir nicht demobilisieren, nicht entlassen können, denn Finnland rasselt, noch mit dem Säbel und noch wissen wir nicht, was morgen mit Estland und Lettland sein wird. Wir können jedoch und müssen die lebendige Kraft der 7. Armee zu Torf- und Schieferarbeiten verwenden

Das ist nun ein Mittel zur Ausnützung unserer lebendigen, organisierten, schon mobilisierten menschlichen Kraft hauptsächlich in unseren Randgebieten, die so reich an Rohstoff sind. Wenn sie dort diesen Rohstoff haben und an die Eisenbahnknotenpunkte befördern werden, wenn sie helfen werden, unsere Schienenwege vom Schnee zu befreien, wenn sie unsere Eisenbahnen in eine energische Bewegung bringen, und uns hierher ins Zentrum in unsere wichtigsten Wirtschaftsherde Holz und Brot schaffen werden, dann wird das Blut durch die Adern der Sowjetwirtschaft zum Herzen strömen und dies wird richtiger, stärker und energischer zu schlagen beginnen. Der wirtschaftliche Organismus wird aufleben.

Daher, Genossen, wäre es unverzeihlich, diesem ersten Versuch, der von ungeheurer prinzipieller und materiell-wirtschaftlicher Bedeutung ist, dem Versuch der Anwendung unserer Armee zu wirtschaftlichen Zwecken, nicht die nötige Aufmerksamkeit, nicht die nötige Unterstützung zu gewähren. Wenn wir zur Arbeitspflicht in weitem Maßstabe übergehen müssen, wenn wir Hunderttausende und Millionen Bauern für wirtschaftliche Zwecke ausnützen müssen, werden wir sie nicht durch die Gewerkschaftsverbände mobilisieren können. Wir werden sie nur oder hauptsächlich durch Anwendung von militärischen Methoden mobilisieren können. Wir werden sie in Arbeitsorganisationen organisieren und ihnen eine der militärisch nahestehenden Organisation beigeben müssen, – Arbeitskommandos, Arbeitskompanien, Arbeitsbataillone, erzwungene Disziplin. Soweit wir es dort mit Massen zu tun haben werden, die die Dressur der Gewerkschaften nicht berührt hat, werden wir hauptsächlich militärische Organisationen schaffen müssen, solche Organisationen aber haben wir in Gestalt unserer Armeen. Folglich müssen wir sie ausnutzen, sie den wirtschaftlichen Aufgaben anpassen. Das geschieht gegenwärtig.

Liberale Schwätzer meinen, die Anwendung der Arbeitsarmeen könne die Methoden Araktsegejews hervorrufen. Wir sind berechtigt, dieses Geschwätz unbeachtet zu lassen. Wir sagen, dass die vorgeschrittensten Schichten der Arbeiterklasse die Verwaltung des Landes in ihre Hände genommen haben und sie haben ein Recht dazu, den rückständigsten Teilen der werktätigen Massen das Zwangsgesetz der Arbeitspflicht aufzuzwingen, denn morgen, übermorgen, wenn die Früchte sich zeigen werden, wird die Bauernschaft, werden ihre rückständigsten Teile einsehen, der bessere Teil der Bauernschaft aber begreift dies schon jetzt, dass die Arbeitspflicht ein notwendiges Gesetz war.

In diesem Sinne, Genossen, sprechen wir von der Militarisierung der Wirtschaft, nur in diesen Sinne kann man von ihr sprechen. Hier kann nicht von einem Zwang von außen, von der Initiative der Militärspezialisten die Rede sein. Das ist klägliche, lächerliche Phantasie.

Wer kann in die werktätigen Massen das Bewusstsein dieser Notwendigkeit hinein tragen? Nur die fortgeschrittenen Schichten der Arbeiterklasse, d. h. in erster Linie das industrielle Proletariat. Wenn ihr unsere Armee nehmt, die an den Fronten kämpft und stirbt, so werdet ihr sehen, wer sie geschaffen, wer sie in Disziplin zwang und das machtvolle Wort des Befehls hineingebracht hat. Das wird nicht von einzelnen militärischen Spezialisten organisiert, unter denen es vortreffliche Arbeiter gibt. Nein, alle diese Züge der echten Militarisierung der Arbeiter und Bauern haben der Armee die fortgeschrittenen Schichten der Arbeiter Moskaus, Petersburgs und ganz Russlands verliehen und diese Züge verleihen sie ihr noch gegenwärtig. – Wie haben wir die Rote Armee geschaffen? Sie bestand anfangs aus Partisanenbanden und aus zusammengelaufenen rohen Arbeitskräften, wir aber militarisierten die Arbeiter, wir versammelten die Arbeiter und sagten ihnen: „Wir stehen vor einer Gefahr, die dem Untergange gleichkommt. Von Euch, vorgeschrittenen Arbeitern, hängt es ab, in diese Massen das Bewusstsein der Bereitschaft, Sterben und Siegen, zu tragen." Diese vorgeschrittenen Arbeiter, die sich selbst militarisiert hatten, militarisierten die Bauern und führten sie in den Kampf.

Dieselbe Aufgabe haben die vorgeschrittenen Arbeiter in Bezug auf die ganze Wirtschaft, in Bezug auf die allgemeine Arbeitspflicht. Wir müssen vor allem den vorgeschrittenen Arbeitern sagen, dass uns an der wirtschaftlichen, an der ökonomischen Front eine schreckliche Gefahr droht – eine größere Gefahr als die, die uns drohte, als Denikin nördlich von Orel stand, Judenitsch sich bei Petersburg den Höhen von Pulkowo näherte. Hier ist die Gefahr schrecklicher, denn sie ist allumfassend. Wir aber Genossen, unterscheiden uns von den französischen und belgischen Arbeitern dadurch, dass, während sie noch Sklaven des Kapitals sind, wir für unser Schicksal bereits selbst verantwortlich sind. Wir haben die Möglichkeit und die Pflicht, die im Schoße der Arbeiterklasse verborgene Energie ausfindig zu machen, sie ans Tageslicht zu befördern, in Bewegung zu setzen, uns und die rückständigen Massen zu militarisieren. Gegenwärtig müssen Pünktlichkeit, Genauigkeit in der Ausführung, strengste Verantwortlichkeit bis zu Ende, im Großen und Kleinen von den Arbeitermassen in höchstem Grade durchgeführt werden.

Wir müssen die Wirtschaftsfragen zum Mittelpunkt machen. Jeder rückständige Arbeiter, jede werktätige Bäuerin muss davon unterrichtet sein. Wir müssen drei Viertel, neun Zehntel der Spalten unserer Zeitungen für die Erörterung der Wirtschaftsfragen zur Verfügung stellen. Jeder Bürger des Landes, vorgeschritten und rückständig, muss wissen, dass wir in Sormowo und Kolomna Fabriken haben, so und soviel Textilfabriken, dass sie Produkte schaffen, dass sie im April mehr erzeugt haben, als im März und Februar. Wir müssen darauf achten, dass es Fabriken gibt, die besonders beliebt sind, weil der Puls der Arbeit in ihnen lebendig schlägt. Es muss Fabriken geben, die fühlen, dass sie in der Achtung der ganzen Sowjetrepublik sinken, wenn die Anspannung und die Produktivität ihrer Arbeit niedriger ist als in anderen Fabriken. Jede neue Lokomotive, die aus der Maschinenbauanstalt entlassen wird, muss von jetzt ab ein neuer Sowjetfeiertag sein, jede Arbeiterin und Bäuerin muss wissen, dass das ihre Lokomotive ist. Auf die Reparatur der Lokomotiven müssen wir so achten, wie wir auf den Puls eines geliebten kranken Bruders, einer Schwester, einer Frau achten.

Und wenn die fortgeschrittenen Arbeiter des ganzen Landes all ihr Denken, ihren ganzen Willen, ihre ganze revolutionäre Leidenschaft der Wirtschaftsfrage widmen, wie wir dies mit der Armee getan haben, so zweifle ich nicht daran, dass wir Russland auf den großen neuen Weg führen werden, den Feinden zur Schande und den Freunden zur Freude. …

1 Russische Korrespondenz Nr. 5

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