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Leo Trotzki 19200400 Über die gegenwärtigen Aufgaben des wirtschaftlichen Aufbaus

Leo Trotzki: Über die gegenwärtigen Aufgaben des wirtschaftlichen Aufbaus

Rede auf dem IX. Kongress der Kommunistischen Partei Russlands (Moskau, April 1920)

[Nach Russische Korrespondenz, 1. Jahrgang, Heft X (Juli 1920), S. 11-19]

Genossen! Die Geschichte hat uns vor die Aufgabe der Organisation der Arbeit gestellt. Die Organisation der Arbeit ist wesentlich die Organisation der neuen Gesellschaft, denn jede historische Gesellschaft ist Organisation der Arbeit. Wir organisieren die Arbeit oder beginnen die Organisation der Arbeit nach neuen sozialen Grundsätzen. Wandte unsere frühere Gesellschaft bei der Organisation der Arbeit zugunsten der Minderheit Zwangsmethoden an, wobei die Minderheit diesen Zwang auf die erdrückende Mehrheit der Werktätigen ausübte, so unternehmen wir zum ersten Mal in der Weltgeschichte den Versuch, die Arbeit der Werktätigen im Interesse dieser werktätigen Mehrheit zu organisieren. Das aber bedeutet selbstverständlich nicht die Beseitigung des Zwangselements. Nein, der Zwang spielt und wird noch im Laufe einer bedeutenden historischen Periode eine große Rolle spielen. Der allgemeinen Regel nach ist der Mensch bestrebt, sich der Arbeit zu entziehen. Man kann sagen, dass der Mensch ein ziemlich faules Tier ist, und auf dieser Eigenschaft basiert eigentlich der menschliche Fortschritt, denn würde der Mensch nicht danach streben, mit seiner Kraft sparsam umzugehen, würde er nicht danach streben, für eine kleine Menge Energie so viel wie möglich Produkte zu bekommen, so würde es keine Entwicklung der Technik und der sozialen Kultur geben. Von diesem Gesichtspunkt aus ist also die Trägheit eine progressive Kraft. Hieraus darf natürlich nicht der Schluss gezogen werden, dass die Partei in ihrer Agitation diese Eigenschaft als moralische Pflicht zu empfehlen habe. Wir haben sowieso Überfluss an ihr, und die Aufgabe der gesellschaftlichen Organisation besteht darin, die Trägheit in einen bestimmten Rahmen zu bringen, sie zu disziplinieren und mit Hilfe der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit anzutreiben.

Bei der Inangriffnahme des Aufbaues der Gemeinwirtschaft nach neuen solidarisch sozialen Grundsätzen, d. h. nach den Grundsätzen des im Bau begriffenen Kommunismus, sind wir von Anfang an auf die Frage der Militarisierung gestoßen. Eine ganze Reihe von Artikeln, Versammlungen, Reden und Diskussionen verlaufen bei uns unter der Losung der Militarisierung. Einige Genossen, darunter an erster Stelle einige hervorragende Leiter der Gewerkschaftsverbände, äußern sich in dem Sinne, dass sie nicht gegen die Militarisierung seien, dass sie aber bis jetzt nicht begriffen haben, was das eigentlich bedeutet.

Aus diesem Anlass brachte die „Prawda" unlängst einen nicht uninteressanten, aber prinzipiell falschen Artikel des Gen. W. Smirnow über die Militarisierung der Arbeit. Sein grundlegender Gedanke ist folgender: soweit wir jetzt auf breiter Grundlage der Mobilisation der Bauernmassen: im Namen der Aufgaben übergegangen sind, die die Massenanwendung der Arbeitskraft erfordern, ist die Militarisierung unbedingt notwendig. Wir mobilisieren die Bauernkraft und wir bilden aus dieser mobilisierten Arbeitskraft Arbeitsteile, die sich dem Typus der Truppenteile nähern. Wir geben den Kommando- und Instruktorenbestand, wir müssen kommunistische Zellen geben, damit diese Teile nicht seelenlos, sondern von dem Bestreben zur Arbeit beseelt sind. Folglich ist dies die volle Annäherung an die militärische Form der Organisation. Hier ist das Wort „Militarisierung" am Platze. Aber, sagt Gen. Smirnow, wenn wir auf das Industriegebiet, auf das Gebiet der qualifizierten Arbeit übergehen, wo wir gewerkschaftlich gegliederte Produktionsorganisationen der Arbeiterklasse haben, so besteht hier keinerlei Notwendigkeit, den militärischen Apparat zur Bildung von Arbeitsteilen zu verwenden, hier kann keine Rede von Militarisierung im erwähnten Sinne des Wortes sein. Hier gibt es Gewerkschaftsverbände und diese erfüllen die Aufgabe der Organisation der Arbeit.

Genossen, wenn man auf diese Weise an die Frage herangeht, so zeugt das von völliger Unkenntnis des Wesens jenes wirtschaftlichen Umschwunges, der sich gegenwärtig vollzieht. Es versteht sich, dass der Unterschied zwischen der proletarischen, in Gewerkschaftsverbänden organisierten Arbeitskraft und der bäuerlichen, vom militärischen Apparat mobilisierten Arbeitskraft ungeheuer ist. Die Militarisierung wird im einen Falle auf anderen Wegen durchgeführt werden als im anderen Falle. Jedoch die Frage der Mobilisierung der qualifizierten Arbeitskraft durch die Tatsache des Bestehens der Gewerkschaftsverbände lösen, annehmen, dass die Verbände, so wie wir sie von der Vergangenheit übernommen haben, durch die Tatsache ihrer Existenz die Arbeitsaufgaben in Bezug auf die gelernten qualifizierten Arbeiter lösen, das heißt das Wesen der Frage nicht verstehen.

Die qualifizierte proletarische Arbeitskraft wurde unter der Herrschaft des Kapitalismus auf dem Markte gekauft und gemäß Nachfrage und Angebot zu festen Preisen von einem Ort an den andern verschoben. Sie hieß freiwillige oder „freie" Arbeit. Die Gewerkschaftsverbände sind aus der Vereinigung dieser „freien" Arbeit entstanden, aus dem Bestreben, durch Kampf, Ausstände usw. die günstigsten wirtschaftlichen Bedingungen für diese Arbeit zu erkämpfen. – Wer aber verteilt gegenwärtig die Arbeitskraft und wer schickt sie dorthin, wo sie gemäß den wirtschaftlichen Aufgaben der im Bau begriffenen sozialistischen Wirtschaft nötig ist? Die Gewerkschaftsverbände laut Forderung der Organe der Gemeinwirtschaft. Welche Menschen müssen aber angewendet werden, damit der Arbeiter, der nach dem Orte T. geschickt ist, sich wirklich an den Ort T. Begibt? … Mit anderen Worten, gegenwärtig begibt sich der Arbeiter aus einer Fabrik in die andere nicht freiwillig, wie dies beim Kapitalismus hieß, d. h. nicht unter den Schlägen des wirtschaftlichen Zwanges, des Zwanges durch Hunger, wie dies unter der Herrschaft des Kapitals war, sondern er begibt sich und muss sich dorthin begeben, in Übereinstimmung mit dem einheitlichen Wirtschaftsplan, laut Bestimmung der zentralen Wirtschaftsorgane.

Folglich sind die Arbeiter jetzt an die Fabriken und Werke gebunden. Es versteht sich, dass der eine Arbeiter dies Band als Dienst empfindet, als Pflicht, die er aus innerer Überzeugung, im Interesse der Hebung der Volkswirtschaft erfüllt; der andere macht sich keine klare Vorstellung von seiner Lage; der dritte, der rückständigste, empfindet seine Lage heute noch als direkten Zwang, dem er sich widersetzt. Solche Arbeiter gibt es, davon zeugt die Statistik der Gewerkschaftsbewegung In den wichtigsten Industriezweigen sind bei uns 1.150.000 Arbeiter verzeichnet, in Wirklichkeit aber arbeiten nur 850.000. So war es vor 2 Monaten. Wo sind die 300.000 geblieben? Sie sind fortgegangen. Wohin? Ins Dorf, vielleicht in andere Industriezweige, vielleicht beschäftigen sie sich mit Spekulation. Also auf 800.000 Arbeitende kommen 300.000, militärisch ausgedrückt, Deserteure. Auf militärischem Gebiet haben wir einen entsprechenden Apparat, der in Aktion gesetzt wird, um die Soldaten zur Erfüllung ihrer Pflichten zu zwingen. Dies muss in der einen oder anderen Form auch auf dem Arbeitsgebiet geschehen. Wenn wir ernsthaft von einer planmäßigen Wirtschaft sprechen wollen, wenn die Arbeitskraft in Übereinstimmung mit dem Wirtschaftsplan im gegebenen Entwicklungsstadium verteilt werden soll, darf die Arbeiterklasse kein Nomadenleben führen. Sie muss ebenso wie die Soldaten verschoben, verteilt, abkommandiert werden. Das ist die Grundlage der Militarisierung der Arbeit und ohne diese Grundlage können wir nicht ernsthaft von einer Industrie auf neuer Basis unter der Bedingung des Verfalls und des Hungers sprechen.

Wer führt diese Arbeit aus? Den wichtigsten Teil der Arbeit führen natürlich die Gewerkschaftsverbände aus. Der Allrussische Zentralrat der Gewerkschaftsverbände verschiebt gegenwärtig im Verein mit dem Arbeitskommissariat und nach Übereinkunft mit dem entsprechenden Wirtschaftsorgan die Arbeiter aus einer Fabrik in die andere und straft oder nimmt das staatliche Organ zur Bestrafung derjenigen in Anspruch, die die planmäßigen Order nicht ausführen Das eben ist Militarisierung der Arbeitskraft, Militarisierung der Industrie. Das ist ihre Grundlage. Und hier ist es falsch, die Frage so zu verstehen, wie dies Gen. Smirnow tut. In Bezug auf die Bauern, sagt er, sei es verständlich, da gebe es keine Gewerkschaftsverbände. In Bezug auf die Arbeiter ersetze der Gewerkschaftsverband die Militarisierung. Nein, sage ich, der Gewerkschaftsverband ersetzt die Militarisierung nicht, er führt sie durch, er ist . Wenn im Dorfe die Mobilisation der Bauern vom Militärressort durchgeführt wird, denn einen anderen Apparat gibt es dort nicht, so bildet diesen Apparat in Bezug auf die Arbeitskraft der städtischen Industrie vor allem der Gewerkschaftsverband.

Ich frage, wer wird in Bezug auf die Bauern fernerhin das Element der Militarisierung bilden? Augenblicklich haben wir ein Militärressorts, es kann militarisieren, aber später? – Die vorgeschrittenen Arbeiter! – Auf diese Weise sind die vorgeschrittenen Arbeiter die Erbauer der Wirtschaft vermittels der Gewerkschaftsverbände und können durch diese ungeheure Bauernmassen mobilisieren, die auf Grund der Arbeitspflicht zur Arbeit herangezogen werden. Diese Militarisierung ist nicht denkbar ohne die Militarisierung der Gewerkschaftsverbände als solche, ohne Fortsetzung eines solchen Regimes, bei dem jeder Arbeiter sich als Soldat der Arbeit fühlt, der nicht frei über sich verfügen kann; wenn die Order erteilt ist, ihn an einen anderen Ort zu versetzen, muss er diese Order ausführen; führt er sie nicht aus, so ist er ein Deserteur und muss bestraft werden. Wer achtet darauf? – Der Gewerkschaftsverband. Er schafft das neue Regime. Das ist die Militarisierung der Arbeiterklasse. Dies aber haben bis jetzt einige Genossen nicht verstanden und sagen naiv: „Wir würden sehr gern die Militarisierung anerkennen, wissen aber nicht, was das bedeutet Das will sagen, dass sie bis zum Äußersten hinter den Aufgaben zurückgeblieben sind, die gegenwärtig vor uns stehen. „Wenn Gen. Trotzki", so schreibt einer der Gewerkschaftsleiter, Gen. Kutusow, im „Ökonomischen Leben", einem Organ, zu dem Gen. Rykow in Beziehung steht „durch die Militarisierung die Arbeiterorganisationen auseinanderjagen und an die Spitze der Fabriken militärische Spezialisten stellen will, so ist das verfrüht." Es versteht sich, eine solche Auffassung der Militarisierung ist ungeheuerlich und beweist, dass viele Genossen sich nicht davon Rechenschaft abgelegt haben, was Militarisierung in der Armee ist. Sie nehmen an, dass unsere Armee vermittels Spezialisten militarisiert sei, dass wir einige zehn Generale und Obersten engagiert haben, die aus der schwankenden rohen Masse zuerst Partisanen, darauf aus dem mobilisierten Bauernmaterial die gegenwärtige Armee geschaffen, – sie militarisiert haben. Keineswegs. Dies waren vorgeschrittene Arbeiter, die der Vorsitzende des Rates der Gewerkschaften, Gen. Tomski, und seine Gewerkschaftsverbände hergaben. Das waren vorgeschrittene Elemente der Partei der Kommunisten, die unter bestimmten Bedingungen auf bestimmte Posten gestellt waren. Gegenwärtig besteht unsere Aufgabe darin, diese Erfahrung auf das Arbeitsgebiet zu übertragen, wo das feste Regime der schnellen, eisernen Pünktlichkeit nicht weniger wichtig und dringend ist, als auf dem Gebiet der Roten Armee.

Dies alles kann nur dann einen Sinn haben, wenn wir über einen Apparat zur richtigen wirtschaftlichen Anwendung der Arbeitskraft auf Grund eines einheitlichen, das ganze Land und alle Wirtschaftszweige umfassenden Wirtschaftsplanes verfügen. – Worin besteht die Aufgabe der nächsten Periode? Vor allem müssen wir dem Lande die Möglichkeit sichern zu leben, wenn auch nur in dürftigen Verhältnissen. Wenn wir nicht wollen, dass das Land verbauert, so müssen wir den Transport, die Quantität des Getreides für die Städte, des Heizmaterials für die Industrie, der Fourage für das Vieh, des Rohstoffes, die zur Befriedigung der elementarsten Bedürfnisse nötig sind, auf minimaler Stufe erhalten.

Also die wichtigste Aufgabe ist augenblicklich die Hebung des Transportzustandes, die Vermeidung seines weiteren Niederganges und die Beschaffung der elementarsten Vorräte an Lebensmitteln, Rohstoffen und Heizmaterial. Während der ganzen nächsten Periode muss die ganze Arbeitskraft auf die Lösung dieser Aufgabe konzentriert werden, die eine Voraussetzung der ferneren ist. Die zweite Periode (ob sie Monate oder Jahre dauern wird, das ist jetzt schwer vorher zu sagen, das hängt von vielen Ursachen ab, von der internationalen Lage und nicht zuletzt von der Eintracht unserer Partei) bildet der Maschinenbau im Interesse des Transports, der Gewinnung von Rohstoffen und Lebensmitteln. Die dritte Periode muss vom Maschinenbau im Interesse der Produktion der wichtigsten Gebrauchsartikel eingenommen werden und endlich, die vierte Periode von der Produktion der wichtigsten Gebrauchsartikel.

Diese Abstufung ist für die Klarlegung unseres Wirtschaftsplanes vor den Arbeitermassen von großer Bedeutung. Wir sind verpflichtet zu sagen, dass wir eine Arbeitsmobilisation auf breiter Grundlage nicht durchführen können, wenn wir nicht alles, was an Ehrlichkeit und Begeisterung in der Arbeiter- und Bauernmasse vorhanden ist, erfassen, wenn wir dieser Masse nicht unseren Plan erklären. Wir müssen offen und deutlich sagen, dass unser Wirtschaftsplan bei maximaler Anspannung der Werktätigen nicht Milch und Honig fließen lassen kann, sondern dass wir bei höchster Anstrengung in der nächsten Periode unsere Arbeit darauf richten werden, die Bedingungen für die Produktion der Produktionsmittel vorzubereiten. Und nur nachdem wir die Möglichkeit haben werden, Produktionsmittel zu produzieren, werden wir zur Produktion der Konsumtionsmittel unmittelbar für die Massen übergehen. Die für Alle greifbare Frucht unserer Arbeit, die Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, werden erst im Stadium des letzten Gliedes dieser wirtschaftlichen Kette erreicht werden. Die Massen, die für Arbeitsziele mobilisiert werden, müssen diesen Wirtschaftsplan in seinem ganzen Umfange verstehen, um fähig zu sein, ihn auf ihre Schultern zu nehmen und nicht bei der Durchführung dieses Planes zehnmal die Geduld zu verlieren. Das ist die schwierigste Aufgabe, die vor der Partei steht.

Es versteht sich, wir würden kurzsichtige Skeptiker vom Typus der Kleinbürger sein, wenn wir uns vorstellen würden, dass das Wiederaufleben der Wirtschaft ein allmählicher Übergang vom völligen wirtschaftlichen Verfall, der bis jetzt in den wichtigsten Wirtschaftszweigen fortbesteht, zur Blüte sei, dass wir uns auf denselben Stufen erheben werden, die wir hinunter gegangen sind, d. h. dass wir erst nach langer Zeit unsere Wirtschaft auf die Stufe erheben werden, auf der sie sich vor dem imperialistischen Kriege befand. Eine solche Vorstellung ist unbedingt falsch. Der Verfall, der auf seinem Wege alles vernichtet und zerschlagen hat, hat gleichzeitig den Weg für den neuen Aufbau gereinigt, und in Übereinstimmung mit den technischen Mitteln, über die die Wirtschaft verfügt und über die wir verfügen, wird unsere Wirtschaft sich ebenso entwickeln, wie sich die russische kapitalistische Wirtschaft entwickelt hat, die nicht von Stufe zu Stufe übergegangen, sondern über eine ganze Reihe von Stufen hinweg gesprungen ist.

Es ist ganz klar, dass wir, wenn wir erst die ärgste Armut überwunden haben werden, eine ganze Reihe der folgenden Stufen überspringen werden. Wir werden z. B. zur Anwendung der Elektrizität in den wichtigsten Zweigen der Industrie und im persönlichen Konsum übergeben können, ohne das Stadium des Dampfes durchgemacht zu haben. Folglich eröffnen sich uns große Perspektiven, die natürlich von der Entwicklung der Energie, der Fähigkeiten, d. h. vom subjektiven Faktor, und vom zweiten Faktor – von der Entwicklung der uns vom Kapital hinterlassenen Technik – abhängen. Diese Perspektiven haben wir vor uns; wir müssen um jeden Preis aus dem Schmutz, aus dem Hunger heraus, in dem wir bis zum Halse versunken sind. Wir polemisieren sehr viel über kollegiale und persönliche Verwaltung, vorläufig aber haben wir unseren Wirtschaftskarren noch nicht von der Stelle gerückt; wir dürfen uns nicht vom Schwung der Polemik betrügen lassen, da bis jetzt noch auf keinem der wichtigsten Gebiete eine Besserung zu merken ist. Der Druck der besten Kommunisten hat eine Verbesserung des Transports ergeben, doch auch diese ist geringfügig.

Also ein einheitlicher Wirtschaftsplan als Grundlage der Verwendung der Arbeiterkraft und der Bauernmassen, qualifizierter und unqualifizierter, das ist die erste grundlegende Aufgabe. Der zweite Punkt wird große Bedeutung haben und die Formulierung, die Gen. Gussew in seiner Broschüre „Über Anwendung der Elektrizität im ganzen Lande" gibt, wird in Übereinstimmung mit den geplanten Etappen des Wirtschaftsplanes ins Leben umgesetzt werden. Um sie nicht als teilweise Aufgabe, als minimales Programm, sondern in größerem Maßstabe durchzuführen, müssen wir wiederum den Maschinenbau haben, dazu aber müssen wir die erste Aufgabe lösen, – die Hebung des Transports und die Beschaffung der Lebensmittel und des Rohstoffes. – Je breiter die Grundlage sein wird, auf der die Arbeitskraft angewandt werden wird, desto intensiver wird die Versorgung mit Maschinen vonstatten gehen. Folglich spitzt sich auch die Frage der Arbeitsarmee in bedeutendem Maße zu.

Diese Frage begegnete anfangs einer scharfen Opposition. Man wies vor allem darauf hin, dass die Produktivität in den Arbeitsarmeen nicht groß sein werde. Man wies darauf hin, dass der Soldat, der sich aus einem Rotarmisten in einen Arbeitsarmisten verwandelt, seinen Posten verlassen und nach Hause gehen werde, weil er annehmen werde, dass seine Aufgabe erfüllt sei. Das waren die beiden ersten Beweisgründe, die gegen die Arbeitsarmeen angeführt wurden. Aber beide haben sich als vollständig falsch erwiesen. Und der Kern der Sache liegt nicht darin, dass diese beiden praktischen Beweisgründe sich als falsch erwiesen haben, sondern darin, dass hier wesentlich ein bewusstes Misstrauen zur sozialistischen Organisation der Wirtschaft durchblickt. Denn die Beweisgründe, die hier gegen die Organisation der Arbeitsarmee angeführt wurden, sind gegen die sozialistische Organisation der Wirtschaft in unserer Übergangsepoche gerichtet. Wenn man das zum Vorurteil gewordene bürgerliche Axiom, dass erzwungene Arbeit nicht produktiv sei, für bare Münze nimmt, so bezieht sich das nicht nur auf die Arbeitsarmee, sondern auf die Arbeitspflicht in ihrem Ganzen, auf die Basis unseres wirtschaftlichen Aufbaues, folglich auf die sozialistische Organisation überhaupt. Wir können natürlich, mit einigen Genossen, die Perspektive in bezog auf die Organisation der sozialistischen Wirtschaft entfalten. Dort wird der Zwang allmählich zurücktreten, um endlich vollständig abzusterben, und in der gut organisierten Wirtschaft werden die Elemente des Zwanges als solche nicht fühlbar sein, denn die Arbeit wird ein körperliches und geistiges Bedürfnis eines jeden Mitgliedes der Gesellschaft sein. Bis dahin aber gibt es viele Perioden, in denen die Elemente des Zwanges in ihrer ganzen Kraft vorhanden sein werden. Folglich spielt der Zwang in der Übergangsepoche eine ungeheure Rolle; wenn aber die erzwungene Arbeit nicht produktiv ist, so ist dadurch unsere Wirtschaft verurteilt, denn die Gesellschaft ist die Organisation unserer Arbeit. Basiert die Organisation der Arbeit auf einem falschen Prinzip, auf dem Prinzip des Zwanges, ist der Zwang der Produktivität der Arbeit feindlich, so sind wir zu ökonomischem Verfall verurteilt, wie wir uns auch winden, was wir auch tun würden. Diese Annahme aber ist ein Vorurteil.

Die Behauptung, dass die freie, die freiwillige Arbeit produktiver sei als die erzwungene, war richtig in Bezug auf das Feudalsystem, das bürgerliche Regime. Die Arbeit der Arbeiter in der Fabrik aber war unbedingt produktiver als die Arbeit des Handwerkers. Diese Arbeit basierte auf besonderen Zwangsmethoden und Zwangsreformen – auf der Exploitation der Arbeitskraft; dies alles aber geschah unter der Flagge der „freien Arbeit". Die Bourgeoisie hat gelernt, durch verschiedene Methoden aus den Arbeitern viel mehr Arbeit herauszupressen, als in der Epoche des Feudalismus und der Leibeigenschaft aus den Leibeigenen herausgepresst wurde.

Diese Entwicklung der Produktivität der Arbeit aber hat die Ablösung der kapitalistischen Wirtschaft durch die neue, kommunistische vorbereitet und in Bezug auf diese neue kolossale historische Veränderung das behaupten was in Bezug auf die alte Lage richtig war, heißt, im Rahmen der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Vorurteile bleiben. Wir sagen: es ist nicht wahr, dass die erzwungene Arbeit unter allen Umständen und unter allen Bedingungen unproduktiv ist. Hier besteht die ganze Aufgabe darin, den Arbeiter psychologisch, innerlich und nicht durch äußeren Zwang in den Arbeitsprozess hineinzuziehen. Das hat auf seine Art jedes Regime getan. Das Feudalsystem hat zu diesem Zwecke Lüge, Betrug und die Hierarchie der Pfaffen in Anwendung gebracht. Die Bourgeoisie hatte ihre eigenen Methoden. Sie hatte das nötig, denn sie war eine Minderheit, die die Mehrheit unterdrückte; sie musste betrügen. Hierher gehörten eine besondere Arbeitslöhnung; der Stücklohn, der Akkordlohn, und gewisse Prämien, eine gewisse Karriere, die einige Glückliche zu machen suchten. Alles dies beeinflusste die Arbeiterklasse. Sogar die Trade-Unions dienten in den Händen der Bourgeoisie als Organe zur Erhöhung der Produktivität der Arbeit, dienten dazu, um in den Arbeitern das Gefühl der Arbeitsehre zu erhöhen. Die Bourgeoisie leistete in dieser Richtung eine kolossale Arbeit durch ihre Spezialisten, die Pfaffen. Wie verfuhr sie mit den Pfaffen? Sie vertrieb sie, darauf rief sie sie wieder herbei. So verfuhr sie auch mit der Religion und mit dem Herrgott, zu denen sie ihre Zuflucht nahm, wenn sie sie zur Beeinflussung der Arbeitermassen brauchte. Die Presse wie die Schule waren Mittel zur Erhöhung der Produktivität der Arbeit, die Monarchie wie die Republik – alles dies war ein komplizierter Apparat, um die Organisation der Werktätigen in der Hand zu behalten, und aus ihnen das Maximum des Mehrwerts herauszupressen. Folglich ist das bürgerliche Regime durchaus nicht auf einmal mit hoher Produktivität der Arbeit entstanden. Nein, die Erhöhung der Produktivität der Arbeit war nicht nur das Resultat der unpersönlichen historischen Entwicklung, sondern bildete auch die bewusste Aufgabe der herrschenden Ausbeuter, die sie durch Anwendung einer ganzen Reihe von Mitteln, durch Mobilisation der Engel, Erzengel, Gefängniswärter und Henker erreichten, das war ein ganzes System der Beeinflussung.

Wir dürfen nicht vor die Notwendigkeit gestellt werden, den Massen etwas zu verheimlichen, geschweige denn sie zu betrügen. Gleichzeitig aber stehen wir vor der Notwendigkeit, das komplizierte System von Mitteln und Methoden geistigen und organisatorischen Charakters, durch Wappenverleihung und Bestrafung, in Anwendung zu bringen, um die Produktivität der Arbeit nach den Grundsätzen des Zwanges zu erhöhen, auf denen unsere ganze Wirtschaft basiert. Daher, wenn jemand sagt, dass die erzwungene Arbeit unproduktiv sei, und dies einfach ein Liberaler ist, werden wir ihn verjagen; ist dies aber ein Kommunist, der den Sinn der Epoche, die wir durchleben, nicht erfasst hat, so werden wir ihm sagen: Du sagst, die erzwungene Arbeit sei unproduktiv, und daher lehnst Du sie ab, in Wirklichkeit aber willst Du sagen, dass wir auf dem Gebiet der Organisation der sozialistischen Arbeitsanwendung noch grüne Jungen seien und dass dabei noch nichts Produktives herausgekommen sei.

Wir müssen nicht über allgemeine Unergiebigkeit der Arbeit schwatzen, sondern lernen, die Produktivität mit allen Mitteln zu erhöhen, die einem ehrlichen und gut organisierten Arbeiterstaat zu Gebote stehen, darunter mit ideellen Mitteln, durch Agitation und geistiges Hineinziehen in die Interessen der Wirtschaft. Das Verständnis eines jeden Arbeiters, eines jeden Bauern, jeder Bäuerin für den Zusammenhang zwischen dem Schicksal ihrer Existenz und dem wirtschaftlichen Schicksal des ganzen Landes hat bei dem neuen System der sozialen Beziehungen und der Arbeiterorganisation eine ungeheure geistige, organisierende Bedeutung. Wenn unser Apparat nichts taugt, so kann der mobilisierte und unwissende Bauer, wenn man ihn auf die Eisenbahn bringt und keine Schaufeln für die Arbeit vorbereitet, natürlich nicht von Begeisterung für diese auf Zwang beruhende soziale Organisation der Arbeit ergriffen werden. Damit er immer weniger den drückenden Charakter dieses Zwanges fühle, dazu gehört vor allem, dass der Apparat gut funktioniert, dass die Anzahl der Arbeitshände den Aufgaben entspricht und dahin befördert wird, wo diese Aufgabe vorhanden ist, wo Lebensmittel, Instrumente und Instruktoren, die einen Kopf auf den Schultern haben, vorhanden sind. Das ist die elementarste Bedingung; ohne richtige Organisation der Arbeit können wir ihre Produktivität nicht erhöhen. Endlich ist die persönliche Interessiertheit jedes einzelnen Arbeiters, jedes einzelnen Bauern an den unmittelbaren Resultaten der Verwendung seiner Arbeitskraft nötig. Ich spreche von dem Prämiensystem, das notwendig ist, solange Knappheit an Lebensmitteln besteht, solange wir das System der Verteilung der notwendigsten Gebrauchsartikel nicht dezentralisieren können, damit jeder das erhalte, was er braucht. (Das wird als Resultat des 4. Stadiums unseres allgemeinen Wirtschaftsplanes der Fall sein, wenn wir erst die drei vorhergehenden Stadien überwunden haben werden.) Vorläufig muss die Verteilung zentralisiert sein, d. h., wir müssen sie den Produktionsaufgaben unterordnen; vor allem diejenigen versorgen, die zur Produktion in den wichtigsten Zweigen nötig sind, und die Unternehmen mit Lebensmitteln versehen, die besser, ehrlicher ihre Arbeitspflicht erfüllen. Das ist auch ein Weg zur Erhöhung der Produktivität der Arbeit. Endlich sind da die Strafmaßnahmen, die wir nicht aufgeben können, in Bezug auf die Deserteure der Arbeit. – Mit einem Wort, das ganze komplizierte System geistiger Maßnahmen, organisatorischer, materieller, repressiver, das Prämien-System und die Anwendung von Strafmaßnahmen, kann, in Einklang gebracht und systematisch angewandt, auf die Grundlage der allgemeinen Erhöhung des Kulturniveaus die Produktivität der Arbeit auf eine solche Höhe bringen, auf der sie noch bei keinem Regime gestanden hat. Das Verständnis für diese Aufgabe, die nicht fix und fertig von oben herabfällt, ist der wichtigste Bestandteil bei der Lösung unserer praktischen Aufgaben.

Die zweite Erwiderung in Bezug auf die Arbeitsarmee lief darauf hinaus, dass die Soldaten desertieren werden. Das hat nicht den Ausschlag gegeben. Dies ist durch die errungenen Siege bewiesen. Fahnenflucht war vorhanden, aber nach der Prüfung stellte sich heraus, dass der Zusammenschluss, das geistige und organisatorische Band, das Band des Zwanges in seiner Gesamtheit die Unterordnung und die Ausführung der Kampfaufgaben sichergestellt hat. In Bezug auf die Arbeitsarmeen wird die Gesamtheit derselben Faktoren und Kräfte diese Unterordnung in den Roten Armeen sicherstellen, die in den Arbeitszustand versetzt worden sind. Freilich, ein Teil ist davongelaufen, aber das ist immer der Fall, wenn eine Division von einer Front an die andere geworfen oder aus dem Rücken der Armee an die Front befördert wird. Sofort aber treten die politischen Abteilungen, die Agitation usw. in Kraft und die Deserteure werden unverzüglich eingefangen; gegenwärtig ist der Prozentsatz der Deserteure in den ersten Arbeitsarmeen und in der Petersburger Arbeitsarmee durchaus nicht höher als in unseren kämpfenden Armeen. Folglich ist auch dieser Beweisgrund falsch.

Es besteht aber kein Zweifel, dass die Produktivität der Arbeit gegenwärtig in unsern Arbeitsarmeen noch niedrig genug ist und in der ersten .Periode noch niedriger war. Das ist eine sehr wichtige Tatsache, dass sie in der ersten Periode niedriger war als augenblicklich. Wenn wir die Berichte der ersten Woche und Tage über die Verwendung der früheren 3. Armee an der Arbeitsfront lesen, so sehen wir, dass 13-15, manchmal 20-30 Rotarmisten nötig waren, um einen Faden Holz zu beschaffen 3-4 Mann waren, so viel ich weiß, vor dem Kriege die Norm. Man sagt, dass ein Bewohner der Nordgouvernements genügt habe, um einen Faden Holz zu beschaffen, und hier sind plötzlich 30 nötig Aber nach der Prüfung stellte sich heraus, dass die Truppen in der ersten Periode 8-10 und mehr Werst von ihrem Arbeitsbezirk entfernt untergebracht waren, und dass ein erheblicher Teil des Arbeitstages für den Gang verwendet wurde. Es stellte sich heraus, dass ein bedeutender Teil der Rotarmisten nicht wusste, wie ein Baum zu fällen und zu zerhacken ist, dass keine Instruktoren, keine Instrumente vorhanden waren, dass das Wirtschaftsorgan nicht in Gang gebracht war. Diese Ursachen genügen, um die niedrige Produktivität der Arbeit zu erklären.

Nehmen wir aber den letzten Bericht der 1. Arbeitsarmee. Aus ihm geht hervor, dass gegenwärtig auf einen Faden Holz 5½ Arbeiter kommen. Neben ihnen arbeitet das auf Grund der Arbeitspflicht mobilisierte Element, d. h. die Bauern. Hier kommen auf einen Faden Holz 7 Arbeiter. Folglich ist die Produktivität der Arbeit der Rotarmisten schon gegenwärtig höher als diejenige der mobilisierten bürgerlichen Bevölkerung. – Und das ist kein Wunder. Wir haben nicht Spezialisten vor uns, sondern einerseits einen Truppenteil und andererseits die auf Grund der Arbeitspflicht mobilisierte Bevölkerung, die im Sinne der Spezialisierung nicht höher sieht als die Truppenteile; letztere aber verfügen über eine genauere und diszipliniertere Organisation. Das wichtigste ist, dass sich die Produktivität der

Arbeit nach dem Maße der Anwendung einiger Methoden, die von einer verständigen Wirtschaftsführung diktiert werden, systematisch erhöht. Ich spreche nicht von der wissenschaftlichen Organisation der Arbeit. Aber soweit wir unter der Arbeitsarmee die Verwendung der Armeen für Arbeitsaufgaben verstanden, dies als richtige historische Unvermeidlichkeit verstanden, haben wir uns von Anfang an davon Rechenschaft abgelegt, dass die Verwendung der Truppenteile mit ihrem ganzen Armeeapparat für Arbeitszwecke ohne Zweifel eine unproduktive Verausgabung der menschlichen Kräfte ist.

Bei der ersten Möglichkeit werden wir den Armeeapparat auflösen; die kommunistischen Zellen aber werden als Apparat der Arbeitsverwaltung, als Hilfsorgan des Bezirks oder des Gebietszentrums dienen. – Gegenwärtig funktioniert eine ganze Reihe von Arbeitsarmeen in verschiedenen Bezirken, diese Armeen und besonders die Reservearmee, die auf der Kasan-Bahn tätig ist, haben eine bedeutende Erhöhung der Betriebsfähigkeit der Bahnen ergeben. Überall, wo die Truppenteile in einigermaßen großem Maßstabe verwendet worden sind, hat dieser Versuch bewiesen, dass wir auf dem richtigen Wege sind. Was die Verwendung dieser Truppenteile vom Standpunkt der wirtschaftlichen Aufgaben anbelangt, so führt im großen und ganzen unser Wirtschaftsplan, von dem ich gesprochen habe, 35 Prozent der Verwendung von Rotarmisten für Transportaufgaben, gegen 30 Prozent für Verpflegungsaufgaben, gegen 20 Prozent für Industrieaufgaben, hauptsächlich solche, die mit dem Transport verbunden sind, gegen 10 Prozent für Aufgaben, die mit der Landwirtschaft verbunden sind, und gegen 30 Prozent für alle anderen Aufgaben durch. Bei der Durchführung der Arbeitsaufgaben ist der von uns gemachte Versuch von prinzipieller Entscheidung.

Wir werden danach streben, eine minimale Anzahl von Bauern zu mobilisieren und diese Mobilisation durch die Arbeitspflicht zu ersetzen, wie im Artikel Preobraschenskis richtig gesagt ist, dass, wo dies möglich ist, die Bauernarbeitskraft mobilisiert, die Arbeitsrepartition durch Arbeitsordern ersetzt, die Gemeinden und Dörfer verpflichtet werden müssen, eine bestimmte Menge Holz zu beschaffen, einen Transport per Achse von bestimmtem Umfange zu organisieren usw. Nach Durchführung dieser Aufgaben sind bestimmte Gemeinden und Dörfer als von der Arbeitspflicht befreit zu betrachten Der erste Bezirk, die erste Sowjetarmee – das löst durchaus nicht die Aufgabe der Mobilisation der Arbeitskraft überhaupt, denn im Uralgebiet entsprach schon bei dem kapitalistischen Regime die Bevölkerungszahl der Gemeinde nicht der Menge, dem Umfang der Waldfront und oft mussten aus einer Gemeinde oder einem Kreise Bauern geliehen und in einer gewissen Periode des Jahres an einen anderen Ort befördert werden. Das war bei der Beschaffung von Holzkohle und anderen ungeheuren Aufgaben im Uralgebiet der Fall. Diese Aufgabe kann durch richtige Organisation der Arbeitspflicht auf allgemeiner Grundlage, die die Praxis zeigt, gelöst werden. Auf diesem Gebiet sind wir mehr als irgend sonst Neulinge. Unser Hauptkomitee für Arbeitspflicht befindet sich in derselben Lage, in der wir uns vor zwei Jahren befanden. An Ort und Stelle hat sich eine interessante Erfahrung angehäuft. Diese Erfahrung vereinigen, das ist eine Aufgabe von ausschließlicher Wichtigkeit. Das Hauptkomitee für Arbeitspflicht muss alle Mitglieder des gegenwärtigen Kongresses ausnutzen, die auf dem Gebiete der Durchführung der Arbeitspflicht Erfahrung haben. Dem Hauptkomitee für Arbeitspflicht müssen einige Praktiker zugeführt werden, denn diese Kanzleiarbeit ist notwendig, ein Teil der Komiteemitglieder muss in die Provinz geschickt werden, denn hier machen wir eine kolossale Menge Fehler und diese werden die Arbeit beeinflussen.

Auf dem Gebiet der Verwendung der Ersten Arbeitsarmee im Uralgebiet habe ich mich davon überzeugt, dass der Kampf mit der Verschleppung und dem Bürokratismus auf dem Gebiete der Wirtschaft durchaus nicht auf den Kampf mit einzelnen Bürokraten und mit den bürokratischen Gewohnheiten irgendwelcher Spezialisten hinausläuft. Eine solche Vorstellung ist in unserer Partei ziemlich verbreitet. Jeder ist sehr gern bereit, die Resolution über den Kampf mit dem Bürokratismus und der Verschleppung zu unterschreiben. Und dieser Kampf hat einen ziemlich bürokratischen und schleppenden Charakter angenommen. In Wirklichkeit aber besteht das Unglück darin, dass der Bürokratismus und die Verschleppung der Struktur unserer Institutionen zugrunde gelegt sind. Ebenso wie wir uns auf dem Gebiete der Organisation der Arbeit im Übergangsstadium befinden und Methoden anwenden, die den Arbeiter von den Gewohnheiten, den Methoden, dem System des freien Marktes zur Verwendung seiner Kraft nach einem Plane bringen müssen, so hat auch auf dem Gebiete der Organisation und der Verwaltung der Produktion die Konstruktion unserer Wirtschaftsorgane alle Merkmale der Übergangsperiode. Unsere Industrie ist in 50 Hauptverwaltungen und Zentren konzentriert, die in 8-9 Abteilungen vereinigt sind. Diese Hauptverwaltungen und Zentren sind aus den Syndikaten, den Trusts der bürgerlich-kapitalistischen Industrie entstanden. Wir haben sie erweitert, ergänzt, aber ihnen dieselben Organisationsformen zugrunde gelegt, die beim Kapitalismus bei vorgeschrittensten Industriezweigen vorhanden waren.

In der ersten Periode des Bestehens der Sowjetwirtschaft trugen unsere Hauptverwaltungen und Zentren einen in bedeutendem Grade syndikalistischen Charakter. Sie verteilten nicht die Produktion, die sie erzeugten, denn in der ersten Periode wurde fast nichts erzeugt sondern das, was von der Vergangenheit noch geblieben war. Je weiter, desto mehr nahmen sie oder waren sie bestrebt, den Charakter von Trusts anzunehmen und organisierten, normierten, versuchten sich die Produktion unterzuordnen. Diese 50 Hauptverwaltungen, die gegenwärtig alle grundlegenden Zweige unserer Wirtschaft umfassen, vereinigen sich in ihren Gipfel auf dem Trust der Trusts – dem Präsidium des Obersten Volkswirtschaftsrates. Das ist die Vereinigung der Spitzen, unten aber gibt es keinerlei Klappen, die diese Trusts miteinander vereinigen.

Eine derartige Organisation unserer Wirtschaft ist dem Plane nach, wenn man sie als groben Entwurf nimmt, eine richtige sozialistische Wirtschaft, eine planmäßige Wirtschaft; sie wird nach grundlegenden Betrieben organisiert, sie vereint die Produktion von oben bis unten. Sie setzt aber voraus, dass der zentrale Verwaltungsapparat ein idealer Registrierungs- und Verteilungsapparat ist, der mit dem Wirtschaftsplan in Einklang steht. Sie setzt voraus, dass unter der Leitung des Obersten Volkswirtschaftsrates eine ideale Klaviatur vorhanden ist, so dass man nur eine bestimmte Taste anzuschlagen braucht, um eine entsprechende Menge Kohle, Holz, Arbeitskraft dorthin zu verschieben, wo sie dem Plane nach gebraucht werden. Natürlich haben wir noch in keinem Ressort und vor allem nicht im Obersten Volkswirtschaftsrat, den kompliziertesten und schwerfälligsten Ressort, eine solche ideale sozialistische Klaviatur. Was geschieht, wenn im kapitalistischen Trust die örtlichen Unternehmungen einen Teil der Produkte unmittelbar aus den Händen der Hauptverwaltung im Engroshandel bekommen, den anderen Teil aber auf dem örtlichen Markt kaufen? Die Waren bewegen sich gemäß der Kalkulation des freien Handeis. Bei uns ist dies nicht der Fall. Und das ist unsere größte Errungenschaft. Wir haben den freien Handel, die Ausbeutung, die Konkurrenz, die Spekulation getötet. Aber wir haben noch jenen einheitlichen Wirtschaftsplan nicht, der die elementare Arbeit der Gesetze der Konkurrenz ersetzen muss. Hieraus entstehen dem Obersten Volkswirtschaftsrat Schwierigkeiten. Er gibt einen bestimmten Wirtschaftsplan. Dieser Plan ist von zentralistischen Ansichten über die Wirtschaftsaufgaben diktiert. Der Plan aber wird in Wirklichkeit an Ort und Stelle nur im Umfange von 5-10 Prozent verwirklicht. Gegenwärtig ist jeder Wirtschaftsplan eine Gleichung mit mehreren unbekannten Größen.

Das ist keine Verurteilung des Obersten Volkswirtschaftsrates, das ist eine Charakteristik, fast eine Fotografie dessen, was in Wirklichkeit vorhanden ist. Ich wiederhole – jeder Wirtschaftsplan ist eine Gleichung mit vielen unbekannten Größen. Sie hat im Uralgebiet ihren bestimmten Ausdruck gefunden. Hier gibt es Holz, Hafer, Weizen. Arbeitskraft, Fabriken, Einrichtungen, alles dies ist aber auseinandergerissen. Während meines Aufenthaltes im Uralgebiet wies man mich z. B. auf die Tatsache hin, dass in einem Gouvernement die Menschen Hafer essen, im anderen, benachbarten, die Pferde mit Weizen gefüttert werden, das Gouvernements-Verpflegungskomitee aber nicht das Recht habe, den Weizen aus einem Gouvernement ins andere zu befördern, ihn gegen Hafer auszutauschen, obgleich dadurch den Plänen des Verpflegungskommissariats durchaus kein Schaden erwachsen würde, da die Gesamtsumme die gleiche bleiben würde und nur die Pferde Hafer, die Menschen aber Weizen essen würden, was dem verschiedenen Geschmack mehr entspricht. Die Anekdote drückt unsere allgemeinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aus; ein bestimmter Plan ist vorhanden, aber das Material zu seiner Verwirklichung fehlt oder ist nur zu einem Zehntel oder Fünftel vorhanden.

So, wie das bis jetzt war, kann das nicht weiter gehen, besonders in den Bezirken, die vom Zentrum weit entfernt sind. Wir haben auf dem letzten Rätekongress den ersten Schrift vorwärts getan und die Selbständigkeit der örtlichen Institutionen erweitert. Dieser Schritt muss jetzt bestimmten Inhalt erhalten. Wir wenden das System der speziell Bevollmächtigten an. Und über diese Kategorien bin ich mir nach meinem Aufenthalt im Uralgebiet klar geworden. Ich bin der Meinung, dass dies System unverzüglich dem Museum zu übergeben sei. Speziell Bevollmächtigte werden von allen Ressorts abkommandiert, sobald sich uns nur ein neues unerforschtes Territorium eröffnet. Dieser Bevollmächtigte wird, sobald er z. B. in Archangelsk eintrifft, abberufen, da der Draht schlecht funktioniert; daher wird ihm ein zweiter Bevollmächtigter nachgesandt, der, in Archangelsk eingetroffen, sofort beginnt, den ersten in seiner Arbeit zu stören.

Im Uralgebiet waren Fälle, wo ein Bevollmächtigter des Obersten Volkswirtschaftsrates nicht nur auf einen zweiten Bevollmächtigten des Obersten Volkswirtschaftsrates stieß, sondern sogar auf einen Bevollmächtigten einer Abteilung, einer Hauptabteilung usw. Wenn aber der erste Bevollmächtigte den Bevollmächtigten des Kommissariates zu finden wünscht, ohne den er nichts tun kann, da er ohne Lebensmittel nicht eine Fabrik in Gang setzen kann, so kann er diesen Bevollmächtigten nicht finden, und wenn er einem begegnet, so nur einen solchen, der den Rückweg anzutreten im Begriff ist. Diese Lage ist fernerhin absolut unmöglich,

Solange wir unseren Apparat nicht biegsamer und beweglicher gestalten, solange wir ihn nicht dem anpassen, was sich an Ort und Stelle ereignet, können wir im Kampfe mit dem Bürokratismus absolut keinen Erfolg haben. – Ich habe schon gesagt, dass die Resolutionen des letzten Rätekongresses einen kleinen Lichtblick gewähren. Wir betrachten sie als ersten Schritt zur Harmonie der sozialistischen Wirtschaft, als Übergang von den sozialistischen Trusten zum wirklichen Sozialismus. – Die zweite Methode, um unsere Hauptverwaltung elastischer zu gestalten, ist die Errichtung von Gebietswirtschaftsorganen, die tatsächlich an Ort und Stelle entstehen. Wir haben die Arbeitsarmeen geschaffen. Die Arbeitsarmeen sind Organisationen zur Verwendung der Militärkräfte an Ort und Stelle nach den Ordern der Wirtschaftsorgane. In der Praxis hat sich gezeigt, dass überall, wo Arbeitsarmeen geschaffen werden, sofort neben ihnen ein Gebietswirtschaftszentrum entsteht. In Jekaterinburg haben wir uns in einigen Tagen in ein Gebietszentrum verwandelt, ohne es zu merken. Diese Arbeit aber ist sozusagen illegal. Sie muss legalisiert werden, d. h. es muss anerkannt werden, dass in entfernten Gebieten mit scharf ausgedrückter wirtschaftlicher Physiognomie Gebietsorgane notwendig sind, nicht auf Grund der Wiederherstellung des Gebietswesens, sondern auf Grund von Vertretung der Hauptwirtschaftszentren. Der Vertreter des Obersten Volkswirtschaftsrates muss mit dem Vertreter des Verpflegungskommissariats und dem Vertreter des Landwirtschaftskommissariats usw. eng verbunden sein. Es versteht sich von selbst, dass, wie ein Teil nicht größer sein kann als das Ganze, die Wirtschaftsagentur nicht mehr Rechte haben kann als das Zentrum. Die Agentur ist ein Organ, das das Zentrum ausstreckt, um besser sehen zu können, was an Ort und Stelle geschieht. Das ist ein unbedingt notwendiger Schritt.

Ich erlaube mir, mich bei der Frage der Industrieverwaltung aufzuhalten. Diese Frage hat Gen. Lenin berührt. Ich werde an diese Frage nicht von der theoretischen, sondern von der empirischen, praktischen Seite herangehen. Ich spreche von der kollegialen und der persönlichen Verwaltung. – Ich muss eine Beschuldigung abwehren, die gegen die persönliche Verwaltung erhoben worden ist. Einige Genossen sagen, unsere unlängst geborenen militärischen Spezialisten versuchen, ihre unreife Erfahrung vom militärischen Gebiet auf das wirtschaftliche Gebiet zu überfragen; vielleicht sei diese Erfahrung auf militärischem Gebiet gut, tauge aber auf wirtschaftlichem gar nicht. Diese Erwägung ist falsch in jeder Beziehung. Es ist vollständig falsch, dass wir in der Armee mit der persönlichen Verwaltung begonnen haben und gegenwärtig vollständig zu ihr übergegangen sind. Falsch ist auch, dass wir diese Erfahrung der Armee entlehnt haben.

Wir haben darüber vor zwei Jahren, am 8. März 1918, auf der Moskauer Konferenz gesprochen, und dies ist von den Vertretern der Moskauer Arbeiterklasse gebilligt worden. Daher jetzt davon sprechen, dass dies militärische Vorurteile militärischer Spezialisten seien, ist der reichste Unsinn. Die Notwendigkeit der Heranziehung von Spezialisten, war anerkannt worden, ihre Ausnutzung war unbedingt notwendig. – Betrachtet man den Verwaltungsapparat als Schule, obgleich es sich um den Apparat der Wirtschaftsverwaltung handelt, so erfordert unsere Resolution, dass, wer lernen will, in die Schule gehen, besonders Instruktionskurse besuchen muss; wer aber verwalten muss, der geht nicht in die Schule, sondern, geht um zu verwalten. – Geht man auch bei dieser Frage vom beschränkten Gesichtspunkt der Schule aus, so muss ich sagen, dass bei persönlicher Verwaltung die Schule zehnmal besser ist, da ein guter Arbeiter nicht durch drei unreife ersetzt wird; stellt man aber drei Unreife auf den verantwortlichen Verwaltungsposten, so beraubt man sie der Möglichkeit, sich davon Rechenschaft abzulegen, was ihnen fehlt.

Das ist keine prinzipielle Frage. Dass dem so ist, das beweisen am besten die Leiter der Gewerkschaften, die für Werkstätten, Bergwerke und Zechen keine kollegiale Verwaltung fordern. Nur Verrückte, sagen sie, können verlangen, dass dort eine aus drei oder fünf Leuten bestehende Verwaltung wirke. Dort muss ein Leiter der Zeche sein. Warum? Wenn die Verwaltung eine Schule ist, warum ist dann eine Schule niederen Typus nicht nötig? Ist doch die Fabrikverwaltung schon die zweite Stufe. Warum fordert niemand die kollegiale Verwaltung der Zechen und Werkstätten? Weil dies zu absurd sein würde. Das würde die Kollegialverwaltung auf den Gebieten der Betriebsverwaltung in eine Absurdität verwandeln.

Aber wenn die kollegiale Verwaltung für die Werkstätten kein heiliges Gebot ist, warum muss sie ein solches für die Fabrik sein? Als Gen. Rykow zum Diktator der militärischen Versorgung in dem Augenblick ernannt wurde, da uns der vollständige Untergang drohte, als unsere Patronen gezählt waren, ist Gen. Rykow vortrefflich mit seiner Aufgabe fertig geworden, er hat aber zur ersten Bedingung die Durchführung der persönlichen Verwaltung gemacht. Er schickte spezielle Bevollmächtigte in die einzelnen Bezirke, stellte sie über die militärischen Beschaffungsorgane und die Gouvernementswirtschaftsräte, und an Ort und Stelle waren viele damit zufrieden, doch dies war notwendig.

Diese speziell Bevollmächtigten schickten z. B. im Uralgebiet ihre speziell Bevollmächtigten in die Werke und Fabriken, und diese Bevollmächtigten des von Gen. Rykow außerordentlich Bevollmächtigten führten in den Fabriken und Werken, wo sie wankende Kollegien vorfanden, die persönliche Verwaltung ein. In Bezug auf die Resolution der Moskauer Gouvernements-Konferenz der Kommunistischen Partei Russlands hat schon Gen. Lenin gesprochen der eine Seite beleuchtet hat. Es sei mir gestattet, auf eine andere Seite hinzuweisen. Hier ist gesagt, dass die Kollegialität eine Schule des gegenseitig Unterrichts sei. Wollen wir uns auf diesen Standpunkt stellen, obgleich er falsch ist. Aber weiter ist in derselben Resolution gesagt: „in nächster Zeit ist die beschränkte Kollegialität das Prinzip der Konstruktion des Verwaltungsorgans". Doch damit nicht genug, die Genossen gehen weiter; „bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Kollegium bringt der Vorsitzende seinen Beschluss zur Ausführung. Das Kollegium aber kann bei der Höheren Instanz klagen, ohne die Ausführung aufzuhalten. Klagen kann jeder Bürger. Da haben wir die Akademie! Auf diese Weise haben wir folgendes: Die Kollegialität ist eine Akademie usw., darauf aber folgt eine kleine Anmerkung, dass der Unterricht eingeschränkt werden muss, und darauf werden dem Vorsitzenden alle Rechte verliehen.

Es ist nicht wahr, dass die Arbeiterklasse sich der Einführung der persönlichen Verwaltung widersetzt Es ist nie vorgekommen, dass protestiert worden ist, weil auf den Eisenbahnen eine Person, ein Kommissar, ein Chef verwaltet; nie haben die Arbeiter gesagt: entsetzt diesen Chef, Kommissar oder Leiter, obgleich er ein kluger und vorsichtiger Mensch ist. Wenn die Arbeiter unzufrieden waren, so sagten sie: setzt ihn ab, denn er ist ein Taugenichts. Das aber bezieht sich auf die Kollegien ebenso wie auf einzelne Personen. Die Arbeiter, die breiten Massen sind daran interessiert, sie auszubilden; das aber wird dadurch erreicht, dass die Verwaltung der Fabrik periodisch vor der ganzen Fabrik Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegt, und alle Arbeiter, die Interesse offenbaren, werden auf entsprechende Kurse geschickt oder von einem weniger verantwortungsvollen Posten auf einen verantwortungsvolleren gestellt. Die Frage aber, ob in der Verwaltung einer oder drei sitzen, interessiert nicht die Arbeitermassen, sondern den rückständigeren, schwächeren, weniger tauglichen Teil der Arbeiteraristokratie.

Der vorgeschrittene bewusste, sichere Arbeiter strebt immer danach, die Fabrik ganz in seine Hände zu nehmen, damit er verwalten kann; ist er aber schwach, schwankt er, so möchte er sich an einen anderen lehnen damit seine Schwäche nicht bemerkt werde. Wenn der Arbeiter schwach ist, so muss er erst Gehilfe sein; lernt er zu, so macht ihn zum Leiter oder Direktor einer kleinen Fabrik; erweist er sich noch als schwach, so erniedrigt ihn. Er wird vorwärts kommen. In einem Kollegium aber, wo die Verantwortlichkeit nicht klar ist, erlischt das Verantwortlichkeitsgefühl. Daher spricht unsere Resolution von einer systematischen Annäherung an die persönliche Verwaltung, selbstverständlich nicht durch einen Federstrich. Wo der Arbeiter fertig wird, muss er der Leiter der Fabrik sein und einen Spezialisten zum Gehilfen haben; wo aber der Spezialist am Platze ist, muss dieser zum Leiter gemacht und ihm ein Arbeiter als Gehilfe beigegeben werden. Das ist die einzige ernste Auffassung von der Sache und nur auf diesem Wege werden wir zum Ideal, der organisierten Produktion, gelangen.

Es besteht noch eine Frage, die auf diesem Kongress klar und unzweideutig entschieden werden muss, wenn wir bei der Lösung der dringendsten Aufgaben des Wirtschaftsplanes der Lage des Transports ernsthaft vorwärtskommen wollen. Ich spreche von der politischen Hauptverwaltung der Eisenbahnen. Einige Genossen sagen, dies sei ein Schlag, der der Gewerkschaftsbewegung beigebracht werde, andere behaupten, dies sei die Zerstörung der Parteiorganisation.

Genossen, das ist eine Frage von außerordentlicher Schärfe und ungeheurer praktischer Wichtigkeit. Man muss geschickt an diese Frage herangehen. Von ihrer Lösung hängt es ab, ob wir auf dem Gebiet des Transports einen Schritt vorwärts tun werden oder nicht. Es ist für jeden von uns offensichtlich, dass hier von einem Ersatz der Gewerkschaften oder, um so mehr, der Parteiorganisation keine Rede sein kann. Wenn Ihr sagen würdet, dass alle Gewerkschaftsverbände durch politische Abteilungen ersetzt werden müssen, so wurde das praktisch heißen, dass wir eine Massenorganisation der Arbeiterklasse zu Grabe tragen.

Wir müssen im gegebenen Wirtschaftszweig energische organisatorische Anstrengungen machen. Ein Genosse sagt, dass er die politischen Abteilungen in der Armee anerkenne; die Armee bewege sich von Ort zu Ort und könne deshalb nicht von den Parteikomitees besorgt werden; dieser Genosse aber erkennt die politischen Abteilungen in Bezug auf die Eisenbahnen nicht an. Er ist offenbar der Meinung, dass, da die Armee sich bewegt, hier politische Abteilungen nicht nötig seien. Ich aber denke, dass, da sich bei uns die Eisenbahnen dadurch auszeichnen, dass sie schwer, wie vorwärts, so auch rückwärts, in Bewegung zu bringen sind, wir gezwungen sind, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen. Natürlich, würde der Verband der Eisenbahner auf dem Niveau des Verbandes der Metallarbeiter stehen, der lange noch nicht ideal, aber der vorgeschrittenste ist, so könnten wir die politischen Abteilungen entbehren. Aber Ihr wisst, dass dies nicht der Fall ist. Die Arbeitermassen auf den Eisenbahnen enthalten noch eine große Menge Elemente, die aus der Ruchlowschen Epoche stammen. Der Verband der Eisenbahner ist einer der schwächsten und rückständigsten. Kann jemand sagen, dass wir die Wiederbelebung des Transports davon in Abhängigkeit bringen dürfen, wie die Entwicklung des Eisenbahnverbandes verlaufen wird? Wer das sagt, der versteht nichts von dieser Sache. Der Verband der Eisenbahner muss umgearbeitet werden, er muss die erforderlichen Arbeiter erhalten, die böswilligen Saboteure1 müssen bestraft werden. Dazu gehört eine Reihe von Meetings, zu großem Erfolge aber gehören zwei Jahre. Die nächsten Wochen jedoch sind der entscheidende Augenblick im Leben unseres Transports. Hier sind außerordentliche Maßnahmen nötig, die das Tempo der Entwicklung des Eisenbahnerverbandes und der Hebung seiner Existenz überholen. Wer kann diese Maßnahmen ergreifen? Die organisierte Arbeiterklasse in der Person ihrer entwickeltsten Elemente. Diese besten Elemente wenden Zwangsmaßnahmen in Bezug auf den rückständigen Teil der Arbeitsarmee an. Darin liegt die Hauptsache. So steht die Frage der politischen Hauptverwaltung der Eisenbahnen in Bezug auf den Gewerkschaftsverband.

Wie steht es in Bezug auf die Parteiorganisationen? Diejenigen Genossen, die da meinen, dass in der nächsten Periode, wo wir eine außerordentliche Mobilisation der Arbeiter für die Eisenbahnen durchführen müssen, die örtlichen Partei-Institutionen bei dem Tempo ihrer örtlichen Arbeit imstande seien, die Arbeiter zu verteilen, einem bestimmten Regime unterzuordnen, sie zu verbinden und den Eisenbahnen den erforderlichen Hebel der Beeinflussung zu sichern, diese Genossen sind im Irrtum begriffen. Wir brauchen auf den Eisenbahnen einen stählernen Hebel. Die örtlichen Organisationen können hier nicht fertig werden. Diese Aufgabe kann nur eine Zentralorganisation überwältigen, die politische Hauptverwaltung der Verkehrswege aber ist nichts anderes als ein Organ des Zentralkomitees, das die energischsten Arbeiter auf dem Gebiet des Transports konzentriert, sie verteilt und durch sie die ganze übrige Masse auf eine gewisse Höhe bringt. Dieses Organ kann das Zentralkomitee ebenso wenig entbehren wie das Volkskommissariat der Verkehrswege. Das ist der einzige ernste Hebel, der die Arbeit wirklich heben kann. Das Volkskommissariat der Verkehrswege muss die Arbeiter von einem Ort an den anderen schicken, muss sie mit stählernen Zangen von einem Ort an den anderen werfen. Die örtlichen Organisationen, die an der Planmäßigkeit dieser Arbeit interessiert sind, können diese Arbeit nicht überwältigen. Den örtlichen und zentralen Organisationen werden ernste Arbeiter entnommen werden müssen, wir brauchen ihrer noch Hunderte.

Es ist ein Organ zu ihrer direkten und unmittelbaren Beeinflussung nötig. Wenn diese Sache geordnet sein wird, und die Eisenbahn in Bewegung kommen wird, dann wird selbstverständlich auch die normale Arbeit auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens ins Geleise kommen. Dann wird auch die politische Hauptverwaltung der Verkehrswege aufgelöst, ihre Institutionen und Organe abgeschafft oder in die Gewerkschaftsverbände und das Kommissariat der Verkehrswege eingeschlossen werden, soweit sie zum administrativen Apparat in Beziehung stehen. Die politische Hauptverwaltung der Verkehrswege ist ein provisorisches Organ, aber ein Organ von ausschließlicher Wichtigkeit. – Natürlich werden wir die Diktatur dieses Organs auf dem Gebiet der Organisation der Arbeitskraft aufheben, vielleicht nach 2-3 Monaten, wenn die Arbeit gut gehen wird, Vielleicht aber erst nach einem halben Jahre. Vorläufig haben wir nicht das Recht, dieses Organ zu beseitigen, es muss verstärkt und befestigt werden, vor allem durch die Unterstützung des Kongresses der Kommunistischen Partei, damit niemand wage, seine Stimme gegen dieses Organ zu erheben.

Genossen! Die Parteiautorität der Kommunistischen Partei ist in allen Fragen nötig, vor denen wir gegenwärtig stehen. Die Mobilisation der breiten Arbeiter- und Bauernmassen, den Arbeitszwang können wir nicht durchführen, wenn wir bei dieser Sache nicht das Gewissen und das Bewusstsein zu Hilfe nehmen, wenn wir nicht die gewerkschaftliche Ehre nach neuen sozialistischen Grundsätzen, wenn wir nicht das Pflichtgefühl usw. wecken. Diese Aufgabe erfordert eine gewisse Anspannung der Kräfte während einer langen Periode, erfordert Agitation und Propaganda. Unsere Fraktion wird sich je weiter, desto mehr verändern, den Fragen entsprechend, die das Leben stellen wird, sie wird sich immer mehr mit den Fragen der Wirtschaft, der Naturwissenschaft und Technologie beschäftigen. Jeder Arbeiter muss die natürliche, körperliche Welt kennen, die uns umgibt, und die Kräfte, die nicht immer günstig sind. Unsere Entwicklung vollzieht sich im Kampfe mit diesen Kräften und durch ihre Unterwerfung. Das ist in der nächsten Epoche, je weiter um so mehr, notwendig. Wir werden den Buchdruck auf eine höhere Stufe als gegenwärtig, bringen, wir werden eine ungeheure Propaganda entfalten müssen, um die Weltanschauung von den übernatürlichen Kräften, von Gott und den Engeln, zu reinigen. Den breiten Massen muss aber der Wirtschaftsplan gezeigt werden, auf Grund dessen wir unserem Partei- und Sowjetapparat erlauben, die Mobilisation, der breiten und werktätigen Massen vorzunehmen. Wir können nicht warten, bis jeder Bauer und jede Bäuerin verstehen werden, wir müssen jeden zwingen, den Platz einzunehmen, auf den er hingehört. Hier ist neben unserer Agitation und Propaganda, die historische Bedeutung haben, die Einheit des Willens in unserer Partei von ungeheurer moralischer Bedeutung. Wenn wir nach diesem Kongresse, angesichts unserer kolossalen Aufgaben, wankend und stolpernd auftreten werden, wenn wir den Streit fortsetzen werden, ob der Arbeitszwang anzuwenden sei oder nicht, ob die Zwangsmobilisation und die Verwendung der Truppenteile zur Arbeit durchzuführen seien oder nicht, so würde dies den Zusammenbruch unseres Wirtschaftssystems in seinem Fundament bedeuten, denn wenn das mittlere Element der Bauernschaft und das rückständige Element der Arbeiterklasse nicht alles in unserer Arbeit deutlich versteht und begreift, so ist die Einigkeit unseres Bewusstseins und Willens etwas, das es begreift. Auf dem historischen Schauplatz sind an ihm verschiedene Staatsformen, verschiedene Kräfte und Parteien vorübergezogen. Die Massen haben eine Partei gesehen, die genau weiß, was sie will, die das, was sie will, mit lauter Stimme sagt und die einen eisernen Willen anwendet, um das, was sie will, zu verwirklichen, um die Resolutionen und Beschlüsse, die wir jetzt annehmen, ins Leben umzusetzen. Sie müssen von der Einigkeit des Parteiwillens durchdrungen und durchtränkt sein. Wenn Ihr diese Einigkeit des Parteibewusstseins und des Parteiwillens geben werdet, werdet Ihr die größte Aufgabe in der Weltgeschichte vollführen.

1 In der „Russischen Korrespondenz“ ist von „bösartigen italienischen Saboteuren“ die Rede, der russische Text fordert nur die Bestrafung bösartiger Saboteure (покарать злостных саботажников), ohne Italiener nach Russland zu verpflanzen.

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