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Leo Trotzki 19221020 Die Oktoberrevolution und der 4. Kongress der Kommunistischen internationale

Leo Trotzki: Die Oktoberrevolution und der 4. Kongress der Kommunistischen internationale1

[nach Die Internationale, 5. Jahrgang, Heft 9, 1. November 1922]

Der vierte Kongress der Kommunistischen Internationale wird am 5. Jahrestage der Sowjetmacht zusammentreten.

Ein Jubiläum ist selbstverständlich eine rein formale Kalendertatsache, und die Ereignisse richten sich nicht nach dem Kalender. Der 5. Jahrestag der Sowjetmacht stellt keinen Grenzstein irgendeiner beendeten geschichtlichen Periode dar, um so weniger in unserer revolutionären Epoche, wo alles im Veränderungsprozesse, wo alles im Fließen begriffen ist und nicht so bald endgültige Formen annehmen kann. Nichtsdestoweniger ist das Streben eines jeden bewussten Menschen, um so mehr eines Kommunisten, begreiflich, sich über die jüngste Vergangenheit Rechenschaft zu geben und die aktuelle Situation anlässlich dieses formalen Kalenderdatums, des 5. Jahrestages der Sowjetmacht und des 4. Kongresses der Kommunistischen Internationale einer Analyse zu unterziehen.

Wenn wir über die Lehren der russischen Revolution sprechen Wollen, müssen wir vor allem unsere Partei mit Stolz erwähnen, die den Proletariern aller Ländern das großartigste Beispiel gab, wie man um die Macht kämpfen und wie man die eroberte Macht mit Hilfe der allerstrengsten Maßnahmen – wo es notwendig ist, mit Hilfe der härtesten, schonungslosesten Diktatur – verteidigen soll, die vor keinem, die bürgerliche Scheinheiligkeit vernichtenden Schritte zurückweicht, wenn es sich darum handelt, die Staatsmacht in den Händen des revolutionären Proletariats festzuhalten.

Aus dem Lehrbuche der russischen Revolution werden die Arbeiter aller Länder in den nächsten Jahren lernen müssen. Ob wir nun im Bürgerkriege Fehler gemacht haben oder nicht (selbstverständlich kann man Fehler finden, wenn man sucht), wir haben den klassischen Teil unserer Revolutionstätigkeit hinter uns. In unserer Wirtschaftstätigkeit sprachen wir nicht selten von Fehlern, die Rückzüge, darunter jenen großen Rückzug notwendig machten, der bei uns unter dem Namen der neuen Wirtschaftspolitik bekannt ist. Die Tatsache, dass wir anfangs auf unterem Wege fest vorwärtsschritten, uns dann aber zurückzogen und uns jetzt in bestimmten Stellungen fest eingraben, verdunkelt die Perspektive nicht nur unserer Feinde, sondern auch vieler unserer Freunde. Uns wohlwollende Journalisten und viele europäische und amerikanische Kommunisten haben sowohl bei der Reise unserer Delegation nach Genua wie auch heute vor allem erwähnt, dass sich in Moskau vieles geändert hat, und dass es jetzt einer europäischen oder einer amerikanischen Stadt sehr ähnlich geworben ist und fragen, worin die Garantie dessen bestehe, dass wir Kommunisten auf dem Wege der Zugeständnisse halt machen, und die Entwicklung in der Richtung des Kommunismus, und nicht in der des Kapitalismus lenken werden? Bei einem oberflächlichen Anblick scheint es, als ob die sozialistischen Errungenschaften der ersten Periode jetzt irgendwie automatisch verschwinden, sich zerstreuen würden und als ob jene Kräfte nicht sichtbar wären, die sie festzuhalten fähig sind.

Man kann aber die Frage umkehren: Vergessen wir auf eine Minute, dass wir früher den Weg des sogenannten Kriegskommunismus betraten und dann in unsere heutigen Positionen zurückkehrten. Vergleichen wir die heutige Lage mit der Lage am 7. November oder vor dem Jahre 1917. Wenn uns unsere ausländischen Freunde und die europäischen und amerikanischen Genossen vor diese Frage stellen werden, dann können wir folgendes sagen: Die Eisenbahnen, Bergwerke, Fabriken, Betriebe und ein sehr großer Teil des Grund und Bodens befanden sich damals in den Händen der Privateigentümer. Heute sind alle Eisenbahnen, die überwiegende Mehrheit oder jedenfalls alle wichtigen Fabriken und Betriebe, alle wertvollen Bodenschätze in den Händen des Staates, in dem die sich auf die Bauernmassen stutzende Arbeiterschaft herrscht. Das ist das Resultat, das wir nach den fünf Jahren unserer Herrschaft vor uns sehen. Wir machten Fortschritte und Rückzüge, aber das Resultat ist, dass die wichtigsten Produktionsmittel der Industrie und ein bedeutender Teil der landwirtschaftlichen Produktionsmittel unter unmittelbarer Verwaltung des Arbeiterstaates stehen.

Was waren aber die Ursachen des Rückzuges? Diese Frage ist sehr wesentlich, da schon die Tatsache des Rückzuges sehr geeignet ist. die Perspektive zu verschleiern. Wie habt ihr Euch den Prozess der Nationalisierung der Produktionsmittel und den Organisierungsprozess des Sozialismus vorgestellt? In allen unseren alten Büchern unserer Lehrer und auch in unseren eigenen Büchern sagten und schrieben wir immer, dass die Arbeiterklasse nach der Übernahme der Staatsmacht die Nationalisierung von Schritt zu Schritt durchführen wird, angefangen bei den entwickelsten Produktionsmitteln. Blieb diese Regel bis beute noch in Kraft? Ohne Zweifel. Auf dem 4. Kongress, der sich mit dem kommunistischen Programm beschäftigen wird, werden wir auf die Frage, ob die Arbeiterklasse, wenn sie die Macht in England ober Frankreich übernehmen wird, damit beginnen soll, dass sie den Organisationsapparat der technischen Mittel der Handelswirtschaft zerstört und ihn durch einen universalen Verrechnungsapparat ersetzt, mit Nein antworten müssen. Die Arbeiterklasse muss die bürgerlichen Zahlungsmethoden, die Methoden der Kalkulation, die Methoden des Börsenverkehrs, des Bankverkehrs anwenden und nur allmählich, im Maße ihrer technischen Kräfte und ihrer Fähigkeiten, zur Planwirtschaft übergeben. Darin besteht der größte Unterschied zwischen der russischen proletarischen Revolution und der künftigen proletarischen Revolution zum Beispiel in Amerika. Dort wird die Arbeiterklasse bis zur Eroberung der Macht ungeheure Schwierigkeiten überwinden müssen, aber wenn sie die Macht bereits erobert haben wird, dann wird der Druck an allen jenen Fronten, an denen wir zu kämpfen hatten, viel geringer sein, weil in unserem Lande mit einem sehr starken Kleinbürgertum und einer sehr starken Bauernschaft für die Revolution ganz andere Voraussetzungen vorhanden waren und weil unsere Revolution die Bourgeoisie überraschte. Wir entwaffneten die Bourgeoisie nicht nur vor dem 7. November und in der Nacht vom 7. zum 8., sondern erst in drei Jahren nach dem 7. November. Die Bourgeoisie, die Gutsbesitzer und das Offfziersrum fahen erst nach dem 7. November ein, worum es sich handelt, und begannen mit Hilfe des europäischen Kapitals einen Krieg gegen uns. In Europa verläuft dieser Prozess ganz anders als bei uns. Dort geht die Vorbereitung und die Rüstung bei gegenrevolutionären Banden schon jetzt – parallel mit der Vorbereitung der kommunistischen Parteien zu diesen Kampfe – vor sich, und ihr Kampf wird nicht nach, sondern vor ihrem 7. November viel schwerer fein.

Der Sozialismus erhält selbstverständlich seine praktische und nicht nur theoretische Rechtfertigung erst dann, wenn er jeder Arbeitskraft eine größere Produktenmenge zur Befriedigung feiner gesellschaftlichen Bedürfnisse gewähren kann, als dies der Kapitalismus konnte. Und es ist eine Tatsache, dass Sowjetrussland eines der ärmsten Länder Europas ist. Die französischen Vertreter in Genua warfen uns in einer groben und frechen Form vor, dass Europa von uns nichts zu lernen hat, da Russland sich im Zustande der völligen Zerstörung befinde, d. h. wir hätten Europa eine viel höhere Wirtschaft zeigen sollen, als die, die wir im Jahre 1917 übernahmen. Davon ist keine Rede. Aber darin bestehen eben die Kosten der Revolution. Keine einzige Revolution hat sich vollzogen ohne eine Senkung des wirtschaftlichen Niveaus des Landes, und der bürgerlich-konservative Geschichtsschreiber der französischen Revolution, Taine, stellt fest, dass acht Jahre nach der großen französischen Revolution das französische Volk viel ärmer war, als vor der Revolution. Und das ist wahr.

Deshalb sehen wir in unterem Lande vorläufig noch mehr kapitalistische Trümmer als sozialistischen Aufbau. Die zurückgelegte Zeit ist noch zu kurz. Das müssen wir auf dem 4. Kongress der Kommunistischen Internationale noch einmal hervorheben. Die fünf Jahre, die der Aufgabe der Ablösung des Kapitalismus durch den Sozialismus, der Aufgabe der größten geschichtlichen Umwälzung gewidmet waren, als wir den Sozialismus im ruckständigsten Land aufzubauen begannen (während die große französische Revolution im vorgeschrittensten Lande des Kontinents ausbrach, das höher stand, als alle übrigen Staaten bis auf England), konnten nicht hinreichen, um die notwendigen Änderungen des gesellschaftlichen Lebens herbeizuführen.

Das sind in großen Linien jene Schlussfolgerungen, die wir im Namen unserer Partei dem 4. Kongress vorlegen werden, und dort werden wir unsere europäischen und amerikanischen Genossen und auch uns selbst fragen müssen, wie die Lage und die Aussichten der Entwicklung der europäischen Weltrevolution sind, da es vollkommen klar ist, dass das Tempo unseres weiteren Aufbaues im bedeutenden Grade von der Entwicklung der Revolution in Europa und Amerika abhängen wird!

Nun fragen wir, ob der europäische und der Weltkapitalismus zerfällt oder ob er noch lebensfähig ist? Im Jahre 1920 durchlebte die Weltwirtschaft eine entsetzliche Krise. Eine solche Krise kannte die Geschichte des Kapitalismus nicht. Diese Krise begann im Frühjahr 1920, erstreckte sich auf ganz Europa und erreichte in der ersten Hälfte des Jahres 1921 eine unerhörte Tiefe und Schärfe. Der Dritte Kongress trat eben in dem Moment zusammen, als die Krise sich auf die ganze Welt erstreckte, als in Amerika ungefähr 5 bis 6 Millionen, in England ungefähr 2 Millionen Arbeitslose waren usw. Viele Genossen waren der Meinung, dass das die letzte endgültige Krise sei, die die kapitalistische Wirtschaft immer mehr und mehr zersetzen und zur proletarischen Revolution, zum Bürgerkriege und zur Eroberung der Macht führen wird. Aus einer solchen Psychologie entsprang auch die Taktik der Märztage in Deutschland.

Um diese Frage entfalteten sich heftige Debatten nicht nur unter den europäischen Genossen, sondern auch in unseren eigenen Reihen. Und nun gibt die KI als offizielles Dokument für den 4. Kongress, den Wirtschaftsbericht des Genossen Varga heraus, der darauf begründet ist, dass die Periode der Konjunktur in der zweiten Hälfte des Jahres 1921 begann und in der ersten Hälfte des Jahres 1922 endete.

Auf dem 3. Kongress stand die deutsche Partei mit ihrer Märzpolitik im Mittelpunkt, die die Internationale zur Ausgabe neuer Parolen und zur Erklärung dessen zwang, dass die Aufgabe der europäischen Kommunisten nicht darin besteht, die Macht heute oder morgen zu erobern, sondern die Mehrheit der Arbeiterklasse für sich zu gewinnen und dadurch die politische Voraussetzung der Machteroberung zu schaffen. Die deutsche Partei machte sich diese Lehre sehr gut zunutze.

In Frankreich sind wir politisch zweifelsohne in einem viel rückständigeren Zustande als in Deutschland. Ich spreche von der Kommunistischen Partei selbst. Das zeigte sich darin, dass die französische Kommunistische Partei – wenn auch in kleinerem Maße – die Märzfehler der deutschen Partei wiederholte. Die Internationale ist im allgemeinen eine wunderschöne Sache, und die Belehrung der einen Partei durch die andere ist auch ein unschätzbares Ding. Aber wir müssen sagen, dass jede Arbeiterklasse die Tendenz besitzt, alte Fehler auf dem eigenen Buckel zu erproben. Die Internationale kann nur in der Richtung helfen, dass auf diesem Buckel weniger Narben bleiben, aber ganz ohne Narben geht die Geschichte nicht.

Das sahen wir unlängst in Frankreich in der Hafenstadt Le Havre, wo die CGTU, der Verband der revolutionären Gewerkschaften, der mit der Kommunistischen Partei in enger Beziehung steht, die Arbeiterklasse nach der Erschießung von drei ausständischen Arbeitern zum Generalstreik aufforderte. Aber von einem Generalstreik war keine Rede. Wenn in Deutschland im März an dem Generalstreik ein Viertel, ein Fünftel oder ein Sechstel der Arbeiterklasse beteiligt war, so beteiligte sich in Frankreich an dem allgemeinen Streik ein noch kleineres Bruchstück des französischen Proletariats. Und wenn wir in den französischen Zeitungen die Berichte darüber lesen, wie das veranstaltet wurde, so müssen wir uns an den Kopf fassen, wie jung und unerfahren die Kommunistischen Parteien Westeuropas sind.

Auf dem 4. Kongress wird die französische Partei noch als eine innerlich uneinige Partei erscheinen, ungefähr ebenso, wie die deutsche KP aus dem 3. Kongress erschien. Damals, im vorigen Jahre, spielte die Komintern eine große Rolle, indem sie die Wiederherstellung der Einheit der Partei beschleunigte und zu ihrer Leistungsfähigkeit sehr viel beitrug. Ich glaube, dass die französische Partei jetzt ungefähr fünf Vierteljahre später in demselben Stadium ist, Wie die deutsche Kommunistische Partei im vorigen Frühjahr.

In Italien ist die Lage noch zugespitzter. Im September 1920 spaltete sich von der alten sozialistischen Partei der kommunistische Flügel ab, ungefähr in der Stärke eines Drittels der alte sozialistischen Partei, und die alte sozialistische Partei, d. h. das damalige Zentrum und der rechte Flügel, blieb weiter bestehen. Unter dem Angriff der Bourgeoisie, die die Vollzugsmacht in die Hände der Faschisten legte, gingen die Reformisten immer mehr nach rechts und versuchten in die Regierung einzutreten. Das führte zu einem Bruch des sogenannten rechten Flügels der sozialistischen Partei mit der sogenannten Serrati-Gruppe. Die Serrati-Partei beschloss auf ihrem Kongress den Anschluss an die Komintern. Auf dem Kongress werden wir also zwei Parteien haben: unsere italienische Kommunistische Partei und die Serrati-Partei, die nach einem langen Umwege jetzt wieder in die KI eintreten will. Die Mehrheit dieser Partei strebt zweifelsohne zu einer wirklichen revolutionären Arbeit.

Einige Worte noch über England. Dort ist die Kommunistische Partei noch immer eine erfolgreich arbeitende Agitations- und Propagandagesellschaft und keine Partei, die die Massen hinter sich unmittelbar zusammenfassen könnte. Aber in England werden die Zustände immer günstiger für uns, sowohl innerhalb der Grenzen der Kommunistischen Partei wie auch für die ganze Arbeiterklasse.

Heute erhielten wir das Telegramm über den Rücktritt Lloyd Georges. Das war die einzige Regierung, die älter war als wir. Es stellt sich heraus, dass wir von allen Regierungen die stabilste sind. Das ist ein liebenswürdiges Geschenk von Lloyd George zu unserem Jubiläum, um uns nicht zu kränken. Das bedeutet augenscheinlich die Ausschreibung von Neuwahlen in England. Die Neuwahlen bedeuten den Kampf der drei Hauptgruppierungen, der Konservativen, der Unionisten und der Unabhängigen Liberalen, Wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass die Macht in die Hände einer Koalition der Arbeiterpartei mit den Unabhängigen Liberalen übergeht.

In Frankreich gleicht die Politik des Nationalblocks an der Spitze mit Poincaré der Politik Lloyd Georges und unterscheidet sich in nichts von dieser. In den zwei größten Ländern Europas, in England und Frankreich, geht die Änderung des Regimes vor sich. In England vollzieht sie sich jetzt, in Frankreich wird die Liquidierung jenes Regimes erst vorbereitet, das aus dem Kriege und aus dem Siege hervorging, und der innere Zerfall, die Erschütterung der Festigkeit jener Staaten, die nach dem Kriege wieder hergestellt oder halb wieder hergestellt wurden, erfolgt erst jetzt und eröffnet für die kommunistischen Parteien viel weitere Perspektiven.

Aber alle diese grundlegenden Tatsachen, über die ich sprach, entspringen daraus, dass wir in Europa noch in der Periode der Vorbereitung der inneren Organisation der Kommunistischen Parteien sind, in der Periode ihrer Stählung und des Kampfes um den Einfluss auf die Arbeitermassen. Das bedeutet, dass wir, die Sowjetrepublik, den Kommunistischen Parteien Europas noch 1, 2, 3 Jahre zur Vorbereitungsarbeit geben müssen, und diese Vorbereitungsarbeit ist viel schwerer als bei uns, weil der Feind dort viel klüger und vernünftiger ist; wir sehen in allen europäischen Ländern die Schaffung gegenrevolutionärer faschistischer Banden, was bei uns nicht war. Der Faschismus hört auf, eine rein italienische Erscheinung zu sein. Er verbreitete sich in allen Ländern. In Deutschland ist es die Orgesch und jene Banden, die nur das Aushängeschild wechseln. In Frankreich existiert der Faschismus unter dem Aushängeschild des Royalismus. In Frankreich gibt es eine royalistische Partei, an deren Spitze Leon Daudet, der Sohn des Schriftstellers Alfons Daudet, steht. Dieser Daudet ist ein tückischer Gauner, ungefähr wie unser Purischkewitsch.

Dasselbe sehen wir in allen Ländern. Das bisher Gesagte gibt uns allein schon ein Bild über jene ungeheuren Schwierigkeiten, durch die sich die Kommunistischen Parteien durchschlagen müssen, auch nachdem sie die Mehrheit der Arbeiterklasse erobert haben. Sie haben sie aber noch nicht erobert. Sie müssen es erst tun. Wir stehen also vor einem absolut nicht hoffnungslosen, aber vor einem langwierigen Prozess.

Parallel damit auch der großzügige Prozess unserer sozialistischen Akkumulation, unseres sozialistischen Aufbaues vor sich gehen, und aus diesem Grunde müssen wir aus allen Linien von der provisorischen Lebensweise zu einer festen, auf die Dauer berechneten Lebensart übergehen und von der Arbeit aufs Geratewohl zu einer systematischem methodischen Arbeit. Wir müssen von unserer absoluten Universalitat zur Spezialisierung übergehen, zur Vervollkommnung unserer Kenntnisse auf allen Gebieten.

Auf dem 4. Kongress der Komintern, wo wir die internationale Lage noch einmal einschätzen werden, werden wir sagen, dass wir fest auf unseren Füßen stehen; und das konnten wir erstens, weil wir es gelernt haben, mit der Sowjetmacht umzugehen und zu manövrieren, und zweitens, weil wir lernen, das Grundkapital unserer Partei zu beherrschen. Eine neue Regierungsmacht wird auf dem europäischen Horizont nicht früher als nach einigen, vielen Monaten, oder nach einigen, wenigen Jahren entstehen, und wir werden unter bedeutend besseren Verhältnissen arbeiten können, als in den letzten fünf Jahren; dennoch sind wir nicht versichert gegen neue Rückfälle der kapitalistischen Raserei, sogar gegen Erneuerung der Kriege. Heute kann die Verschärfung des revolutionären Druckes in Europa zum Signal eines neuen Überfalles auf Sowjetrussland werden Die Praxis der Entstehung der proletarischen Macht in Deutschland – und die Geschichte wird sich aus diesem Knäuel augenscheinlich doch aus dem Wege von Russland über Deutschland nach dem Westen entwirren – stellt uns vor Aufgaben, die weit über die Grenzen unseres inneren Aufbaues hinausgehen. Zur Lösung dieser Aufgaben ist die Auffrischung unserer Partei, die Schaffung einer mächtigen jugendlichen Reserve notwendig. Und wenn wir den kommunistischen Parteien wiederholen werden: „Ihr, europäische Kommunisten, müsst, bevor ihr die Macht übernehmt, zu den Massen gehen, Ihr müsst Eure Fehler zu korrigieren lernen, Ihr müsst die Massen zu beeinflussen lernen!", dann müssen wir unserer eigenen Partei sagen: "Vor uns steht eine junge Partei, die wir in unseren Händen halten müssen zur Behauptung unserer Sowjetzitadelle, bis die proletarische Revolution sich aus Europa und dann aus die ganze Welt erstreckt."

1 Rede auf einer Sitzung der Moskauer Funktionäre der KPR.

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