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Louis Sellier u. a.19220512 Erklärung der Exekutive der KI zum Ausschluss von Fabre

Louis Sellier u.a.: Erklärung der Exekutive der KI zum Ausschluss von Fabre

[Nach Bericht über die Tätigkeit des Präsidiums und der Exekutive der Kommunistischen Internationale für die Zeit vom 6. März bis 11. Juni 1922. Hamburg 1922, S. 43-45]

Die Kommunistische Internationale gründet sich auf durch ihre Kongresse genau bestimmte Prinzipien, und ihre Organisation beruht auf einer durch alle ihre Anhänger gebilligten Disziplin.

Niemand ist verpflichtet, der Kommunistischen Internationale beizutreten. Dieser Beitritt bedeutet die Aufgabe aller Einzelinteressen vor dem Gesamtinteresse der Internationale, das mit dem Interesse des Weltproletariats untrennbar verbunden ist.

Die Kommunistischen Parteien, die Kommunistische Internationale sind keine Klubs politischer Amateure oder zusammengewürfelte Diskussionszirkel, deren Mitglieder ihre Persönlichkeit zur Geltung zu bringen und sich eine Karriere zu sichern trachten. Sie sind Klassen- und Kampforganisationen, die von den Proletariern zu ihrer Verteidigung und ihrem Befreiungskampf gebildet wurden.

Diese Organisationen müssen auf alle die Elemente, aus denen sie sich zusammensetzen, zählen können. Die Hingäbe an die gemeinsame Sache, die Arbeit im Dienst der kommunistischen Idee, die Bereitschaft, alle persönlichen Erwägungen dem Gedeihen der revolutionären Bemühungen zu opfern, dies sind die hervorstehendsten Züge der Kommunisten, die unerlässliche Gewähr, die eine kommunistische Organisation von ihren Mitgliedern zu fordern berechtigt ist.

In einen erbarmungslosen Kampf gegen die bewaffnete Bourgeoisie verwickelt, kann die Kommunistische Partei in ihren Reihen keine zweifelhaften, ungesunden, verdächtigen oder entmutigten Elemente dulden, die Skeptizismus verbreiten und ihre Kräfte zersetzen. Sowie sie solche Elemente bemerkt, muss sie sie entschlossen ausmerzen.

Es gibt in einer Kommunistischen Partei keinen Platz für Dilettanten, Streber, Geschäftspolitiker, weder für unbewusste noch für bewusste Agenten der bürgerlichen Ideologie.

Kein Gemeinplatz über die „Freiheit des Denkens" oder die „Freiheit des Schreibens", wie sie bei den Kurpfuschern der Politik allgemein im Gebrauch sind, kann die Wahrheit verdunkeln, dass die Freiheit, gegen den Kommunismus zu denken oder zu schreiben, nur außerhalb der Kommunistischen Partei bestehen kann.

Diese Betrachtungen, die zu den ersten Anfängen der.Gründung jeder Kommunistischen Partei gehören, haben der Exekutive der Kommunistischen Internationale und der im Februar von der französischen Partei nach Moskau entsandten französischen Delegation den Entschluss diktiert, Fabre aus der Partei auszuschließen.

Die Erfahrung der seit dem Kongress von Tours verflossenen 16 Monate zeigt deutlich, dass der Anschluss Fabres an die Kommunistische Partei von seiner Seite entweder Irrtum oder Berechnung gewesen ist.

Er hat seit Tours nicht aufgehört, gegen die Entschließungen von Tours zu protestieren, den Bruch mit den Reformisten zu beklagen, den Dissidenten seine Sympathie auszudrücken, die Kommunistische Doktrin, von der er klarerweise nie auch nur das Geringste begriffen hat, in phantastischer und grober Weise zu interpretieren, einen systematischen Feldzug gegen die Exekutive zu unternehmen und die Rolle und die Beschlüsse der Exekutive zu entstellen. Was hätte er noch Schwereres, der Lehre und der elementarsten Disziplin seiner Partei noch Entgegengesetzteres tun können?

In der Internationale gibt es kein Beispiel einer unter der Kontrolle einer Kommunistischen Partei stehenden Zeitung, die nicht nur persönliche Angriffe ihres Direktors gegen den Kommunismus veröffentlicht, sondern ihre Spalten den Gegnern ihrer Partei aller Art zur Verfügung stellt.

Es ist vergeblich, sich mit Recht oder mit Unrecht auf die in der Vergangenheit der revolutionären Sache geleisteten Dienste zu berufen, im den dieser Sache in der Gegenwart zugefügten Schaden zu rechtfertigen. Das Proletariat ist nur allzu oft in die Notwendigkeit versetzt, sich von Männern zu befreien, die in einem bestimmten Augenblick und übrigens aus ganz verschiedenen Gründen seinen Interessen dienen könnten. Besonders im Falle Fabre ist die Tatsache, dass er ehemals wirklichen Revolutionären gestattete, in seinem Blatt zu Worte zu kommen, keine Entschuldigung der von dieser Zeitung seit länger als einem Jahre betriebenen Tätigkeit.

Mehr als zwei Monate sind verflossen, seit die vier von der französischen Partei nach Moskau delegierten Genossen es auf sich genommen haben, die Reinigung ihrer Partei von einem ihrer schädlichsten Elemente zu verlangen.

Indem er die wirklichen Gründe dieses Ausschlussbegehrens tendenziös vorbrachte, ist es Fabre gelungen, den Protest schlecht berichteter Genossen, von denen manche verantwortliche Posten in der Organisation bekleiden, hervorzurufen und in manchen Reihen der Partei demoralisierend zu wirken!

Wollte man den Ernst der ihm zur Last gelegten Tatsachen einer Form- oder Opportunitätsfrage unterordnen, so würde dies zur Begünstigung der zerstörenden Aktion Fabres innerhalb der Partei führen, einer Partei, die vor allem verteidigt werden muss.

Die Exekutive erachtet die Verlängerung einer derartigen Situation, die den Interessen der französischen Arbeiterbewegung und der Sache der internationalen Revolution zuwiderläuft, als unerträglich. Sie zweifelt nicht, dass die Schlichtungskommission zu Schlüssen kommt, die mit den ihren übereinstimmen, und damit dem Verlangen der vier Genossen der französischen Delegation zur Februarkonferenz, das von der Zentrale der französischen Partei gebilligt wurde, Rechnung trägt. Aber in Anbetracht der Dringlichkeit hat sie beschlossen, Fabre auf Grund des Artikels 9 der Internationalen Statuten unverzüglich aus der Internationale auszuschließen.

Die Verfügungen dieses Artikels werden im übrigen bekräftigt durch eine Resolution analog der des 3. Kongresses über die Angelegenheit Levi. die den automatischen Ausschluss jedes Mitgliedes der Partei, das sich mit dem Ausgeschlossenen solidarisiert oder politisch an seinem Blatte mitarbeitet, beschließt.

Die Exekutive der Kommunistischen Internationale.

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