Die sächlichen Ergebnisse

Die sächlichen Ergebnisse

Angesichts der prinzipiellen Wichtigkeit haben wir den methodologischen Teil des Kommissionsberichts mit größerer Ausführlichkeit wiedergegeben. Der im Bericht folgende materielle Teil, der Erläuterungen zu den einzelnen Tabellen enthält, ist – als Ergänzung zur Trotzkischen Schrift – nicht von gleicher prinzipieller Wichtigkeit. Wir beschränken uns deshalb hier auf die Wiedergabe einiger weniger, zwanglos aneinandergereihter Tatsachen, die, nicht ohne weiteres aus den abgedruckten Tabellen abzulesen sind, doch unter mannigfachen Gesichtspunkten besonderes Interesse verdienen.

Preispolitik.

Nach Untersuchung einer Reihe von Berechnungs-Varianten, von denen die einen Preissenkung für die Agrarprodukte bei Stabilität der Industrieprodukte („die Schere" geht auseinander), die andern eine bedeutende Senkung der landwirtschaftlichen und industriellen Preise vorsahen, entschied sich die Kommission für die – am ehesten zu erwartende und optimale – Variante, die eine allgemeine Preissenkung bei gleichbleibendem Weiterbestehen der Scherenöffnung für 1924/25 vorsieht."

Hier wird auf das bekannte, auch für die russische Wirtschaft unverändert wichtige Problem der Schere hingewiesen. (Es handelt sich um die Differenz [„Schere", Missverhältnis] zwischen dem agrarischen und industriellen Preisniveau.)

Zur Feststellung des jeweiligen Preisniveaus dient bekanntlich der sogen. Warenindex. In Sowjetrussland nimmt man zu diesem Zweck die Preise einer Reihe von Waren nach dem Stand von 1913, addiert sie und setzt die erhaltene Summe gleich 100. Addiert man nun später die Preise derselben Waren nach dem Stand des betreffenden Jahres, so erhält man eine Summe, die mit der gleich 100 gesetzten Preissumme von 1913 verglichen wird. Die so ermittelte Zahl ist die jeweilige Indexziffer. Man kann solche Indexe für verschiedene Warengruppen usw. schaffen. (Index der landwirtschaftlichen Produkte, der Industrieprodukte und daraus gebildeter allgemeiner Index.)

Stellt man nun den besonderen Index der industriellen Warenpreise nach den Berechnungen der Kommission für 1925/26 dem allgemeinen Warenindex gegenüber, so wird sich der Industrieindex voraussichtlich unter kleineren Schwankungen auf 105 bis 115 % des allgemeinen Index belaufen, d. h. der agrarische Index liegt entsprechend niedriger.

Es ist jedoch klar, dass innerhalb der einzelnen Warengruppen wieder stärkere Schwankungen gegenüber dem betreffenden Index zu verzeichnen sind. Um in Form eines Beispiels ein Bild von allen diesen Verhältnissen zu geben, stellen wir für einen bestimmten Monat die Ziffern der verschiedenen Indexe nebeneinander.

März 1926

(Stand von 1913: – 1,000)

1. Landwirtschaftlicher Index

1,631

2. Industrieller

1,757

3. Allgemeiner

1,683

(Verhältnis von Nr. 2 zu Nr. 3 = 106%)

Getreide-, Futtermittel-Index

1,620

Mehl-Index

1,606

Agrarrohprodukten-Index

1,631

Tierische Produkte Index

1,665

Interessant ist es ferner, die Indexziffern einiger wichtiger Industriewaren zu verfolgen (praktisch fortschreitende Preissenkung der Sowjetregierung):

Industriegruppen

Index

Derselbe in % zum Vorjahr

1923/24

1924 25

1925/26 (Kontrollziffer)

1924/25

1925/26

(Senkung!)

Steinkohle .…

2,34

1,77

1,56

75,6

88,1


Salz.……

1,95

1,65

1.51

84,6

91,5


Baumwolle …

2,14

1,75

1,69

81,8

91,4


Gummi

1,43

1,07

0,82

74,8

76,0


Zucker..…

2,06

1,67

1,54

81,1

92,2


im Durchschnitt .

1,72

1,53

1,38

89,0

90,2


Preisverhältnisse der Warengruppen.

Bereits wurde darauf hingewiesen, dass sich im gegenseitigen Verhältnis der großen Haupt-Produktionsgruppen bestimmte, relativ konstante Größen ausgebildet haben. Wie feste Gestalt diese Beziehungen besitzen, zeigt vor allem ein Vergleich der Werte der landwirtschaftlichen und industriellen Warenmasse. Die hier allein wichtigen Verhältnis-(%-)Ziffern zeigen folgendes Bild:

A. Ohne Import


Warenmassen (Werte)

Jahr

landwirtsch.

industriell

insgesamt

1913

39,1

60,9

100

1925/25

39,1

60,9

100

1925/26

39,8

60,2

100

B. Mit Import über europ. Grenzen (= 90% des Imports)


Warenmassen (Werte)

Jahr

landwirtsch.

industriell

insgesamt

1913

38,3

61,7

100

1925/25

39,4

60,6

100

1925/26

39,5

60,5

100

Das Wertverhältnis zwischen landwirtschaftlicher und industrieller Produktenmasse, das zwecks richtigen Funktionierens des Warenaustausches zwischen Stadt und Land erforderlich ist", hat sich also mit fast überraschender Gleichförmigkeit erhalten.

Export und Import.

Hier sei nur die wichtigste allgemeine Schlussfolgerung der Kommission wiedergegeben:

Wir erwarten eine gewaltige Vermehrung nicht nur der im Lande produzierten, sondern auch der importierten Warenmasse. Es ist selbstverständlich, dass auch diese Zunahme der Importmenge gewaltige Anforderungen an den Transport stellt, die nur bei Vermehrung der Arbeiterzahl, Steigerung der Produktivität (Umschlagziffern) und parallel hierzu des Arbeitslohns und unter Vornahme neuer Investierungen erfüllt werden können."

Arbeitsproduktivität und Arbeitslohn.

Für die vom Obersten Volkswirtschaftsrat planwirtschaftlich geleitete Industriegruppe ist eine Steigerung der „Ausbringung" (Produkt) pro Arbeiter (um 15%) auf 98% der Vorkriegsausbringung vorgesehen. Im Gesamtdurchschnitt wird eine Steigerung um 10% erwartet.

Da wir aber eine Preissenkung um 10% vorsehen, so tritt diese Steigerung der Ausbringung pro Arbeiter im Preis nicht in Erscheinung. – Entsprechend der Arbeitsproduktivität steigt auch der Arbeitslohn –, die Steigerung des Nominallohnes beträgt ohne Berücksichtigung der Wohnzulage 8%, die des Reallohnes 20,8%."

Kapitalanlagen.

Welche Höhe die neuen Kapitalanlagen erreichen werden, ist aus folgenden Angaben ersichtlich:

Für das Bauwesen sind 500 Millionen Rubel vorgesehen, von denen 375 Millionen auf (gemeindl.) Wohnbau (Reparatur zerstörter und halb zerstörter Bauten, Erneuerung und Neubauten), 125 Millionen auf sonstige Bauten entfallen.

Für das Transportwesen (Eisenbahnen, Hafenarbeiten usw.) sind 236 Millionen Rubel errechnet, wobei 186 Millionen aus eigenen Mitteln der Transportorgane, 50 Millionen aus Anleihen fließen sollen.

Für die Landwirtschaft beläuft sich der Investierungsvorschlag auf 301 Millionen Rubel.

Bei industriellen Investierungen zeigt sich, dass hier für 1925/26 ein Betrag von fast 1 Milliarde Rubel vorgesehen ist.

Die Gesamtsumme der industriellen Kapitalinvestierungen beläuft sich auf 970 Millionen Rubel, wovon auf Neuanlagen 324, auf Wiederaufbauarbeiten 646 Millionen entfallen; eingeschlossen in die Gesamtsumme ist ein Betrag von 90 Millionen, der für Verstärkung der Betriebsmittel vorgesehen ist. Von den 970 Millionen bringt die Industrie aus eigenen Mitteln (einschließlich der Amortisationsleistungen des „Industriefonds") 466 Millionen auf. 504 Millionen sind im Wege der Anleihe zu decken, die in folgender Weise aufgebracht werden sollen: 233 Millionen (einschließlich 80 Millionen für Elektrifizierung) aus dem Budget, 271 Millionen aus der Wiederaufbauanleihe."

Fasst man alle volkswirtschaftlichen Investierungen zusammen, so erhält man 1782 Millionen Rubel, wovon 905 Millionen oder 51% auf Neuanlagen entfallen.

Der volkswirtschaftliche Vergesellschaftungsprozess.

Auf die Materialien dieses für die Beurteilung der Sowjetwirtschaft besonders maßgeblichen Faktors gehen wir hier nicht ausführllicher ein, weil die in der Denkschrift der Staatsplan-Kommission enthaltenen Ziffern fast ausnahmslos von Trotzki auf Seite 25 ff. vorliegenden Schrift wiedergegeben sind.

Im Anschluss an diese, vorn wiedergegebenen Ziffern, sagt die Denkschrift der Staatsplan-Kommission:

Wenn man noch hinzufügt, dass sämtliche Dampfverkehrsmittel und sämtliche Mittel des Geldumlaufs und des Kredits schon jetzt zu vollen 100% vergesellschaftet sind, so gilt es nur noch, die allgemeine Aufgabe zu formulieren: sich fest auf den eroberten Positionen zu behaupten und konsequent Jahr für Jahr – und sei es auch nur um einen Schritt – überall dort zum Sozialismus vorzudringen, wo die wirtschaftliche Konjunktur es erlaubt."

Mit diesem Satz – durch alles Vorhergegangene von Grund auf bekräftigt – schließt der materielle Teil des Buches, der der Erläuterung des Tabelleninhalts gewidmet ist. Es folgt noch ein kurzer Teil, der die von der Kommission empfohlenen einzelnen ökonomischen Maßnahmen enthält. Eine besondere Wiedergabe erübrigt sich, da sie teilweise schon an anderer Stelle dieser Schrift erfolgte, teilweise von geringerer Bedeutung im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist.

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