Krisen und andere Gefahren des Weltmarktes

Krisen und andere Gefahren des Weltmarktes

Als unsere Beziehungen zum Weltmarkt noch minimal waren, wirkten sich die Konjunkturschwankungen des Kapitalismus nicht so sehr unmittelbar, durch die Kanäle des Warenumsatzes, als vielmehr in der Politik aus, indem sie einmal unser Verhältnis zur kapitalistischen Welt verschärften, zum andern Mal wiederum ausglichen. Wir haben im Zusammenhang damit uns daran gewöhnt, die Entwicklung unserer Wirtschaft fast völlig unabhängig von den in der kapitalistischen Welt vor sich gehenden wirtschaftlichen Prozessen zu betrachten. Auch nach der Wiederaufrichtung unseres Marktes und damit auch der Marktschwankungen, die Absatzkrisen usw. beurteilten wir diese Erscheinungen ganz unabhängig von der kapitalistischen Dynamik im Westen oder in Amerika. Und wir hatten Recht insofern, als unser Wiederaufbauprozess im Rahmen einer fast geschlossenen Wirtschaft vor sich ging. Aber mit dem raschen Anwachsen des Exports und Imports ändert sich die Lage vollkommen. Wir werden zu einem Bestandteil – einem im höchsten Grade eigenartigen Bestandteil, aber immerhin doch einem Bestandteil – des Weltmarktes. Das aber bedeutet, dass seine allgemeinen Faktoren, wenn sie sich auf die eine oder andere Weise umbilden und verändern, auch auf unsere Wirtschaft einwirken müssen. Die jeweilige Phase der Ökonomik kommt am deutlichsten darin zum Ausdruck, wie der Markt kauft und wie er verkauft. Wir treten auf dem Weltmarkt als Verkäufer und als Käufer auf. Dadurch schon unterstehen wir ökonomisch in einem bestimmten Grade der Wirkung von Ebbe und Flut in Handel und Industrie des Weltmarktes.

Die Bedeutung dieses Umstandes wird uns klarer, wenn wir uns durch eine Gegenüberstellung verdeutlichen, was er uns Neues bringt. Bei jedem großen wirtschaftlichen Stoß („Schere", Absatzkrise usw.) beschäftigte sich unsere öffentliche Meinung intensiv mit der Frage, ob und inwieweit bei uns Krisen unvermeidlich seien usw. Dabei gingen wir, entsprechend unserer wirtschaftlichen Lage, gewöhnlich über den Rahmen der fast geschlossenen Wirtschaft nicht heraus. Wir stellten das planwirtschaftliche Prinzip, dessen ökonomische Basis die nationalisierte Industrie bildet, und das elementare Prinzip des Marktes, dessen wirtschaftliche Basis das Dorf ist, einander gegenüber. Die Vereinigung von Plan und Elementargewalt bietet umso mehr Schwierigkeiten, als die ökonomische Elementargewalt von der natürlichen abhängt. Es ergab sich daraus folgende Perspektive: das Fortschreiten des planwirtschaftlichen Prinzips wird in dem selben Maße wie das Fortschreiten der Industrie, wie das Fortschreiten ihres Einflusses auf die Landwirtschaft, wie das Fortschreiten der Industrialisierung und der Genossenschaftsentwicklung auf dem Lande usw. vor sich gehen. Dieser Prozess war, – wie wir auch sein Tempo bestimmen mögen, – als planmäßig auftretender Prozess gedacht. Aber der Weg führt auch hier im Zickzack, und wir sind an eine neue Biegung gelangt Am deutlichsten zeigt sich dies beim Getreideexport.

Es handelt sich jetzt nicht nur um die Ernte, sondern auch um die Realisierung dieser Ernte, nicht nur auf unserem eigenen, sondern auch auf dem europäischen Markt. Der Getreideexport nach Europa hängt von der Kaufkraft Europas ab, die Kaufkraft der Industrieländer wiederum (Getreide führen natürlich Industrieländer ein) hängt von der Konjunktur ab. Bei einer Krise in Handel und Industrie wird Europa viel weniger Getreide von uns einführen, – noch weniger Holz, Flachs, Rauchwaren, Naphtha usw., als bei einer industriellen Hochkonjunktur . Der Rückgang des Exports wird unbedingt einen Rückgang des Imports zur Folge haben. Wenn wir nicht eine genügende Menge industriellen Rohmaterials und Lebensmittel ausführen, so werden wir auch nicht die nötigen Maschinen, Baumwolle usw. einführen können. Wenn infolge der unvollständigen Realisierung unserer Exportvorräte die Kaufkraft des Bauern sich niedriger, als vorausgesehen, erweisen sollte, so könnte dies zu einer Krise der Reproduktion führen; im entgegengesetzten Falle, bei einem Warenmangel unsererseits, wären wir im Falle eines gekürzten Exports der Möglichkeit beraubt, diesen Mangel mit Hilfe der Einfuhr fertiger Erzeugnisse, der nötigen Maschinen und des Rohmaterials (z. B. der schon erwähnten Baumwolle) auszufüllen. Mit anderen Worten: eine Handels- und Industriekrise in Europa, und umso mehr in der ganzen Welt, kann bei uns eine Krisenwelle hervorrufen. Dagegen muss im Falle eines bedeutenden Aufschwunges in Handel und Industrie in Europa, unmittelbar die Nachfrage nach Holz und Flachs, als für die Industrie nötigem Rohmaterial, steigen; ebenso nach Getreide, für das die Bevölkerung Europas bei einer besseren Konjunktur eine größere Nachfrage hat. Auf diese Weise wird dort der Aufschwung des Handels und der Industrie, indem er die Realisierung unserer Exportwaren erleichtert, unserem Aufschwung in Handel, Industrie und Landwirtschaft den nötigen Anstoß geben. Unsere – gestern noch vorhandene – Unabhängigkeit von den Schwankungen des Weltmarktes schwindet dahin. Alle grundlegenden Prozesse unserer Wirtschaft treten nicht nur in Zusammenhang mit den entsprechenden Prozessen, sondern unterliegen in gewissem Grade der Wirkung der Gesetze, die die kapitalistische Entwicklung beherrschen, darunter auch dem Wechsel der Konjunktur. Es ergibt sich also die Situation, dass wir als wirtschaftender Staat innerhalb gewisser Grenzen jedenfalls an der Verbesserung der Konjunktur in den kapitalistischen Ländern Interesse haben und dass wir im Gegenteil bei einer Verschlechterung dieser Konjunktur bis zu einem gewissen Grade mindestens einen Nachteil erleiden können.

In diesem, auf den ersten Blick unerwarteten Umstand tritt nur in höherem Maße derselbe Widerspruch zutage, der der Natur der sogenannten NEP zu Grunde liegt, und den wir schon früher in dem engeren Rahmen der in sich geschlossenen nationalen Wirtschaft beobachtet haben. Unsere gegenwärtige Ordnung beruht nicht nur auf dem Kampfe des Sozialismus mit dem Kapitalismus, sondern – bis zu einer gewissen Grenze – auch auf ihrer Zusammenarbeit. Im Interesse der Entwicklung der Produktionskräfte lassen wir nicht nur privatkapitalistischen Umsatz zu, sondern unterstützen ihn sogar, – wiederum bis zu einer gewissen Grenze! – und „installieren" ihn in der Form von Konzessionen, von Verpachtungen von Betrieben und Fabriken. Wir haben ein außerordentlich starkes Interesse an der Entwicklung der Bauernwirtschaft, trotzdem sie gegenwärtig fast durchweg einen privaten Warencharakter aufweist und ihr Aufschwung nicht nur den sozialistischen, sondern auch den kapitalistischen Entwicklungstendenzen zugute kommt. Die Gefahr eines solchen Nebeneinanderbestehens und einer derartigen Zusammenarbeit zweier Wirtschaftssysteme – des kapitalistischen und des sozialistischen – (wobei dieses letztere die Methoden des ersteren anwendet) – besteht darin, dass uns die kapitalistischen Kräfte über den Kopf wachsen können.

Diese Gefahr aber bestand auch schon im Rahmen der „geschlossenen" Wirtschaft, nur in geringerem Maße.* Die Bedeutung der Kontrollziffern der Staatsplan-Kommission besteht eben darin, dass diese Ziffern, – wie wir im ersten Teil auseinandersetzen, – unzweifelhaft das Übergewicht der sozialistischen Tendenzen über die kapitalistischen, auf der Basis des allgemeinen Aufschwunges der Produktivkräfte, erwiesen haben. Wenn wir die Absicht (richtiger: die Möglichkeit) hätten bis zuletzt ein ökonomisch in sich geschlossener Staat zu bleiben, könnte man die Frage als grundsätzlich gelöst betrachten. Die Gefahr könnte uns dann nur in der Politik oder bei einer kriegerischen Durchbrechung unserer Geschlossenheit von außen drohen. Da wir aber ökonomisch in das System der Welt-Arbeitsteilung eingetreten sind, und somit der Wirkung der Gesetze unterliegen, die den Weltmarkt beherrschen, besitzen die gemeinsame Arbeit und der Kampf zwischen den kapitalistischen und den sozialistischen Wirtschaftstendenzen ein bei weitem größeres Ausmaß, was größere Möglichkeiten, aber zugleich auch größere Schwierigkeiten bedeutet.

Es besteht demnach eine tiefe und durchaus natürliche Analogie zwischen den Fragen, die bei uns im Rahmen der inneren ökonomischen Verhältnisse zu Beginn der Einführung der NEP auftauchten, und denen, die uns jetzt aus der Tatsache unseres engeren Eintritts in das Weltmarktsystem erstehen. Doch: diese Analogie ist nicht vollständig. Zusammenwirken und Kampf der kapitalistischen und sozialistischen Tendenzen auf dem Sowjet-Territorium gehen unter der wachsamen Kontrolle des proletarischen Staates vor sich. Wenn auch die Staatsgewalt in ökonomischen Fragen keine Allmacht besitzt, so ist doch die ökonomische Kraft des Staates, wenn dieser bewusst die fortschrittliche Tendenz der geschichtlichen Entwicklung unterstützt, eine kolossale. Während er das Bestehen kapitalistischer Tendenzen zulässt, kann der Arbeiterstaat sie bis zu einem gewissen Grade im Zaume halten, indem er die sozialistischen Tendenzen unterstützt und fördert. Als Instrument hierzu dienen: das Staats-Budgetsystem und Maßnahmen allgemein-administrativen Charakters; das System des staatlichen Innen- und Außenhandels; die Förderung des Konsumgenossenschaftswesens durch den Staat; eine den Bedürfnissen der Staatswirtschaft streng angepasste Konzessionspolitik, – kurz: ein allseitiges System eines sozialistischen Protektionismus. Diese Maßnahmen setzen eine Diktatur des Proletariats voraus, und ihr Wirkungskreis beschränkt sich infolgedessen nur auf das Territorium der Diktatur. In den Ländern, mit denen wir in immer mehr wachsende Handelsbeziehungen treten, herrscht ein genau entgegengesetztes System – der kapitalistische Protektionismus, im weitesten Sinne dieses Wortes. Darin liegt der Unterschied. Auf dem Sowjet-Territorium kämpft die sozialistische Ökonomik mit der kapitalistischen und hat dabei den Arbeiterstaat auf ihrer Seite! Auf dem Territorium des Weltmarktes steht der Sozialismus gegen den Kapitalismus, den der imperialistische Staat beschützt. Hier steht nicht nur Ökonomik gegen Ökonomik, sondern auch Politik gegen Politik. Mächtige Werkzeuge der ökonomischen Politik des Arbeiterstaates sind das Monopol des Außenhandels und die Konzessionspolitik. Wenn demnach die Gesetze und Methoden des sozialistischen Staates dem Weltmarkt nicht aufgezwungen werden können, so hängt doch das Verhältnis der sozialistischen Ökonomik zum Weltmarkt in hohem Grade vom Willen des Arbeiterstaates ab. Folglich gewinnt, wie wir bereits gesagt haben, ein richtig durchgeführtes System des Außenhandels eine ganz besondere Bedeutung, und im Zusammenhang damit wächst die Rolle der Konzessionspolitik des Arbeiterstaates.

Es kann natürlich keine Rede davon sein, diese Frage hier erschöpfend zu behandeln. Die Aufgabe dieser Zeilen ist es nur, diese Frage aufzuzeigen. Die Frage selbst gliedert sich in zwei Teile. Erstens: mit welchen Methoden und in welchem Grade ist eine planvolle Einwirkung des Arbeiterstaates imstande, unsere Ökonomik vor dem Einfluss der Schwankungen des kapitalistischen Marktes zu schützen? Zweitens: in welchem Maße und mit welchen Methoden kann der Arbeiterstaat die weitere Entwicklung der sozialistischen Tendenzen unserer Wirtschaft vor den kapitalistischen Schlingen des Weltmarktes schützen?

Diese beiden Fragen standen auch im Rahmen der „geschlossenen" Wirtschaft vor uns. Sie erhalten aber eine neue erweiterte Bedeutung im Ausmaß des Weltmarktes. In der einen wie in der anderen Beziehung gewinnt das planmäßige Element der Wirtschaft jetzt eine unvergleichlich größere Bedeutung als in der vergangenen Periode. Der Markt würde uns unbedingt seiner Herrschaft unterwerfen, wenn wir uns mit dem Markt allein messen würden, denn der Weltmarkt ist stärker als wir. Er würde uns durch seine scharfen Konjunkturschwankungen schwächen, und, nachdem er uns einmal geschwächt hätte, würde er uns mit dem quantitativen und qualitativen Übergewicht seiner Warenmasse bezwingen.

Wir wissen, wie ein gewöhnlicher kapitalistischer Trust bemüht ist, sich vor dem Einfluss der scharfen Schwankungen von Nachfrage und Angebot zu schützen. Selbst ein Trust, der fast eine Monopolstellung einnimmt, stellt sich nicht die Aufgabe, in jedem gegebenen Moment den Markt vollständig mit seiner Produktion zu decken. In der Periode eines starken Aufschwungs lassen die Trusts nicht selten das Bestehen von nicht trustierten Unternehmungen zu, lassen diese die überschüssige Nachfrage decken, und befreien sich auf diese Weise von riskanten neuen Kapitaleinlagen. Einer neuen Krise fallen dann solche nicht trustierte Unternehmen zum Opfer; sie werden nicht selten von demselben Trust fast umsonst erworben. Einem neuen Aufschwung tritt der Trust bereits mit größeren Produktivkräften entgegen. Wenn die Nachfrage wieder seine Produktion übersteigt, beginnt der Trust von Neuem dasselbe Spiel. Mit anderen Worten, die kapitalistischen Trusts sind bestrebt, nur eine absolut gesicherte Nachfrage zu decken und erweitern sich im Maße der Zunahme dieser, während sie nach Möglichkeit das mit den Konjunkturschwankungen verbundene Risiko schwächeren und zufälligen Unternehmungen zuschieben, die sozusagen die Rolle der Produktionsreserve spielen. Natürlich wurde dieses Schema bei weitem nicht immer und nicht überall eingehalten, aber es ist trotzdem typisch, und wir brauchen es zur Ausführung unseres Gedankens. Die sozialisierte Industrie stellt einen „Trust aller Trusts" dar. Diese gigantischen Produktionskörper kann es sich noch weniger als ein einzelner kapitalistischer Trust zur Aufgabe machen, allen Kurven der Marktnachfrage zu folgen. Die zu einem Trust verbundene staatliche Industrie muss bestrebt sein, eine bereits durch die ganze vorangegangene Entwicklung gesicherte Nachfrage zu decken, indem sie nach Möglichkeit die privatkapitalistische Reserve zur Deckung der augenblicklichen überschüssigen Nachfrage, der eine neue Einengung des Marktes folgen kann, benutzt. Die Rolle einer solchen Reserve wird von der privaten inneren Industrie, darunter auch der konzessionierten, und von der Warenmasse des Weltmarktes ausgefüllt. In diesem Sinne eben haben wir von der regulierenden Bedeutung des Systems des Innenhandels und der Konzessionspolitik gesprochen.

Der Staat führt diejenigen Produktionsmittel, diejenigen Arten von Rohmaterial, diejenigen Gebrauchsgegenstände ein, die für die Erhaltung, die Verbesserung und die planmäßige Erweiterung des Produktionsprozesses unbedingt notwendig sind. Wenn man die höchst komplizierten gegenseitigen Beziehungen zu einem Schema vereinfacht, so wird die Sache folgendermaßen aussehen: zur Zeit eines Aufschwunges im Welthandel und in der Weltindustrie wird unser Export um ein weiteres zunehmen, gleichzeitig damit wird auch die Kaufkraft der Bevölkerung größer werden. Es ist also ganz klar, dass, falls unsere Industrie alle Devisen für den Import von Maschinen und Rohmaterial zur Erweiterung der betreffenden Industriezweige sofort ausgäbe, die nächste Weltkrise, die eine Verkleinerung unserer ökonomischen Mittel herbeiführen würde, dadurch die Industriezweige, die sich zu sehr vorgeschoben haben, und zugleich, in einem gewissen Grade, die gesamte Industrie zu einer Krise verurteilen würde. Natürlich sind bis zu einem gewissen Grade derartige Erscheinungen unvermeidlich. Die Bauernwirtschaft von der einen und der Weltmarkt von der anderen Seite, das sind die beiden Quellen der krisenschaffenden Schwankungen. Aber die Kunst der ökonomischen Politik wird darin bestehen, dass die stark gewachsene innere Nachfrage von der staatlichen Produktion nur in ihrem gesicherten Teil gedeckt wird; dass dagegen der augenblickliche Überschuss der Nachfrage durch die Einfuhr fertiger Erzeugnisse zur angemessenen Zeit und die Heranziehung von Privatkapital gedeckt wird. Unter solchen Verhältnissen wird das jeweilige Sinken der Weltkonjunktur nur in ganz minimalem Maße auf unsere staatliche Industrie einwirken.

Da in dieser ganzen Regulierungsarbeit die Bauernwirtschaft einen äußerst wichtigen, in manchen Fällen sogar ausschlaggebenden Bestandteil bildet, so ist daraus allein schon ersichtlich, welche riesige Bedeutung, beim Fortbestehen der isolierten Kleinbauernwirtschaft, solchen Organisationsformen wie Konsumvereinen und einem elastischen staatlichen Handelsapparat zufällt, die es ermöglichen sollen, die Schwankungen der Dorfnachfrage und des Dorfangebotes zu berechnen und vorauszusehen!

Schließt aber der Prozess unseres „Hineinwachsens" in den Weltmarkt nicht andere, stärkere Gefahren in sich? Droht uns nicht im Falle eines Krieges oder einer Blockade das mechanische Zerreißen zahlloser Lebensfäden? Man darf doch nicht vergessen, dass die kapitalistische Welt uns unversöhnlich feindlich gesinnt ist usw. usw. Diese Gedanken gehen vielen durch den Kopf. Unter den Produktionsleitern kann man viele unbewusste oder halb bewusste Anhänger der „geschlossenen" Wirtschaft finden. Wir müssen auch darüber einige Worte sagen. Natürlich bergen sowohl die Anleihen als auch die Konzessionen und die wachsende Abhängigkeit von Export und Import gewisse Gefahren in sich. Daraus folgt, dass man in keiner dieser Richtungen die Zügel schießen lassen darf. Aber es besteht auch eine entgegengesetzte und keinesfalls kleinere Gefahr: sie beruht im Aufhalten der ökonomischen Entwicklung, in einem langsameren Tempo ihres Aufschwunges, als es sich aus der aktiven Ausnutzung aller Weltmöglichkeiten ergeben würde. In der Wahl des Tempos aber haben wir keinen freien Willen, da wir unter dem Druck der Weltwirtschaft leben und wachsen!

Allzu dürftig und abstrakt könnte das Argument bezüglich der Gefahren des Krieges oder der Blockade im Falle unseres „Hineinwachsens" in den Weltmarkt erscheinen. Insofern der internationale Austausch in allen seinen Formen uns ökonomisch stärkt, insofern festigt er uns auch für den Fall einer Blockade oder eines Krieges. Dass unsere Feinde es noch versuchen können, uns diese Prüfung aufzuerlegen, darüber kann kein Zweifel bestehen! Aber je mannigfaltiger erstens unsere internationalen wirtschaftlichen Beziehungen sein werden, desto schwerer wird es auch unsern etwaigen Feinden fallen, sie zu zerreißen. Und zweitens, wenn das trotzdem geschehen sollte, werden wir uns viel stärker erweisen, als wir bei der geschlossenen und infolgedessen aufgehaltenen Entwicklung wären. Etwas können wir in dieser Hinsicht aus der geschichtlichen Erfahrung der bürgerlichen Länder lernen. Deutschland hat am Ende des 19. und zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts eine mächtige Industrie entwickelt, und wurde, auf diese gestützt, zu einer höchst aktiven Kraft der Weltwirtschaft. Seine Außenhandelsumsätze und seine Beziehungen zu den ausländischen, – darunter auch den überseeischen –, Märkten, erfuhren in kurzer Zeit eine riesige Entwicklung. Der Krieg machte all diesem auf einen Schlag ein Ende. Infolge seiner geographischen Lage geriet Deutschland vom ersten Kriegstage an in eine fast vollkommene ökonomische Isolierung. Und nichtsdestoweniger war die ganze Welt Zeuge einer ganz ungewöhnlichen Lebenskraft und Ausdauer dieses hoch industriellen Landes. Der voraufgegangene Kampf um die Absatzmärkte hatte in ihm eine ungewöhnliche Elastizität des Produktionsapparates erzeugt, die es während des Krieges auf seiner eingeengten nationalen Basis bis auf den Grund ausgenutzt hat.

Die Weltarbeitsteilung ist kein Umstand, den man aus der Rechnung streichen könnte. Die eigene Entwicklung allseitig beschleunigen können wir nur, indem wir sachgemäß die Mittel ausnutzen, die sich aus den Bedingungen der Weltarbeitsteilung ergeben.

* Es bedarf keiner näheren Erklärung, dass sie niemals vollkommen geschlossen war, und dass wir nur der Übersichtlichkeit der Darstellung wegen die reinsten Typen einander entgegen stellen.

Kommentare