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Leo Trotzki 19290314 appelliert durch die Presse

Trotzki appelliert durch die Presse.

Löbe unterstützt nochmals das Gesuch um Einreise-Erlaubnis.

[Nach New Yorker Volkszeitung, 15. März 1929, S. 1]

BERLIN, 14. März. Die „Zeitung am Mittag" veröffentlicht ein Interview ihres Konstantinopeler Korrespondenten mit Leo Trotzki. Trotzki nennt sich darin „nicht kritisch, aber ernstlich krank" und erklärt, dass er für den Fall, dass ihm der Aufenthalt in Deutschland gestattet wird, das Versprechen gab, dass er nicht in der Öffentlichkeit auftreten, sich nicht in irgend einer Weise in die deutsche Politik einmischen und als ein der Genesung bedürftiger Schriftsteller leben, an seiner Biographie und der Geschichte der russischen Revolution arbeiten wird.

Das Interview hat in der öffentlichen Meinung großen Eindruck gemacht, zumal gleichzeitig der Präsident des Reichstags, Löbe, eine neue Erklärung erlassen hat, in welcher er wiederum für Genehmigung des Gesuches Trotzkis eintritt und klar durchblicken lässt, dass er seine Bemühung fortsetzen wird, das Auswärtige Amt zu einer Änderung seiner Haltung zu bekehren.

Speziell bezeichnend ist die Tatsache, dass Lobe den langen Autenthalt Tschitscherins in Deutschland erwähnt und erklärt, dass für Trotzki billig ist, was für Tschitscherin recht war.

Der Konstantinopeler Korrespondent, welchem Trotzki das Interview gewährte, sagt, dass Trotzki ziemlich wohl aussieht; er habe Bart und Schnurrbart abrasiert und wer sein Bild aus den Tagen in Erinnerung habe, als Trotzki der erste Kommissar für Auswärtiges und später Kriegskommissar war, werde ihn kaum wieder erkennen.

War 1926 in Deutschland.

Unter anderem sagt Trotzki in dem Interview, dass er bereits im Jahre 1926 einen Monat als Gast in Deutschland weilte und wegen seines Halsleidens in einem Hospital behandelt wurde. Diese Tatsache wird von den Berliner Spezialisten, den Professoren Citron, Kraus und Von Eicken, bestätigt; dieselben fügen hinzu, dass Trotzki ein idealer Patient, gehorsam und liebenswürdig war.

Die einzige Regierung, welche ich um ein Visum ersuchte," sagt Trotzki, „ist die deutsche Regierung. Alle Berichte, dass ich Frankreich oder irgend eine andre Regierung um ein Visum ersuchte, sind falsch. Ich wäre am liebsten in Russland geblieben, aber da die Moskauer Regierung mich deportierte, ginge ich aus zwei Gründen lieber nach Deutschland, als in irgend ein andres Land.

Wurde operiert.

Der erste Grund ist mein Gesundheitszustand. Ich war 1926 inkognito in Berlin, wo die Professoren Von Eicken, Kraus und Citron eine Mandeloperation vor nahmen. Diese Ärzte kennen meine physische Beschaffenheit genau, da sie mich über einen Monat in Behandlung hatten.

Ich erwarte nicht, dass ich bald sterben werde, aber ich bin ernstlich krank. Ein altes Darmleiden macht mir besonders Beschwerden.

Ich würde mich gern denselben Ärzten anvertrauen, welche mich im Jahre 1926 behandelten. Der zweite Grund, warum ich gern nach Deutschland ginge, ist, weil ich dort die beste Gelegenheit haben werde, meine literarischen Arbeiten auszuführen.“

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