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Jan Frankel und Leo Trotzki 19300524 Brief an das Internationale Sekretariat der Linken Opposition

Jan Frankel und Leo Trotzki: Brief an das Internationale Sekretariat der Linken Opposition

[Nach dem maschinenschriftlichen Text in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 824, International Institute of Social History, Amsterdam]

Büyükada, den 24. Mai 1930.


An das

Internationale Sekretariat der Linken Opposition, Paris

Werte Genossen,

ich übersende Ihnen in der Beilage einen Artikel im Zusammenhange mit der diesjährigen Wahl der Arbeiterdelegationen nach Sowjetrussland. Die linke Opposition, die jede Gelegenheit wahrnehmen muss, durch ihre politische Aktivität das Band mit den kommunistischen Arbeitern zu knüpfen und zu festigen, hat zudem im vorliegenden Falle eine ganz besondere Aufgabe: Indem sie in die Delegationen ihre eigenen Vertreter entsendet, mit dem Auftrage in Russland selbst die Interessen der verbannten Genossen zu wahren, gewinnt sie einerseits eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit, die Frage nach Blumkins Schicksal und dem der russischen Linksopposition überhaupt in breitere Kreise der Arbeiterschaft zu tragen, anderseits zwingt sie die Bürokraten zu einer klaren Stellungnahme – kurz gibt der ganzen Frage von Neuem eine akute Zuspitzung. Der Erfolg der ganzen Aktion hängt ausschließlich von der Initiative, der Energie und der Geschicklichkeit der nationalen Gruppen ab, die Sache richtig in die Wege zu leiten und durch alle Wechselfälle mit Konsequenz und Hartnäckigkeit zu Ende zu führen. Man kann sich selbstverständlich in keiner Weise der Illusion hingeben, die Stalinisten würden unseren Delegierten die Einreisebewilligung erteilen. Aber der Erfolg unseres Schrittes besteht gerade in einer solchen erzwungenen offenen Abweisung, die uns eine wichtige Waffe zu ihrer Entlarvung vor der Arbeiterschaft in die Hand drückt. Darüber hinaus kann diese Aktion zur ersten durch eine gemeinsame Tat bewiesene Demonstration der Solidarität der Internationalen Linksopposition mit der Russischen Opposition, ja ihrer Existenz selbst werden.

Organisatorisch ergeben sich wohl folgende Möglichkeiten:

1. Frankreich: Ein Jugendkandidat in Paris, der sich auf jene Gruppe stützt, die an die Humanité ihre Anfrage wegen Blumkin gerichtet hat. In der Provinz (im Norden) ein Arbeiter, vielleicht unter Anlehnung an eine Gewerkschaftsorganisation.

2. Belgien: Die Gewerkschaftsorganisation von Charleroi, u. zw. Genosse Lesoil, der bereits in einer Russlanddelegation eine Rolle als Entlarver der Donezaffäre gespielt hat.

3. Deutschland: Der Genosse Seipold vermöge seiner revolutionären Tradition, proletarischen Herkunft und gegenwärtigen Landtagsfunktion. Eventuell auch ein Genosse in Leipzig.

4. Tschechoslowakei: Ein Arbeiter in Prag, und einer – ein ehemaliger Rotarmist in Bratislava.

5. und 6. ein Delegierter für Kanada und ein Genosse in Österreich, vielleicht aus der Organisation des Genossen Frey oder aus Graz.

Zur Erleichterung der technischen Arbeit des Sekretariats gehen die Kopien an alle erwähnten Gruppen mit Ausnahme der Belgischen, die das Deutsche nicht beherrschen ab.

Mit kommunistischem Gruß

Frankel

Werte Genossen,

der Einfall des Genossen Frankel scheint mir sehr glücklich zu sein, und ich glaube, dass man, wenn man diesen Gedanken entsprechend den nationalen, lokalen Verhältnissen ausnutzt, man doch einen gewissen Schritt nach vorwärts machen könnte.

Mit besten Grüßen

L. Trotzki

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