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Leo Trotzki 19301012 An das Exekutiv-Komitee der belgischen Opposition

Leo Trotzki: An das Exekutiv-Komitee der belgischen Opposition

[nach Internationales Bulletin der Komunistischen Linksopposition, No. 2, Ende November 1930, S. 11]

Büyükada, den 12. Oktober 1930.

Kopie an das Internationale Sekretariat in Paris und an die Oppositions-Gruppe von Charleroi.

Werte Genossen,

Ich glaube kaum, dass nach einjährigem ideologischem Kampf, wir brieflich noch Wesentliches zu dem was beiderseits in der Presse schon gesagt worden ist, hinzufügen können.

Ich werde mich hier auf eine einzige Frage beschränken, nämlich auf die Perspektiven einer oder zweier Parteien in Belgien.

Der Kampf um die Kommunistische Internationale ist der Kampf um die Vorhut des Weltproletariats, um das Erbe der Oktober-Revolution und um die Fortdauer des Bolschewismus. Wir sind keineswegs zu dem Glauben geneigt, dass das revolutionäre Erbe der Vergangenheit gegenwärtig in den «Ideen» der Urbahns-Gruppe oder einiger Genossen von Brüssel zusammenfließen. Das revolutionäre Erbe ist gewaltig, man muss es zu verwirklichen verstehen.

Jedoch unsere allgemeine Linie schließt für dieses oder jenes Land, die Möglichkeit nicht aus, je nach dem Kräfteverhältnis die Rolle von unabhängigen politischen Partei übernehmen zu müssen. Eine in einem isolierten Lande so exklusive Lage, würde jedoch an unserer Grundlinie für die Gesundung der Komintern nichts ändern. Die unabhängige Partei der Bolschewiki-Leninisten (Opposition) in einem Lande müsste wie eine Sektion der Komintern handeln und müsste der schwächeren offiziellen Partei wie einer Fraktion gegenüber auftreten, indem sie ihr gegenüber eine Einheitsfront-Politik anwendet und somit vor allen Arbeitern die Verantwortung für die Spaltung auf sie abwälzt.

Wie Ihr seht hat diese Einstellung nichts gemein mit der, die Ihr verteidigt. Aber als Perspektive für Belgien hal sich die Möglichkeit die ich als Hypothese gelten ließ, als unausführbar erwiesen. Die belgische Opposition stellte vor zwei Jahren gewiss eine ernst zu nehmende Kraft vor. Aber die gegenwärtige Brüsseler Leitung hat während dieser Periode die Abwesenheit prinzipieller Stellungnahme, unverzeihliches Zögern in jeder Frage und die Neigung an den Tag gelegt, immer und überall jede Gruppe zu unterstützen die sich in den Grundfragen der internationalen Opposition entgegenstellte. Offen oder auf geheime Weise habt Ihr Urbahns, Paz, Monatte und andere gegen die Links-Opposition unterstützt, obwohl diese Gruppen nichts untereinander gemein haben, es wäre denn ihr gemeinsamer Hass gegen die Bolschewiki-Leninisten. Die Folgen einer solchen Politik sind offenkundig. Während in allen andern Ländern ohne Ausnahme, die Opposition entweder in jeder Beziehung beträchtliche Fortschritte machte oder sich wenigstens ideologisch festigte, wurde in Belgien die Opposition immer schwächer. Ihr versteht wohl dass die internationale Opposition keine Veranlassung hat noch haben kann, die Verantwortung dieses traurigen Zustands auf andere als auf das Exekutiv-Komitee von Brüssel zu werfen.

In dem Protokoll der Internationalen Konferenz vom April lese ich folgende Worte des Genossen Hennaut: «Ich glaube, dass wenn die Genossen von Charleroi in ihrem unversöhnlichen Standpunkt verharren, es unmöglich sein wird, weiter zu arbeiten. Denn zur Grundlage des gemeinsamen Kampfes gehört ein Minimum von Vertrauen». Die Internationale Opposition muss heute dise Worte auf das EK von Brüssel anwenden.

Das Internationale Sekretariat ist kein Briefkasten. Es ist ein Organismus, der die Fraktion gemeinsamer Ideen im internationalen Maßstab verbindet. Wie ihr wisst habe ich voriges Jahr bei den Genossen von Charleroi darauf gedrungen dass sie die Mitarbeit mit Euch fortsetzen. Im Einklang mit den französischer. Genossen hoffte ich, dass auf dem Boden der Erfahrungen gemeinsamer Arbeit, eine Annäherung zustande kommen würde. Diese Hoffnung hat sich nicht verwirklicht. Es bleibt noch zu sagen, was Tatsache ist, und vor allem, dass wir nicht ein und derselben Fraktion angehören, und daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen.

Ich schließe mich demnach der Schlussfolgerung an, die vor mir die Genossen von Charleroi, die Redaktion der «Vérité» und Genosse Obin in ihrer Kritik Eure Erklärung gezogen haben.

Mit kommunistischem Gruß

L. Trotzki

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