Leo Trotzki‎ > ‎1930‎ > ‎

Leo Trotzki 19301000 An die Kommunistische Organisation Bolschewiki-Leninisten

Leo Trotzki: An die Kommunistische Organisation Bolschewiki-Leninisten

[nach Internationales Bulletin der Komunistischen Linksopposition, No. 2, Ende November 1930, S. 6 f.]

Werte Genossen,

Der kürzliche Besuch zweier Vertreter des internationalen Sekretariats der Links-Opposition, die von ihnen bewerkstelligte gründliche Untersuchung der Lage der Links-Opposition Griechenlands und die enge Verbindung die sie zwischen Eurer Organisation und dem internationalen Mittelpunkt der Linksopposition hergestellt haben, gestattet uns folgende Bemerkungen an Euch zu richten, welche, unseres Erachtens dazu beitragen können die nötige Klarheit in unsere Beziehungen und in die politische Aktion die Ihr gerade unternehmt Bestimmtheit zu bringen.

1.) In der, von Eurer letzten Konferenz angenommenen Resolution, erwähnt Ihr die kommunistische Internationale. Obwohl Eure Beziehungen zur kommunistischen Internationale aus Eurer allgemeinen Stellung entspringt, müssen dieselben dennoch genau formuliert sein. Wir sind keineswegs geneigt, den Stalinisten die Fahne der Komintern, ihre Traditionen und ihren proletarischen Kern zu überlassen. Wir kämpfen für die Wiederbelebung der Dritten Internationale und nicht für die Schaffung einer Vierten Internationale. Dies schließt für die Opposition die Möglichkeit nicht aus, in diesem oder jenem Lande, in dem die offizielle Partei äußerst schwach ist, dazu gezwungen zu sein, teilweise oder ganz die Funktionen einer unabhängigen politischen Partei zu übernehmen (Leitung der Gewerkschaften und der Streiks. Organisierung von Demonstrationen, Stellung von Kandidaten). Es ist uns nicht möglich zu entscheiden, in welchem Grade Griechenland sich durch eine solche Lage charakterisiert, aber wie auch immer Ihr in der nächster Zukunft über diese Frage entscheiden werdet, so ändert dies nicht die Gesamtlinie der Linksopposition. Selbst wenn Ihr wie eine Partei handelt, so tretet Ihr als Sektion der Dritten Internationale auf, betrachtet die offizielle Partei wie eine Fraktion und schlagt ihr angesichts der Massen vor, die Aktionseinheit zu sichern. Eine prinzipielle Erklärung Eurerseits in dieser Frage wäre äußerst wünschenswert.

2. ) Wie aus Eurer Resolution hervorgeht, bereitet Ihr Euch jetzt vor, vom vorbereitenden und rein propagandistischen Stadium Eurer Tätigkeit zum offenen politischen Kampf, unter der Fahne der internationalen Linksopposition, überzugehen. Die Notwendigkeit dieses Übergangs ist vollkommen klar sowohl für Euch wie für uns. Wir sehen dennoch voraus, dass dieser Übergang nicht ohne gewisse Gegensätze, Reibungen und inneren Kampf wird vor sich gehen können. Man muss der Eniwicklungskrise im Voraus vorbeugen und sich auf sie vorbereiten.

Die illegalen Verhältnisse, in welchen die revolutionären Organisationen Eures Landes leben, der reaktionäre Charakter der offiziellen Führung der Gewerkschaften, haben dazu geführt, alle ehrlichen, ihrer Klasse und nicht dem bürgerlichen Regime ergebenen Arbeiter in den Gewerkschaften zusammenzuschließen, die Eurer Organisation nahestehen. Diese Tatsache hat eine große positive Bedeutung und sichert unsere Verbindung mit breiten Arbeiterkreisen, jedoch können gewisse, daraus entspringende negative Erscheinungen, zeitweise zutage treten. Nicht nur die Arbeiter die Euch direkt unterstützen, sondern auch Mitglieder Eurer eigenen Organisation, wenn auch bei Weitem nicht alle, haben keine klare Vorstellung über Ziele und Aufgaben der Bolschewiki-Leninisten. Gewisse Elemente dieser Art können sich von der Organisation, infolge des Übergangs derselben zur offenen politischen Aktion, zurückziehen. Es wäre ein Irrtum über solche Rücktritte zu erschrecken. Sichert Eure Organisation in ihren Reihen größere Homogenität und ihrer Tätigkeit einen breiteren politischen Charakter, so ersetzt sie aufs Hundertfache eventuelles Versagen individueller Art.

3.) Es ist äußerst wichtig, der oppositionellen Organisation «Spartakos» gegenüber, eine feste Haltung einzuhalten. Das Bestehen zweier oppositionellen Organisationen, die sich beide mit der internationalen Linken solidarisch erklären, wird zweifellos die Arbeiter verwirren und Eure Entwicklung hemmen. Für uns ist es schwierig, von hier aus darüber zu urteilen ob die Einigung jetzt möglich ist. Auf jeden Fall kann die Möglichkeit sowohl wie die Unmöglichkeit der Einigung sich nur auf praktischem Wege offenbaren, das heißt, wenn Ihr Euch die Aufgabe stellt, in jeder politischen Frage eine Aktionseinheit in Form eines Vertrags anzustreben, wenn die Verschmelzung der Organisationen nicht möglich ist. Auf diese Weise können de Mitglieder beider Organisationen und die Arbeiter die ihr folgen, durch die Erfahrungen des politischen Kampfes die bestehenden Uneinigkeiten kontrollieren und ihre Wahl treffen. Mit andern Worten: eine Einheitsfrontpolitik ist unter diesen Umständen und in jenem Moment angebracht.

4.) Die Terror-Maßregeln, die die Stalin-Bürokratie in die Arbeiterbewegung Griechenlands eingeführt hat, sind eine sehr ernste Gefahr. Jede Organisation und jeder Revolutionär ist natürlich gezwungen, im Falle eines Angriffs sich zu verteidigen. Die beste Verteidigungs-Methode ist jedoch in diesem Falle eine richtige Stellung betreffs der Anwendung von Gewalt-Methoden anstelle von Überzeugungs-Methoden, und eine beharrliche Propaganda dieser Stellung in den Reihen der Arbeiterklasse. Wir sind natürlich keine Pazifisten, aber ein Marxist muss ein klares Verständnis dafür haben, wo die Grenze ist, an der die Gewalt anfängt und wo sie aufhört, und an welchem Punkte sie sich von einem revolutionären in einen reaktionären Faktor verwandelt. Es wäre reiner Wahnsinn seitens der Minderheit der Arbeiterklasse, zu glauben man könne ihre Mehrheit erobern, indem man gegen die anderen Gruppen der Minderheit Gewalt anwendet. Die Arbeiterklasse kann nur auf Grund ihrer Erfahrungen ihre Wahl treffen. Der Versuch, ihre Erfahrung durch Gewaltmaßregeln zu ersetzen, riefe unvermeidlich in der Arbeiterklasse Hass gegen die Verfechter dieser Methoden hervor und kann für lange Zeit eine reformistische Reaktion nach sich ziehen.

Wir sind der Meinung dass eine klare und bestimmte Erklärung Ihrerseits über diese Frage absolut notwendig ist. Dieser Erklärung könnte vielleicht die Form eines offenen Aufrufs an die offizielle Partei und an die Gruppe «Spartakos» gegeben werden, in dem sie aufgefordert würden, im Namen der drei Organisationen die Anwendung von Gewaltmaßregeln in den inneren gegenseitigen Beziehungen, energisch und kategorisch zu verurteilen, und darauf zu bestehen dass jeder Gewalt-Fall von einem unparteilichen vermittelnden Ausschuss untersucht sei. Wir bestehen natürlich nicht auf der Form unseres Vorschlages welcher nur den Wert einer Verbildlichung haben kann. Ihr werdet selber die den Umständen angepasste Form finden.

5.) Das schlechte Benehmen isolierter Mitglieder Eurer Organisation der bürgerlichen Gerichtsbarkeit gegenüber scheint uns eine prinzipielle Lösung dieser Frage zu verlangen. Die illegalen Verhältnisse, in die Eure Organisation versetzt ist, verlangen unbestreitbar eine strenge Konspiration, große Vorsicht seitens der Leitung, um unnötige Verhaftungen und Opfer zu vermeiden. Aber die verhafteten Mitglieder Eurer Organisation und vor allem alle ihre verantwortlichen Mitkämpfer, müssen bedenken, dass sie dem Gericht gegenüber Kämpfer ihrer Partei und ihrer Klasse sind. Es ist vollkommen zulässig dass man im Laute der Untersuchungsverhandlung sich weigere, Erklärungen abzugeben, besonders im Falle, wo diese Erklärungen dem Angeklagten oder anderen Personen Schaden zufügen können. Aber es ist gänzlich unzulässig, dem Gericht gegenüber, d!e Fahne seiner Partei zu verleugnen, seine Ziele und Methoden unter falsches Licht zu stellen und sie mit der Ideologie des bürgerlichen Staates zu verkleiden. Dieses Vorgehen trügt die Untersuchungsrichter nur in ganz seltenen Fällen, hingegen trügt dasselbe immer die Arbeiter und untergräbt das revolutionäre Ansehen der Partei. Für Revolutionäre soll das Gericht eine Tribune bleiben. Wir haben mit Genugtuung erfahren, dass die Genossen die sich vor dem Gericht eine unkorrekte Haltung zuschulden haben kommen lassen, von Eurer Organisation ausgeschlossen worden sind. Wir halten es für ganz notwendig, dass Ihr über diesen Fall eine öffentliche politische Aktion einleitet in der die Ursachen der Ausschließungen erklärt und Aufschluss gebt über Eure prinzipielle Stellung in der Frage der gerichtlichen Untersuchung.

Wir haben uns erlaubt Euch diese Hinweise zu geben in der festen Überzeugung dass die Erfahrungen des internationalen Sekretariats der Linksopposition für Eure junge Organisation von einem gewissen .Nutzen sein wird und Eure gesamte politische Aktion bereichern wird.

Wir senden Euch, werte Genossen, unsere kommunistischen Grüße.

Das Internationale Sekretariat

Kommentare