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Leo Trotzki 19300512 Brief an das IS

Leo Trotzki: Brief an das IS

[Nach der maschinenschriftlichen Kopie, Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives , inventory number 197, International Institute of Social History, Amsterdam]

Buyukada, den 12. Mai 1930.

An das

Internationale Sekretariat der Linken Opposition, Paris .

Werte Genossen,

Sie werden den Brief der Leitung der Kommunistischen Partei Österreichs/Opposition/, gezeichnet durch den Genossen Frey vom 3. Mai 1930 bereits erhalten haben. Ich würde nicht bei dieser Antwort mich aufhalten, die klar zeigt, wie leicht Genosse Frey Anklagen erhebt, ohne den geringsten Grund hierzu zu haben. Auch dies wurde ich nicht unterstreichen wollen, wäre es zum ersten Male. Leider ist dem aber nicht so. Die Tendenz, der russischen Opposition und mir persönlich „Schützlinge" in Wien und anderswo zuzuschieben, dauert seitdem ich überhaupt mit Genossen Frey in Verbindung stehe. Ich habe ihm vor Monaten in sehr großen und ausführlichen Briefen mitgeteilt, dass alle seine Annahmen und Verdächtigungen, die sich leider ziemlich oft zu Insinuationen verdichten, vollständig unbegründet sind. Diese meine unzweideutigen Erklärungen hinderten aber den Genossen Frey nicht, dieselben Behauptungen wieder aufzunehmen und da ich auch jetzt befürchten kann, dass trotz der formellen Zurücknahme im Briefe vom 3. Mai der Genosse Frey morgen wieder dieselben Behauptungen aufstellt; da diese Vorgangweise im nationalen Maßstabe noch verheerender wirken muss als im internationalen, muss ich dagegen entschieden und formell protestieren – einstweilen im engen Rahmen des Internationalen Sekretariats und der Leitung der KPÖ/Opposition/.

Was die Fragen der Vergangenheit betrifft, kann man darauf keine schematische und allgemein gültige Antwort geben. Die russische Opposition hat niemals von anderen Gruppen gefordert, ihre gesamte Tätigkeit zu billigen. Sie hat immer nur die wichtigsten politischen Fragen der Vergangenheit, wie der Gegenwart zum Kriterium der Einigungsaktion gemacht. Die Zahl dieser Fragen muss immer auf das Minimum reduziert werden, das heißt es muss sich nur um die wichtigen und wlrklich unzweideutigen taktischen Probleme handeln.

Mit besten Grüßen

L. Trotzky

Durchschlag an die Leitung der KPÖ/Opposition/.

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