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Leo Trotzki 19300421 Brief an das IS

Leo Trotzki: Brief an das IS

[Nach der maschinenschriftlichen Kopie, Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives , inventory number 196, International Institute of Social History, Amsterdam]

Buyukada, den 21. April 1930.

An das Sekretariat der Internationalen Kommunist. Opposition, Paris.

Werte Genossen,

ich überreiche Ihnen in der Beilage die bei mir reichlich angesammelten Dokumente der drei Gruppen der österreichischen Opposition. Die Korrespondenz ist entstanden durch den jedenfalls unglücklichen Versuch, die drei Gruppen, die sich zu denselben Prinzipien bekennen, einer Einigung näher zu bringen. Es ist kaum notwendig Ihnen auseinanderzusetzen, dass die Behauptung, ich unterstütze eine Gruppe gegen die andere, vollständig grundlos ist. Ebenso unrichtig ist es, dass der Genosse Max Graef mein „Vertreter" ist oder in meinem Namen handelt. Auf den Inhalt der Dokumente kann ich nicht eingehen, denn ich müsste dazu Studien unternehmen, für die Monate erforderlich sind, da es sich nicht um für die ganze Internationale grundlegende politische Tatsachen sondern um die verschiedenen Geschehnisse der internen österreichischen Parteigeschichte handelt. Die Tatsache selbst, dass der Genosse Frey nicht die großen weltpolitischen Probleme sondern die internen Komplikationen der Vergangenheit der Fraktionsstreitigkeiten zum entscheidenden Kriterium der Vereinigung macht, ist höchst befremdend. Damit will ich gar nicht sagen, dass ich irgendeine Verantwortung für das Benehmen der beiden anderen Gruppen zu übernehmen bereit wäre.

Auch die Behauptung des Genossen Frey, die Russische Opposition habe im Jahre 1926/27 den Ausschluss der Freygruppe gebilligt, ist vollständig falsch. Die Russische Opposition war in jener Zeit längst von der Leitung der Internationale vollkommen abgetrennt, war nie in die Lage gekommen auf dem offiziellen Wege Stellung zu nehmen. auch nicht auf dem fraktionellen Wege über die internen ausländischen Geschehnisse Informationen zu erhalten. Die Auslieferung von Kominternmaterialien wurde bereits zu jener Zeit als kriminelles Vergehen angesehen und bestraft. Sogar im Januar 1928 konnte ich auf die Frage zweier österreichischer Genossinnen über die Gruppe Frey nur antworten, dass ich mangels jeglicher Information mir absolut keine Meinung bilden kann. Ich hoffe, dass die anderen Behauptungen des Genossen Frey mehr begründet sind.

Mit der Überreichung dieser Dokumente gebe ich meine private Initiative auf, die übrigens nur insoweit Berechtigung hatte, als wir keine internationale Organisation gehabt hatten. Mit der Gründung des internationalen Sekretariates und der Vorbereitung der Internationalen Konferenz wird es nunmehr seine Aufgabe sein, in die österreichischen Verhältnisse einzugreifen.

Mit kommunistischem Gruß

L. Trotzky

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