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Leo Trotzki 19300411 Brief an die provisorische Leitung der vereinigten Opposition

Leo Trotzki: Brief an die provisorische Leitung

der vereinigten Opposition

[Nach dem maschinenschriftlichen Text in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 968, International Institute of Social History, Amsterdam]

11. 4. 30

Werte Genossen!

1) Ich habe von euch die Dokumente und zwei Nummern der Zeitschrift erhalten. Ich danke Euch für das eine wie für das andere. Die Zeitschrift könnt ihr natürlich als Drucksache schicken. Es kommt alles richtig an.

2) Die Genossen Shachtman und Naville haben mir über den Gang der Konferenz ausführlich geschrieben. Ich kann Euch nicht verhehlen, dass deren Mitteilung an mich einen sehr niederdrückenden Eindruck gemacht hat. Besonders hat auf mich das Wiederaufleben von persönlichen Cliquen in Erstaunen versetzt, nachdem beide Seiten sich verpflichtet hatten, keine persönlichen Fragen mehr aufzurollen. Manchmal kommt mir der Gedanke, ob nicht innerhalb der Opposition Personen vorhanden sind, die von der stalinistischen Bürokratie zur Zersetzung hinein gesandt sind? Das wäre sehr wohl möglich.

Ich würde raten, aus einfachen oppositionellen Arbeitern, die durch ihre Vergangenheit ihre Treue der Sache des Proletariats bewiesen haben, eine Art von Kontrollkommission zu bilden, die das Recht haben würde, diejenigen Oppositionsmitglieder, die zum Schaden der politischen Arbeit persönliche Cliquenfragen aufzurollen, von der Mitarbeit auszuschließen. Ich glaube, dass das die einzige Möglichkeit ist, aus der Lage herauszukommen.

Die Genossen Naville und Shachtman glauben, dass sie nach dem gegenwärtigen Versuch, die internationale Opposition zu vereinigen, im Falle dass der innere Cliquenkampf von Neuem entbrennen sollte, zu der Folgerung gelangen müssten, dass auf dem gegenwärtigen Fundament keine Opposition in Deutschland aufgebaut werden kann. So lautet deren Grundfolgerung.

Ich zweifele nicht daran, dass in den beiden alten Gruppen Genossen vorhanden sind, die der Sache des Kommunismus genügend ergeben sind und von den Reminiszenzen der Vergangenheit genügend frei sind, um die Sache der Vereinigung zu sichern. Sie werden auch, wie ich hoffe, in Zukunft den leitenden Grundkern der vereinigten Opposition bilden.

3) Ich werde mit Ungeduld die erste Nummer des Kommunist erwarten. Ich zweifle nicht daran, dass bei einer einträchtigen Zusammenarbeit aller deutschen Genossen bei einer notwendigen Unterstützung der internationalen Opposition Der Kommunist bald eine Wochenzeitung werden wird.

4) Ich bitte Euch, mir zu glauben, Genossen, dass ich alles zu tun bereit bin, was in meinen Kräften steht, um Eure Arbeit in dem bereits erreichten Organisationsrahmen, der für eine weitere Entwicklung der Bewegung absolut notwendig ist, zu unterstützen.

Ich drücke fest die Hand und wünsche Erfolge.

Mit kommunistischem Gruß

L. Trotzki

NB Der Genosse Grylewicz fragt nach meiner Gesundheit. Diese hat sich in den letzten zwei Monaten verschlechtert, doch nicht dermaßen, dass ich nicht arbeiten könnte.

L.T.

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