Leo Trotzki‎ > ‎1930‎ > ‎

Leo Trotzki 19301116 Brief an Leopold Stift u.a.

Leo Trotzki: Brief an Leopold Stift u.a.

[Nach dem maschinenschriftlichen Text in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 867, International Institute of Social History, Amsterdam]

Büyükada, den 16. November 1930

An die Genossen

Franz Baran,

Johann Krompa,

Franz Palbuchta,

Franz Kralik,

Leopold Stift.


Werte Genossen,

Ihren Brief samt allen Beilagen habe ich mit größter Aufmerksamkeit studiert. Sich über die Details von außen her eine abschließende Meinung zu bilden, ist, wie Sie verstehen werden, nicht leicht. Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass an den Methoden und dem inneren Regime der KPÖ (Opposition) Manches auszumerzen ist und bin gerne bereit, im Rahmen unserer internationalen Organisation das Nötige zur Besserung der Lage beizutragen. Ich muss aber Ihnen offen sagen, dass die von Ihnen gegebene Schilderung der bestehenden Meinungsverschiedenheiten zumindest auf Übertreibungen beruht. Ich verfolge die „Arbeiterstimme“ und obwohl ich auch dort Manches und manchmal Vieles zu bemängeln habe, finde ich Ihre Behauptung einer falschen und fast „konterrevolutionären“ Einstellung des Genossen Frey in der russischen Frage für unrichtig.

Ich habe den Entwurf der Einigungsplattform erhalten, den die KPÖ (Opposition) Leitung ausgearbeitet hat und finde diesen richtig und genügend. Zwei Abänderungsanträge, die ich stelle, lege ich bei. Ich glaube, dass diese Plattform gerade von Ihrem Standpunkt aus befriedigend ist. Falls Sie Abänderungs- oder Zusatzanträge haben, schicken Sie diese an das Internationale Büro, mit einer Kopie für mich, um Zeit zu ersparen. Ich glaube, das Internationale Büro wird dann seine Entscheidung darüber fällen. An der Vereinigungskonferenz müssen Sie meiner Anschauung nach teilnehmen, um eine vereinigte und einheitliche Linksopposition in Österreich endlich zustande zu bringen.

Die Konferenz muss selbstverständlich auf dem Prinzip des Proporz zusammenberufen werden. Dieses Prinzip haben wir in Deutschland angewendet, jetzt für China ebenso wie für Griechenland vorgeschlagen usw. Wie könnte es auch anders sein?? Falls es wirklich bedeutende prinzipielle Differenzen gibt, so wäre die Vereinigung überhaupt nur schädlich. Falls sie aber aufgrund der gemeinsamen Plattform möglich ist, so muss man zu den Prinzipien der Arbeiterdemokratie Zuflucht nehmen. Proporzverhältnis heißt nach den Köpfen der orgaisierten Arbeiter; Parität heißt nach den Köpfen der Führer.

Ich teile Ihnen hier nur meine Meinung mit, die Entscheidung wird Ihnen vom Internationale Büro zugehen. Die Kopie dieses Schreibens teile ich selbstverständlich der Leitung der KPÖ (Opposition) und dem Internationalen Büro mit.

L. D. T.

Kommentare