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Leo Trotzki u.a. 19301012 Erklärung zur Lage in der österreichischen Linksopposition

Leo Trotzki u.a.: Erklärung zur Lage in der österreichischen Linksopposition

[Nach dem maschinenschriftlichen Text in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 860, International Institute of Social History, Amsterdam]

Büyükada, den 12. Oktober 1930

An das Internationale Sekretariat der Linksopposition

Erklärung zur Lage in der österreichischen Linksopposition

Die Unterzeichneten finden ein weiteres Andauern der gegenwärtigen Lage in der österreichischen Opposition für unmöglich, denn diese hindert nicht nur die Entwicklung der österreichischen, sondern droht auch die internationale Opposition zu kompromittieren. Die beiden Gruppen, die über Zeitschriften verfügen(„Arbeiterstimme“ und „Mahnruf“) führen fast ununterbrochen eine Polemik, die keine politischen Fragen berührt, sondern sich von Erinnerungen an die Vergangenheit nährt, persönliche Momente herausgreift und ihnen die gehässigste Form verleiht. Persönliche Verunglimpfung ist zur Hauptmethode geworden, wobei man sich einseitig der Lüge, Schwindels usw. anklagt und nun auch eine Spitzelgeschichte herangezogen wird.

Die beiden Organisation haben ihre Zugehörigkeit zur internationalen Opposition erklärt, legen sich aber anscheinend keinerlei Rechenschaft darüber ab, dass diese Zugehörigkeit auch gewisse Verpflichtungen auferlegt. Wenn scharfe persönliche Momente und Spitzelaffären auszutragen und zu liquidieren sind, so pflegen revolutionäre Organisationen dies nicht in der Presse, sondern durch Beratung in Kommissionen oder durch Eingreifen höherer Organisationsinstanzen, in diesem Falle des internationalen Sekretariats, durchzuführen. Wir glauben, dass beide Parteien sich formell verpflichten müssen, auf diese politisch inhaltslose, moralisch degradierende und für die internationale Opposition höchst schädliche Polemik zu verzichten, die strittigen persönlichen Momente oder persönliche Beschuldigungen dem Internationalen Sekretariat vorzulegen, damit dieses durch eine Kommission eingreifen kann und endlich der internationalen Opposition mitteilen, welche programmatischen, taktischen, politischen, allgemeingültigen Differenzen die Vereinigung unmöglich machen. Sollte dies nicht zu erreichen sein, sehen wir keinen anderen Ausweg, als die österreichischen Organisationen einzuladen, ihren Kampf außerhalb des Rahmens der internationalen Opposition weiterzuführen, damit die anderen Sektionen die Verantwortung für die wirklich unwürdige Situation in Österreich nicht zu tragen haben.

Mit oppositionellen Grüßen

L. D. Trotzki (Mitglied der Russischen Opposition)

N. Markin (Mitglied der Russischen Opposition)

R. Molinier (Mitglied der französischen Ligue)

P. Naville (Mitglied der französischen Ligue)

M. Mill (Mitglied der französischen Ligue)

J. Frankel ( (Mitglied der tschechoslow. Ligue)

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